Starke Schule beider Basel (SSbB)

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News

  • Sonntag, März 10, 2024

    Lehrkräfte Apéro mit Mustafa Atici

    Mustafa Atici, neu gewählter Regierungsrat, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit das Erziehungsdepartement vom aktuellen Bildungsdirektor Cramer übernehmen. Deshalb lädt er interessierte Lehrpersonen des Kantons Basel-Stadt zu einem Apéro ein, um sich über wichtigte Bildungsthemen auszutauschen. (ch)

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  • Mittwoch, Februar 14, 2024

    Stressabbau durch ein Jahreszeugnis in der 6. Primarklasse

    Zurzeit entscheiden im Kanton Basel-Stadt die Zeugnisnoten im Winter und im Sommer der 6. Primarklasse über die Einteilung der Primarschüler/-innen in die Leistungszüge A, E und P der Sekundarstufe 1. Neu soll nur noch ein Jahreszeugnis am Ende der Primarschulzeit massgebend sein. Dadurch sollen die Schülern/-innen vom Notendruck etwas entlastet werden. Die Umstellung auf ein Jahreszeugnis im Mai bietet den Primarschülern/-innen die Möglichkeit, sich im Laufe des ganzen Jahres zu verbessern und so den Übertritt in den gewünschten Leistungszugs zu erreichen. (ch)

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  • Montag, Februar 12, 2024

    Kostenlose Hygieneartikel an Basler Sekundarschulen

    Nachdem im letzten Jahr die Sekundarschule Wasgenring im Rahmen eines Pilotprojekts den Schülerinnen gratis Binden und Tampons zur Verfügung stellte, haben nun in diesem Jahr alle Schülerinnen an allen Basler Sekundarschulen I Zugang zu kostenlosen Hygieneartikel. Das Angebot wird unterschiedlich stark benutzt, die Schülerinnen würden sich aber freuen, so eine Lehrperson. (lh)

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  • Sonntag, Januar 28, 2024

    Schulweg sicherer machen

    Automobilistinnen und -mobilisten rasen oft mit überhöhter Geschwindigkeit über die Kreuzung Fabrikstrasse/Lettenweg in Allschwil, obwohl täglich zig Schulkinder und Jugendliche der Primar- und Sekundarschule den Fussgängerstreifen überqueren. Da der Lettenweg direkt zur Primarschule Gartenhof und der angrenzenden Sekundarschule sowie zu der Sportanlage Gartenstrasse führen, müssen ihn die Schüler/-innen benutzen. Eine Ausweichmöglichkeit gibt es nicht. Dies hat nun politische Konsequenten. (ch)

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  • Samstag, Januar 27, 2024

    Niveaus der Sekundarstufe 1 sollen durchlässiger sein

    Ein parlamentarischer Vorstoss fordert, dass die individuellen Stärken der Schüler*innen mehr berücksichtigt werden und die Niveaueinteilung je nach Unterrichtsfach unterschiedlich sein kann. (ai)

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  • Dienstag, Januar 23, 2024

    Neue Lehrmittel für Basel-Stadt

    Für das folgende Schuljahr 2024/2025 beschloss der Erziehungsrat im Dezember 2023 die Aufnahme neuer Lehrmittel in die Lehrmittelliste der Primar- und Sekundarschulen im Kanton Basel-Stadt. (lh)

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Weitere Artikel von 2019 und älter
  • Passepartout 01
    - Lehrmittelfreiheit – ein Schritt in die richtige Richtung, Regina Werthmüller
    - Französisch und Englisch: Gute Lehrmittel wären sofort verfügbar
    - Lehrmittel im Spiegel der Spracherwerbsforschung
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  • Passepartout 02
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    - Der alljährliche Irrsinn, Alain Pichard
    - Passepartout-Ideologie vor dem Ende?, Alina Isler
    - Arbeitsgruppen Fremdsprachen werden als Marionetten benutzt, Saskia Olsson
    - Neue Lehrmittel für Französisch und Englisch evaluiert, Saskia Olsson
    - Ausmass von Passepartout wird auch Uni-Professoren bewusst
    - Der Abschied von Mille feuilles naht
    - Lehrkräfte im Korsett der Lehrmittel
    - Landrat schreibt Petition ab
    - Die SP steht sich in der Bildungspolitik selber im Weg
    - Mit Mille feuilles erreichen viele Schüler/-innen die Lernziele nicht
    - Hearings der BKSD bestätigen heftige Kritik der Lehrpersonen
    - Umfrageergebnisse der BKSD sind für Passepartout vernichtend
    - Wiederkehrende Schulreformen und ihre Ursachen, Felix Hoffmann
    - Das Konzept Passepartout ist schlecht, Thomas Schweizer
    - Bildungsrat – undemokratische Fehlkonstruktion
    - Landrat entscheidet sich für den Ausstieg aus Passepartout
    - Eine widersprüchliche Ideologie
    - "Schö nö gombran pa"
    - Dilettantismus und Geldverschwendung gehen weiter, Alina Isler
    - Passepartout-Lehrmittel fallen bei den Lehrpersonen durch, Michael Pedrazzi
    - Schluss mit Passepartout!, Felix Hoffmann
    - Passepartout ist gescheitert, Regina Werthmüller
    - Wunschdenken und Wirklichkeit klaffen weit auseinander
    - Rechtsdienst erachtet beide Initiativen als rechtsgültig
    - "Mille Feuilles" fällt bei Eltern durch
    - Sammelfächer, Lehrplan 21, niveaugemischter Unterricht und Passepartout fallen bei den Lehrpersonen durch
    - Mit neuer Fremdsprachendidaktik werden die Lernziele nicht erreicht
    - Fremdsprachen lernen nur durch Motivation?, Felix Schmutz
    - Das Französisch-Lehrmittel „Mille feuilles“
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Paradoxien im Umfeld einer Schulreform

Der Irrsinn dauert bereits weit über ein Jahrzehnt, in dem Passepartout die Steuerzahler von sechs Kantonen gegen eine Viertelmilliarde gekostet hat. Diese ist nicht nur ohne Gegenwert unwiederbringlich verlocht, vielmehr geht sie zulasten von bisher etwa 120'000 Lernenden. Und obwohl Baselland als erster Dominostein das auf Sand gebaute Kartenhaus zum Einstürzen bringt, geht das Geldverschleudern vor allem in den andern fünf Kantonen weiter, bis auch sie fallen. Dieser abgesehen von der Kompetenzideologie grösste Irrtum der Schweizer Schulgeschichte geizt nicht mit Widersprüchlichkeiten.

Es waren einige Lehrkräfte, die als erste auf die Unhaltbarkeit dieses Unsinns aufmerksam machten. Es waren allerdings weit mehr Lehrpersonen, die Passepartout ermöglichten, indem sie den Irrtum willfährig versuchten umzusetzen, oder sich gar für die Durchführung der Weiterbildungs-Hirnwäsche zur Verfügung stellten. Letztlich wurde das Debakel vorrangig von Eltern beendet durch ihre Unterstützung der Starken Schule beider Basel. Dieser Organisation nämlich ist der erlösende Urnengang vom 24. November zu verdanken. Deren Mitglieder sind in der Mehrzahl nicht etwa Lehrkräfte, sondern in erster Linie Erziehungsberechtigte. Über ihre Mitgliederbeiträge und zahlreichen Feedbacks aus dem Schulalltag verleihen sie der Starken Schule einen grossen Teil ihrer Stosskraft.

Ausgerechnet in der Lehrerschaft, wo das Ausmass der Zerstörungskraft verfehlter Schulreformen am deutlichsten zutage tritt, begegnen der Starken Schule nicht wenige mit vornehmer Distanz. Dies aus Harmoniebedürftigkeit oder falsch verstandener Sozialkompetenz. Dahinter verbirgt sich jedoch nicht selten Opportunismus bzw. Mangel an Zivilcourage. Doch bei einer aus dem Ruder gelaufenen Bildungspolitik gilt es Klartext zu reden, auch wenn es weh tut.

Eine besonders groteske Paradoxie besteht beim Bildungsrat. Er ist ein Laiengremium mit Mitgliedern aus verschiedenen Branchen. Die Bildungsräte beschliessen in ihrer Funktion u.a. die Lehrmittel der Volksschule. Übertragen auf den Arztberuf würde dies bedeuten, dass beispielsweise Juristen, Kaufleute, Lehrkräfte oder Dirigenten die Instrumente bestimmen, mit denen Chirurgen ihre Operationen ausführen. Niemand käme auf eine solch abstruse Idee. Im Lehrberuf ist diese Absurdität Wirklichkeit mit bekannten Folgen.

Insofern überrascht es nicht, dass der Bildungsrat vor zehn Jahren die in der Schulpraxis unbrauchbaren Passepartout-Lehrmittel durchwinkte. Für Laien bedarf es zu deren Ansicht keine 30 Minuten, um ihre Untauglichkeit festzustellen. Angesichts dessen kommen Zweifel auf, ob die Mehrheit der damaligen Bildungsräte überhaupt wusste, worüber sie entschied. Angeblich gab es damals keine Alternativen zu den Passepartout-Lehrmitteln. Warum pochte der Bildungsrat dann nicht auf solche, anstatt die vorgelegten Untauglichen gutzuheissen? Bei einem solchen Fehlentscheid stellt sich unweigerlich die Frage, wer im Schulbetrieb die Funktion der Qualitätssicherung übernimmt.

Kompetent wäre hier, wer mit entsprechender Erfahrung im Lehrberuf steht und folglich weiss, was im Unterricht funktioniert bzw. den unmittelbaren Folgen von irrigen Reformen in der täglichen Arbeit ausgesetzt ist. Es können folglich keine Beamten des AVS, der BKSD oder Bildungsräte sein. Qualität sichernd im Sinne kritischer und sachkundiger Expertise wirkt der Lehrerinnen und Lehrerverein Baselland. Für Initiativen gegen verfehlte Reformen zuständig ist die Starke Schule beider Basel. Dadurch entsteht eine unhaltbare Situation.

Während die Bildungspolitik kostenintensiv und wie bei Passepartout zum Schaden der Volksschule wahllos Reformen vom Zaun reisst, sind es Lehrkräfte, die in der Praxis über deren Tauglichkeit befinden und anschliessend zusammen mit Eltern nötigenfalls den politischen Widerstand orchestrieren. Aufgrund von bildungspolitischen Fehlentscheidungen finanzieren Eltern und Lehrkräfte ergo wiederholt notwendige kantonale Abstimmungskämpfe aus ihrem eigenen Geldbeutel zur Qualitätssicherung in der Volksschule.

Auf diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass Lehrkräfte insbesondere von rechtsbürgerlicher Seite des Öfteren diskreditiert und gegängelt werden mittels den Lehrberuf schädigenden Massnahmen wie wiederholte Lohnkürzungen, Senkung der Pensionskassenleistungen oder einem auf Willkür basierenden Mitarbeitergesprächs. Umso bemerkenswerter ist diese dadurch zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung Lehrpersonen gegenüber, als dass diese neben ihrer Unterrichtstätigkeit zusammen mit Eltern die eigentlich parlamentarische Aufsicht über die Volksschule übernehmen anstelle ihrer Kritiker.

Die Starke Schule fuhr am letzten Wahlsonntag einen weiteren Erfolg zugunsten der Volksschule ein. Beim auf „Kompetenzen“ basierenden Passepartout-Debakel vertrat sie 85% der Stimmberechtigten. Ihre Ablehnung gegenüber der Kompetenzideologie müsste allen Bildungspolitikern zu denken geben.

Felix Hoffmann, Sekundarlehrer

 

Franzi-Lehrplan Flop; Englisch-Lehrplan Top

Die Vernehmlassungen der AKK, des LVB und der Starken Schule zu den Lehrplanentwürfen Französisch und Englisch haben es unmissverständlich aufgezeigt: Lehrpersonen wollen Lehrpläne, die aus Stoffinhalten und Themen bestehen sowie pro Fach und Schuljahr 1-3 Seiten aufweisen. Alle drei Organisationen haben breiten Konsens in ihren Forderungen. Auch die Schulleitungskonferenz der Sekundarschulen (SLK Sek1) kritisiert den Lehrplan Französisch deutlich und befürwortet den Lehrplan Englisch mit kleinen Anpassungen.

Der Lehrplan Volksschule Baselland besteht aus zwei Teilen: Teil A mit Stoffinhalten, Themen und Jahreszielen sowie Teil B mit rund 3‘500 Kompetenzbeschreibungen. In den letzten Monaten wurde in den beiden Fremdsprachenfächern Englisch und Französisch jeweils Teil A neu erarbeitet: Betreffend Struktur, Umfang und Inhalt unterscheiden sich die beiden Lehrpläne jedoch deutlich. Während der Englischlehrplan pro Schuljahr knapp zwei Seiten ausmacht, klar und übersichtlich aufgebaut ist und nahezu ausschliesslich auf Stoffinhalte und Themen fokussiert, verliert sich der Französischlehrplan in 29 unübersichtlichen und kaum umsetzbaren Seiten.

Bildungsverbände lehnen neuen Französischlehrplan unisono ab

Der Lehrerinnen- und Lehrerverein (LVB), die Amtliche Kantonalkonferenz (AKK) und die Starke Schule beider Basel (SSbB) lehnen den Französischlehrplan unisono und dezidiert als unbrauchbar und wenig hilfreich ab und fordern eine grundsätzliche und umfassende Überarbeitung: Strukturell und betreffend Umfang soll er an den Englischlehrplan angepasst werden. Alle drei Organisationen, welche u.a. auch Lehrpersonen vertreten, haben klaren Konsens in der Haltung, dass sie den Lehrplan Französisch in seiner jetzigen Form als ungenügend zurückweisen, während der Lehrplan Englisch auf breite Akzeptanz stösst.

LVB: „Basierend auf den Ergebnissen dieser Befragung hat der LVB in seiner Rückmeldung an das AVS primär eine Überarbeitung des Lehrplanentwurfs Französisch gefordert, die sich am Vorbild des Lehrplanentwurfs Englisch orientiert.“

AKK: Wir halten fest, „dass der Entwurf des Lehrplanes Englisch grosse Akzeptanz findet, der Entwurf des Lehrplanes Französisch aber als stark überladen und unübersichtlich beurteilt wird.“

SSbB: „Der überarbeitete Französischlehrplan missachtet den Volkswillen [Volksabstimmung vom Juni 2018], indem er Stoffinhalte und Themen zu wenig prägnant ausweist und andererseits umfangreiche Formulierungen im Stil des kompetenzorientierten Lehrplanteils B beinhaltet. Zudem verfügt er über knapp 30 Seiten, was die Lesbarkeit und Übersicht erschwert. Solche Lehrpläne finden im Schulalltag keine oder höchstens geringe Beachtung.“ (siehe Vernehmlassung der Starken Schule beider Basel)

Am 10. Juni 2018 befürworteten 84% der Stimmbevölkerung die Abstimmungsvorlage «Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen», welche von der Starken Schule initiiert worden war. Diese wuchtige Zustimmung führte zum politischen Auftrag, neben dem bereits vorhandenen kompetenzorientierten Lehrplanteil B neu einen Lehrplanteil A mit klaren Stoffinhalten, Themen und Jahreszielen zu erarbeiten. Dies bedeutete auch, Kompetenzbeschreibungen weitgehend auf den Lehrplanteil B zu beschränken.

Der krasse Unterschied der beiden Lehrpläne lässt sich erklären

Den beiden Arbeitsgruppen Englisch und Französisch wurde ein vom Amt für Volksschulen (AVS) fixfertig formulierter Lehrplan vorgesetzt, mit der unmissverständlichen Aufforderung diesen abzunicken. Die Arbeitsgruppe Französisch, womöglich aus falsch verstandenem Gehorsam, beschränkte sich daraufhin, den vorgesetzten Lehrplan nur marginal anzupassen: Struktur, Umfang und bestehende Ideologie wurden kaum angetastet. Dass sie nun für ihre Arbeit heftige Kritik einstecken muss, ist bedauerlich. Sie verdankt das einigen Schreibtischtätern im AVS, welche ihre Ideologie der Arbeitsgruppe in Form eines vorgefertigten Lehrplans der Arbeitsgruppe unterjubeln konnten.

Die Arbeitsgruppe Englisch hingegen machte kurzen Prozess mit dem untauglichen Vorschlag des AVS und schredderte das vorgesetzte Lehrplanmonstrum. Sie erarbeitete stattdessen von Grunde auf einen neuen Lehrplanteil A, der nun nicht nur auf breite Akzeptanz stösst, sondern gar als Mustervorlage für andere Fächer gelten soll.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule beider Basel

 

Kritik wegen Gagen an Studis

 
Früherer Uni-Professor empfindet Angebot der Pädagogischen Hochschule als "selten plump"

Die Kritik ist harsch, der Absender nicht irgendwer. André Vanoncini lehrte an der Universität Basel französische Literaturwissenschaften, nun holt erzum Paukenschlag gegen die 2006 gegründete Pädagogische Hochschule (PH) aus. «Nie hat es die PH in Muttenz geschafft, durch ihr Angebot und ihre Leistung zu überzeugen», sagt Vanoncini.

«PH versucht, die Schwächen zu kaschieren»

Seinem Ärger lässt Vanoncininach der jüngsten Negativ-Schlagzeile freien Lauf. Die bz beschrieb vor etwas über zwei Wochen die ungewöhnlichen Massnahmen der PH-Leitung im Vorfeld des Hearings Ende November, bei dem es um die künftige Ausrichtung des Primarlehrgangs geht. Studierende, die am Anlass teilnehmen, bekommen 100 Franken Gage. Für diesen Lohn müssen sie allerdings vorher ein Gespräch mit der PH-Direktorin Sabine Larcher durchlaufen. Vanoncini sieht darin den «jüngsten Versuch, Meinungsäusserungen aus dem Inneren der Pädagogischen Hochschule durch direktionale Anweisung zu lenken». Als «selten plump» bezeichnet Vanoncini dies. «Man stelle sich vor, das Rektorat der Universität würde auf diese Weise die Vertretung der Studierenden für eine analoge Veranstaltung instrumentalisieren, vielleicht standesgemäss mit einem Ansatz von 200 Franken.» Aber offensichtlich sähen die Verantwortlichen der PH keine anderen Mittel, die Schwächen zu kaschieren. Auf sämtlichen Stufen der Lehramtsausbildung würden sich die Studenten über die Organisation, die Bürokratie, die Theorielastigkeit, die repetitiven Inhalte sowie die Vernachlässigung der Praxis stören. Vanoncinis Erfahrung zeige: Bis heute würden die PH-Schüler die Zeit nur «absitzen», bis sie endlich unterrichten dürften. Der frühere Uni-Professor hält das Projekt für gescheitert, die Mittelstufenlehrer an derPädagogischen Hochschule auszubilden. Mit dem Anspruch, weltweit zu den besten Hochschulen zu gehören, habe die PH die Bodenhaftung und die eigentliche Kernaufgabe aus den Augen verloren: die Ausbildung von Lehrern.

Nur noch Uni soll Sekundarlehrer ausbilden

Nun fordert Vanoncini, dass an der Pädagogischen Hochschule ein Umdenken stattfindet.«Die Fachwissenschaften müssen viel stärker ins Zentrum rücken.» Der Anteil an Didaktik sei heute viel zu hoch. Studierende beklagten sich darüber, dass sie immer wieder die gleichen Dinge «lernten». Vanoncini ist etwa der Meinung, dass die Sekundarlehrerausbildung wieder an der Universität durchgeführt werden muss. Diese Forderung ist nicht neu: Bereits vor acht Jahren äusserte sich die sogenannte Gruppe für eine bessere Sekundarlehramtsausbildung negativ über dieTheorielastigkeit an der Pädagogischen Hochschule. Auch in den Parlamenten der beiden Basel war die PH ein Thema. Vorstösse zur Schwächung der Hochschule erreichten jedoch keine Mehrheiten. Nachdem es um die Gruppe für eine bessere Sekundarlehrerausbildung ruhig geworden war, werde es nach den jüngsten Schlagzeilen wieder Bewegung geben, wie ein Gruppenmitglied sagt. Nicht nur die zweifelhafte Aktion mit den Studentengagen habe zu Stirnrunzeln geführt. Auch die Tatsache, dass die jüngsten Umfragen unter den PH-Studenten geradezu miserable Zufriedenheitswerte zutage förderten. Die PH nahm zu den Aussagen von André Vanoncini keine Stellung. Ende November wird sie nicht darum herumkommen, sich der Kritik zu stellen. Dann lädt die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind zu einem Hearing, bei dem es um die künftige Ausrichtung der PH geht.

Leif Simonsen, Artikel erschienen am 13.11.2019 in der BZ

 

Bildungspolitische Position der beiden Ständeratskandidatinnen

Am 24. November findet der zweite Wahlgang statt. Für den Ständerat kandidieren Maya Graf (Grüne) und Daniela Schneeberger (FDP). Die Starke Schule hat beiden Kandidatinnen einige bildungspolitische Fragen gestellt, damit sie ihre Positionen darlegen können.

Daniela Schneeberger hat die Fragen rasch und ausführlich beantwortet. Hier können Sie das Interview lesen.

Von Maya Graf haben wir trotz mehreren Anfragen keine Antwort erhalten, was wir sehr bedauern. Die Gründe dafür dürften klar sein: Mit ihrer extremen bildungspolitischen Position liegt Frau Graf weit von derjenigen der Starken Schule entfernt. Einheitsschule während der gesamten obligatorischen Schulzeit, Abschaffung der drei bewährten Leistungsniveaus A (allgemeines Niveau), E (erweitertes Niveau) und P (progymnasiales Niveau) auf der Sekundarstufe 1, Integration von nahezu allen Schüler/-innen unabhängig von ihrem Potential in Regelklassen.

 

Eine Pionier-Organisation mit Strahlkraft

Als Zürcher sich über Baselbieter oder gar zu baselstädtischer Schulpolitik zu äussern, ist schon ziemlich gewagt. Doch die Nordwestschweizer Ecke mit den beiden Halbkantonen ist aus bildungspolitischer Sicht ein aktives Erdbebengebiet, dem spätestens seit den Schulreformen nach der Jahrtausendwende bei uns gespannte Aufmerksamkeit gilt. Als Mitglied der Organisation der Zürcher Sekundarlehrpersonen (SekZH) wundere ich mich immer wieder über die aufmüpfige Baselbieter Lehrerschaft, die mit ihrer kämpferischen Haltung Erstaunliches zustande brachte.

Dass im Baselbiet kritisches Denken in Bildungsfragen nichts Aussergewöhnliches ist, wurde mir spätestens bei der Diskussion um den Lehrplan 21 bewusst. Während die meisten kantonalen Lehrerorganisationen relativ rasch in den grossen Chor der unkritischen Befürworter einstimmten, zeigte die Starke Schule beider Basel (SSbB) klar mit dem Finger auf die erheblichen Schwachpunkte des Schweizer Mammutprojekts. Zwar hat die Dachorganisation der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer in einem dutzendseitigen Kommentar ebenfalls viele Kritikpunkte aufgelistet. Aber im rauen Gegenwind der Politik fehlte der starke Wille, um auf zentralen Forderungen zu beharren. Doch genau dies hat die aktive Baselbieter Lehrerschaft getan.

Viele Bildungspolitiker waren alles andere als erfreut, als die SSbB mehrere politische Initiativen für einen besseren Lehrplan startete. Wollen diese Aufrührer mit ihrer Zwängerei jetzt die Harmonisierung der Bildung gefährden, lautete fast schweizweit der Tenor. Doch mit mir freuten sich unzählige Zürcher Kolleginnen und Kollegen, als es den mutigen Baselbietern gelang, das unselige Fächerkonglomerat in den Realien via Volksabstimmung in die ursprünglichen Fächer aufzulösen. Dieser Erfolg hatte überraschende Auswirkungen. Es gelang, bei den Lehrmitteln der Zürcher Sekundarschule die Fächertrennung beizubehalten.

Wir wissen, dass sich die SSbB in ihrem Kampf stets auf einem Gratweg befindet. Wer engagiert für zentrale Anliegen unserer Volksschule kämpft, riskiert auch einmal übers Ziel hinauszuschiessen. Ich weiss, dass dieser Vorwurf öfters zu hören ist. Doch es kommt mir fast vor wie bei der aktuellen Klimadebatte. Lange Zeit lief es in der Energiepolitik im gleichen umweltbelastenden Tritt weiter. Doch mit Greta und der Zähigkeit junger Kämpferinnen wendete sich das Blatt. Jetzt wird ernsthaft gefragt, wo denn grundsätzlich etwas falsch läuft und welche Konsequenzen zu ziehen sind.

Ist die SSbB nicht so etwas wie eine unerschütterliche Greta im Kampf gegen oberflächliches Denken im Bildungswesen? Natürlich löst ein Handeln im Sinne Gretas immer wieder Ärger aus, weil man ja im Dienst einer Sache manchmal anecken muss, wenn es einfach nicht vorwärtsgehen will.

Wir sind froh, dass es diese starke Pionier-Organisation gibt. Noch manches in der Schweizer Bildungslandschaft steht ziemlich quer da und schadet unserer Volksschule. Die Dauerbaustelle der schulischen Integration oder die erhebliche Grundbelastung der Primarschule mit den zwei frühen Fremdsprachen zählen beispielsweise dazu.

Vielleicht ist die SSbB Greta schon einen Schritt voraus. Wie die breite Unterstützung der Passepartout-Initiative zeigt, ist es gelungen, mit geschickten Verhandlungen auch Zögernde ins Boot zu holen. Klug kämpfen heisst ja nicht, dass man immer mit dem Kopf durch die Wand gehen muss, um ein grosses Ziel zu erreichen.

Ich wünsche unseren engagierten Basler Kolleginnen und Kollegen für die Passepartout-Abstimmung viel Erfolg. Und bleibt weiter am Ball!

Hanspeter Amstutz, Fehraltorf ZH

 

Die Pädagogische Hochschule in Muttenz fällt durch

Eine Studierendenbefragung der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz (PH FHNW) in Muttenz bestätigt, was wir schon lange vermutet haben: Die PH fällt bei den Studierenden durch. Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen, die von aktuellen oder ehemaligen Studierenden auf dem Büro der Starken Schule beider Basel in den letzten Jahren eingetroffen sind, wussten wir schon lange, dass es in der Ausbildungsstätte unserer zukünftigen Lehrpersonen Missstände gibt. Kritikpunkte waren Sturheit, charakterliche Schwächen und fachliche Überforderung von Dozierenden und Betreuungspersonen.

Die Befragung, welche im Jahr 2018 zum dritten Mal durchgeführt wurde und ein wichtiger Gradmesser in Bezug auf die Zufriedenheit der Studierenden an der PH ist, liefert deutliche Ergebnisse. Auf einer Skala von 1 bis 6 beträgt die Zufriedenheit 2018 lediglich 3.2 Punkte (Quelle: Primenews), was einer deutlich ungenügenden Note entspricht. Im 2013 erreicht die PH einen Wert von 3.1 Punkten, im 2016 einen solchen von 3.4 Punkten. Diese Resultate bestätigen unser Bild, dass das Klima seit Jahren unbefriedigend und eine Verbesserung diesbezüglich dringend notwendig ist.

Die Ergebnisse der letztjährigen Befragung wurden nie ganzheitlich publiziert. Die Trägerkantone Basel-Stadt, Baselland, Solothurn und Aargau wurden zwar im Rahmen des jährlichen Berichts zum Leistungsauftrag von der FHNW über die Missstände informiert, die Ergebnisse der aktuellsten Befragung würden jedoch erst in den Bericht im kommenden Jahr einfliessen. Dies lässt vermuten, dass die FHNW diese Missstände verdeckt halten will.

Die Führungspersonen der PH FHNW können offensichtlich seit Jahren die Zufriedenheitsquote nicht verbessern. Sie müssen sich die Frage einer möglichen Überforderung gefallen lassen. Die Aufsichtsorgane und die Regierungen der vier Trägerkantone sind nun in der Pflicht zu handeln. Dazu gehört auch die Prüfung personeller Veränderungen.

Die Politik reagiert nun und im November werden Baselbieter Bildungspolitiker, Schulleiter, PH-Mitarbeitende und Studenten mit der Bildungsdirektorin Monica Gschwind über die Zukunft der Ausbildung diskutieren. Die Art und Weise, wie an die Hearings gegangen wird, hat jedoch einen speziellen Beigeschmack.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule beider Basel

 

Die Gefahren der schulischen Digitalisierung

Ein Plädoyer für ein umsichtiges Vorgehen

Harald Lesch, der aus dem Fernsehen bekannte Astrophysiker, meinte in einem seiner Vorträge, Bedenken seien ein konstitutives Element des Menschseins.[1] Doch gerade bei der Vorwegnahme der Folgen seines Handelns tut sich Homo Sapiens unglaublich schwer. So bedachte er weder die Auswirkungen der Nutzung fossiler Brennstoffe auf die Umwelt noch die Unlösbarkeit des Problems radioaktiven Abfalls. Ein Bereich, in dem Vorausdenken geradezu verweigert wird, ist die Bildungspolitik. Aktuellstes Beispiel: die Digitalisierung.

Elf Stunden vor dem Bildschirm

Als ich in einer meiner Klassen die Zeit erhob, die seitens der Lernenden ausserhalb der Schule täglich vor dem Bildschirm verbracht wird, stellte eine Schülerin den Rekord auf mit über acht Stunden. Der Durchschnitt betrug immerhin ca. drei bis vier Stunden. Zu den Beschäftigungen zählen Computerspiele, Fernsehen sowie Nachrichten und Bilder «checken» auf dem Handy, Tablet oder am PC. Dieser Befund entspricht in etwa den Ergebnissen der auf Sucht Schweiz einsehbaren internationalen Schülerbefragung Health Behaviour in School-aged Children. Demnach «... verbringen die 11- bis 15-Jährigen in der Schweiz heute im Schnitt unter der Woche 4,4 und am Wochenende 7,4 Stunden pro Tag vor dem Fernseher, Computer, Tablet oder Smartphone.»[2] Es handelt sich dabei ausschliesslich um ausserhalb der Schule vor dem Bildschirm verbrachte Zeit.

Die bevorstehende Digitalisierung des Unterrichts zieht bedenkliche Tagesabläufe nach sich. Ein hypothetisches Beispiel aus dem Alltag eines Vierzehnjährigen. 06.45: Der Handywecker läutet, erster Blick auf WhatsApp, Instagram oder Snapchat, eine erste Nachricht an den besten Freund; 07.20: Ankunft in der Schule, kurzer Austausch mit Kollegen der am Vortag auf YouTube neu entdeckten Clips; 07.30: Geometrie, Dreieckskonstruktionen am PC; 08.20: Französisch, einen digitalen Text lesen mit anschliessender Beantwortung von Fragen im Textverarbeitungsprogramm; 09.10: Deutschdoppelstunde, Aufsatz am Bildschirm; 11.05: Geschichtsprüfung online; 12.30: Mittagessen zuhause, der Fernseher läuft zur Unterhaltung im Hintergrund; 13.55: Englisch, Übungen zum Past simple am Computer, YouToube-Clip als Hörverständnisübung; 14.45: Geographie, Filmvorführung zur Erdölförderung im Nahen Osten; 16.00 - 19.00: Ballerspiele am PC - Call of Duty, Fortnite oder dergleichen; 19.00: Nachtessen; 19.30 - 22.00: Netflix-Serie - Vampire Diaries, Riverdale, Walking Dead oder Ähnliches; 22.30: Nachrichtenaustausch am Handy.

Am Ende des Tages verbringt der Junge gegen elf Stunden vor dem Bildschirm. Der vom Bundesamt für Sozialversicherungen und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften herausgegebenen Broschüre Medienkompetenz ist zu entnehmen: «10- bis 12-Jährige sollten pro Woche nicht mehr als 10 Stunden vor dem Bildschirm verbringen.»[3] Folgen für die Gesundheit sind auf diesem Hintergrund unausweichlich. (Lesen Sie hier den Artikel weiter)

Gastbeitrag von Felix Hoffmann, Sekundarlehrer
 


[1] https://www.tele-akademie.de/03_suche.php?suchw=die+menschheit+schafft+sich+ab+lesch
[2]
https://www.suchtschweiz.ch/aktuell/medienmitteilungen/article/jugendliche-mediennutzung-im-griff/
[3]
https://www.jugendundmedien.ch/fileadmin/user_upload/Brosch%C3%BCren_Flyer/Brosch%C3%BCre_Tipps_Medienkompetenz/Brosc%C3%BCre_Medienkompetenz_D_2015_5_Auflage.pdf
 
 

Appenzell - Basel 3:0

Die Ergebnisse der ersten schweizerischen Erhebung von Grundkompetenzen in der Volksschule, mit Verzögerung von der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) publiziert, haben die Öffentlichkeit erstaunt und aufgeschreckt. Nun können wir uns ein Bild machen, wie gut die Sechstklässler ihre Schulsprache beherrschen, wie weit sie im Lernen der ersten Fremdsprache sind und wie viel an Mathematik bei Sekundarschülern am Ende der Schulzeit hängen geblieben ist.

Die Untersuchung offenbart grosse kantonale Differenzen. Die NZZ wählt einen drastischen Titel: «Katastrophales Zeugnis für die Basler Schulen». Und fasst dann zusammen: Die Schüler aus Freiburg, Wallis und Appenzell Innerrhoden beweisen sowohl bei Mathematik wie bei den Sprachen überdurchschnittliche Kompetenzen. Am unteren Ende der Skala finden sich beide Basel und Solothurn. Besonders augenfällig ist das schlechte Abschneiden der Schüler aus Basel-Stadt, wo in Mathematik nicht einmal die Hälfte der Schüler genügt, wo aber auch bezüglich der Sprachkompetenzen weniger erreicht wurde als in fast allen anderen Kantonen.

Als Ausrede tischt Erziehungsdirektor Conradin Cramer (LDP) gebetsmühlenartig die schwierige Zusammensetzung der städtischen Schülerschaft auf. Die EDK allerdings lässt diese Erklärung nicht gelten: «Die Analysen zeigen», hält sie fest, «dass die unterschiedlichen Anteile nicht oder nur zu einem äusserst geringen Teil auf die Schülerzusammensetzungen zurückgeführt werden können.» Weder die soziale Herkunft noch die zu Hause gesprochene Sprache noch der Migrationsstatus sind demnach entscheidend für das Erreichen der Kompetenzen. Defekt ist das System.

Gegen den ausdrücklichen Rat zahlreicher Fachleute wurde zuerst der Französisch- dann auch noch der Englischunterricht in die Primarschule verlegt. Nun zeigt sich, wenig überraschend: Viele Primarschülerinnen und Primarschüler sind mit zwei Fremdsprachen heillos überfordert. Dabei wird erst noch übersehen, dass für einen erheblichen Teil der Schülerschaft die Standardsprache Deutsch ebenfalls eine Art Fremdsprache ist. Der Erziehungswissenschaftler Carl Bossard lobt die Appenzeller: «Sie verlegten den Französischunterricht von der Primar- in die Sekundarstufe und unterrichten hier mit hoher Kadenz. Sie befreiten die Primarschule von Französisch und gewannen Zeit fürs Kernfach Deutsch.»

Anders gesagt: besser zuerst scharfzüngig Deutsch als vielzüngig, aber ungenau! Viele erfahrene Lehrpersonen wissen das. Doch die Bildungspolitik hört nicht auf sie. («NZZ am Sonntag», 22.6.2019)

Oder mit den Worten von Marcel Proust: «Die Wirklichkeit dringt nicht in die Welt des Glaubens.»

[Quelle: Basler Zeitung, 8. August 2019, von Roland Stark, ehemaliger SP-Grossrat]

 

Seven Years Of Fight

Sie kennen sicher den Film «Seven Years in Tibet». Der berühmte Bergsteiger Heinrich Harrer nimmt nach seiner erfolgreichen Erstbesteigung der Eigernordwand an einer Himalaya-Expedition teil und wird im Rahmen der Kriegswirren für insgesamt sieben Jahre im Tibet interniert. Er lernt den Dalai-Lama kennen und verändert seine Weltsicht.

Sieben Jahre sind lang. Und kurz. Doch sie reichen aus, um Stand- und Trittfestigkeit zu erreichen und die Sicht auf die Dinge zu festigen.

Genau das ist der Starken Schule gelungen. Am 20. Juni 2011 wurde der Verein «Gute Schule Baselland» ins Leben gerufen. Dies vor allem als Antwort auf die basellandschaftlichen Spar- und Reformprogramme. Einerseits, um dem kantonalen Ansinnen entgegenzuwirken, Sekundarschülerinnen und -schüler bei Bedarf künftig innerhalb eines Schulkreises zu verschieben, um die Klassen füllen zu können und so die Beschulung im Wohnort nicht mehr garantieren zu müssen (Komitee «Keine Zwangsverschiebungen»). Andererseits, um der grassierenden Reformitis Einhalt zu gebieten, mit dem Ziel, ein Mindestmass an Unterrichtsqualität zu erhalten (Komitee «Gute Schule Baselland»). An diesem 20. Juni 2011 fand denn auch die erste Mitgliederversammlung des neu gegründeten Vereins statt, an welcher der Vorstand gewählt und die Statuten verabschiedet wurden.

Der Name «Gute Schule Baselland» schien ideal für den bildungspolitisch tätigen Verein. Doch diese Rechnung ging nicht auf. Der Kanton Baselland hatte inzwischen die Marke «Gute Schule Baselland» rechtlich schützen lassen und drohte mit juristischen Schritten, sollte dieser Name weiterhin als Vereinsbezeichnung auftauchen.

Der Gescheitere gibt nach… aus «Gute Schule Baselland» wurde «Starke Schule Baselland». Damit setzte die Starke Schule Baselland eine Entwicklung in Gang, die weitere «Starke Schulen» in anderen Kantonen hervorrief, so zum Beispiel in Appenzell oder in St. Gallen.

Die Geschäftsleitung wurde später Saskia Olsson und Alina Isler übertragen, die das Sekretariat betreuen. Beide sind auch Vorstandsmitglieder der Starken Schule neben (heute Ex-) Landrat Jürg Wiedemann, Michael Pedrazzi und Landrätin Regina Werthmüller. Daneben steht die Mitgliederversammlung, die einmal jährlich einberufen wird. Die Starke Schule beider Basel (SSbB), wie sie seit 2017 heisst, umfasst neben 4'496 Personen aus dem Kanton Baselland auch 308 Personen aus Baselstadt sowie 33 andere Personen.

Die aktuell im Kanton Baselland im Amt stehende Regierungsrätin und Bildungsdirektorin Monica Gschwind verdankt ihre Erstwahl zu einem Gutteil der Unterstützung durch die Starke Schule. Der gemässigte Reformkurs sowie der vom Artikelverfasser bereits 2010 (an der damaligen AKK-Plenarversammlung) geforderte und schliesslich auch vorgenommene Marschhalt sind ihr zu verdanken. So verwandelte sich der Lehrplan 21 in den «Lehrplan Volksschule Baselland» und die derzeit diskutierte (beschränkte) Lehrmittelfreiheit lässt hoffen.

Die Starke Schule beider Basel ist zu einem wichtigen bildungspolitischen Player herangewachsen, der sich in diversen Gremien auf kantonaler Ebene einbringen kann - nebst anderen, wie z. B. dem Lehrerinnen- und Lehrerverband Baselland (LVB). Wenn man das bildungspolitische Kernanliegen der Starken Schule beider Basel in einem Satz zusammenfassen wollte, dann vielleicht so: «Die Starke Schule beider Basel setzt sich ein für einen qualitativ hochwertigen und Reformideologie-befreiten Unterricht, verbunden mit der entsprechend zu gewichtenden pädagogisch-methodischen Autonomie der Lehrpersonen.»

Folgende Initiativen hat die Starke Schule seit ihrer Gründung lanciert:

  • Keine Zwangsverschiebungen an Baselbieter Sekundarschulen (14. April 2011)
  • Bildungsqualität auch für schulisch Schwächere (30. Juni 2011
  • Ja zur guten Schule Baselland: überfüllte Klassen reduzieren (1. September 2011)
  • Ja zur guten Schule Baselland: Betreuung der Schüler/-innen optimieren (1. September 2011)
  • Ja zur Weiterführung der zweijährigen Berufsvorbereitenden Schule BVS 2 (09. Februar 2012)
  • Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen (27. Februar 2014)
  • Ja zum Austritt aus dem überteuerten und gescheiterten Harmos-Konkordat (27. Februar 2014)
  • Ja zu den Fächern Geschichte, Geografie, Biologie, Physik und Chemie (25. Juni 2015)
  • Stopp dem Verheizen von Schüler/-innen: Ausstieg aus dem gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenprojekt (15. Oktober 2015)
  • Stopp der Überforderung von Schüler/-innen: Eine Fremdsprache auf der Primar genügt (15. Oktober 2015
  • Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen (7. Juli 2016)
  • Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel (22. Juni 2017)
  • Die gigantische und unerfüllbare Anzahl von 3'500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein vernünftiges Mass reduzieren (27. September 2018)
  • Passepartout-Lehrmittel Mille feuilles, Clin d’œil und New World durch gute Schulbücher ersetzen (27. September 2018)

In letzter Zeit zeigt sich Erfreuliches. So hat der Landrat der SSbB-Initiative «Ausstieg aus den Passepartout-Lehrmitteln» zugestimmt. Deren Annahme durch den Landrat bedeutet, dass die Bildungsdirektion eine Gesetzesvorlage ausarbeiten muss, mit welcher diese Initiative umgesetzt werden kann, wobei die Bildungsdirektion einen gewissen Spielraum hat. Dieser Spielraum zeigt sich in der bereits erwähnten «beschränkten Lehrmittelfreiheit». Diese Entwicklung wiederum führte aktuell dazu, dass die Starke Schule sich bewusst dazu entschieden hat, mit der Einreichung ihrer letzten Initiative "Mille feuilles, Clin d'oeil und New World durch gute Schulbücher ersetzen" zuzuwarten. Es scheint, als bewege sich der Apparat BKSD langsam aber sicher in die richtige Richtung. Doch es gilt, weiterhin wachsam zu bleiben!

Man kann sich auch fragen, worauf die politischen Erfolge der Starken Schule beruhen. Nebst dem unermüdlichen Einsatz von Geschäftsleitung und Vorstand ist dies vor allem der Vereinskonstellation zu verdanken. Die Starke Schule beider Basel ist ein Mitte-Links-Komitee, dem es gelungen ist, die Linke zu spalten bzw. ideologisch aufzuweichen und zusammen mit den Mitteparteien und den Bürgerlichen immer wieder Allianzen und Mehrheiten im Parlament zu bilden. Das überzeugt auch die Stimmbürgerinnen und -bürger.

Der Starken Schule wird immer wieder mal vorgeworfen, sie bombardiere die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger andauernd mit neuen Initiativen – die Bildungslandschaft käme so nie zur Ruhe.

Falsch! Die Initiativen der SSbB sind durchs Band Reaktionen auf den nicht enden wollenden Feldzug des nimmersatten Reformgoliath, der die schweizerische und damit auch die basellandschaftliche Bildungslandschaft ständig von neuem umpflügt. Dass diese Reformbemühungen in einer Sackgasse enden, ist mehr als abzusehen – der kürzlich national erhobene Bildungsvergleich spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache. Genau so deutlich äussern sich die Abnehmeretagen der Volksschulabgängerinnen und -abgänger. Ohne den ständig aufrechtzuerhaltenden Druck zur Kurskorrektur - z. B. seitens der Starken Schule - wäre das Fiasko mehr als programmiert. Die Starke Schule beider Basel leistete und leistet in dieser Hinsicht wertvolle Arbeit – Seven Years Of Fight!

Danke!
Daniel Vuilliomenet, Sekundarlehrer

 
 

Mehr Fairness an den Schulen

An vielen Schulen ist das Verhältnis zwischen Lehrkräften, Schulleitungen und Schulbehörden konfliktbelastet. Dies zeigen Medienberichte von Lehrer-Massenkündigungen aus verschiedenen Kantonen. Ein aktueller Bericht des Kantons Thurgau listet verschiedene Schwachstellen auf und empfiehlt den Schulleitern, den Lehrern «den nötigen Respekt entgegenzubringen». Insbesondere sei bei Organisationsanpassungen «ein ausreichender Einbezug der Lehrpersonen sicherzustellen».

Diese Rüge aus dem Thurgauer Erziehungsdepartement lässt aufhorchen. Bisher konnten sich die Schulleiter auf die Rückendeckung der lokalen und kantonalen Behörden verlassen. Doch hier muss ein Umdenken stattfinden. Die Schweizer Volksschule lebt von der aktiven und kritischen Begleitung durch die Lehrpersonen. Diese darf weder von beflissenen Schulleitungen noch von der Schulbehörde eingeschränkt oder abgewürgt werden.

Es geht nicht darum, schlechte Lehrpersonen zu schützen. Es gehört zu den Führungsaufgaben der Schulleitung, schwachen oder ungeeigneten Lehrpersonen Alternativen aufzuzeigen. In der Zusammenarbeit zwischen den an der Schule Beteiligten muss aber mehr Fairness geübt werden. Insbesondere sollen sich die involvierten Personen an folgende vier Grundsätze halten:

  1. Die Methodenfreiheit muss garantiert sein. Auch mit dem Lehrplan ist grundsätzlich die Methodenfreiheit gewährleistet. Diese sorgt dafür, dass die örtlichen Verhältnisse (Schülerstruktur, Klassengrössen, Zusammensetzung des Lehrkörpers) in bester Weise berücksichtigt werden können. Das Prinzip der Methodenfreiheit gilt es deshalb hochzuhalten.
  2. Reformen müssen mit dem Lehrerteam zusammen angepackt und nicht top-down verordnet werden. Willkürliche Massnahmen, insbesondere mit Kündigungsandrohung, haben in einem pädagogisch geprägten Umfeld nichts zu suchen und wirken sich nachteilig auf die Schulqualität aus.
  3. Widerspruch kann heilsam sein. An vielen Schulen wird es den Lehrpersonen untersagt, Anordnungen der Schulleitung oder der Schulbehörden zu kritisieren. So dürfen sich die Unterrichtenden nicht äussern zu pädagogisch relevanten Fragen. Das Resultat davon ist ein Klima der Angst und der Heuchelei. Entsprechende, auch von den kantonalen Ämtern gebilligte Maulkörbe, gehören abgeschafft und sind der demokratisch legitimierten Schweizer Volksschule unwürdig.
  4. Die Schulbehörden sind neutral. Oft können die Schulleitungen auf die blinde und fast bedingungslose Unterstützung der politischen Behörde, die sie gewählt hat, zählen. Die Schulbehörden sind zu verpflichten, bei Konflikten die Grundsätze der Neutralität und Unabhängigkeit zu beachten - zum Wohl der Schule. 
Urs Kalberer
 
 

Was ist los mit unserem Geschichtsunterricht?

Haben Sie lebendige Erinnerungen an Ihren Geschichtsunterricht in der Volksschule? Wenn ja, dann dürften packende Erzählungen und anregende Klassengespräche wohl eine wichtige Rolle gespielt haben. Wenn nein, dann besuchten Sie vermutlich bei einem Langweiler den Geschichtsunterricht.

Nur noch ein Restprogramm eines geschichtlichen Basiswissens
Wenn man auf die aktuelle Situation des Geschichtsunterrichts blickt, so stellt man fest, dass das Fach in den letzten Jahren stark an den Rand gedrängt wurde. Die Lektionenzahl wurde teils bis auf eine Wochenlektion reduziert und das Fach selber ist versteckt in einem Konglomerat aus mehreren Fächern. Die meisten Lehrpersonen beklagen sich zu recht, dass für einen vernünftigen stofflichen Aufbau schlichtweg die Zeit fehle. Der zweite Grund für eine Distanzierung vieler Lehrpersonen gegenüber dem Fach ist eine tiefe Verunsicherung, die durch grundlegend neue Ansätze in der Geschichtsdidaktik ausgelöst wurde. Dabei bleibt die wichtige Frage, wieweit geschichtliche Inhalte noch verbindlich sind und welche Rolle der erzählerischen Gestaltungkraft der Lehrperson zukommt, trotz verschiedener Hinweise im neuen Lehrplan weiterhin in der Schwebe.

Die Abwertung des Geschichtsunterricht durch fehlende Zeitgefässe bei gleichzeitiger Austauschbarkeit wesentlicher Inhalte ist offensichtlich. Da es von der Zielsetzung des neuen Lehrplans her primär auf das Vermitteln von geschichtlich relevanten Kompetenzen geht, glaubt man, durch kluges Auswählen aus einer Vielfalt von Inhalten den Mangel des seriösen Aufbaus kompensieren zu können. Die Lehrpersonen sind bei diesem unübersichtlichen Selbstbedienungsbuffet nicht zu beneiden. Wie sollen denn die Schüler eine Kontinuität geschichtlicher Abläufe erkennen, wenn zu viel zusammengestrichen werden muss? Eine Geschichtsdidaktik, die glaubt, auf einen Grossteil geschichtlichen Grundwissens verzichten zu können, wird beim Vermitteln der Kompetenzen so immer wieder mit unvermeidlichen Lücken zu kämpfen haben.

Wenig beliebte Schweizer Geschichte
In der Sekundarschule benötigt man bei schülergerechtem Lerntempo für eine nur in exemplarischen Schwerpunktthemen vermittelte Geschichte Europas von den Entdeckungen im 15. Jahrhundert bis zur aktuellen Globalisierung rund zwei Wochenlektionen während dreier Jahre. Es erstaunt deshalb nicht, dass Themen aus der Schweizer Geschichte am ehesten vernachlässigt werden, da sie als besonders heikel gelten. Kritisch denkende Lehrkräfte möchten sich nicht unnötig dem Stallgeruch eines selbstgefälligen Nationalstolzes aussetzen. Viele Lehrpersonen beschränken sich in der Schweizer Geschichte deshalb auf Kapitel, die ihnen gerade naheliegen oder machen gar einen Bogen um wesentliche historische Epochen. Doch diese Haltung darf keine Entschuldigung dafür sein, unserer Jugend das Werden der modernen Schweiz vorzuenthalten.

Akademisch konzipierte Geschichtsdidaktik
Die Stoffauswahl ist das eine, das lebendige Vermitteln historischen Geschehens das andere. In der Geschichtsdidaktik wird den Lehrpersonen nahegelegt, geschichtliche Erzählungen als Ergänzungen zu sehen und den Schülern einen breiten Zugang zur Vergangenheit durch die Auseinandersetzung mit geschichtlichen Quellentexten zu öffnen. Die neue Geschichtsdidaktik geht oft von einem reichen Vorwissen aus, das nicht vorhanden ist und neigt zu akademischen Fragestellungen, die viele überfordern. Wer mit Lehrerinnen und Lehrern spricht, stellt fest, dass ein weitgehender Verzicht auf direkte Instruktion zugunsten von Erkenntnissen aus selbsterarbeiteten Lernprogrammen zeitraubend und für viele Jugendliche zu wenig motivierend ist.

Die Geprellten bei dieser umstrittenen Konzeption des Geschichtsunterrichts sind unsere Schülerinnen und Schüler. Ihr Hunger nach anschaulichen Schilderungen lässt sich kaum mit individualisierten Aufträgen zu seitenlangen Dokumenten und Serien von Arbeitsblättern ausreichend stillen.

Ermutigung zum spannenden Erzählen
Der neue Trend in der Fachdidaktik hat seinen Preis. Statt angehende Lehrpersonen in faktenorientierter Erzählkunst zu fördern und zu ermutigen, setzt man in erster Linie auf anspruchsvolle Konzepte zur Selbsttätigkeit der Schüler. Nichts gegen neue Wege mit optimalen Zugängen zum altersgerechten Forschen, aber die Förderung des entdeckenden Lernens darf nicht mit einem Abbau des narrativen Unterrichts erkauft werden.

Die Vorbereitung einer narrativen Lektionsreihe mit einer didaktisch aufbereiteten Fortsetzungsgeschichte für einen dialogischen Unterricht ist aufwändig. Die meisten Lehrpersonen wären deshalb froh um kommentierte Folienfolgen für bildgestütztes Erzählen und prägnante Hintergrundinformationen zum gewählten Thema. Da sich die Fachdidaktik dafür aber nur begrenzt zuständig sieht, muss man sich nicht wundern, wenn viele Lehrpersonen sich ein erfolgreiches Einarbeiten in die Erzählkunst gar nicht mehr zutrauen.

Lebendiger Geschichtsunterricht ist sprachbildend
Doch der Aufwand würde sich vielfältig lohnen.Lebendiger Geschichtsunterricht ist sprachbildend, sofern dem Erzählerischen wirklich Raum gegeben wird. Kinder und Jugendliche sind voll aufnahmefähig, wenn sie während farbiger Schilderungen ein Sprachbad im dramatischen Geschehen nehmen können. In narrativen Geschichtslektionen entstehen innere Bilder und Vorstellungen von prägender Kraft, welche die Basis für solide Analysen bilden. Daraus entwickeln sich als erwünschte Nebenwirkungen geschichtliche Kompetenzen und eine nicht zu unterschätzende Ausweitung des sprachlichen Horizonts.

Schweizer Geschichte im europäischen Kontext sehen
Kaum eine kultivierte Nation würde es akzeptieren, wenn die landeseigene Geschichte im Unterricht hinten angestellt würde. Doch wir schaffen das. Viele Lehrpersonen gehen davon aus, dass die neuere Schweizer Geschichte nicht viel Aufregendes zu bieten habe, wenn man abseits der bekannten Mythen kritisch darüber berichte. Doch diese Befürchtung ist fehl am Platz. Die neuere Schweizer Geschichte ist eine Fundgrube für spannende und erhellende Auseinandersetzungen. Wenn relevante Themen geschickt vor dem Hintergrund des europäischen Donnerrollens geschildert werden, erkennen die Schüler meist die grossen Zusammenhänge von Entwicklungen und gleichzeitig die Besonderheiten des Schweizer Wegs.

Reicher Stoff für narratives Gestalten
Das Eintauchen ins historische Geschehen gelingt am besten, wenn Lehrpersonen die Fähigkeit entwickelt haben, im Lektionskonzept Spannungslinien aufzubauen und die dramatischen Verstrickungen wieder aufzulösen. Die Schüler merken bald, dass unsere Historie keine verstaubte Angelegenheit ist. Doch es gilt, die richtigen Themen auszuwählen. Der Landesstreik liegt schon gut hundert Jahre Zeit zurück. Aber die Dramatik des scharfen Gegensatzes zwischen dem aufgeschreckten Bürgertum und der wütenden Arbeiterschaft ist ein Stoff, aus dem sich Geschichte gestalten lässt. Die sich überschlagenden Ereignisse vom November 1918 und die nachfolgenden Jahre sind Musterbeispiele für historisches Geschehen, welches letztlich grosse gesellschaftliche Veränderungen in unserem Land ausgelöst hat.

Faktenorientierte Erzählkunst fördert Urteilskraft
Schweizer Geschichtsunterricht soll auch Verständnis für den Zeitgeist einer Epoche schaffen. Dieser kann durchaus von den Wertvorstellungen unserer Tage abweichen und etwas irritieren. Die Zeit des Zweiten Weltkriegs bietet attraktiven Stoff, um die Situation eines Kleinstaats im Ring feindlicher Grossmächte schildern zu können. Die Abgrenzung gegenüber dem Nazitum, der Wille unserer Bevölkerung zum Überleben und die Reduit-Strategie von General Guisan stossen bei Jugendlichen auf grosses Interesse. Unverantwortlich wäre es hingegen, wenn kritische Fragen zur restriktiven Flüchtlingspolitik oder zu unserer wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Achsenmächten ausgeklammert würden. Die Jugendlichen haben ein Recht darauf, auch die unschönen Seiten unserer Vergangenheit kennen zu lernen. Meist entstehen gehaltvolle Klassengespräche mit differenzierten Urteilen, wenn Licht und Schatten menschlichen Verhaltens in schweren Zeiten faktengetreu zur Sprache gekommen sind.

Über Meilensteine unserer jüngsten Geschichte im Bild sein
In vielen Klassen wird die neue Schweizer Geschichte spätestens mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs abgeschlossen. Doch die Zeit nach 1945 ist für eine Reihe politischer Weichenstellungen von grosser Bedeutung. Je näher wir ans 21. Jahrhundert kommen, desto deutlicher ist der Atem der aktuellen Politik zu spüren. Zudem bestehen mehr Möglichkeiten, um die Wirklichkeit der Geschichte erlebbar zu machen. Zeitzeugen können befragt werden und ausgewählte Film- und Tondokumente helfen mit den Unterricht zu bereichern. Es gehört zum Basiswissen, dass die Schüler am Ende der Oberstufe über den Kampf ums Frauenstimmrecht sowie generell über unsere Grundstimmung während des Kalten Krieges im Bild sind. Aber all das Wissen bekommt erst seinen Wert, wenn dahinter lebendige Bilder und wesentliche historische Erkenntnisse stehen.

Eine lebendige Demokratie setzt voraus, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über ein solides geschichtliches Grundlagenwissen verfügen. Dieses wird für die meisten weitgehend abschliessend in der Volksschule vermittelt. Wenn unserer Jugend ein magerer Geschichtsunterricht vorgesetzt wird, darf uns das nicht länger egal sein.

Hanspeter Amstutz, erschienen am 2. Juli in der NZZ
 

Schwarze Liste für Lehrpersonen

Seit 2004 führt die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren eine «Schwarze Liste», auf welcher Lehrpersonen aufgelistet werden, die in den jeweiligen Kantonen ihre Unterrichtsberechtigung verloren haben – sei es durch psychische Krankheiten, Drogenproblemen oder wegen Sexualdelikten. Die Kantone müssen alle Pädagoginnen und Pädagogen melden, denen in einem rechtskräftigen Verfahren die Unterrichtsbefugnis entzogen wurde. Obwohl es diese Meldepflicht gibt, machen nicht alle Kantone mit. Dies zeigt nun auch das Beispiel eines Basler Sekundarlehrers, der sich im Internet unter falschem Decknamen das Vertrauen von Kindern erschlich und ihnen freizügige Bilder im Gegenzug von Nacktbildern und pornografischen Videos versprach. Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte den Mann wegen sexueller Handlungen mit Kindern und illegaler Pornografie. Mit seiner Masche lockte er fast 200 Buben in die Falle und erhielt dadurch eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, eines davon unbedingt. Trotz dieses Delikts steht sein Name nicht auf der angesprochenen Schwarzen Liste.

Nicht nur in Basel-Stadt, sondern auch im Tessin und in der Waadt gab es Fälle, bei denen die Lehrpersonen nicht gemeldet wurden: In diesen Kantonen fehlt eine gesetzliche Grundlage, um sich an der Schwarzen Liste zu beteiligen. Im Tessin will man auch weiterhin auf die Meldungen verzichten. Laut der dortigen Erziehungsdirektorin werden bei Bewerbungen immer ein Strafregisterauszug und ein Sonderprivatauszug, der Auskunft über bestehende Berufsverbote gibt, verlangt. Ausserdem müssen Anwärter belegen, dass sie keine Verfahren gegen sich laufen haben. Diese Instrumente erfüllten laut Tessiner Bildungsdirektorin denselben Zweck wie die Schwarze Liste.

Ein wesentlicher Vorteil der Schwarzen Liste ist, dass sie sich nicht auf bestimme Strafrechtsurteile beschränkt, sondern auch Entzüge wegen Suchtkrankheiten oder Drogendelikten umfasst. Ausserdem können die Kantone auch schon während des noch laufenden Strafverfahrens die Unterrichtsberechtigung zumindest provisorisch entziehen. Trotzdem bietet die Schwarze Liste natürlich keine Garantie. So nämlich beim Basler Lehrer, der nun in Basel-Stadt zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Als die Staatsanwaltschaft 2014 ein Verfahren gegen ihn eröffnete und dies den Behörden im Kanton Basel-Landschaft meldete, wo die Person bis 2013 unterrichtet hatte, wurde er nicht auf die Liste getragen. Danach arbeitete er im Kanton Aargau, jedoch nur als Aushilfe im Sekretariat, wo er zwei Herbstlager der Kinder begleitete. Von den Vorwürfen erfuhr man erst 2018, teilte die Schule während des Prozesses mit. Da er nicht als Lehrer tätig gewesen sei, wurde er auch jetzt nicht auf die Schwarze Liste gesetzt.

Somit bleibt die Gefahr, dass selbst verurteile Straftäter in anderen Kantonen an einer neuen Arbeitsstelle mit Jugendlichen zusammenarbeiten, obwohl eine Schwarze Liste für solche Fälle existieren würde. Die Starke Schule bittet alle Kantone, sich am Register zu beteiligen und die schwarze Liste zu berücksichtigen.

Saskia Olsson, Vorstand Starke Schule
 
 

Gigantische Anzahl Kompetenzbeschreibungen reduzieren

Der neue Lehrplan Volksschule Baselland, mit welchem seit dem Schuljahr 2018/19 an den Sekundarschulen gearbeitet wird, ist nicht zielführend: Er ist unübersichtlich, schwammig formuliert und deutlich zu umfangreich. Bedenklich ist zudem, dass ein wesentlicher Teil des Lehrplans vom Amt für Volksschulen (AVS) in Eigenregie mit dem Ziel formuliert wurde, den selbstorganisierten und konstruktivistischen Unterricht in den Klassenzimmern zu manifestieren. Fachexpertinnen und -experten wurden nicht oder lediglich als Marionetten eingebunden, welche den Lehrplan faktisch nur noch absegnen durften.

Der Lehrplan Volksschule Baselland der Primar- und Sekundarstufe 1 besteht aus zwei Teilen: einerseits aus der gigantischen Anzahl von 3'536 Kompetenzbeschreibungen, andererseits aus Stoffinhalten und Themen mit Jahreszielen, differenziert ausgerichtet auf die drei Leistungsniveaus A, E und P. Beide Teile sind enorm umfangreich und haben einen sehr hohen Detaillierungsgrad, was den Lehrplan Volksschule Baselland unübersichtlich und für die Lehrpersonen faktisch unbrauchbar macht. Gleichzeitig ist auch der Lehrplanteil mit den Stoffinhalten und Themen in Form von Kompetenzbeschreibungen verklausuliert. Der Bildungsrat hat den Lehrplan Volksschule Baselland denn auch nur provisorisch für 3 Jahre eingeführt, damit dieser in der Zeit überarbeitet und verbessert werden kann.

 Fach (Primar- und Sekundarstufe 1)
 Anzahl Kompetenz-beschreibungen
 Deutsch  502
 Französisch  250
 Englisch  250
 Italienisch  192
 Latein  151
 Mathematik  452
 Natur, Mensch, Gesellschaft
 411
 Biologie, Chemie, Physik
 154
 Hauswirtschaft  80
 Geografie, Geschichte
 127
 Ethik, Religion, Gemeinschaft
 86
 Bildnerisches Gestalten
 166
 Textiles und technisches Gestalten
 154
 Musik  207
 Bewegung und Sport
 244
 Medien und Informatik
 75
 Berufliche Orientierung
 35
 Total  3'536

Diese gigantische und unerfüllbare Anzahl in den Lehrplänen der Volksschule sollte auf ein vernünftiges Mass reduziert werden, zumal viele Kompetenzbeschreibungen akademisch anmuten und damit stufenfremd formuliert sind. Hier einige Beispiele aus den Fachbereichen Deutsch, Englisch, Geschichte und Mathematik:

  • Die Schülerinnen und Schüler können ihr Verständnis eines Redebeitrags mit Bezug auf das Gehörte begründen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können die Bedeutung von Rechtschreiberegeln reflektieren.
  • Die Schülerinnen und Schüler können Erfahrungen mit den Begriffen: Futur und Plusquamperfekt; vier Fälle; Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv sammeln.
  • Die Schülerinnen und Schüler können sich darauf einlassen, immer wieder neue Bilderbücher, Hörbücher, Hörspiele, Filme anzuschauen, zu lesen und darüber zu sprechen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können ihr Hörverhalten und Hörinteresse reflektieren.
  • Die Schülerinnen und Schüler können beim Vortragen Texte gestalten und eine ästhetische Wirkung erzielen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können Geschichte zur Bildung und Unterhaltung nutzen.
  • Die Schülerinnen und Schüler können erklären wie Geschichte ihr Leben beeinflusst hat und worin für sie selber der Nutzen der Beschäftigung mit Geschichte liegt.
  • Die Schülerinnen und Schüler sind bereit, sich mit unbekannten Fragestellungen zu Kombinatorik und Wahrscheinlichkeit auseinanderzusetzen.

Aufgrund dieser immensen Quantität an Kompetenzbeschreibungen und der teilweise schwer verständlichen, wenig aussagekräftigen Formulierungen mit einem grossen Interpretationsspielraum, bekunden viele Lehrpersonen erhebliche Mühe, sich einen Überblick zu verschaffen. Viele Kompetenzbeschreibungen sind zudem so schwammig formuliert, dass damit die Leistungen der Schüler/-innen gar nicht objektiv überprüfbar und bewertbar sind.

Die Starke Schule hat reagiert und reicht am 24. Juni die formulierte Initiative «Die gigantische und unerfüllbare Anzahl von 3'500 Kompetenzbeschreibungen in den Lehrplänen auf ein vernünftiges Mass reduzieren» ein, um den kompetenzorientierten Lehrplanteil umsetzbar zu machen.

Die Starke Schule lehnt umsetzbare und überprüfbare Kompetenzbeschreibungen nicht grundsätzlich ab, jedoch sollten sie im Lehrplan in einem vernünftigen und erfüllbaren Mass sowie in einer klareren Sprache aufgeführt werden, damit die Lehrpersonen diese bewältigen und zielführend einsetzen können. Erhaltene Rückmeldungen aus Sekundarschulen bestätigen: Die Lehrpersonen verwenden die reinen Kompetenzbeschreibungen nahezu gar nicht. Selbst der Teil Stoffinhalte und Themen wird aufgrund des hohen Detaillierungsgrad nur punktuell berücksichtigt. Der Lehrplan der 1. Klasse der Sekundarstufe I umfasst beispielsweise für das Fach Mathematik 10 Seiten, für das Fach Deutsch 9 Seiten. Dieser übertriebene Umfang ist nicht zweckmässig.

Die Starke Schule ist überzeugt, dass die gigantische Anzahl von Kompetenzbeschreibungen in beiden Teilen des Lehrplans das Erreichen der Lernziele erschwert und deshalb stark reduziert und aufs Wesentliche beschränkt werden muss.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule

 

Für viele Primarschulkinder sind zwei Fremdsprachen zu viel

Basler Romanistikprofessoren haben vor einiger Zeit Alarm geschlagen: Die Grundlagen aus dem Französischunterricht genügten nicht; ein Universitätsstudium sei schlicht unmöglich. Und das nach elf Jahren Unterricht!

Eigentlich weiss man es schon lange, wahrhaben will es fast niemand: Viele Primarschülerinnen und -schüler sind mit zwei Fremdsprachen überfordert. Doch die Verantwortlichen stört kein Zweifel; sie sind gegen das Offenkundige immun. So schrieb die «NZZ am Sonntag» vor einiger Zeit: «Bildungspolitiker kämpfen mit allen möglichen Mitteln für das Frühfranzösisch. Wissenschafter, die den Nutzen anzweifeln, werden unter Druck gesetzt und diskreditiert.» Das erinnert an Christian Morgensterns messerscharfen Schluss, dass «nicht sein kann, was nicht sein darf».

Misere im Französisch

Drastische Defizite beklagen auch die Basler Sekundar- und Gymnasiallehrer. Das gegenwärtige Fremdsprachenkonzept führe unweigerlich zu einer Misere beim Französisch. Ein Zuviel erdrückt; man tut nichts mehr richtig. Wichtiger wäre, so der ehemalige Mittelschullehrer und SP-Grossrat Daniel Goepfert, das Gewicht auf «sattelfestes Erlernen der deutschen Sprache zu legen» und Französisch zugunsten des Grundlagenfachs Deutsch aufzuschieben. Das stärkt auch leistungsschwächere Kinder, ohne die starken zu schwächen.

Wer in der globalisierten Welt modernitätsfähig sein will, braucht eine Fremdsprachenqualifikation. In der Schweiz gehört dazu eine zweite Landessprache. Und da Englisch ohnehin zur Lingua franca geworden ist, sollten die Kinder – zusätzlich zur Deutschkompetenz – mindestens doppelsprachig sein. Hier herrscht Konsens. Doch wann soll mit dem Fremdsprachenlernen begonnen werden? Und wie steht es um die Standardsprache Deutsch? Für viele ist sie ja auch eine Art Fremdsprache, zumal man weiss: Fast jeder fünfte Schüler verlässt unsere Schulen, ohne dass er richtig lesen und schreiben kann. Eine offene Wunde unserer Gesellschaft!

English first

Frühfranzösisch lässt sich nicht isoliert betrachten. Zu viele Positionen stehen sich hier diametral gegenüber. Zwei Fremdsprachen bereits in der Primarschule, das fordern die Kosmopoliten. Und ohne Frühfranzösisch bröckle der Kitt der föderalen Schweiz, bekräftigen die offizielle Schulpolitik und der Lehrplan 21. Das sei zu viel, argumentieren erfahrene Pädagogen. Sie verweisen auf die Fächerfülle, die begrenzte Übungszeit und den Sprachverlust in der Muttersprache.

Fremdsprachen in der Volksschule waren lange Zeit Domäne der Sekundarstufe I, die vom 7. bis zum 9. Schuljahr dauert. Die Primarschule beschränkte sich auf wenige Kernfächer. Ab den neunziger Jahren führten dann fast alle Deutschschweizer Kantone Primarschulfranzösisch ein, während die welschen Stände den Deutschunterricht vorverlegten.

2000 überraschte der Zürcher Bildungsdirektor und Reformturbo Ernst Buschor mit seinem Brachialentscheid: English first. Frühenglisch vor Frühfranzösisch hiess seine Devise. Darum haben wir heute in den ersten sechs Volksschuljahren zwei zusätzliche Sprachen. Einzig Appenzell Innerrhoden verzichtet in der Primarstufe auf eine zweite Fremdsprache.

Je früher, desto besser?

Die Alternative Französisch oder Englisch ist verquer. Denn beides ist wichtig – und was wichtig ist, muss richtig getan werden. Doch über den richtigen Zeitpunkt und die Intensität scheiden sich die Geister. Lange Zeit war der Grundsatz unbestritten: je früher, desto besser. Das ist nicht prinzipiell falsch. Fraglos lernen Kinder vieles leichter als Erwachsene. Das zeigt sich bei Jugendlichen, die zweisprachig aufwachsen.

Ganz anders aber verhält sich die Situation im Klassenverband mit wenigen Wochenlektionen. Eine Zentralschweizer Studie von 2016 schockierte: Nur jeder 30. Achtklässler spricht lehrplangerecht Französisch; nicht einmal jeder Zehnte erreicht die Lernziele im Hörverstehen. Unbefriedigend sehen die Resultate auch beim Lesen und Schreiben aus. Da wird klar: Wenn Bildungsidee und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, leidet bloss die Wirklichkeit. Manchen jungen Menschen verleidet darum Französisch.

Zuerst scharfzüngig Deutsch

Die Appenzell Innerrhödler machen das Gleiche anders – und mit Erfolg: Sie verlegten den Französischunterricht von der Primar- in die Sekundarstufe und unterrichten hier mit hoher Kadenz. Sie befreiten die Primarschule von Französisch und gewannen Zeit fürs Kernfach Deutsch. Weniger ist mehr. Denn fürs Erlernen einer Fremdsprache braucht es präzise Kenntnisse und automatisierte Ausdrucksfähigkeiten der Muttersprache.

Anders gesagt: besser zuerst scharfzüngig Deutsch als vielzüngig, aber ungenau! Viele erfahrene Lehrpersonen wissen das. Doch die Bildungspolitik hörte nicht auf sie. Vielleicht nimmt sie dafür die Basler Professoren ernst - und mit ihnen auch viele Kinder. Die Appenzeller machen es vor.

Carl Bossard, erschienen am 23.06.19 in der NZZ am Sonntag

 

EDK, AVS, FHNW – das Bermuda- dreieck der Eigenmächtigkeit

Ein Aufschrei geht durch die Bildungspolitik der Schweiz. Am 24. Mai wurden die Ergebnisse der nationalen Leistungstests publiziert. Die Eidgenössische Erziehungsdirektoren Konferenz (EDK), die ohne demokratische Legitimation das bisher erfolgreiche Bildungssystem unseres Landes zur sogenannten "Kompetenzorientierung" zwingt, zögerte die Veröffentlichung seit 2016/17 lange hinaus. Die schlechten Ergebnisse der landesweiten Leistungserhebung stellen der EDK und ihrer "Kompetenzorientierung" ein schlechtes Zeugnis aus. Letztere scheint offenbar keine allzu grossen Kompetenzen hervorzubringen.

Fragwürdige Leistungstests

Mit den nationalen Leistungstests wollte die EDK einen Vergleich zwischen den Kantonen. Urs Kalberer1, Sprachdidaktiker und Sekundarlehrer fragt sich, warum nun betont werde, dass die Kantone aufgrund unterschiedlicher Stundenzahlen gar nicht zu vergleichen seien. Warum gab es dann aber eine solch aufwändige Vergleichsuntersuchung? Bilinguale Kantone wie Wallis oder Freiburg wiederum sind punkto Französischkenntnisse nicht vergleichbar mit Baselland, wo die Schülerschaft kaum Berührungspunkte mit der zweiten Landessprache hat. Warum, fragt Kalberer weiter, waren die Schülerleistungen in Mathematik und beim Leseverständnis anlässlich der PISA-Prüfungen besser als bei den nationalen Tests? Und warum herrscht bezüglich dieser Unstimmigkeiten völlige Intransparenz? Prof. Dr. Walter Herzog2 hegt dazu eine Vermutung.

Pseudowissenschaftlichkeit und Eigenmächtigkeit

Herzog erachtet die Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 als viel zu vage zur Überprüfung von Schülerleistungen. Ferner betont er, wird die Abgrenzung zwischen Kompetenz und Inkompetenz von der EDK ausgehandelt, also nicht nach wissenschaftlichen Kriterien bestimmt. Offenbar geht es hier nicht um eine ergebnisoffene Auswertung von Prüfungsergebnissen, sondern darum, „(...) dass man nicht will, dass zu viele oder zu wenige Schülerinnen und Schüler als inkompetent bezeichnet werden.“ Damit wäre der Manipulation Tür und Tor geöffnet. Die EDK könnte so ihren eigenwillig eingeschlagenen Reformkurs mittels frisierter Testresultate rechtfertigen. Die Ergebnisse könnten also noch viel schlechter sein. Die EDK legt nicht nur fest, „(...) wie unser Schulsystem zu reformieren ist, sondern beschliesst auch gleich noch selber, wie gut ihr die Reform gelungen ist.“ Diese Eigenmächtigkeit hat System, auch im Kanton Baselland.

Monopol der Fachhochschulen

Der Lehrplan 21 wurde unter der Scheinbeteiligung von Lehrkräften von den Fachhochschulen (FH) erstellt. In Anlehnung daran entwarfen sie ideologische Unterrichtskonzepte wie das "Selbstorganisierte Lernen", das die Schülerschaft völlig überfordert oder die gescheiterte "Mehrsprachigkeitsdidaktik", die im Fremdsprachenunterricht ohne Vermittlung von Wortschatz, Grammatik und Übungsmöglichkeiten auskommen will. Nach Vorgabe dieser Ideologien vergaben die FH Aufträge an ausgewählte Verlage, die darauf basierende Unterrichtsmaterialien schufen, z.B. Mathbu, Mille feuilles, Clin d'oeil, New World. Wer die Vorgaben nicht erfüllte, bekam keine Aufträge. Die FH haben ergo das Weisungsrecht, mit welchen Lehrmitteln an der öffentlichen Schule zu unterrichtet ist. Im Baselbiet bestimmt diesbezüglich also weder die Bildungsdirektion noch der Bildungsrat - dieser winkte die Bücher mangels Alternativen einfach durch. Ausschlaggebend bei der Wahl von Unterrichtsmaterialien sind folglich nicht die Bedürfnisse der Lernenden, sondern Ideologien. Im Bemühen, ihren Einfluss nicht zu verlieren, bedient sich die FH Nordwestschweiz (FHNW) einfallsreicher Methoden.

Filz im Getriebe

Im Amt für Volksschulen arbeiten Angestellte, welche dort die Interessen der FHNW vertreten. Es heisst allerdings nicht umsonst, "Niemand kann zwei Herren dienen", was die Frage aufwirft, für wen diese Leute letztlich arbeiten. Auffällig in diesem Zusammenhang ist der Auftritt einer AVS-Angestellten an diversen Standorten der Sekundarschule. Sie pries dort vehement und ausschliesslich die Kompetenzorientierung an, ohne die zuvor vom Parlament beschlossenen Themen und Stoffziele im Baselbieter Lehrplan zu erwähnen, so als gäbe es diese gar nicht. Eine weitere Angestellte bringt sich ohne Auftrag fortlaufend in die Evaluation neuer Fremdsprachenlehrbücher ein. Dies im Widerspruch zur vereinbarten Autonomie der hierfür geschaffenen Arbeitsgruppen. Zufälligerweise macht sie sich immer wieder stark für Lehrmittel basierend auf der gescheiterten Mehrsprachigkeitsdidaktik. Zuletzt erstellte sie Preislisten zuhanden der Lehrmittelkommission. Dabei verteuerte sie die der FHNW nicht genehmen Bücher künstlich und deklarierte sie als Einweglehrmittel, obwohl sie für mehrere Jahrgänge einsetzbar sind.

Lehrmittelfreiheit als Antifilzmittel

Die von der Bildungsdirektion angestrebte Lehrmittelfreiheit beendet das Lehrmitteldiktat der FHNW, das nicht zuletzt zu den verheerenden Resultaten bei den nationalen Leitungstests führte. Mit der Lehrmittelfreiheit hat die Lehrkraft die Möglichkeit, ein an die Bedürfnisse ihrer Klasse optimal angepasstes Lehrmittel zu wählen. Die dank der Starken Schule beider Basel im Baselbieter Lehrplan festgeschriebenen Stoffinhalte und Themen sichern dabei einen für alle Lernenden standardisierten Stoffaufbau. Die Kombination von Stoffinhalten und Themen mit der Lehrmittelfreiheit entspricht dem Grundsatz: Viele Wege führen nach Rom. Den einzig richtigen Weg, wie ihn die FHNW in der Kompetenzorientierung zu erkennen glaubt, gibt es nicht. Dies ist der Hauptirrtum dieser von der EDK uniform und flächendeckend erzwungenen Schulreform. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle beim schlechten Abschneiden unseres Kantons bei den nationalen Leistungstests.

Hauptursachen der Bildungsmisere

Neben der Kompetenzorientierung haben auch die unsägliche Menge anderer Reformen innert weniger Jahre und deren quasi Gleichzeitigkeit ihren Anteil daran. Die Umstellung der Lehrerausbildung, Frühfremdsprachen auf der Primarstufe, der Wechsel von 5/4 auf 6/3 und die Projektarbeit, um nur wenige Beispiele zu nennen, sind jede für sich aufwändig mit entsprechendem Ressourcenbedarf. Die Ressourcen aber wurden aufgrund mehrerer Sparpakete verknappt, während die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte wegen der Umsetzung der Reformen und der Aufstockung der Lektionenzahl zunahm. Zusätzlich gehen die Projektarbeit und Informatik zulasten des Deutsch- bzw. Mathematikunterrichts. Das Erreichen von Lehrplanzielen ist so nicht möglich. Der grösste Stolperstein im heutigen Schulsystem ist allerdings die Integration. Dazu konnte man in der Sonntagszeitung vom 28. April folgendes lesen: „Für 60 Prozent der Klassenlehrer sind verhaltensauffällige Schüler der grösste Belastungsfaktor. Sie werden als noch strapaziöser empfunden als Schulreformen.“ Die Behörden merken erst jetzt, „(...) dass die Integration der kleinen Wutbürger für viele Pädagogen das Problem Nummer eins ist."

Felix Hoffmann, 4. Juni 2019

1https://schuleschweiz.blogspot.com/2019/05/liebe-edk-es-waren-da-noch-ein-paar.html

2https://condorcet.ch/2019/05/geheimsache-schwellenwerte/

 

Die verkehrte Welt der EDK - Eine Zusammenfassung

Mit dem Harmos-Konkordat wollte die EDK die Schulbildung in der Schweiz deutlicher an der Lernleistung der Schülerinnen und Schüler orientieren, was periodisch durch die Überprüfung von Mindeststandards gemessen werden sollte. Mit der ÜGK (Überprüfung der Grundkompetenzen) 2016 und 2017 wurden allerdings nur ausgewählte Grundkompetenzen getestet, deren Selektion im Wesentlichen nach erhebungstechnischen Kriterien (Multiple-Choice Aufgaben) erfolgte. Die Beschränkung auf ein kleines Segment des obligatorischen Bildungsauftrags, auch in den geprüften Fächern Sprache und Mathematik, sendet das fatale Signal aus, dass pädagogisch nur wichtig ist, was sich im Rahmen einer solchen Studie messen lässt.

Paradox ist die Diskrepanz zu den PISA-Ergebnissen: Während die ÜGK der Schweizer Schülerschaft schwache Mathematikkenntnisse, jedoch gutes Leseverständnis bescheinigt, bezeugen die PISA-Resultate seit 2000 stets gute Mathematikleistungen, hingegen eine geringe Lesekompetenz.

Das Centre konstatiert schwerwiegende Mängel
Eine gewisse Klärung bringt das von der EDK angeforderte Gutachten des Centre for Educational Testing der Universität Luxemburg. Es konstatiert bei der Überprüfung der Mathematikkompetenzen schwerwiegende Mängel bei der Auswahl und Validierung der Testaufgaben, bei der Entwicklung des zugrunde liegenden Kompetenzmodells und bei der Festlegung der Schwellenwerte, die eher Regelstandards (ein mittleres Niveau) als Mindeststandards (von allen zu erreichen) entsprechen.

Konsequenterweise hätte die EDK aufgrund der kaum interpretierbaren Ergebnisse das Scheitern der Überprüfung eingestehen, die untauglichen Mindeststandards überarbeiten und auf die Publikation der Resultate verzichten müssen. Stattdessen lenkt sie mit der Ausrede, dass mit den beiden Erhebungen zur Mathematik und zu Sprache erst der Ausgangspunkt des Harmonisierungsprozesses erfasst werde, von ihren Versäumnissen ab. Die Reaktion steht in eigenartigem Widerspruch zum Verhalten der EDK angesichts der PISA-Erhebung von 2015, deren schlechte Resultate mit methodischen Mängeln der Testanlage zu relativeren versucht wurden. Auf die weit schlechtere Qualität der eigenen Studie wird mit einer Strategie reagiert, die im Luxemburger Gutachten als rhetorisch bezeichnet wird.

Kritisiert wird im Luxemburger Gutachten auch die Tatsache, dass die EDK gleichzeitig als Auftraggeberin und operative Leiterin des Testverfahrens auftritt. Es besteht der Verdacht, dass die wissenschaftliche Erhebung durch politische Einmischung beeinflusst wurde. Vermutlich haben die unerwarteten Resultate bei der Überprüfung der Grundkompetenzen in Mathematik die EDK-Plenarversammlung bewogen, das Gutachten aus Luxemburg einzuholen und die Publikation der Ergebnisse bis Mai 2019 hinauszuschieben.

Ernüchternd und unergiebig
Die gewonnenen Daten aus der ÜGK sind im Hinbilck auf allfällige Massnahmen zur Verbesserung von Schule und Unterricht ernüchternd unergiebig. Die grossen Unterschiede zwischen den Kantonen lassen sich durch Kontextvariablen (wie Geschlecht, soziale Herkunft, Immigration, Stundendotation) nicht sinnvoll erklären. Als problematisch erweist sich, dass die Beschränkung auf die Überprüfung von Grundkompetenzen einen Vergleich mit den PISA-Studien, die jeweils das ganze Kompetenzspektrum abdecken, erschwert, wenn nicht verunmöglicht.

Felix Schmutz, pensionierte Lehrperson

Den kompletten Originaltext von Walter Herzog können Sie hier lesen.
 
 

Fehlentwicklung des Harmos-Konkordats wird korrigiert

Der Landrat hat mit 54 zu 21 Stimmen eine Motion überwiesen, die den Eltern mehr Mitbestimmungsrecht bei der Einschulung ihrer Kinder in den Kindergarten gewährt. Neu sollen die Eltern die Einschulung ihrer Schützlinge ohne schulpsychologische oder ärztliche Abklärung um ein Jahr verschieben können. Aufgrund der Vorverlegung des Stichdatums um vier Monate, kamen die Kinder teilweise schon mit 4 Jahren in den Kindergarten. So wurden viele eingeschult, ohne dass sie die dafür notwendige Reife hatten und sonderpädagogische Unterstützung beanspruchen mussten. Dies verursachte eine deutliche Mehrarbeit für die Kindergärtner/-innen.

Auch in den Kantonen Aargau, Solothurn und Bern ist diese Bestimmung bereits heute in Kraft. Über negative Erfahrungen, wenn die Einschulungsentscheidung bei den Eltern liegt, ist bis anhin nichts bekannt. Im Kanton Basel-Landschaft ist die Problematik von zu früh eingeschulten Kindern seit einiger Zeit vorhanden und die heutige Situation wird von Kindergärtner/-innen kritisiert. Wenn die Einschulung nun nicht mehr nach sturem Stichdatum, sondern nach dem tatsächlichen Entwicklungsstand des Kindes erfolgt, können unnötige Mehrarbeit und kostspielige Therapien verhindert werden.

Korrigiert wird damit eine Bestimmung, die auf das Harmos-Konkordat zurückgeht, was ganz im Sinne der Starken Schule ist.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule

 

Was Bildung wirklich ist

Ein Artikel von Mario Andreotti, erschienen am 22.5.19 in der BZ

Die musisch-ästhetische und die handwerkliche Bildung scheinen immer mehr zu verkümmern. Fächer wie Bildnerisches Gestalten und Musik, aber auch Geschichte und Literatur und nicht zuletzt der Handarbeits- und Werkunterricht werden zunehmend gekürzt oder fallen ganz weg. Und dies, obwohl Kognitionswissenschaftler, Psychologen und Pädagogen die Bedeutung der ästhetischen Anreize und Eindrücke und der Körpererfahrung beim Lesen, Schreiben, Musizieren und Werken längst als eine entscheidende Grundlage des Lernens erkannt haben.

Die Persönlichkeit eines Menschen ist rational und musisch-ästhetisch. Es ist daher notwendig, die ästhetischen, gestalterischen und handwerklichen Fächer im Fächerkanon der Schule wieder vermehrt zu verankern, gleichberechtigt neben allen anderen Fächern. Denn die Persönlichkeit eines Menschen ist beides, wie eingangs angedeutet: rational und musisch-ästhetisch. Das war schon der griechischen Antike bekannt, sind doch bei Aristoteles die vier zentralen Unterrichtsfächer Lesen und Schreiben, Mathematik und Zeichnen, Sport und Musik.

Wer sicher lesen und schreiben kann, der nimmt teil am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben. Und wer mathematisch denken, Mathematik als Sprache verstehen lernt, kann mehrdimensionale Räume erkunden und eigene Welten damit konstruieren. Und wer sich schliesslich mit Geschichte befasst, dem wird die Geschichtlichkeit der eigenen Existenz immer mehr bewusst. Die Musik mit ihren Notationen und Partituren öffnet ihrerseits den Weg zu anderen formalisierten Zeichensystemen, etwa der Naturwissenschaften. Über sie, vor allem wenn selbst musiziert wird, können zudem Stimmungen intensiviert, aber auch abgebaut werden. Nicht zuletzt soll auch der Körper mit seinen Sinnesorganen, soll auch die Hand, folgen wir Heinrich Pestalozzis ganzheitlicher Pädagogik, geschult werden. Wird sie das nicht, so verkümmert das Gehirn, weil Schülerinnen und Schüler dann im wörtlichen Sinn nichts «be-greifen».

Daher ist es unerlässlich, dass Fächer wie Sprache, Mathematik, Geschichte, Musik und Sport, die in einer langen Tradition stehen, an unseren Schulen wieder die unangefochtene Basis des Unterrichts bilden. Sie dürfen nicht von anwendungsbezogenen Fächern wie «Wirtschaft und Recht» und «Medien und Informatik» und – in den Primarschulen – von den Frühfremdsprachen verdrängt werden.

Unser humanistisches Bildungsgut geht zunehmend verloren. Gerade auf der Sekundarstufe II besteht diese Gefahr aber; und dies umso mehr, als die gymnasiale Ausbildungszeit in den letzten dreissig Jahren anhaltend erodiert ist, wie eine Studie zur Entwicklung der gymnasialen Unterrichtszeit gezeigt hat. Das hatte zur Folge, dass in erster Linie die geisteswissenschaftlichen Fächer Literatur, Geschichte, Politische Bildung und Philosophie flächendeckend gekürzt wurden, wenn sie nicht, wie die alten Sprachen Latein und Griechisch, grösstenteils ganz wegfielen. Damit ging ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur und des humanistischen Bildungsgutes verloren. Dass dieser Verlust mitverantwortlich für die weithin beobachtete Abnahme von Kenntnissen und Fertigkeiten unserer heutigen Studienanfängerinnen und -anfänger ist, steht ausser Frage.

Es braucht dringend eine Rückbesinnung auf das, was humanistische Bildung wirklich ist. In ihrem Zentrum steht nicht die Frage, wie man möglichst gut verdienende Arbeitnehmer heranzieht oder welches Wissen morgen zur Förderung des Wirtschaftswachstums benötigt wird. Im Zentrum stehen der Mensch und seine freie Entwicklung zu mehr Menschlichkeit. Dazu bedarf es gerade auch jener Disziplinen, die nicht nach dem Prinzip des unmittelbaren Nutzens «funktionieren».

 

Kleinklassen im Kanton Basel-Stadt wieder einführen

Das Konzept der Kleinklassen wurde durch die Einführung der Integration immer mehr vernachlässigt. Während im Kanton Basel-Stadt die Kleinklassen weitgehend abgeschafft wurden, wurden sie im Landkanton wenigstens auf der Primarstufe und dem A-Niveau der Sekundarstufe in reduzierter Form weitergeführt.

Das 2004 eingeführte Behindertengleichstellungsgesetz hatte in Bezug auf die Integration zum Ziel, dass Benachteiligungen, welchen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind, verhindert, verringert oder beseitigt werden. Im Bereich der Aus- und Weiterbildung sollte die Inklusion so aussehen, dass auch Kinder mit Behinderungen - mit der zusätzlichen Unterstützung von Heilpädagogen oder Schulsozialarbeitern - in Regelklassen unterrichtet werden. Während dieses Vorgehen in der Theorie sinnvoll und fair schien, zeigte die Praxis immer deutlicher, dass die Integration leider nicht in allen Fällen durchführbar ist. Dies liegt unter anderem daran, dass heutzutage in der ganzen Schweiz zehntausende Schüler/-innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert werden sollen. Der kleinste Teil von diesen ist körperlich behindert; die meisten leiden an Verhaltensauffälligkeiten und haben daher viel mehr eine Störung der "emotionalen und sozialen" Entwicklung.

Statt dass die Integration allen Schulkindern dieselben Möglichkeiten bietet, müssen immer mehr Schulpsychologen, Schulsozialarbeiter, Heilpädagogen und Fachleute für Gewaltpräventation angeworben werden, welche sich in den Integrationsklassen aufhalten. Vielfach ist das Unterrichtsklima schwierig und unruhig und das konzentrierte Lernen für die Schulkinder kaum möglich. Daher wäre es sinnvoll, wieder verstärkt auf das System der Kleinklassen zu setzen, in welchem der nötige Rahmen für verhaltensauffällige Schulkinder geschaffen wird. Das würde nicht nur den Schüler/-innen mit den entsprechenden Auffälligkeiten gerecht werden, sondern auch den anderen Kindern, denen damit ein ruhigeres Klassenklima ermöglicht werden würde.

Die Starke Schule beider Basel erachtet die Wiedereinführung von Kleinklassen im Kanton Basel-Stadt sowie die Erhöhung der Anzahl im Landkanton für unabdingbar.
 
 

Landrat korrigiert Fehlkonzepte des Lehrplans 21

Der Baselbieter Landrat korrigiert ein weiteres Fehlkonzept des Lehrplans 21. Mit deutlichen 59 zu 17 Stimmen überwies das Parlament eine verbindliche Motion: Informatik soll auf der Sekundarstufe 1 neu als Schulfach mit 1 bis 3 Lektionen in den Stundenplan aufgenommen werden. Der undurchdachte Lehrplan 21 sieht vor, dass die Informatik von allen Lehrpersonen in ihren jeweiligen Fächern unterrichtet wird. Im Lehrplan Volksschule Baselland wären dies vorderhand die Mathematik- und Deutschlehrpersonen, die im dritten Sekundarschuljahr hierfür einen Teil ihres Unterrichts opfern müssen. In der Praxis ist dies jedoch nicht machbar, weil nur wenige Lehrpersonen über eine ausreichende Informatikausbildung verfügen.

Die Aufnahme von Informatik in die Stundentafel soll nun ohne Reduktion anderer Fächer erfolgen. Die Schüler/-innen erhalten somit während mindestens eines Schuljahres eine zusätzliche Informatiklektion pro Woche, was Mehrkosten von 2 Millionen Franken nach sich zieht. Bemerkenswert ist, dass die Motion trotz dieser Mehrausgaben sehr deutlich überwiesen wurde.

In den letzten Jahren musste sowohl das Volk als auch das Parlament unter erheblichem Aufwand und Kosten bereits mehrfach diverse Fehlkonzepte im Bildungsbereich korrigieren, die ihren Ursprung im Harmos-Konkordat oder im Lehrplan 21 hatten. So gibt es im Baselbieter Lehrplan keine Sammelfächer, die Lerninhalte sind bei uns je nach Leistungsniveau A, E oder P unterschiedlich und die absurde Anzahl von über 3'500 Kompetenzbeschreibungen sind durch Stoffinhalte und Themen ergänzt worden.

Somit konnte der neue Lehrplan Volksschule Baselland vor groben Fehlern im Lehrplan 21 bewahrt werden, auch wenn die gigantische Anzahl Kompetenzbeschreibungen dringend nach unten korrigiert werden muss.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule

 

Widersprüche im Schulwesen

Am Anfang der seit Jahren verfehlten Bildungspolitik steht die gezielte Entmündigung der Lehrkräfte zwecks Durchsetzung politischer und wirtschaftlicher Interessen. Dies losgelöst vom Wohl der Lernenden und ohne Qualitätskontrollen. Wie konnte es so weit kommen?

Die Mutter aller Reformen

Der Initialfunke ist das pädagogische Weisungsrecht der Schulleitungen. Von aussen kaum wahrgenommen und in seiner Tragweite gänzlich unterschätzt, ermächtigt es die Bildungsadministration, selbst die absurdesten Reformen durchzusetzen. Es ist quasi ihr verlängerter Arm ins Klassenzimmer. Denn das Weisungsrecht ermächtigt die Schulleitungen, Lehrkräften zu kündigen, die sich nicht an Reformideologien halten, sondern an die Unterrichtsrealität. Diese Orientierung aber wäre als Korrektiv für Reformirrtümer unabdingbar.

Opportunismus und Harmoniebedürfnis

Wie in hierarchischen Anstellungsverhältnissen üblich, sind Kritik und Widerstand keine Etappen auf dem Weg des geringsten Widerstands. Opportunismus kann so weit gehen, dass sich Lehrkräfte selbst in den Dienst untauglicher Reformen stellen. Ferner verträgt sich Harmoniebedürftigkeit nicht mit Kritik. Gelegentlich zählen die Bedürfnisse nach stiller Eintracht mehr als die der Lernenden. So stösst die Starke Schule beider Basel bei einzelnen Lehrpersonen hin und wieder auf Ablehnung, trotz ihres erfolgreichen Einsatzes zugunsten der öffentlichen Schule. Verkannt wird dabei ihre fordernde Beharrlichkeit als notwendige Antwort auf die blinde Verbissenheit dogmatischer Reformpolitik.

Wenn man nichts zu sagen hat, aber umso mehr sagen will

Wer Schulpolitik zur Selbstdarstellung betreibt, greift diejenigen an, die der Selbstinszenierung schaden. Von daher werden sachkundige Reform-Kritiker immer wieder von Politikern attackiert, die insofern eine Ahnung von Schule haben, als dass sie eine solche vor langer Zeit besuchten. Überdies fehlt politischen Selbstdarstellern das Bewusstsein für die eigene Beeinflussbarkeit. Skepsis bezüglich im Hintergrund agierender Akteure ist nicht möglich, wenn das Wissen um solche fehlt. Es wird dann blind einem sogenannten „Zeitgeist“ folgend politisiert, ohne zu wissen, wer diesen, mit welchen Zielen definiert. So hat insbesondere die Wirtschaft ein leichtes Spiel, ihre schulpolitischen Interessen durchzusetzen. Allerdings fehlt ihr die Nähe zur Schule, um die auch für sie selbst nachteiligen Widersprüche ihrer Konzepte zu erkennen.

Die von der Wirtschaft forcierte „Kompetenzorientierung“ ist unwirtschaftlich

Wirtschaftlichen Erfolg hat, wer sich effizient und innovativ weiterentwickelt. Kodak, Agfa, Nokia und andere verschliefen die zwingende Weiterentwicklung mangels Innovation. Starre Uniformität steht insofern im Widerspruch zur Innovation. Ergo widerspricht die den Schulen uniform übergestülpte „Kompetenzorientierung“ einer wirtschaftlichen Gesetzmässigkeit. Sie ist mit ihren 3'500 Kompetenzen aber auch ineffizient. Der hierfür erforderliche Aufwand in der Prüfungsgestaltung und Auswertung ist nicht zu leisten. Wenig überraschend, dass die beiden privatwirtschaftlichen Testverfahren, Basic- und Multicheck, ganz traditionell Stoff und Wissen prüfen. Im Widerspruch zur „kompetenzorientierten“, Grammatik bzw. Wortschatz feindlichen Passepartout Ideologie stehen die kantonalen Checks. Sie prüfen nicht zuletzt Grammatik und Wortschatz. Es ist abzuwarten, wie die Wirtschaft reagieren wird auf das Heer der Passepartout geschädigten Schulabgänger. Die schönfärberische „Kompetenzorientierung“ hätte eigentlich der erleichterten Rekrutierung von Arbeitskräften dienen sollen.

Wirtschaftliche Prinzipien zur Lösung des Reformdebakels

Erwartungen der Wirtschaft an die öffentliche Bildung sind legitim. Denn die Schule verwirkt ihre Legitimation, wenn sie nicht auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Wirtschaftsvertreter sollten sich aber an ihre eigenen Prinzipien halten. Abgesehen von Effizienz und der Ablehnung von Uniformität, werden neue Produkte erst lanciert nach vorgängiger Prüfung ihrer Markttauglichkeit. Solche Prüfungen fehlten bei Passepartout und der „Kompetenzorientierung“ gänzlich, aber auch bei vielen Lehrmitteln, die wegen Untauglichkeit kaum eingesetzt werden. Im Sinne der Qualitätssicherung gehören Schulreformen vorgängig zur Einführung geprüft, damit sie später keinen Schaden anrichten. Die angestrebte Lehrmittelfreiheit ist insofern ein erster Schritt in die richtige Richtung. So können Lehrkräfte immerhin in diesem Bereich wieder korrigierend eingreifen. Als nächstes gehört konsequenterweise das pädagogische Weisungsrecht der Schulleitungen auf den Prüfstand.

Felix Hoffmann, Sekundarlehrperson

 

 

ED Basel-Stadt korrigiert Reform

Der Grosse Rat in Basel hat beschlossen, ab dem Schuljahr 2020/2021 die Einführungsklassen wieder anzubieten. Diese erlauben Kindern mit Entwicklungsverzögerung die erste Primarklasse in zwei Jahren zu absolvieren. Zudem besteht auch die Möglichkeit, anstelle einer Einführungsklasse, ein drittes Kindergartenjahr zu besuchen. Diese beiden Varianten sind jedoch nicht gleichzustellen, da im Kindergarten kein eigentlicher Unterricht stattfindet. Jeder Schulstandort kann selbst entscheiden, ob und welches der oben genannten Angebote ein Kind braucht. Somit kann jede Schulleitung intern mit den Lehrpersonen einen Entschluss fassen, ob die Einführungsklassen im Schulhaus angeboten werden sollen oder nicht. Die Wiederaufnahme der Einführungsklassen im Kanton Basel-Stadt ist ein wichtiger Schritt. Damit wird auf der Primarstufe eine gescheiterte Reform nach heftigen Widerständen der Lehrpersonen rückgängig gemacht.

In den vergangenen Jahren wurde die neue Unterrichtsideologie eingeführt, dass die Lehrpersonen den Schüler/-innen auf der Primarstufe und insbesondere auf der Sekundarstufe 1 den Unterrichtsstoff nicht mehr rhythmisiert und lehrerzentriert beibringen, sondern sie vielmehr beim selbstständigen Lernen als Coaches unterstützen. In den Sekundarschulen erfolgt diese neue Unterrichtsform oft in den sogenannten Lernlandschaften. Leistungsschwächere Schüler/-innen sollen von den leistungsstarken Schüler/-innen profitieren. Auch die Sonderschulen wurden weitgehend abgeschafft und sämtliche Schüler/-innen in die Regelklassen integriert. Einführungs- und Kleinklassen seien nicht mehr notwendig, glaubte die Bildungsdirektion. Diese Fehleinschätzung wird nun teilweise korrigiert.

Im Kanton Baselland sieht die Situation anders aus. Es wurde frühzeitig erkannt, dass die Einführungsklassen von immenser Bedeutung sind, da die schulisch schwächeren Kinder in Regelklassen nicht genügend Unterstützung erhalten. Somit wurden die Einführungsklassen nie komplett abgeschafft, sondern lediglich etwas reduziert. Auch wurde erkannt, dass die Funktion der Lehrperson, die unterrichtet und den Schüler/-innen den Unterrichtsstoff beibringt, essentiell ist und nicht durch Lerncoaches ersetzt werden kann. Diese Erkenntnisse wurden bis anhin im Kanton Basel-Stadt noch nicht gemacht, weshalb auf der Sekundarstufe 1 weiterhin mit Lernlandschaften gearbeitet wird.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule beider Basel

 

Das Ozeanium als Bildungsstätte zu verkaufen ist unehrlich

Am 19. Mai können die Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt darüber abstimmen, ob in Basel ein gigantisches Grossaquarium – das sogenannte Ozeanium – gebaut werden soll. Dieses will auf einer Fläche von 4'600 m3 dem Publikum einen vermeintlichen Blick in die Welt der Ozeane ermöglichen, in dem sich Haie, Rochen, Pinguine, Korallen, Gezeiten- und Tiefseebewohner finden lassen. Das vom Zoo Basel initiierte Projekt gaukelt vor, den Schulen den Ozean näher bringen zu wollen und als Bildungsstätte zu dienen. Artenschutz, der durch den Bau des Ozeaniums gefördert werden soll, sowie das Thema Ressourcen und Naturschutz sind weitere Gründe, welche die Investoren des Ozeaniums angeben. Anhand von diversen Meeresthemen soll mithilfe des Ozeaniums ein intensives Umweltbewusstsein geschaffen werden. Die Besucher/-innen sollen mehr über die Funktionsweisen des Meeres erfahren und einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt erlernen. Schulkinder sollen sich ausserdem durch das Gesehene und Erlebte die im Lehrplan vorgesehenen Meeresthemen besser aneignen können.

Diese befürwortenden Argumente sind trügerisch. Ignoriert wird, dass mit dem Fang der in Freiheit lebenden Meeresbewohner, deren Transport und deren Einfügen in einen neuen begrenzten Lebensraum, diese Tiere ihr Verhalten massgeblich verändern. Die Meerestiere werden in grossen Wassertanks gehalten, die dem natürlichen Lebensraum in keiner Weise ähneln. Erwiesenermassen haben Tiere in Gefangenschaft nicht dieselben Verhaltensweisen wie in der freien Wildbahn. Dort orientieren sie sich an Strömungen und machen ihr Schwimmverhalten auch von den jeweiligen Temperaturen oder ihrem Laichverhalten abhängig. Fische wie z.B. Haie und andere Meereslebewesen schwimmen im offenen Meer weite Distanzen, tauchen tief ab und leben teilweise in riesigen Schwärmen. In einem Aquarium können sie diesen natürlichen Trieben nicht gerecht werden, was vielfach zu Verhaltensstörungen und Krankheiten führt. Ein gutes Beispiel hierfür sind Fische, die im Aquarium immer im Kreis schwimmen.

Das Ozeanium als Forschungs- und Bildungszentrum für die Schulklassen anzupreisen, ist ein Täuschungsmanöver, um die Stimmberechtigten zu einem JA zu bewegen. Wie das Ökosystem Meer funktioniert und wie wichtig das Meer und deren Lebensbewohner auch für den Menschen sind, lässt sich definitiv nicht durch ein millionenteures Ozeanium zeigen. Ehrlicher und artengerechter wäre es, diese wichtigen Themen mit einer Schulklasse anhand von Dokumentationen, Sachbüchern oder Projekten zu behandeln.

Neben den Unmengen an Geld, das für den Bau und die Instandhaltung des Ozeaniums ausgegeben werden, sind auch die jährlichen Stromkosten gigantisch. Der Umsatz der weltweiten Grossaquarien-Industrie beläuft sich auf rund 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr[1], was deutlich zeigt, wie gross der wirtschaftliche Aspekt für den Bau ist.

Eine echte Nachhaltigkeit kann nur erzielt werden, wenn frühzeitig die Wichtigkeit und der Schutz der Ozeane thematisiert wird. Dafür müssen die Meerestiere nicht gefangen, in die Schweiz transportiert und dann in riesigen Wassertanks ausgesetzt werden, damit der Biologielehrer seinen Schulkindern das Ökosystem Meer näherbringen kann. Der Schaden, der dabei in den Meeren angerichtet wird, übertrifft den «Nutzen» für die Bildung bei Weitem.

Es handelt sich bei diesem Bau im Endeffekt um ein wirtschaftliches Projekt, das wirtschaftliche Ziele zum Zweck hat. Diese mit Schlagwörtern wie Artenvielfalt und Naturschutz zu beschönigen, ist irreführend und unehrlich.

Die Starke Schule beider Basel lehnt den Bau des Ozeaniums ab und empfiehlt den Stimmberechtigten am 19. Mai NEIN zu stimmen.


[1] Bartley D. (2005): Fisheries and Aquaculture topics. Ornamental fish. Topics Fact Sheets. In: FAO Fisheries and Aquaculture Department. 

 

Starke Schule unterstützt die beiden Bildungsinitiativen

Am 19. Mai 2019 stimmt der Kanton Basel-Landschaft über die zwei Bildungsinitiativen «Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen!» und «Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen!» des Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) ab. Die Starke Schule befürwortet die beiden Anliegen. Sie verhindern, dass die öffentlichen Schulen schlechter gestellt werden als andere Bildungsbereiche. Um qualitativ hochwertigen Unterricht anbieten zu können und weitere Sparmassnahmen zu verhindern, ist es wichtig, dass die beiden Initiativen angenommen werden.

Initiative 1: Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen!

Durch die ständigen Schulreformen fehlt mittlerweile das Geld für die Sanierung von Schulhäusern. Die Folgen sind undichte Dächer, defekte Isolation, Schimmelbefall in Schulzimmern, verschlossene Toiletten aufgrund veralteter sanitärer Anlagen, Unterricht in Containern wegen Platzmangels, kaputte Wandtafeln usw.

Die heutigen Lehrmittel verlangen den regelmässigen Einsatz von Software. Hierfür fehlen jedoch vielerorts die Computer und die vorhandenen können nicht genügend gewartet werden. In den Naturwissenschaften und den hauswirtschaftlichen bzw. gestalterischen Fächern fehlt Geld für Experimentier- und Verbrauchsmaterial.

Solange an den Volksschulen dermassen gespart werden muss, sollen keine neuen Reformen gestartet werden. Insbesondere überkantonale Bildungsprojekte kosten schnell dreistellige Millionenbeträge. Lassen sich Sparmassnahmen trotzdem nicht verhindern, soll das Verursacherprinzip gelten. Es darf nicht sein, dass die Volksschule verlottert wegen den enormen Kostensteigerungen in anderen Bildungsbereichen.

Initiative 2: Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen!

Verschlechterungen in unserem Schulsystem sollen nur noch durch eine Zweidrittelmehrheit im Landrat möglich sein. Dies bringt Qualität, Planungssicherheit und Stabilität. Erschwert werden damit die Erhöhungen der Schülerhöchstzahlen in den Klassen, die Kostenüberwälzung vom Kanton auf die Eltern, die Stundenreduktionen in den gestalterisch-musischen Fächern und die Senkung der Vor- und Nachbereitungszeit der Lektionen zulasten eines qualitativ guten Unterrichtes.

Die Integration von lernschwachen, die Zunahme an fremdsprachigen Schüler/-innen sowie vermehrte Erziehungsaufgaben der Lehrpersonen sind grosse Herausforderungen. Lehrkräfte meistern diese am besten, wenn sie für das einzelne Kind Zeit haben. Doch von der haben sie umso weniger, je grösser die Klassen sind.

Eltern sollten Werkarbeiten nicht mitfinanzieren müssen, weil das Gemeinde- bzw. Kantonsbudget nicht reicht. Überhaupt werden bei den gestalterisch-musischen Fächern immer zuerst Stunden gestrichen, wenn gespart wird. Schule aber kann nur auf den Arbeitsmarkt vorbereiten, wenn sie alle Neigungen und Talente fördert.

Die Aufgaben neben dem eigentlichen Unterrichten haben deutlich zugenommen: mehr Teamarbeit, mehr Absprachen mit Förderlehrkräften, mehr Sitzungen, mehr Arbeitsgruppen, mehr Konvente, mehr Weiterbildungen, mehr Administration, mehr Elternarbeit. Dies alles geht zulasten einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung der Lektionen. Darunter leidet der Unterricht.

2 x Ja am 19. Mai

Damit die Schulen im Kanton Baselland nicht durch weitere Abbaumassnahmen geschwächt werden und die Qualität und Attraktivität der öffentlichen Schulen bestehen bleibt, empfiehlt die Starke Schule beider Basel am 19. Mai die beiden Initiativen anzunehmen.

 

Initiative zurückgezogen

Das Initiativkomitee der Initiative «Niveaugetrennter Unterricht in Promotionsfächern» hat auf Antrag des Vorstandes der Starken Schule deren Rückzug mit 53 Ja und 2 Nein beschlossen. Da die Lancierung der Initiative bereits sechs Jahre zurückliegt, konnten 19 Mitglieder nicht mehr erreicht werden. Sie konnten ihre Stimme deshalb nicht abgeben. Das absolute Mehr lag bei 38 Stimmen.

Die Initiative wurde im August 2013 proaktiv lanciert, weil der damalige SP-Regierungsrat Urs Wüthrich Bestrebungen einleitete, die drei Leistungsprofile A (allgemeines Niveau), E (erweitertes Niveau) und P (progymnasiales Niveau) zu mischen, was einer Abschaffung der drei bewährten Leistungsprofile gleichgekommen wäre. Die Bestrebungen in Richtung Einheitsschule waren offensichtlich. Da sich der in Leistungszüge getrennte Unterricht bewährt hat und eine hohe Bildungsqualität garantiert, sollte dies auch in Zukunft mindestens in den Kernfächern beibehalten werden. Leistungsstärkere und leistungsschwächere Schüler/-innen erhalten so einen auf ihr Niveau zugeschnittenen Unterricht und können von den Lehrpersonen optimal gefordert und gefördert werden. Die Initiative wurde proaktiv lanciert, um eine Einheitsschule und somit die Abschaffung der Profile A, E und P zu verhindern. Erfreulicherweise wurden nach der Einreichung der Initiative diese Bestrebungen aufgegeben.

Der von der aktuellen Bildungsdirektion unter Monica Gschwind ausgearbeitete Gegenvorschlag ist eine pragmatische Lösung und ein guter Kompromiss. Das Ziel der Starken Schule, in den Kernfächern keine und in den Wahlpflichtfächern nur eine eingeschränkte Niveaudurchmischung zu ermöglichen, wird mit dem Gegenvorschlag erreicht. Der Vorstand der Starken Schule befürwortet den Gegenvorschlag.
 
 

Monica Gschwind für weitere vier Jahre als Regierungsrätin gewählt

Die Starke Schule beider Basel gratuliert Monica Gschwind zur Wiederwahl in den Regierungsrat. Sie hat in den letzten vier Jahren hervorragende Arbeit geleistet und verschiedene, von Bildungsexperten, Lehrpersonen und Eltern heftig kritisierten Bildungsreformen rückgängig gemacht. Durch die Wiederwahl von Monica Gschwind wird im Kanton Basel-Landschaft die wichtige Kontinuität im Bildungsbereich gewährleistet, die es der Bildungsdirektorin ermöglicht, die noch anstehenden Baustellen in den kommenden vier Jahren zu schliessen.

Als Vorsteherin der Bildungsdirektion hat sich Monica Gschwind stets für eine gute Volksschule eingesetzt und ihr Ziel, Ruhe in die Schullandschaft zu bringen, war deutlich spürbar. Trotzdem schreckte sie nicht davor zurück, nötige Anpassungen im bisherigen Schulsystem vorzunehmen, wenn diese dem Wohle der Schulkinder dienten: Dank ihrer Hilfe konnten die unsäglichen Sammelfächer und eine vom Bildungsrat beabsichtigte Stundentafel mit einstündigen Promotionsfächern verhindert werden. Der ab August 2018 eingeführte, neue Lehrplan Volksschule Baselland enthält klar definierte Stoffinhalte und Themen mit Jahreszielen, welche spezifisch auf die drei in unserem Kanton bewährten Leistungsprofile A, E und B ausgerichtet sind. Die unsäglichen Passepartout-Lehrmittel Mille feuilles, Clin d’oeil und New World werden ab dem Schuljahr 2020/21 durch zielführende Lehrmittel verdrängt. Die Lehrpersonen erhalten damit die so wichtige Lehrmittelfreiheit, die es ihnen ermöglicht, diejenigen Lehrmittel in ihren Klassen einzusetzen, mit welchen sie den grössten Lernerfolg erzielen können. Ohne die fundierte und beharrliche Arbeit der Bildungsdirektorin hätten diese, für die Starke Schule wichtigen Ziele nie erreicht werden können.

Die Zusammenarbeit und der regelmässige Austausch in wichtigen bildungspolitischen Fragen zwischen der Bildungsdirektion und der Starken Schule war stets konstruktiv und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Die Starke Schule freut sich auf weitere vier Jahre mit Monica Gschwind als Bildungsdirektorin.

Hervorragendes Ergebnis für Regina Werthmüller

Mit 1'128 Stimmen ist Regina Werthmüller (parteilos, Vorstandsmitglied Starke Schule) in den Landrat gewählt worden. Damit ist die Starke Schule auch während den kommenden vier Jahren im Landrat vertreten. Damit können wir unsere Anliegen mittels Vorstössen einbringen und eine bildungspolitische Diskussion auslösen. Dies ist eine wichtiges Werkzeug, um auch weiterhin die Bildungspolitik in unserem Kanton beeinflussen zu können.
 

Schreiben nach Gehör – ein Fiasko

Die umstrittene Lernmethode «Schreiben nach Gehör», welche vom Schweizer Pädagogen Jürgen Reichen ins Leben gerufen wurde, hat sich nun als Fiasko erwiesen. Was als Förderung der Freude der Schüler/-innen gedacht war, da sie von lästigen Korrekturen befreit sind, zeigt sich nun in der Realität in fehlerhaftem Schreiben. Nicht nur Kinder mit Muttersprache Deutsch, sondern insbesondere auch Kindern, die aus fremdsprachigen Familien kommen, oder solche, die schon in den anderen Fächern Mühe haben, bringt die Lernmethode enorme Schwierigkeiten. Die Primarschüler/-innen prägen sich falsche Wortbilder ein und eigenen sich eine Art zu Schreiben an, welche grammatikalisch nicht korrekt ist. Ab der 3. Primarklasse muss diese Schreibmethode dann wieder mühsam abtrainiert werden.

Es ist nicht klar, wie viele Kinder in der Schweiz mit «Schreiben nach Gehör» schreiben lernen. Auf der Lehrmittelliste (Stand Dezember 2018)[1] des Kantons Basel-Landschaft ist das Lehrmittel nicht aufgeführt. Allerdings wird nicht nur im Lehrplan 21, sondern auch im Lehrplan Volksschule Baselland im Teil Kompetenzbeschreibungen die lautgetreue Schreibweise explizit erwähnt.

In einigen Kantonen wird das Lehrmittel «Lesen durch Schreiben» gezielt eingesetzt, welches die umstrittene Lernmethode beinhaltet und den Schüler/-innen das fehlerhafte Schreiben in den ersten beiden Primarschuljahren erlaubt.

Der SVP-Nationalrat Peter Keller, der selber ausgebildeter Lehrer ist, möchte diesen Lernansatz nun in der gesamten Schweiz verbieten. Mit einem Vorstoss, der demnächst eingereicht werden soll, stellt er dem Bundesrat die Frage, wie die Methode ganz aus dem Lehrplan 21 entfernt werden kann.

Im Kanton Nidwalden wurde nach Veröffentlichung der «Bonner Studie»[2] im Jahr 2018 die didaktische Methode «Schreiben nach Gehör» ab der 2. Primarklasse ausdrücklich verboten. Die Studie kam zum Schluss, dass es den Erfahrungen entsprechend keine eindeutigen Hinweise darauf gibt, dass die Methoden von Jürgen Reichen die Schüler/-innen besonders motiviert, die Schreibfähigkeiten der 3‘000 untersuchten Grundschüler/-innen jedoch deutlich schlechter ausfielen als bei Schüler/-innen, die mit den herkömmlichen Methoden (Fibelmethode) unterrichtet werden. Aufgrund dessen hat die Aargauer Regierung zu Beginn dieses Jahres den Einsatz des Lehrmittels «Lesen durch Schreiben» in den Primarschulen ab dem Schuljahr 2020/21 untersagt. Auf die entsprechende Lernmethode soll verzichtet werden. In einer Stellungnahme begründet die Aargauer Regierung ihren Entscheid folgendermassen: Problematisch sei bei dieser Methode, dass zu keinem Zeitpunkt die Rechtschreibregeln vermittelt und die Laut-Buchstaben-Beziehung nicht systematisch eingeführt werde.[3] Auch im benachbarten Deutschland wird ein landesweites Verbot dieses Lehrmittels gefordert.

Alina Isler, Vorstand Starke Schule beider Basel
 

Unmut an der PH bei angehenden Gymnasiallehrern

Der aktuelle Arbeitsmarkt für Gymnasiallehrer sieht im Kanton Basel-Landschaft nicht rosig aus; noch schlimmer ist es in Basel-Stadt, wo von vier auf nur noch drei Jahre Gymnasium gewechselt wurde. Neben der Frustration über mangelnde Arbeitsplätze kommt für angehende Gymlehrer jedoch auch noch die teils unkoordinierte und wenig praxisbezogene Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH) hinzu. Nicht nur die Qualität einiger Dozenten, sondern auch der Studienaufbau an sich, wird von vielen Studenten/-innen bemängelt und stark kritisiert. So würden vielfach Themen im Unterricht der Erziehungswissenschaften und der Fachdidaktik behandelt werden, die sie entweder bereits in der früheren Ausbildung gelernt hätten oder die ihnen auf der Gymnasialstufe keinen Mehrwert bringen.

Wenigstens ist der Unmut an der PH bekannt. Sprecher Christian Irgl schiebt dies einerseits auf die schlechten Jobaussichten und andererseits auf falsche Vorstellungen an die PH-Ausbildung. Statt viel Praxiserfahrung verlangt die Erziehungsdirektorenkonferenz nämlich, dass pädagogische und erziehungswissenschaftliche Zusammenhänge vermittelt werden.

Quelle: Basellandschaftliche Zeitung, 19. Januar 2019
 

Landrats- und Regierungsratswahlen 2019

Monica Gschwind für weitere vier Jahre in den Regierungsrat

Die Starke Schule unterstützt Monica Gschwind im Regierungswahlkampf und empfiehlt den Stimmberechtigten, am 31. März die Bildungsdirektorin für weitere vier Jahre in den Regierungsrat zu wählen. Ebenso empfiehlt die Starke Schule ihr aktives Vorstandsmitglied Regina Werthmüller im Wahlkreis Sissach zur Wiederwahl in den Landrat.

Der Leistungsausweis von Monica Gschwind nach ihrer ersten Legislatur darf sich sehen lassen:
  • Mit der Ankündigung, die eingeleiteten Reformen zu hinterfragen, gelang es Monica Gschwind bereits kurz nach Amtsantritt, in den Schulen Ruhe und Ordnung einkehren zu lassen und damit die aufgewühlte Bildungslandschaft zu beruhigen. Mit ihrer Absichtserklärung, die Reformen nicht nur kritisch zu hinterfragen, sondern unabhängig vom Arbeitsaufwand auch korrigierend einzugreifen, distanzierte sich Monica Gschwind in der Haltung und der Arbeitsweise grundsätzlich von ihrem Vorgänger, was von Lehrpersonen, Bildungsexperten und Eltern positiv aufgenommen wurde.
  • Strategisch klug war ihr erfolgreiches Bestreben, alle Interessensgruppen ins Boot zu holen und intensiv nach Kompromisslösungen zu suchen. So fanden regelmässige Treffen statt, insbesondere auch mit kritischen Organisationen, wie zum Beispiel dem Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland oder der Starken Schule. Mit mehreren durchgeführten Hearings, in welchen Lehrpersonen und Schulleitungen ihre Anliegen und Wünsche einbringen konnten, wurde ein gegenseitiges Vertrauen geschaffen. Während früher die Fronten zwischen der Bildungsdirektion und der Starken Schule verhärtet waren und es nur selten zu konstruktiven Gesprächen kam, gelang es Monica Gschwind öfters politisch breit abgestützte Gegenvorschläge zu erarbeiten, was der Starken Schule erlaubte, mehrere Initiativen zurückziehen zu können. Im Willen Kompromisse zu suchen und eine konstruktive Gesprächskultur zu führen, gab es mit dem Amtsantritt von Monica Gschwind eine 180°-Wendung in der BKSD.
  • Regierungsrätin Monica Gschwind, die als Landrätin selber Mitglied in mehreren Initiativkomitees war, verhalf vielen Zielen der Starken Schule massgeblich zum Durchbruch:
  1. Monica Gschwind festigt im Kanton Basel-Landschaft die Position, dass der Lehrplan 21 auch für die Harmos-Kantone nur eine Mustervorlage darstellt und nach Belieben verändert werden darf. Diese Position, die ihr Vorgänger noch konsequent bekämpfte, erlaubte es, in Abweichung vom Lehrplan 21 in unserem Kanton einen massgeschneiderten Lehrplan Volksschule Baselland zu realisieren.
  2. Im Kanton Basel-Landschaft wird statt dem Lehrplan 21 der Lehrplan Volksschule Baselland eingeführt. Dieser enthält neben den Kompetenzbeschreibungen zusätzlich klar definierte Stoffinhalte und Themen mit Jahreszielen. Damit werden die dreijährigen Zyklen des Lehrplans 21 auf der Sekundarstufe 1 aufgebrochen. Zudem wird der Lehrplan Volksschule Baselland spezifisch auf die drei in Baselland bewährten Leistungsniveaus A, E und P ausgerichtet.
  3. Die Einzelfächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik, Chemie usw. werden im Bildungsgesetz verankert. Damit werden die im Lehrplan 21 vorgegebenen und heftig kritisierten Sammelfächer erfolgreich verhindert.
  4. Durch grosses Verhandlungsgeschick gelingt es Monica Gschwind, den Bildungsrat, Vertreter der landrätlichen Bildungskommission und der Starken Schule trotz verhärteter Fronten an den Verhandlungstisch zu führen; dies mit erfolgreichem Abschluss: Der Bildungsrat kommt aufgrund des aufgebauten politischen Drucks auf seinen Entscheid zurück, ein- und eineinhalbstündige Pflichtfächer an den Sekundarschulen einführen zu wollen. Der Bildungsrat beschliesst wider Willen eine neue Stundentafel, in welcher sämtliche Pflichtfächer mit mindestens zwei Wochenlektionen dotiert sind. Die Starke Schule kann die entsprechende Initiative als erfüllt zurückziehen.
  5. Monica Gschwind stoppt erfolgreich die Planung und den Bau von weiteren Lernlandschaften. Die Lernlandschaften in Frenkendorf/Füllinsdorf und Pratteln, die bereits in der Amtszeit ihres Vorgängers realisiert wurden, bleiben im Kanton Basel-Landschaft die einzigen.
  6. Monica Gschwind organisiert ein Hearing, an welchem über 100 Französisch-Lehrpersonen aus den Primar- und Sekundarschulen teilnehmen und bietet ihnen damit die Möglichkeit, ihre Kritik an den Passepartout-Lehrmitteln Mille feuilles und Clin d’oeil anzubringen. Die Heftigkeit der Kritik überrascht auch die Starke Schule und führt zu anhaltender Kritik an diesen unsäglichen Lehrmitteln. Nach der Lancierung einer entsprechenden Initiative arbeitet Monica Gschwind intensiv an der Einführung einer „beschränkten“ Lehrmittelfreiheit, welche den Ausstieg aus den teuren Einweglehrmitteln Mille feuilles, Clin d’oeil und New World möglich macht, ohne dass die Passepartout-Befürworter ihr Gesicht verlieren. Monica Gschwind setzt in der Frage der heftig kritisierten Fremdsprachenlehrmittel eine „Task Force“ ein, in der alle wichtigen Player der Bildungspolitik vertreten sind. Sie formuliert den Auftrag an neu gegründete Arbeitsgruppen, neue Lehrmittel zu suchen und zu evaluieren und gleichzeitig die Lehrpläne zu überarbeiten. In den Arbeitsgruppen Französisch und Englisch nehmen ausschliesslich Lehrpersonen aus den Stufen Primar, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II Einsitz.
  7. Monica Gschwind vereinheitlicht die Löhne der konsekutiv und der integrativ ausgebildeten Lehrpersonen der Sekundarstufe 1. Bisher waren die Lehrpersonen mit konsekutiver Ausbildung schlechter gestellt, obwohl die Fachausbildung qualitativ und quantitativ bedeutend höher war. Dies wird zur Folge haben, dass mehr Lehrpersonen den fachlich anspruchsvolleren konsekutiven Ausbildungsweg bestreiten. Damit werden den Schülern fachlich besser qualifizierte Lehrpersonen zur Verfügung stehen. Diese finanzielle Gleichstellung der Ausbildungswege war eine wichtige Forderung der Starken Schule, die von Regierungsrätin Monica Gschwind nun umgesetzt wird.
  • Regierungsrätin Monica Gschwind setzt sich für die Volksschule ein. Ihr ist eine gute Bildung unserer Kinder wichtig. Ihr Ziel, Ruhe in die Schullandschaft zu bringen, damit sowohl Schulkinder als auch Lehrpersonen nicht immer Neuerungen durchführen müssen, ist deutlich spürbar. Trotzdem schreckt sie nicht davor zurück, nötige Anpassungen im bisherigen Schulsystem durchzuführen, wenn diese dem Wohle der Schulkinder gelten. Nichts zu tun, nur um Ruhe in die Schulen zu bringen und dabei fragwürdige Reformen nicht abzubrechen, ist nicht ihr Ansatz. Dank dem Engagement von Monica Gschwind hat sich in der Bildungslandschaft in der zu Ende gehenden Legislatur viel getan. Diese Kontinuität muss fortgesetzt werden, weil mehrere Korrekturen an den Bildungsreformen noch nicht abgeschlossen sind. Die Starke Schule erachtet es deshalb als wichtig, dass Monica Gschwind für weitere vier Jahre Vorsteherin der Bildungsdirektion bleibt.
  • Würde anstelle von Monica Gschwind die Bildungsdirektion nach nur vier Jahren wieder in sozialdemokratische Hände übergehen, bestünde die Gefahr, dass sämtliche Beruhigungen in der Volksschule unter ihrer Ägide sukzessive zunichte gemacht würden. Die Befürchtung ist nicht aus der Luft gegriffen, dass eine SP-Bildungsdirektorin gestoppte Reformen wieder aufgreifen und die Volksschule damit wieder demontieren würde.

Wiederwahl von Regina Werthmüller, damit die Starke Schule auch in den kommenden vier Jahren im Landrat vertreten wird

Regina Werthmüller ist seit vielen Jahren aktives Vorstandsmitglied der Starken Schule. Im Landrat konnte sie durch zahlreiche bildungspolitische Vorstösse, die oft in Zusammenarbeit mit der Starken Schule entstanden sind, Akzente setzen und dazu beitragen, dass mehrere unsägliche Reformen hinterfragt und korrigiert wurden. Durch Regina Werthmüller konnte die Starke Schule ihre bildungspolitischen Anliegen auf verschiedenen Ebenen einbringen (Volksinitiativen, parlamentarische Vorstösse) und Änderungen anstreben. Zum Beispiel betreffend Stoffinhalte im Lehrplan, Sammelfächer oder Stundentafeln wurden jeweils Volksinitiativen und parlamentarische Vorstösse eingereicht. Dieses doppelte Vorgehen war für viele Erfolge massgebend. Die Starke Schule hat daher ein grosses Interesse, dass Regina Werthmüller im März 2019 wieder in den Landrat gewählt werden wird und weiterhin korrigierend bei unsinnigen Reformfluten eingreifen kann. Die Starke Schule unterstützt sie bei ihrer Kampagne.

Nicht nur in Sachen Bildung, sondern auch in den Bereichen Gesundheit und Umwelt setzte sich Regina Wertmüller fortwährend und unermüdlich ein. Mit ihrem Entschluss vor dreieinhalb Jahren aus der Partei der Grünen Baselland auszutreten und ab dann als „parteiunabhängig“ zu politisieren, konnte sie eine wichtige Unabhängigkeit erlangen. Durch die Wiederwahl von Regina Werthmüller hat die Starke Schule auch weiterhin ein Vorstandsmitglied im Landrat, welches im Parlament wichtige bildungspolitische Anliegen einbringen kann.

 
 

Mille feuilles, meine Kinder und ich

Ich bin wahnsinnig gerne Vater und als Vater habe ich gleichermassen Freude daran, wie die Schule unsere Kinder respektive ihre Schülerinnen und Schüler fordert und fördert. Als Maturand der Naturwissenschaften habe ich erst viel später den grossen Vorteil der Sprachen schätzen gelernt. Umso mehr habe ich mich auf den Zeitpunkt gefreut, wo meine Kinder frühzeitig in die Landessprache Französisch eingeführt werden. Als Vertreter der ersten Generation französischen Sprachunterrichts in der Primarschule (mit «Bonne Chance») war ich voller Erwartungen, denn zwischenzeitlich waren ja fast 30 Jahre vergangen. Lebhaft kam mir mein damaliger Unterricht in den Sinn, ich erinnere mich sogar noch an die ersten Wörter und Sätze.

Die Ernüchterung folgte auf den Fuss: Beim erstmaligen Hausaufgabenmachen liess ich mir die Möglichkeit nicht nehmen und linste in das Lehrmittel «Mille feuilles». Die Wörter auf den ersten Seiten, also die buchstäbliche offene Türe zur Fremdsprache, sind derart weltfremd, dass ich sie teilweise nachschlagen musste. Mit Leichtigkeit lässt sich daran aber erkennen, dass der Aufbau und der Grundwortschatz nicht alltagstauglich sind. Beispiel gefällig? Ich hätte «Zauberer» mit «magicien» übersetzt, «Mille feuilles » aber nennt das Wort «prestidigitateur». Trotz meines Sprachaufenthalts in Frankreich während der Kantizeit hatte ich dieses Wort noch nie gehört – die Schülerinnen und Schüler des Frühfranzösisch aber schon nach wenigen Wochen.

Während es noch viele weitere Wörter in «Mille feuilles» gibt, die ich erst in einem Französischstudium an der Universität erwarten würde, fehlen dafür die elementarsten Begegnungen mit der Sprache. Die wären doch so wichtig, damit ein Einsteiger und Anfänger Freude am Erlernen der Sprache empfindet. Nun, vielleicht lag ich ja mit meinen vielen Lenzen einfach jenseits des schulischen Zenits. Daher sprach ich andere Schulkinder und deren Eltern auf «Mille feuilles» an – und wurde umfänglich bestätigt: Die Kinder erkennen keine Struktur, es sei ein «Gehüpfe» aus Aufgaben, Bildern und Sätzen und die Eltern haben auch Mühe mit dem Inhalt. Dass die Presse unsere Haltung kurz darauf bestätigte, liess die Hoffnung aufkeimen, dass jetzt etwas passieren würde, zumal ich mir wirklich nicht vorstellen kann, dass die Französischlehrerinnen und -lehrer mit «Mille feuilles» glücklich sind.

Die Kinder sind es auf jeden Fall nicht, das weiss ich jetzt, dabei wäre es doch so wichtig, frühzeitig auch Spass an einer fremden Sprache zu wecken. Darauf kann aufgebaut 59 2018/19-02 werden und es wird einfacher, weitere Fremdsprachen zu lernen. Aber einfache Strukturen, Wörter und Sätze wie «Wie heisst du?» oder «Wie geht es dir?» fehlen am Start mit «Mille feuilles». Ich bezweifle, dass die Schülerinnen und Schüler nach zwei oder drei Jahren in der Lage sein werden, die Frage «Wie alt bist du?» zu verstehen oder gar richtig zu beantworten.

Wie mit diesem Lehrmittel ein alltagstauglicher Grundwortschatz und Freude an einer Fremdsprache gebildet werden sollen, ist mir ein Rätsel. Und wenn ich vorausschauend ans Frühenglisch denke, dann hoffe ich, dass die Lehrerinnen und Lehrer weiterhin Zauberer oder eben «prestidigitateurs» sind, denn das Lehrmittel «Mille feuilles » ist eine unnötige Herausforderung im anspruchsvollen Schulalltag unserer Zöglinge.

Michel Meier, Olten

[Quelle: lvb.inform 2018/19-02]

 

Fetische des modernen Schulwesens

Postkartenidylle

Als ich letzten Februar mit meiner Familie in den Skiferien weilte, eröffnete mir an einem Schlechtwetternachmittag unser damals knapp 7-jähriger, die erste Klasse besuchende Sohn, er wolle seinen liebsten Klassenkameradinnen und -kameraden gerne Postkarten schreiben. Also begaben wir uns in den Dorfladen des Ferienorts, um sieben Postkarten auszusuchen und sie mitsamt den erforderlichen Briefmarken zu kaufen. Zurück in der Ferienwohnung wollte Junior sofort loslegen. Er holte seine Buntstifte hervor und wir setzten uns gemeinsam an den Tisch. «Was möchtest du denn schreiben?», fragte ich ihn. «Nicht viel», lautete die Antwort, «ich will ihnen nur Grüsse aus den Ferien schicken.» – «Gut, dann machen wir das», sagte ich. Er nahm einen Stift zur Hand und begann mit Grossbuchstaben zu schreiben: «LIBER FIONN».

Bloss nicht korrigieren!

Schlagartig fühlte ich mich zurückversetzt in eine Situation am heimischen Esstisch drei Jahre zuvor. Damals hatte unsere Tochter, drei Jahre älter als ihr Bruder, im Rahmen einer Hausaufgabe Wörter finden und aufschreiben müssen, die mit «SCH» beginnen. Auch damals hatte ich neben dem Kind gesessen und ihm zugesehen. Als sie, nach einem Blick nach draussen, auf das Wort «SCHNEE» gekommen war und es aufgeschrieben hatte, fragte sie mich: «Ist das so richtig geschrieben?» Ich blickte auf das Aufgabenblatt und las: «SCHNE». Also erklärte ich ihr, dass das «E» in «SCHNEE» beim Aussprechen ja lang ausgehalten werde. Eine Probe aufs Exempel erschien ihr plausibel. Und weil das so sei, fuhr ich fort, schreibe man «SCHNEE» mit zwei «E» – eben um zu zeigen, dass das ein langes «E» sei.

Ich staunte nicht schlecht, als tags darauf die Tochter berichtete, ihrer Lehrerin habe es gar nicht gefallen, dass ich meinem Kind die richtige Schreibweise verraten hätte. Schliesslich seien die Hausaufgaben für die Kinder gedacht, und nicht für die Eltern. Und die Lehrerin habe ausserdem gesagt, sie müssten diese Wörter noch nicht richtig schreiben können. Darum wolle sie, unsere Tochter, in Zukunft beim Erledigen der Deutsch-Hausaufgaben keine Auskünfte von Mama oder Papa mehr einholen.

An jenem Abend schrieb ich in mein Notizheft, in dem ich Ideen und Zitate für etwaige Artikel im «lvb.inform» festzuhalten pflege, den folgenden Satz: Eine Volksschule, welche in Fragen des Bildungserwerbs Kinder in einen Loyalitätskonflikt zwischen ihren Lehrpersonen und ihren Eltern drängt, untergräbt damit selbst ihre Akzeptanz in der Bevölkerung.

Libe Grüse

Zurück an den Tisch in der Ferienwohnung im Februar 2018: «Das sieht ja schon gut aus, nur ein Buchstabe fehlt noch», sagte ich zu unserem Sohn. «Und welcher?», wollte er wissen. «Zwischen dem ‹I› und dem ‹B› kommt noch ein E›, antwortete ich. «Wieso denn das?», fragte er. «Weil das ‹I› im Wort ‹LIEBER› lang ausgesprochen wird. Hör mal: ‹Liiiiiiiieber Fionn›, sagt man doch.» – «Ja, das stimmt.» – «Und wenn du beim Schreiben eben zeigen willst, dass das ein langes ‹I› ist, dann schreibst du einfach noch ein ‹E› direkt hinter das ‹I›. ‹IE› ist nichts anderes als ein langes ‹I›.» Inwieweit ihn diese Erklärung überzeugte oder nicht, war schwer zu sagen, aber zumindest quetschte er noch ein «E» zwischen die beiden entsprechenden Buchstaben.

Unterhalb der Anrede zeichnete der Sohnemann anschliessend einen Zug für seinen Freund Fionn, bevor er sich wieder an mich wandte: «Und wie schreibt man Grüsse›?» – «Komm, wir sprechen das Wort einmal ganz langsam und laut aus! Und dann schreiben wir einfach auf, was wir hören!» Gesagt, getan. «G». «R». «Ü». («Ist das der mit den Pünktchen?» – «Ja, genau.») «S».

So. Und nun? Erklären oder schweigen? Und dann erst noch bei einem Wort, das man ja eigentlich mit Eszett (ß) schriebe, wenn dieser Buchstabe denn auch in der Schweiz verwendet würde. Natürlich wird sich weder die Zukunft des Kindes im Allgemeinen noch die Qualität seiner Sprachverwendung im Spezifischen daran entscheiden. Aber soll ich meinen Filius andererseits wider besseres Wissen sieben Mal hintereinander das Wort «Grüsse» (respektive «Grüse») falsch schreiben lassen, sodass er es sich dadurch falsch einprägt? Denn hierin ist sich die ansonsten oftmals widersprüchlich wirkende, vage bleiben müssende Hirnforschung einig: Der Mensch lernt immer. Auch Falsches.

«Moment!», sage ich. Die Würfel sind gefallen, der Vater, Deutschlehrer, gibt seiner déformation professionnelle nach. «Da kommt noch ein zweites ‹S› vor dem ‹E›.» – «Wieso?» – «Wenn es nur ein ‹S› hätte, würde man es so aussprechen wie das Wort ‹Gemüse›. Aber das ‹S› in ‹Gemüse› klingt doch nicht gleich wie das ‹S› in ‹Grüsse›, oder?» Wir testen den Sachverhalt, indem wir beide Wörter mehrmals laut hintereinander aussprechen, wobei ich die jeweilige Aussprache selbstredend ein wenig übertreibe. «Nö, das klingt wirklich nicht gleich», befindet der Sohn schliesslich – und fügt ein zweites «S» hinzu.

Übung macht den Meister

Karte 2: Junior beginnt mit «LIBER PHILIPP». Ich schaue ihn an und er mich. Ich sage: «Schau doch noch einmal die Karte für Fionn an! Fehlt da nicht etwas auf der zweiten Karte?» – «Ach ja, das ‹E›!» Wir lachen. Nach der Schlangenzeichnung für Philipp wiederholt sich das Schauspiel bei «GRÜSE». Ich flüstere: «Gemüse.» Das verfängt, sodass auch das zweite «S» den Ort seiner Bestimmung findet. Karte 3 liest sich auf Anhieb korrekt, ohne jede väterliche Hilfe. Wir klatschen ab und gönnen uns ein Zvieri. Auf Karte 4 stimmt «LIEBER», nur bei «GRÜSE» kehrt noch einmal die zuerst vermutete Schreibweise zurück. «Gemüüüüüse, Gemüüüüüse», singt Papa. «Oh Mann!», ruft der Sohn. Die Karten 5, 6 und 7 sind allesamt fehlerfrei. Der Bub strahlt. «Ich kann es!», leuchtet aus seinem Gesicht. Er freut sich über das, was er geschafft hat. Ich freue mich mit ihm. Stolz zeigt er die Postkarten seiner Mutter und seiner älteren Schwester. Alle finden es toll.

Verinnerlichung

Ein gutes Vierteljahr später, Ende Mai, fertigt der Sohn eine grosse Zeichnung für den 70. Geburtstag seiner Grossmutter an. Auf die Rückseite schreibt er ganz selbstverständlich: «LIEBES GROSI» und weiter unten wieder das Wort «GRÜSSE». Ich nehme es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis.

Anfang November. Junior ist mittlerweile ein Zweitklässler und schreibt jetzt mit Gross- und Kleinbuchstaben. Auf einem Arbeitsblatt soll er verschiedene Tiere beschriften. Plötzlich fragt er mich: «Schreibt man ‹Krokodil› mit ‹ie›?» Ich bin begeistert von dieser Frage, weil sie zeigt, dass er das Prinzip «ie» = «langgesprochenes i» verinnerlicht hat und sich darüber Gedanken macht beim Schreiben.

Als Fetisch bezeichnet man einen verehrten Gegenstand, dem man geradezu magische Eigenschaften zuschreibt. Auch im sich als modern verstehenden Schulbetrieb gibt es einige Elemente, deren Einsatz in immer stärkerem Masse als unverzichtbares Qualitätsmerkmal gepriesen wird. Es ist daher an der Zeit, ebendiese Elemente einem kritischen Nachdenken zu unterziehen. 

Erstes Verbot in der Schweiz

Just im Herbst 2018 sind die Print- und Onlinemedien in Deutschland und der Schweiz wieder voll mit Berichten über das Schreibenlernen an den Schulen. Weshalb ich mit der Methode «Schreiben nach Gehör» nichts anfangen kann, habe ich vor drei Jahren ausführlich dargelegt.[1] In der Zwischenzeit hat der Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid als erster Vertreter seiner Zunft das «Schreiben nach Gehör» ab der zweiten Klasse verboten. In der NZZ sagte Schmid: «Ich hatte viele Rückmeldungen von Müttern und Vätern, die verzweifelt waren, weil ihnen die Lehrer quasi verboten haben, bei ihren Kindern Rechtschreibfehler zu korrigieren.»[2] Diese Äusserung weckte einige «verschneite» Erinnerungen bei mir …

Für und Wider

Die Verteidiger des «Schreibens nach Gehör» betonen immer wieder, ein frühes Korrigieren der Kinder entfalte eine hemmende, ja sogar demotivierende Wirkung und schränke die Kreativität beim Schreiben ein. Ausserdem bringe es nichts, Regeln und Normen einzuführen, welche die Kinder kognitiv noch gar nicht fassen könnten. Dem halte ich Folgendes entgegen: Für den Umgang mit beiden genannten Punkten braucht es eben genau uns Lehrpersonen! Es ist an uns, das Korrigieren und Hinweisen auf Fehler so zu gestalten, dass es keine demotivierende Wirkung entfaltet, sondern, im Gegenteil, kleine Erfolgserlebnisse ermöglicht, die ihrerseits die Motivation der Lernenden verstärken. Kinder wollen wissen, wie es richtig ist, und sie haben auch ein Recht darauf, es zu erfahren. Es geht daher nicht um das Ob, sondern um das Wie.

Wir Lehrerinnen und Lehrer müssen portionieren, herunterbrechen, erklären, fassbar machen, an- und entfachen, veranschaulichen, nachgreifen, in Bezug setzen, zeigen, insistieren, mithin: Verantwortung übernehmen. Tun wir das nicht, so machen wir uns als Berufsstand letzten Endes von alleine überflüssig, und das schon ganz ohne die aktuell fortschreitende Digitalisierungseuphorie.

Kindgerecht

Mein Sohn braucht mit 7 Jahren die Begriffe «Dehnung» oder «Schärfung» noch nicht zu kennen. Er muss auch nicht zwingend bereits wissen, dass man andere langgezogene Vokale als das «i» durch Verdoppelung oder ein eingeschobenes «h» kennzeichnen kann. Sehr wohl ist er aber kognitiv schon dazu in der Lage, zu erfassen, dass die Buchstabenfolge «ie» als langes «i» ausgesprochen wird. Und mit einigen wenigen häufig verwendeten Vokabeln wie «liebe(r)» etc. vermag er sich dies auch nachhaltig einzuprägen.

Mein Sohn muss erst recht nicht um die Linguisten-Debatte wissen, ob das Eszett (ß) hierzulande deshalb fehlt, weil es im Zuge der Verbreitung der Schreibmaschine im früheren 20. Jahrhundert auf der schweizerischen Standardtastatur ebenso wie die Grossbuchstaben der Umlaute Ä, Ö und Ü weggelassen wurde, da man Platz für die französischen Akzentbuchstaben é, è, à sowie das ç brauchte, oder ob es vielmehr der Besonderheit des helvetischen Lautsystems geschuldet ist, in welchem das Doppel-S, anders als in Deutschland, nicht an die Vokalkürze gekoppelt ist. Nichtsdestotrotz ist er dazu imstande, die unterschiedlichen Aussprachen von «Grüsse» und «Gemüse» zu erkennen und sich das doppelte «S» im erstgenannten Wort zu merken. Womöglich wird ihm das später dabei helfen, zu registrieren, dass auch «Füsse» oder «Süsse» zwei «s» haben müssen.

Begriffe wie «Küsse» oder «Beschlüsse» dürften dereinst aufgrund ihrer noch einmal andersartigen Aussprache wahrscheinlich zu neuen Irritationen führen, aber, mit Verlaub: who cares? Ist es denn sinnvoller, sich Schritt für Schritt kleine Elemente des grossen Ganzen – auch mittels trial and error – zu eigen zu machen oder jahrelang – einem erstarrten Fatalismus ob der Komplexität des gesamten Regelwerks ähnlich – überhaupt keine Strukturen in der Sprache zu erkennen, geschweige denn zu verinnerlichen? Ist es, vor einem vielteiligen Puzzle sitzend, zielführender, jeweils kleine Grüppchen passender Teile zusammenzufügen, die sich mit der Zeit ihrerseits zu grösseren Einheiten aneinanderreihen lassen, oder stundenlang inkompatible Teile – diese malträtierend – ineinander zu pressen?

Beim Namen nennen

Es gibt eine Tendenz im sich als modern verstehenden Schulwesen, die vorgaukelt, Wissen, das man sich eingeprägt hat, aber womöglich nicht (vollständig) kognitiv herleiten kann, sei wertlos. Dies halte ich insbesondere auf der Primarstufe für falsch.

Nehmen wir doch nur die Vornamen der Kinder: Welche Eltern freuen sich nicht, wenn ihr Kind das erste Mal seinen Namen richtig schreibt? Und dabei haben viele ABC-Schützen und -Schützinnen hierzulande heute keine lautgetreuen Namen wie «Reto» oder «Sabine» mehr, sondern heissen Amy und Julien, Ethan und Anouk, und selbst für ein und denselben Namen gibt es bisweilen verschiedene Schreibweisen, etwa Philip, Philipp, Philippe oder sogar Filip. Müssen die Kinder dafür auf einer reflektierenden Ebene um die Rechtschreibeprinzipien der verschiedenen Sprachen wissen? Wohl kaum.

Auch mein Sohn schrieb die Namen seiner Freunde – ob Fionn oder Philipp oder wie sie alle heissen – problemlos richtig auf die Postkarten. Kinder können sich die Schreibweise schwieriger, auch fremdländischer Eigennamen dann merken, wenn sie diese unzählige Male im Alltag sehen, lesen und schreiben. Sollte nicht alleine dieser Umstand uns zu denken geben im Hinblick auf die Art und Weise, wie heute vielerorts das Schreibenlernen in den ersten Schuljahren (nicht) angegangen wird?

Pädagogische Prinzipien

Roland Reichenbach von der Universität Zürich, nach meinem Ermessen der hellste Stern am erziehungswissenschaftlichen Firmament des Landes, schält vier Dinge heraus, die eine Lehrperson immer wieder zeigen und leisten muss, um pädagogisch zu «taugen»[3]:

  1. Dass sie das, was sie lehrt, für wichtig hält.
  2. Dass sie will, dass die Kinder diesen Gegenstand lernen.
  3. Dass sie zeigt, dass die Kinder das auch lernen können.
  4. Dass sie ihnen dabei hilft.

In meiner Wahrnehmung erfüllen Lehrpersonen, welche ihre Schülerinnen und Schüler über längere Zeit hinweg ohne jede Einflussnahme, Lenkung und Systematik drauflosschreiben lassen, kaum eine dieser Bedingungen.

Wasser auf Mühlen der Volksschulgegner

Zum Schluss noch dies: Neben der Kontroverse um das Schreibenlernen machte in den letzten Wochen nach mehrjähriger Pause ein weiteres Thema in den Gazetten wieder die Runde: Neue Bestrebungen in Richtung freier Schulwahl werden in verschiedenen Kantonen unternommen.

Die öffentliche Schule täte gut daran, sich auch vor diesem Hintergrund zu überlegen, was es bedeutet, wenn sie auf Lehrmethoden und Lehrmittel setzt, die von vielen Eltern schulpflichtiger Kinder als wirkungslos, untauglich, verwirrend, ja sogar als bizarr, esoterisch und lernhinderlich erlebt werden.

Mit liben Grüsen
Ihr Roger von Wartburg


[1] Roger von Wartburg: «Schreiben nach Gehör: Vom liederlichen Umgang mit einer Kulturtechnik», lvb.inform 2015/16-02

[2] Simon Hehli: «Schreiben nach Gehör – Ein erster Kanton kapituliert vor genervten Eltern», Neue Zürcher Zeitung, 29. Oktober 2018

[3] Lisa Nimmervoll: «Die Reformitis ist eine globale Entzündung», Der Standard, 13. Januar 2015

[Quelle: lvb.inform 2018/19-02]
 
 

Vom Lernen und Korrigieren

Gastbeitrag von Andreas Schwander, erschienen in der BaZ vom 27.11.2018

Finden Sie in diesem Text einen Druckfehler? Dann ist die Chance gross, dass Sie Lehrer oder Lehrein sind. Nichts liebt die Lehrerschaft mehr, als zu korrigieren, möchte man meinen, jedenfalls in der Zeitung. Kommt die Diskussion auf die BaZ, landet sie unweigerlich via diverse politische Themen bei den sich häufenden Druckfehlern und den eingesparten Korrektoren und Korektorinnen.

Nun lernt man ja aus Fehlern. Allerdings funktioniert das nur dann, wenn man realisiert, dass es welche sind. Und weil das nicht von selber geht, muss einen jemand darauf aufmerksam machen. Deshalb danken wir allen, die hier einen Druckfehler finden und ihn uns mitteilen, Lehrer und Lehrerinnen eingeschlossen. So müsste es sein - wie in der Schule.

Allerdings ist es genau so in der Schule eben nicht mehr. Mit Lehrplan 21 und allen möglichen Pädagogik- und Selbstständigkeitsübungen sind die Kinder nun so weit, dass sie ihre Aufgaben selber korrigieren müssen. Sie machen die Hausaufgaben und bekommen später ein Korrekturblatt und müssen damit überprüfen, ob sie es kapiert haben. Die meisten kapieren gar nichts, allein schon deshalb, weil die Lehrperson gesagt hat, sie erkläre nur einmal, deshalb müsse man gut zuhören. Und es gibt ja niemand gerne zu, dass man es nicht verstanden und nicht gut zugehört hat. Deshalb streichen und malen die Kinder irgendetwas an, kopieren darauf das Ganze vom Lösungsblatt auf ihr eigenes, leicht anders aussehendes Blatt und malen und radieren, bis beides gleich aussieht, egal ob Mathe oder Grammatik. Und dann stimmts. Aber verstanden haben sie nichts. Das wäre ja gar nicht so schlimm, wenn jemand merken würde, dass sie nichts verstanden haben. Aber das merkt eben niemand, und wenn, dann erst an der Prüfung.

So kann es nicht laufen. Die Kinder gehen in die Schule, um lernen zu lernen, und dann, um etwas zu lernen. In Osteuropa heisst es: "Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens", wobei sich in slawischen Sprachen die Wörter "Wiederholung" und "Lernen" reimen. Die Benediktiner sagen: "In allem, was man nicht mindestens einmal pro Woche macht, ist man sein Leben Lang Lehrling." Auch in dieser Weisheit liegt die Wiederholung. Doch um zu lernen, muss man es einmal verstehen und dann wiederholen, wiederholen, wiederholen. Das geschmähte Französisch-Lehrmittel Mille Feuilles, mit dem Kinder weder Wörter lernen noch die grundlegenden Prinzipien der Sprache kapieren, ist da nur die Spitze des Lern-Problems. Auch in andern Fächern sollen Kinder selbstständig arbeiten, ohne es vorher gelernt zu haben. Sobald sie dann aber erwachsen sind, brauchen sie in der Firma "Führung". Offenbar traut man im Berufsleben den Erwachsenen jene Fähigkeiten nicht zu, welche Kinder in der Schule einfach so können müssten. Verkehrte Welt.

Das kann nicht klappen. Wie sollen Kinder eine Selbstdisziplin an den Tag legen, die selbst Erwachsenen fehlt? Eine vernünftige Antleitung zur Selbstständigkeit besteht deshalb nicht darin, Kinder ihre Aufgaben selber korrigieren zu lassen. Erst muss jemand sicherstellen, dass sie es verstanden haben. Selbstständig wird nur, wer selbstsicher ist. Das heisst: erklären, erklären, erklären und dann: korrigieren, korrigieren, korrigieren.

Korrigieren ist die Kernkompetenz eines jeden Lehrers und einer jeden Lehrerin. Aber bitte korrigiert zuerst die Arbeiten der Schülerinnen und Schüler und erst dann die Basler Zeitung, Lehrplan 21 hin oder her.
 

Menschen statt Computer

Analyse zu einer verblüffenden Entwicklung an Schulen im Silicon Valley

In der Schweiz werden Schulen mit Tablets aufgerüstet und Programmierunterricht ab der 1. Klasse gefordert. In den USA schwingt das Pendel neuerdings in die andere Richtung: Gut situierte Familien schicken ihre Kinder in bildschirm-freie Schulen.
In der Bildungspolitik zeichnet sich gerade eine ziemlich spektakuläre Wende ab. Erste Vorboten sieht man, wo könnte es anders sein, in den USA, genauer im Silicon Valley. Und wie so viele Trends, die von dort kommen, dürfte auch dieser mit der üblichen Verzögerung Europa und die Schweiz erreichen. Oft klingt diese Aussicht wie eine Drohung – diesmal aber eher wie eine Verheissung.

In mehreren Schulen des Silicon Valley werden Computer und Tablets aus dem Unterricht verbannt. «Screen-free schools», bildschirmfreie Schulen, heisst das Schlagwort. Wer hats erfunden? Die Tech-Pioniere, also jene Unternehmer, die ihre Millionen und Milliarden mit ebendiesen Bildschirmen verdient haben. Ironischerweise wollen ausgerechnet sie, dass ihre Kinder sich mit Menschen statt mit Geräten abgeben, dass sie in den Pausen auf Spielplätzen herumtollen, statt am Handy zu hängen.

Die «New York Times» wittert einen neuen digitalen Graben: Lange Zeit sei es das Privileg von Kindern aus reichem Haus gewesen, an Bildschirmen ausgebildet zu werden. Ihre Schulhäuser verfügten über eine supermoderne Infrastruktur, und Hausaufgaben wurden online erledigt. Man machte sich Sorgen, dass Kinder in ärmeren Regionen, wo die Schulen nicht mit Computern ausgestattet sind, abgehängt werden. Jetzt gibt es gegenteilige Warnungen: Kinder der Unter- und Mittelschicht würden zunehmend von Bildschirmen erzogen, während der Nachwuchs gut situierter Familien vom «Luxus zwischenmenschlicher Beziehungen» profitieren würde. Die Zeitung hat festgestellt, dass teure Privatschulen den Computer im Unterricht zurückfahren, während die öffentlichen Schulen diesen immer öfter einsetzen. Die Entwicklung an den Schulen widerspiegelt jene zu Hause in den Familien. In den USA verbringen Teenager aus unteren Einkommensverhältnissen täglich 8 Stunden an einem Bildschirm (Handy, Tablet, Computer, Fernsehen), während es bei Gleichaltrigen aus besseren Verhältnissen «nur» fünfeinhalb Stunden sind.

In der Schweiz verläuft die Debatte anders. Vor dem gross angelegten Digitaltag vergangene Woche titelte der «Blick» auf der Frontseite im Imperativ: «Kinder an die Computer!» In dem Artikel forderten Politiker eine «Digital-Offensive an Schulen». Sie reagieren letztlich auf die Erwartungshaltung vieler Eltern: Schon ab der 1. Klasse sollten die Knirpse programmieren lernen. Entsprechend boomen private Programmierkurse. Und an Gemeindeversammlungen haben es Kredite für neue Spielplätze schwieriger als Kredite für neue Schulcomputer.
Internetpioniere verbieten den eigenen Kindern das Smartphone

Wie der Wind in elitären Zirkeln der USA gedreht hat, erlebte ich, als ich in der ersten Jahreshälfte an der Harvard-Universität forschte, an einem Institut, das auf die Interaktion zwischen Internet und Gesellschaft spezialisiert ist. Es fiel auf, dass viele der dort arbeitenden Wissenschafter in ihrem Familienleben restriktiv sind im Umgang mit dem Smartphone. Ein Forscher erzählte, dass sein Sohn mit 12 Jahren noch kein Handy habe und er ihn nur am Wochenende mit dem elterlichen Smartphone spielen lasse. Er zitierte eine Studie, wonach die Schulleistungen von Kindern umso besser seien, je weniger Zeit sie an Bildschirmen verbringen. Doch dieser Wissenschafter ist wohlsituiert – wer sich keine Nanny leisten kann, der setzt die Kinder vor den iPad oder vor den Fernseher.

Den neusten Bildungs-Trend muss man in einem grösseren Zusammenhang sehen. Die TechPioniere von Apple, Google, Facebook & Co. predigen neuerdings nicht mehr den allumfassenden Zugang zur digitalen Technologie (den haben inzwischen fast alle), sondern die zeitliche Limitierung des Konsums. Darum entwickeln sie Funktionen wie «Bildschirmzeit» auf dem iPhone, mit denen sich der Nutzer selber beschränken soll. Die Sache ist durchsichtig: Es geht den Konzernen nicht um die Rettung der Menschheit, sondern ums eigene Image, also ums Geschäft. Glaubwürdiger ist da, wie sich die Gurus privat verhalten. Steve Jobs, der Schöpfer des iPhones und des iPads, liess keine Gelegenheit aus, um die Welt von den Segnungen seiner Geräte zu überzeugen; seine Kinder aber hielt er davon noch fern, als sie Teenager waren. Bill Gates, der Gründer von Microsoft, erlaubte seinen Kindern das Smartphone erst, als sie 14-jährig waren. Die Väter Jobs und Gates – sie müssen es wissen.

[Quelle: Aargauer Zeitung, 31.10.2018, Patrik Müller]
 
 

Abbau an den öffentlichen Schulen verhindern

Die Initiative „Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen“ des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland will vier essentielle Rahmenbedingungen der öffentlichen Schulen schützen: Klassengrössen, Unentgeltlichkeit, Ausgewogenheit und Berufsattraktivität. Diese Rahmenbedingungen sollen weder durch einen Sparentscheid der Regierung noch durch ein Zufallsmehr des Landrats verschlechtert werden können. Nur wenn zwei Drittel des Landrats, und somit zumindest die politische Mitte und ein Flügel, es für notwendig oder gerechtfertigt halten, sollen diese Rahmenbedingungen zuungunsten der Schule verändert werden können.

  • Die Begrenzung der Klassengrössen ist essenziell, wenn die Lehrperson auch denjenigen Schüler/-innen Zeit widmen soll, die zwar keine spezielle Förderung erhalten, dem Unterricht aber trotzdem nur mit Anstrengung und Unterstützung folgen können.
  • Der Verzicht, weitere Schulkosten auf die Erziehungsberechtigten zu überwälzen, gilt aufgrund eines am 7. Dezember 2017 gesprochenen Bundesgerichtsurteils auf der Volksschule zwar ohnehin. Heute besuchen aber über 90% der Schüler/-innen weiterführende Schulen, und die Initiative will, dass auch dort die Chancen der Lernenden nicht in noch grösserem Mass als heute von der finanziellen Situation der Erziehungsberechtigten abhängen.
  • Kopf, Herz und Hand – seit Pestalozzi strebt die Schule nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen intellektuellen, gestalterisch-musischen und manuellen Anforderungen. Mit der fortschreitenden Automatisierung der Produktion und den zunehmenden Ansprüchen der Wirtschaft nach sprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen droht dieses Gleichgewicht zu kippen, denn für die gestalterisch-musischen wie auch für die manuellen Fächer setzt sich kaum jemand ein. Die Initiative gibt diesen Fächern eine Stimme, und sie hilft mit, dass die Schule auch für diejenigen Kinder attraktiv bleibt, deren Stärken genau in diesen Bereichen liegen.
  • Guter Unterricht muss sorgfältig vorbereitet werden. Auf dem Papier ist die Jahresarbeitszeit der Lehrpersonen gleich gross wie die des übrigen Staatspersonals. Klar ist aber auch, dass der Aufwand durch die wachsende Heterogenität und den Ruf nach individualisiertem Unterricht stark gestiegen ist. Es ist heute schon sehr fragwürdig, ob die pro Lektion für Vor- und Nachbereitung zur Verfügung stehende Zeit dafür ausreicht. Was es aber sicher nicht mehr verträgt, ist eine Kürzung. Die Folge wären noch mehr Burnout-Fälle, eine weiter sinkende Attraktivität des Berufs, in dem der Nachwuchsmangel absehbar ist, und nicht zuletzt auch schlechterer Unterricht.
Indem sie diese vier Punkte vor leichtfertigen Verschlechterungen durch die Politik schützen möchte, leistet die Initiative einen wesentlichen Beitrag.
 
 

Bildungsressourcen sinnvoll einsetzen

Die Initiative „Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen“[1] des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) fordert in einem ersten Absatz zwei Selbstverständlichkeiten: Kanton und Gemeinden sollen erstens genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um die Qualität der Schulbildung nachhaltig zu garantieren und zweitens bedürfnisgerechte Schulbauten sowie lehrplan- und lehrmittelgerechte Schul­einrichtungen zu gewährleisten. Die Schulen sollen also diejenigen Mittel erhalten, die sie brauchen, um die an sie gestellten Aufgaben zu erfüllen. Das war in den vergangenen Jahrzehnten leider nicht mehr überall selbstverständlich.

Wir reden von Schulzimmern, die sich im Sommer auf über 30 Grad aufheizen. Wir reden von Gemeinden, in denen das Geld nicht reicht, um Lehrmittel oder Werk- und Bastelmaterialien zu kaufen. Wir reden von fehlenden Computern für den Einsatz obligatorischer Lehrmittel, die den Einsatz von Computern zwingend erfordern. Nicht Luxus, sondern Zweckdienlichkeit ist die Forderung dieser Initiative.

In einem zweiten Absatz regelt die Initiative, wo der Hebel anzusetzen ist, falls trotzdem im Bildungsbereich gespart werden muss. Dann und nur dann soll

  • die Einführung neuer teurer interkantonaler Projekte verzichtet werden,
  • die Bildungsverwaltung ebenfalls einen Sparbeitrag leisten,
  • primär soll bei denjenigen Bildungsträgern gespart werden, die durch die Schaffung neuer Angebote zwar höchst innovativ waren, sich aber nie überlegt haben, welche alten Zöpfe man im Gegenzug auch einmal abschneiden könnte.
  • Und falls man sich durch interkantonale Verträge zu Leistungen verpflichtet hat, die man nicht mehr finanzieren kann, soll man dann verpflichtet sein, diese zu künden oder neu auszuhandeln.

Was die Regierung und insbesondere Bildungsdirektorin Monica Gschwind in der laufenden Amtsperiode an Sparmassnahmen im Bildungsbereich tatsächlich realisiert hat, kommt dem, was die vorliegende Initiative des Lehrerverbandes im Sparfall fordert, erstaunlich nahe: Der Universitätsvertrag mit Basel-Stadt wurde neu ausgehandelt, im Amt für Volksschulen wurden diverse Stellen gestrichen und  keine neuen Reformprojekte aufgegleist. Und bei den bestehenden Reformprojekten ist ein klares Bemühen erkennbar, diese im Hinblick auf eine Umsetzung zu überdenken, die den Verhältnissen in unserem Kanton entspricht. Aktuell könnte man fast versucht sein, die Initiative als erfüllt abzuschreiben, würde damit aber riskieren, die Fehler früherer Bildungsdirektoren, die selbst bei leeren Kantonskassen jede noch so unsinnige interkantonale Reform (z.B. Passepartout) „durchgestiert“ haben, zu wiederholen.

Ein Flop!

Nun ist sie also nicht mehr nötig, die Erziehungsdirektorenkonferenz. HarmoS sei aufgegleist bzw. bereits gelebte Realität und der Lehrplan 21 in 21 Kantonen umgesetzt. Soweit die Berichterstattung der BaZ über das Communiqué der EDK zur Auflösung ihrer Existenz.

Soviel aber auch zur Illusion der hohen Damen und vor allem Herren in Sachen Erziehung. Tatsache nämlich ist: All die aufgegleisten Reformen erweisen sich bei nicht mal näherer Betrachtung als Riesenflop!

Die frühe Einschulung ab dem vollendeten vierten Lebensjahr zum Beispiel führt dazu, dass die Kinder alle schulischen Herausforderungen und Ansprüche ein Jahr früher bewältigen müssen als vor HarmoS. Das zieht laut Berichterstattung der BaZ mehr Repetitionen nach sich und erklärt - gekoppelt mit oft viel zu hohen Erwartungen vor allem seitens der Eltern - wahrscheinlich auch den kürzlich beleuchteten Anstieg von Burnouts bei Schülerinnen und Schülern. Dazu kommt der frühere Abschluss der obligatorischen Schulzeit im Alter von 15, was sich bei der Lehrstellensuche als Handicap erweist. Den Experten in Sachen Erziehung ist bzw. war das offenbar völlig egal. Die im Übrigen nie demokratisch legitimierte Konferenz wird nach Vollbringung ihrer pädagogischen Schandtaten aufgelöst – nach uns die Sintflut.

Auch das Sprachenkonzept «Passepartout» und die schwammigen Kompetenzformulierungen des Lehrplans 21, gekoppelt mit dem kategorischen Imperativ des selbstorganisierten Lernens, sind nichts anderes als delegierende Verantwortungslosigkeit einer pseudomodernen Ego-Gesellschaft. Viele Eltern und Schülerinnen und Schüler berichten in einschlägigen Foren, wie es wirklich zugeht in den sogenannten Lernlandschaften. «Huere vill hänge hie eifach ab u mache nüt» ist ein vielzitiertes Statement einer Sekundarschülerin. Arbeiten werden nicht mehr korrigiert, auch das müssen die Kinder und Jugendlichen selbst tun. Das führt unter Umständen zu fehlerhaften Unterlagen in den Schulheften, die wiederum Basis sind für die Vorbereitung von Prüfungen. An einem kürzlich stattgefundenen Anlass zum Lehrplan 21 und seinen Exzessen legte eine verzweifelte Mutter dar, wie sie das «Laisser Faire» an der Schule ihres Kindes erlebt, alles unter dem Motto «Stärkung der Selbstkompetenz».

Zu guter Letzt die sogenannte Integration, die oftmals keine ist: Integrierte Kinder werden immer wieder ausserhalb der Klasse betreut durch Heil -und Sozialpädagoginnen. Doch dadurch wird genau das Gegenteil von Integration erreicht, nämlich Stigmatisierung und Ausgrenzung. Dies abzusehen, hätte mehr vorausgesetzt als ein unreflektiertes Nachbeten postmoderner Erziehungsmantras.Mein

Fazit: Die Erziehungsdirektorenkonferenz war, ist und bleibt ein Unding, deren Protagonisten aufs Schändlichste versagt haben!

Daniel Vuilliomenet, Sekundarlehrer - Ettingen
  

Familiärer Hintergrund hat Einfluss, wer ins Gymi kommt

Die Journalistin Jacqueline Büchi hat im Interview mit Herrn Wolter über die Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystems geredet und dabei unter anderem auch erfahren, warum viele schlechte Gym-Schüler/-innen oft aus einem Akademiker-Haushalt kommen. Wolter ist Professor für Bildungsökonomie an der Universität Bern und Direktor der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung.

Herr Wolter, wer kommt heute eher ins Gymnasium: ein intelligentes Kind oder ein reiches Kind?
Stefan Wolter: Ein sehr intelligentes Kind hat in der Regel gute Chancen, ins Gymnasium zu kommen – ungeachtet seiner sozialen Herkunft. In vielen Fällen spielt das Elternhaus aber tatsächlich eine Rolle, wobei es mehr um den Bildungshintergrund der Eltern geht und weniger um ihre finanziellen Möglichkeiten. Tatsache ist: Kinder von Akademikern schaffen den Übertritt ins Gymnasium eher als Kinder von Nicht-Akademikern. Am augenfälligsten ist der Unterschied aber bei den schlechten Schülern.

Heisst das: Schlechte Gymi-Schüler kommen meist aus Akademiker-Familien?
Ja, das ist so. Es handelt sich um Kinder, die entweder von ihren Eltern ins Gymnasium gepusht wurden, oder die einer Erwartungshaltung ihrer Eltern entsprechen wollen, obwohl sie da nicht hingehören. Leider sind mir hier keine Bestrebungen bekannt, hier Gegensteuer geben zu wollen.

Politiker rühmen gern die Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystems. Zu Recht?
Ja, unser Bildungssystem gehört zu den durchlässigsten der Welt. Nach der Sekundarschule stehen den Jugendlichen noch praktisch alle Türen offen. Sie können eine Lehre mit Berufsmatur machen, danach an eine Fachhochschule oder via Passerelle an die Uni. Auch beim Lohn hat ein Lehrling langfristig nicht unbedingt schlechtere Aussichten als ein Gymnasiast.

Und trotzdem sitzen in den Gymnasien überwiegend Kinder aus privilegierten Haushalten, wie eine Studie im Auftrag der Zürcher Bildungsdirektion zeigt. Was sagt uns das?
In der Zürcher Studie wurden Langzeitgymnasien untersucht. Dort ist der Bildungshintergrund der Eltern besonders entscheidend. Weil der Übertritt nach der Primarschule in einem jungen Alter erfolgt, fällt die Frühförderung durch die Eltern stärker ins Gewicht. In der Oberstufe relativieren sich die Unterschiede teilweise. Das ist auch der Grund dafür, warum die meisten internationalen Forscher das Konzept der frühen Separierung der Schüler in unterschiedliche Leistungszüge kritisch sehen.

Wo orten Sie sonst noch Verbesserungspotenzial, was die Chancengleichheit im Bildungswesen betrifft?
Wie eingangs erwähnt, wird die Chancengleichheit im Gymnasium vor allem am unteren Ende der Noten-Skala, also bei den schlechteren Schülern, geritzt. Es gilt verstärkt zu verhindern, dass mittelmässige Schüler ins Gymi kommen, nur weil ihre Eltern reich oder gebildet sind. Solche Massnahmen, das zeigt unsere Forschung, würden vor allem auch von jenen Eltern begrüsst, deren Kinder nicht ans Gymnasium gehen. Mit anderen Worten: Ein gerechterer Zugang zu den Gymnasien würde auch das Ansehen der Gymnasien stärken.

Wie lässt sich verhindern, dass schlechte Schüler aufgrund ihrer Herkunft ans Gymnasium kommen?
Das wäre relativ einfach, wenn man bei den Übertritten die tatsächlichen Leistungen zum Massstab nähme. Am wirksamsten ist eine standardisierte Aufnahmeprüfung, die extern konzipiert und anonym abgelegt wird. Eine Kombination der Prüfungsnote mit den Vornoten macht weiter Sinn, damit die Tagesform am Prüfungstermin nicht zu stark ins Gewicht fällt. Kritisch sehe ich hingegen Systeme, bei denen nur die Vornoten und die Lehrerempfehlungen über die Aufnahme ans Gymnasium entscheiden. Hier ist die Gefahr gross, dass sich die Lehrperson – bewusst oder unbewusst – von der sozialen Herkunft des Schülers beeinflussen lässt.

Kinder aus gutsituierten Familien gehen häufiger in Gymi-Vorbereitungskurse und in die Nachhilfe. Braucht es flächendeckende Gratis-Kurse für alle Kinder, wie dies in der Vergangenheit bereits gefordert wurde?
Nein. Aus meiner Sicht ist es falsch, wenn Kinder nur dank dem «Doping-Mittel» der Nachhilfe ans Gymnasium kommen. In dem Fall kommt das Scheitern häufig einfach später, in der Probezeit, oder man muss Jahre repetieren. Sinnvoll wäre allenfalls eine punktuelle Förderung wie beispielsweise von Migranten, die in der Schulsprache einen Nachholbedarf haben, aber sicher keine flächendeckenden Kursprogramme. Realistischerweise wird es in diesem Bereich immer eine gewisse Ungleichheit geben. Man kann den Eltern schliesslich nicht verbieten, ihre Kinder zu fördern.

Die Maturitätsquote variiert von Kanton zu Kanton stark. In Basel machen über 31 Prozent der Schüler eine gymnasiale Matur, in Glarus nicht einmal 13 Prozent. Hat ein Kind, das in Basel geboren wird, also grundsätzlich bessere Aussichten auf eine akademische Laufbahn als ein durchschnittliches Schweizer Kind?
Nicht unbedingt. Basler Maturanden haben ein viel höheres Risiko, ein Studium abbrechen zu müssen, als jene aus anderen Kantonen. Die Betrachtung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass überdurchschnittliche Maturitätsquoten auch mit überdurchschnittlichen Abbruchquoten an den Universitäten einhergehen. Viele Basler, die erfolgreich die Matura machen, stehen darum Mitte 20 ohne Ausbildung da. Es fragt sich, ob es für sie längerfristig wirklich ein Vorteil war, dass sie das Gymnasium gemacht haben – oder ob sie sich besser für eine Lehre entschieden hätten.

In welchen Fällen würden Sie einem Jugendlichen raten, sich für eine Lehre zu entscheiden, obwohl seine Noten fürs Gymnasium reichen würden?
Solche Fälle gibt es zuhauf. Nur weil jemand die schulischen Voraussetzungen erfüllt, heisst das noch lange nicht, dass er am Gymnasium am besten aufgehoben ist. Eine gymnasiale Ausbildung macht Sinn, wenn man einen Berufswunsch hat, der sich nur mit einem Universitätsabschluss realisieren lässt – mit einem Jus-, Medizin- oder Volkswirtschaftsstudium beispielsweise. Für Leute, die weniger konkrete Vorstellungen haben, wäre eine Lehre mit Berufsmatur aber häufig die bessere Wahl. So verdienen sie mit 18 ihr eigenes Geld – und können dann immer noch eine tertiäre Ausbildung machen. Dabei geniessen sie den Vorteil, dass sie neben dem Studium auf ihrem gelernten Beruf zu einem vernünftigen Lohn arbeiten können – und sich nicht in einem unterbezahlten Studi-Job abmühen müssen.
 
 

In grossen Klassen sinkt die Leistung der Schüler/-innen

Die Starke Schule hat im Jahr 2011 mit der Initiative "Ja zur guten Schule Baselland: überfüllte Klassen reduzieren" eine Verkleinerung der Maximalzahl der Klassengrösse auf der Volksschule (Primarstufe und Sekundarstufe 1) von 26 auf 22 Schüler/-innen gefordert. Im Jahr 2012 befürwortete das Volk an der Urne erfreulicherweise ein von der Regierung ausgearbeiteter Gegenvorschlag, mit welchem die Maximalzahl von 26 auf 24 gesenkt wurde.

Neue Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), welche die Auswirkungen der Klassengrösse auf das Leistungsniveau untersuchte, belegt nun, dass sich eine kleinere Klassengrösse positiv auf das Leistungsniveau auswirkt. Die Autoren der Studie hatten die Ergebnisse aus Mathematik- und Deutschtests bei Grundschüler/-innen untersucht. Dabei stellten sie fest, dass eine Reduzierung der Klassengrösse zu besseren Leistungen führt. Auch die Wahrscheinlichkeit, die Lernziele nicht zu erreichen und eine Klasse wiederholen zu müssen, sinkt laut Studie je kleiner die Klassengrösse ist.

Bis anhin konnte noch keine wissenschaftliche Studie diesen Zusammenhang derart eindeutig nachweisen. Dies vor allem deswegen, weil die Verzerrungen, welche sich ergeben, weil schwächere oder verhaltensauffällige Schüler/-innen bei einem Neueintritt tendeziell eher in kleinere Klassen eingeteilt werden, nicht berücksichtigt werden konnten. Diesen Effekt konnten die Autoren bei dieser neusten Studie nun eliminieren.

Laut den Wissenschaftlern beträgt die markante Klassengrösse, bei welcher ein nachweisbarer Unterschied in der Leistung der Schulkinder erkennbar wird, 20 Schüler/-innen. Wenn eine Klasse mit mehr als 20 Schulkindern reduziert wird, zeigt sich ein positiver Effekt. Jedes Kind weniger führt in solchen Klassen vor allem im Fach Deutsch zu besseren durchschnittlichen Leistungen. Hauptgrund dafür ist, dass der Unterrichtsstoff effizienter und schneller behandelt werden kann. Interessant ist auch die Tatsache, dass die Reduktion der Klassengrösse in Klassen mit weniger als 20 Schulkindern jedoch keinen relevanten Effekt mehr hat. Bis zu einer Grenze von 20 Schüler/-innen können Klassen sogar vergrössert werden, ohne dass es zu Einbussen in den Fächern Deutsch und Mathematik kommt.

Die Starke Schule befürwortet als Zielgrösse 20 Schüler/-innen pro Klasse. Klassengrössen von 22 bis 24 Schüler/-innen sollen möglichst vermieden werden.

[Quelle: Aktuelle Sozialpolitik Blogspot]

 

In den Ferien vergessen Schüler
das Gelernte

Für die meisten Schülerinnen und Schüler ist es die schönste Zeit des Jahres: Der Sommer mit seinen schier unendlichen Ferien. Doch das süsse Nichtstun könnte in einigen Wochen seinen Tribut fordern – wenn die Kinder wieder die Schulbank drücken müssen, sich aber nicht an den Stoff des vorigen Schuljahres erinnern.

Zahlreiche Studien aus den USA zeigen, dass Schüler während der Sommerferien einen erheblichen Teil ihrer Fähigkeiten wieder verlieren, vor allem in der Mathematik. Forschende sprechen vom Ferieneffekt. Besonders davon betroffen sind Kinder aus einkommensschwachen Familien, deren Eltern meist wenig gebildet sind und ihren Nachwuchs kaum fördern können.

Nur das Lesen verbessert sich

In Europa ist das Phänomen des Ferieneffekts noch kaum erforscht. Aber erste Studien aus Deutschland, Schweden und Österreich enthüllen: Auch hier verlernen Kinder in den Sommerferien den Schulstoff – wenn auch weniger stark als in den USA. «Das liegt vermutlich daran, dass die Ferien in Europa wesentlich kürzer sind als in Übersee, wo sie bis zu zwölf Wochen dauern», sagt Manuela Paechter von der Universität Graz.

Die Erziehungspsychologin hat den Ferieneffekt in Österreich untersucht, indem sie die Leistung von 182 Schülern im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren unmittelbar vor und nach den Sommerferien getestet hat. Das Ergebnis: Die Kinder schnitten im rechnerischen Denken und in der Intelligenz nach den Ferien schlechter ab als davor.

Anders im Lesen, da verbesserten sie sich über die Ferien – wohl, weil sie etliche Bücher verschlungen hatten. «Das zeigt, wie bedeutend das Lesen während der Sommerferien ist», sagt Paechter. Trotzdem litt die Rechtschreibung der Schüler. «Nur weil ein Kind viel liest, verbessert sich die Rechtschreibung nicht automatisch», so Paechter. «Um nicht zu vergessen, muss man üben.»

Freizeitgestaltung ist enorm wichtig

Immerhin: Nach einigen Wochen Unterricht waren die Unterschiede wieder ausgeglichen und kein Kind litt dauerhaft unter der mangelnden geistigen Anregung während der Ferien. Und anders als in den USA gab es keine Kluft zwischen Schülern aus ärmeren und reicheren Familien.

Allerdings hat die Erziehungspsychologin Paechter die Studie in einer ländlichen Region durchgeführt, und dort seien die Unterschiede zwischen Arm und Reich geringer. Ausserdem gebe es im Freizeitverhalten der Landkinder weniger grosse Unterschiede als bei Stadtkindern. In Städten erwartet Paechter deshalb einen grösseren Unterschied zwischen Arm und Reich.

Die Lernforscherin Tina Hascher von der Universität Bern sagt, es sei entscheidend, womit sich die Kinder während der Ferien beschäftigen. «Das beeinflusst direkt, wie stark der Ferieneffekt ausfällt.» Das heisst nicht, dass die Kids auch in den Ferien Mathematik pauken sollten. Doch: «Es ist zentral, dass sie sich geistig anregend beschäftigen.»

Das können viele Dinge sein: Ein Baumhaus bauen, spannende Bücher oder Comics lesen, mit Lego etwas konstruieren, einen Bach stauen oder ausrechnen, was sie mit ihrem Taschengeld kaufen können. «Hauptsache, es ist etwas, das den Kindern Spass macht und ihre Interessen fördert», sagt Hascher.

Elterliche Hilfe ist notwendig

Doch nicht immer kämen die Kinder selbst auf solche Ideen. Es sei wichtig, dass sie von den Eltern kreative Anregungen bekommen. Studien zeigen, dass es vor allem Eltern mit höherer Bildung sind, die ihren Nachwuchs so aktiv fördern. «Dagegen mangelt es einkommensschwachen Familien oft an solchen Einfällen», sagt die Lernforscherin. «Und häufig sind das Familien mit Migrationshintergrund.»

Kinder aus fremdsprachigen Familien haben darum noch einen weiteren Nachteil: Viele reden in den Ferien kaum Deutsch. Das sei schlecht, sagt die Erziehungspsychologin Paechter, denn: «Kinder lernen eine Sprache durch Nachahmen.» Und: Fast jedes Fach wird in Deutsch unterrichtet. Die Sprache ist also für alle Fächer zentral, sogar für die Mathematik. «Darum ist es so wichtig, die Sprache permanent zu verwenden», sagt Paechter.

Fremdsprachige Kinder sollten deshalb auch in den Ferien ihre Schul-Gspändli treffen, sagt auch Tina Hascher. Ein gutes Mittel seien Angebote wie der Ferienpass, wo Kinder geistig anregende Aktivitäten besuchen können. «Das beugt dem Ferieneffekt vor und entlastet gleichzeitig die Eltern.»

Besser kürzere Ferien

Hascher hat Verständnis dafür, dass nicht alle Eltern ihren Kindern ein riesiges Ferienprogramm bieten können. Denn die Ferien der Kinder dauern viel länger als die von berufstätigen Eltern. So plädiert Hascher dafür, das Konzept der Tagesschulen auf die Ferien zu erweitern. Ihre Idee: Die Sprösslinge wären betreut, doch sie müssten nicht Schulstoff lernen. Die Kinder könnten etwa Museen besuchen oder Tiere in der Natur beobachten. Hascher sieht den Staat in der Pflicht: «Gerade für einkommensschwache Familien sind möglichst günstige Angebote wichtig.»

Entscheidend ist offenbar auch die Länge der Sommerferien. In den USA dauern diese bis zu zwölf Wochen, dementsprechend ausgeprägt ist der Ferieneffekt. Hierzulande sind die Ferien zwar kürzer: Im Durchschnitt sind es sechs Wochen. Doch gerade wegen des Ferieneffekts sei das immer noch zu lang, findet Hascher. Denn bisher richten sich die Länge und die Verteilung der Ferien im Schuljahr nicht danach, dass Kinder möglichst gut lernen können. Vielmehr dauern die Sommerferien aus Tradition so lange, etwa weil die Kinder früher auf den Feldern mithelfen mussten.

Heute ist das längst nicht mehr der Fall. «Man muss schon darauf achten, dass sich die Schülerinnen und Schüler möglichst gut erholen können», sagt Hascher. Aber dazu sei nicht so viel Zeit nötig: «Die Sommerferien dauern zu lange.» Besser wäre es, die gesamte Anzahl Ferienwochen gleichmässiger auf das Schuljahr zu verteilen, sagt die Lernforscherin: «Vier Wochen Sommerferien sollten reichen.»

Mario Nowak (erschienen im Blick, 14.7.2018)
 
 

Grosszügige Zulassungen zur Matura sind nicht von Vorteil

Hohe Maturitätsquoten haben für die Maturand/-innen nicht nur positive Folgen. Gerade in Kantonen, in welchen den Schüler/-innen den Weg ins Gymnasium sehr einfach ermöglicht wird, müssen viele das Gymnasium nach nur einem Jahr wieder verlassen. Auch eine Korrelation zwischen hohen Maturitätsquoten und Studienabbrüchen ist sichtbar.

Die Anforderungen für Schulabgänger/-innen, um an das Gymnasium zu kommen, ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Während in den Kantonen Genf, Wallis oder Basel-Stadt die Anforderungen für den Eintritt ans Gymnasium relativ tief sind und damit teilweise über 40% der Schüler/-innen ins Gymnasium gehen, sind die Hürden in Kantonen Uri, St. Gallen oder Glarus deutlich höher: Hier werden nur ca. 15% ans Gymnasium zugelassen (siehe Diagramm).

Die scheinbare Grosszügigkeit der zuerst erwähnten Kantone ist auf längere Sicht für die Schüler/-innen jedoch oft kein Vorteil. Die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung hat unter anderem herausgefunden, dass gerade in Kantonen wie Genf die Quote derjenigen, die bereits innerhalb eines Jahres das Gymnasium wieder verlassen müssen, sehr hoch ist. Besonders stossend ist, dass viele Lehrstellen gar nicht mehr an die "normalen" Schulabgänger/-innen vergeben werden, sondern viele Betriebe insbesondere an den aus dem Gymnasium gefallenen Jugendlichen interessiert sind.

Laut einer Einschätzung der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung sind die hohen Maturitätsquoten einer der Gründe für eine erhöhte Zahl von Studienabbrechern. Die unterschiedlichen Ein- und Austrittsschwellen ans Gymnasium haben zur Folge, dass die Maturand/-innen auch unterschiedliche Kompetenzen für das Studium mitbringen. Tendenziell kommen die meisten Studienabbrecher aus Kantonen, in denen die Maturitätsquote hoch oder sehr hoch ist.

Auch im Kanton Baselland hat sich die Maturitätsquote in den letzten 26 Jahren erhöht. Während im Jahr 1990 noch 19.5% ans Gymnasium gingen, waren es 2016 bereits 25.7%. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese erhöhte Zahl langfristig nicht ebenfalls negativ auf die Quote der Studienabbrüche auswirkt.

[Quelle: Bundesamt für Statistik, Ausbildungswahl auf der Sekundarstufe II]

 


Lohnvergleich der Lehrpersonen

Die Auswertung der Lohndatenerhebung der Primar- und Sekundarlehrpersonen 2018 ergab ein interessantes Bild. Verglichen wurde der Anfangslohn (grüner Balken) mit dem Maximallohn (blauer Balken.

Die Lohnunterschiede zwischen den vier Kantonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Solothurn und Aargau sind relevant. Der Anfangslohn der Primarlehrpersonen in Baselland (tiefster Lohne) ist rund 9% kleiner als derjenige in Basel-Stadt (höchster Lohn). Auf der Sekundarstufe 1 ist der Anfangslohn in Basel-Stadt (tiefster Lohn) rund 7% tiefer als derjenige in Solothurn (höchster Lohn). Baselland liegt bei den Anfangslöhnen der Sekundarstufe 1 im Mittelfeld.

Allerdings muss berücksichtigt werden, dass der Maximallohn nicht nach gleich vielen Dienstjahren erreicht wird. Während die Lehrpersonen in Baselland 30 Jahre arbeiten müssen, bis sie die höchste Lohnstufe erreichen, sind es in Basel-Stadt 33 und in Solothurn lediglich 21 Jahre.

Ebenso unterscheiden sich die Anzahl Pflichtlektionen sowie die gewährte Altersentlastung. Während Baselland vor wenigen Jahren im Rahmen der Sparmassnahmen die Altersentlastung vollständig gestrichen hat, gewähren die Nachbarkantone Basel-Stadt und Solothurn ab dem 55-zigsten Altersjahr eine Entlastung von 2 resp. 3 Wochenlektionen und Aargau gewährt seinen Lehrpersonen bereits ab dem 50-zigsten Altersjahr eine Entlastung zwischen 4% und 12% der Arbeitszeit.

[Quelle: Lohndatenerhebung der Lehrkräfte Auswertung 2018]
 

Inklusion –
Fortschritt oder Rückschritt?

Ein Text von Dr. phil. Judith Barben - Psychologin, Buchautorin und Lehrperson

Seit einiger Zeit ist viel von schulischer «Inklusion» oder «Integration» die Rede. [1] Die Begriffe bedeuten, dass möglichst alle Kinder – ob normal begabt oder geistig behindert, ob unauffällig oder verhaltensauffällig – zusammen unterrichtet werden. Kleinklassen und Sonderschulen soll es kaum mehr geben. Begründet wird die Schulreform damit, dass die Schüler auf diese Weise mehr Sozialkompetenz lernen würden. Trifft das zu?

Bis vor einigen Jahren bestand in der Schweiz ein sorgfältig aufgebautes Kleinklassen- und Sonderschulwesen. Kinder mit besonderem Förderbedarf wurden gezielt gefördert. Kleinklassen gehörten zur Volkschule; die meisten wurden bereits abgeschafft. Die Sonderschulen hingegen bestehen noch.

Integration als Ziel

Kleinklassen gab es für verhaltensauffällige, lernschwache und fremdsprachige Kinder. Dank der kleineren Schülerzahl und der zusätzlichen Unterstützung konnten Schüler dort lernen, in einer Klassengemeinschaft zu bestehen. Da ihre Mitschüler ähnliche Schwierigkeiten hatten wie sie, fühlten sie sich eher zugehörig und dem Vergleich gewachsen. Lernfreude und ein gesunder Wetteifer konnten entstehen. Fremdsprachigen Schülern boten Kleinklassen für Fremdsprachige die Gelegenheit, die Landessprache so gut zu lernen, dass sie später in eine Regelklasse übertreten konnten. Das Ziel aller Kleinklassen war es, die Schüler auf den Eintritt in eine Regelklasse vorzubereiten.

In den Sonderschulen hingegen werden Kinder und Jugendliche mit körperlichen Beeinträchtigungen oder Sinnesschädigungen ihren Möglichkeiten gemäss gezielt gefördert. So erhalten sie das Rüstzeug, um zukünftig ein möglichst eigenständiges und sinnerfülltes Leben zu führen. Laut «Inklusion» sollen auch diese Schulen längerfristig verschwinden. [2]

Ähnlicher Leistungsstand – mehr Lernerfolg

Das beschriebene Schweizer Kleinklassen- und Sonderschulwesen hat sich sehr bewährt. Seine Anfänge reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Davor gab es weder Jahrgangsklassen noch Förderangebote für Schüler mit Beeinträchtigungen. Alle Kinder sassen im gleichen Schulraum. Jedes arbeitete an etwas anderem, Klassenunterricht gab es noch nicht. [3]

Doch mit der Zeit erkannten die Pädagogen, dass sich das gemeinsame Lernen von Schülern mit ähnlichem Leistungsstand günstig auf den Lernerfolg auswirkt. Deshalb wurden Jahrgangsklassen gebildet. Im Jahr 1832 erliess beispielsweise der Kanton Zürich ein Unterrichtsgesetz, das eine Schulpflicht in sechs aufeinander folgenden Jahrgangsklassen vorschrieb. [4]

Schulen für Blinde und Gehörlose

Dank privaten Initiativen entstanden auch Schulen für Blinde und Gehörlose. Blinde und stark sehbehinderte Kinder lernten dort die «Brailleschrift», eine reliefartige Punktschrift, die heute die Weltschrift der Blinden ist. [5] Gehörlosen wurde die Gebärden- und Fingersprache beigebracht sowie ein Lautverfahren, mit dem sie sprechen lernen konnten.

Geistig behinderte Kinder hingegen wurden lange überhaupt nicht geschult oder sie sassen in normalen Klassen mit den anderen Schülern zusammen, ohne vom Unterricht zu profitieren. Dabei verloren sie oft jedes Selbstvertrauen.

Anliegen der Heilpädagogik

Um diese Situation zu verbessern, entwickelte man Lehrmittel und Lehrpläne für lernschwache und geistig behinderte Kinder. Der Stoff wurde darin so einfach und anschaulich wie möglich dargeboten. In heilpädagogischen Schulen und Klassen wurde jedes Kind gemäss seinen individuellen Fähigkeiten und seiner Belastbarkeit unterrichtet. Ein Lehrbuch von 1925 bringt das Anliegen der Heilpädagogik wie folgt zum Ausdruck: «Alle Kinder haben das gleiche Recht auf Bildung. Die Gleichheit besteht in der gleichen Möglichkeit für jedes Kind, innerhalb der obligatorischen Schulpflicht die seiner natürlichen Leistungsfähigkeit entsprechende Ausbildung zu erhalten. Jedem Kinde, dem schwachen wie dem starken, muss die seiner Eigenart gemässe Entwicklung und Förderung zuteil werden. Ziel ist eine abgeschlossene Schulbildung, die zur Grundlage für die weitere Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten dienen kann.» [6]

Lernen auf Augenhöhe

Das Prinzip, dass jedes Kind gemäss seiner natürlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit unterrichtet wird, ist auch heute noch gültig. Dieses Prinzip lässt sich auf jede Art des Unterrichts anwenden. So trainieren zum Beispiel im Sport Mannschaften mit ähnlich starken Spielern. Auch in Sprachkursen wird zu Beginn immer ein Eintrittstest gemacht, der darüber bestimmt, welcher Niveaugruppe ein Teilnehmer zugewiesen wird. Denn vom gemeinsamen Unterricht mit Teilnehmern auf ähnlichem Niveau profitieren alle am meisten.

Jede Lehrerin, jeder Lehrer weiss, dass Lernen am meisten Freude macht, wenn alle Schüler einen ähnlichen Leistungsstand haben. Kinder, die immer erleben, dass alle anderen besser sind als sie, werden mutlos und entwickeln ein negatives Selbstbild. Nicht wenige beginnen, den Unterricht zu stören. Doch auch Schüler, die den anderen weit voraus sind, verlieren die Freude am Lernen. Sie vermissen echte Herausforderungen und langweilen sich. Nicht selten beginnen auch sie, den Unterricht zu stören.

Je unterschiedlicher desto besser?

Umso erstaunlicher ist es, dass die «Inklusion» schweizweit vorangetrieben und propagiert wird. Das Ziel dieser Strategie scheint zu sein: je heterogener (unterschiedlicher), desto besser. Warum aber wird unseren Kindern ein derart übertriebenes Mass an Heterogenität zugemutet?

Tatsächlich werden durch die erzwungene Unterschiedlichkeit Aggressionen unter den Kindern und Jugendlichen erzeugt. Denn lernfreudige und leistungsstarke Schüler ärgern sich über Mitschüler, die stofflich nicht mitkommen und sie durch Stören vom Lernen abhalten. So werden künstlich Konflikte in die Klassen getragen.

Inklusion senkt Leistungsniveau

Oft wird behauptet, die «Inklusion» habe keine Leistungseinbussen zur Folge. Doch eine Pilotstudie der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich beweist das Gegenteil. In der Studie wurden 27 «integrative Regelklassen» in den Kantonen Zürich, St. Gallen und Schwyz untersucht. [7] Die Befunde sind vernichtend.

«Integrationsklassen schneiden bei Leistungstests schlecht ab», titelte der «Tages-Anzeiger». [8] Unzufrieden waren auch die Lehrkräfte. Sie beklagten sich über prekärste Bedingungen beim Umsetzen der «Inklusion». Heilpädagogen stünden ihnen nur für gewisse Stunden zur Verfügung, und zudem sei die Hälfte dieser Personen gar nicht ausgebildet. Viele Gemeinden würden nämlich statt Heilpädagogen «Schulassistenten» ohne jede pädagogische Ausbildung anstellen. [9]

Alarmiert hat die Wissenschaftler, dass nicht nur die Schüler mit speziellem Förderbedarf, sondern auch die normalen Regelschüler ohne speziellen Förderbedarf – die grosse Mehrheit – bei den Leistungstests unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielten. Die Pilotstudie belegt somit klar, dass die «Inklusion» das Niveau der ganzen Klasse senkt. [10]

Inklusion widerspricht jeder Vernunft

Der emeritierte Psychologieprofessor Dr. phil. Gerhard Steiner von der Universität Basel beurteilt die «Inklusion» äusserst kritisch. Die erzwungene Heterogenität mittels «Inklusion» ist nach seiner Auffassung ein grundlegend falscher Ansatz. [11]

Im Gegensatz dazu fordert Steiner eine «Ent-Heterogenisierung» der Schulklassen. Nur durch ein gleichmässig verteiltes Leistungsniveau innerhalb der Schulklassen könne die Lernfähigkeit und Lernwilligkeit der Schüler gestärkt werden. Lernen sei nämlich immer ein Integrieren von neuer Information in vorhandenes Wissen. Je stärker das Vorwissen der Schüler in einer Klasse übereinstimme, so Steiner, desto effizienter könne der Lernprozess gestaltet werden. Eine möglichst grosse Gleichartigkeit der Klasse sei deshalb anzustreben.

Ausserdem, so betont Steiner, weisen viele heutige Schulklassen schon ohne die zusätzliche Durchmischung mittels «Inklusion» eine derart grosse Heterogenität auf, dass ein angemessener Unterricht kaum noch möglich ist. Deshalb widerspreche es jeder Vernunft, künstlich noch mehr Heterogenität einzuschleusen. Unglaublich viel kostbare Lernzeit werde damit verschwendet. Die extreme Unterschiedlichkeit behindere den Fortschritt aller Schüler und erschwere eine erfolgversprechende Klassenführung. Zusätzlich bringe die ständige Anwesenheit von Heilpädagogen und «Klassenassistenten» sehr viel Unruhe in die Klassen, was nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Dem Argument, die Heterogenität durch die «Inklusion» fördere die Sozialkompetenz, hält Steiner entgegen, dass schon die «normale» Heterogenität ohne «Inklusion» genüge, um dieses Ziel zu erreichen.

Die Klassengemeinschaft stärken

Laut Steiner sollte der Lehrer die Homogenität der Schulklasse fördern, indem er diese bewusst zu einer «verschworenen Lerngemeinschaft» zusammenschmiedet. Dies habe eine äusserst positive Wirkung auf die Motivation der Schüler. «Man muss von diesem Prozess nur Gebrauch machen», unterstreicht der Professor und ergänzt: «Die Klassengemeinschaft als erfolgreiche Lerngemeinschaft pflegen – das schafft Homogenität auf vielen Ebenen.»

Steiners Schlussfolgerung lautet: keine Integration lernbehinderter, stark verhaltensgestörter oder lernunwilliger Schüler in Regelklassen, da alle vom Unterricht in ein- und derselben Klasse massiv zu wenig profitieren. Die Klassengemeinschaft als erfolgreiche Lerngemeinschaft sollte laut Steiner unbedingt gepflegt werden – in allen Schultypen. Das schafft Ansporn, Lernmotivation, Gemeinschaftssinn und stärkt die Schüler für das spätere Leben.

Keine Rechtsgrundlage

Als Begründung der «Inklusion» wird oft die Bundesverfassung, Art. 8, 19 und 62 sowie die Uno-Behindertenrechtskonvention, Art. 24 erwähnt. Doch in diesen Rechtsgrundlagen steht nichts dergleichen. Die Bundesverfassung garantiert, dass kein Kind diskriminiert werden darf und Kinder mit Behinderungen eine ausreichende Sonderschulung erhalten. Zur Uno-Behindertenrechtskonvention hält das Bundesgericht fest, sie sei erfüllt, wenn das Wohl und die Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes berücksichtigt würden. [12] Somit liefern diese Dokumente keine Begründung für die «Inklusion».

Widerstand leisten

Die von oben verordnete «Inklusion» stösst bei Eltern und Lehrern auf heftigen Widerstand. Sie wollen sich diese vernunftwidrige «Schulreform» nicht gefallen lassen. Gemeinsames Vorgehen gegen solche «Schulreformen» ist erfolgreich. Wenn Elterngruppen, Lehrerorganisationen, Gemeinden oder Kantone beginnen, Widerstand gegen unsinnige «Schulreformen» zu leisten, wirkt dies ansteckend. So kann in der ganzen Schweiz eine Gegenbewegung gegen die anti-pädagogischen Zwänge unsinniger «Schulreformen» wie etwa der «Inklusion» entstehen. Denn diese Zwänge können nur «von unten», das heisst von den Bürgern, aufgehoben werden.

Welche Erfahrungen haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, mit der «Inklusion» gemacht? Welche Auswirkungen stellen Sie bei ihren Kindern fest? Gerne nehme ich Anregungen und Fragen zum Thema entgegen: judith.barben@gmx.ch

April 2018. Ein Grossvater, selbst Primarlehrer, besucht am Besuchstag in einer Stadtzürcher Volksschule den Unterricht seiner Enkelin in einer «integrativen» Klasse. Er beschreibt seinen Eindruck wie folgt: «Ein Teil der Kinder musste die Achterreihe üben, während andere Schüler laut schwatzend etwas anderes taten. Die Achterreihen-Kinder übten nicht etwa im Stuhlkreis mit der Lehrerin, sondern sie sassen oder lagen am Boden. Zuerst losten sie die Verteilung der Aufgaben aus. Einer holte einen Zettel ohne Linien. Dann wurde gewürfelt. Sofort sagte ein Kind das richtige Ergebnis. Der Schreiber schrieb, am Boden liegend, umständlich und unbeholfen mit Bleistift die ganze Rechnung auf den Zettel, während die anderen Kinder warteten. Offensichtlich handelte es sich beim Schreiber um einen sehr schwachen Schüler. Dann wurde wieder gewürfelt und so weiter – im Zeitlupentempo. Konventionell organisiert und ohne ‹Inklusion› hätten die Schüler in der gleichen Zeit einen guten Lerneffekt erzielen können. In der beschriebenen Unterrichtssituation hingegen haben sie vor allem gewartet. Die Schnelleren sagten immer sofort das Ergebnis, während die schwächeren Schüler sich total drücken konnten. Gewiefte Kinder sind bei einem so umständlichen Lotterbetrieb völlig unterfordert.» 

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[1] In den Uno-Papieren werden die Begriffe gleichbedeutend verwendet. Das englische "inclusion" wird mit dem deutschen "Integration" übersetzt.
[2] Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik Bern: Was sind die Unterschiede zwischen Integration und Inklusion?
[3] Klinke Willibald: Das Volksschulwesen des Kantons Zürich zur Zeit der Helvetik (1798-1803). Zürich 1907.
[4] Erziehungsrat ds Kantons Zürich (Hrsg.): Volksschule und Lehrerbildung 1832-1932. Festschrift. Zürich 1933, Seite 136.
[5] Die Brailleschift wurde 1825 vom Franzosen Louis Braille erfunden.
[6] Heller Theodor. Grundriss der Heilpädagogik. Leipzig 1925, Seiten 426f. (das Zitat wurde leicht vereinfacht und gekürzt).
[7] S. Altmeyer S. et al. Pilotstudie zur Wirksamkeit sonderpädagogischer Massnahmen in integrativen Regelklassen. Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. Zürich 2018.
[8] Integrationsklassen schneiden bei Leistungstests schlecht ab. Tages-Anzeiger, 22.11.2017.
[9] A.a.O.
[10] A.a.O.
[11] Steiner Gerhard: Im Würgegriff des Lehrplans 21. Universität Basel 2014.
[12] Bundesgerichtsurteil 2C_590/2014

 

Starke Schule befürwortet Streik

Der Landrat hat am 31. Mai einen massiven Rentenabbau beschlossen, welcher Polizist/-innen, Lehrpersonen, Pflege- und Verwaltungspersonal etc. hart trifft. Mittels Urabstimmung können die Staatsangestellten, welche einer Gewerkschaft angeschlossen sind, entscheiden, ob gestreikt wird. Ziel des Streiks ist es, dass sich die Präsident/-innen der im Landrat vertretenen Fraktionen zu Verhandlungen mit den Personalverbänden bereit erklären, mit dem Ziel, das Pensionskassendekret noch einmal im Landrat zu traktandieren und Massnahmen zu beschliessen, die über den Beschluss vom 31. Mai hinausgehen.“

Der Lehrerinnen- und Lehrerverein Baselland (LVB) hat im April ein Rechtsgutachten erstellen lassen, welches einen allfälligen Streik für bessere Pensionskassenleistungen als rechtlich legal erachtet. Der Vorstand der Schulleitungskonferenz Sek 1 (SLK) hat bereits kommuniziert und empfiehlt den Schulleitungen, das geprüfte Streikrecht zu anerkennen und keine arbeitsrechtlichen Massnahmen gegen streikende Lehrpersonen zu ergreifen.

Nachdem die im Staatsdienst stehenden Mitarbeitenden bereits kürzlich eine Lohnreduktion hinnehmen mussten, bluten dieselben Angestellten erneut mit einer teils massiven Reduktion ihrer Rentenleistungen um bis zu 22%. Sollte das Staatspersonal, das für Sicherheit, Bildung, Verwaltung und Pflege im Kanton zuständig ist, ein weiteres Mal nur die Faust im Sack machen, wird diese Abwärts-Sparspirale kaum aufhören. Es ist Zeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen, zumal Baselland wieder schwarze Zahlen schreibt. Der Kanton muss ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Das wird er nur, wenn er seine Angestellten nicht weiter schröpft, sondern für sichere und attraktive Arbeitsplätze sorgt.

Die Starke Schule beider Basel befürwortet den Streik für bessere Pensionskassenleistungen.
Alina Isler, Vorstand Starke Schule
 
  

Die Exzesse des Lehrplans 21 werden ausgemerzt

84% Ja zu klaren Stoffinhalten und Themen

Die Starke Schule freut sich über das wuchtige Ja zu Jahreszielen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen, die differenziert auf die Leistungsprofile A, E und P ausgerichtet sind. Dieses Ergebnis ist auch ein deutliches Nein zum rein kompetenzorientierten Lehrplan 21 mit seiner utopischen Anzahl von 3‘500 Kompetenzbeschreibungen. Die Starke Schule nimmt positiv zur Kenntnis, dass mit der im Oktober 2016 eingereichten Initiative „Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen“, die zugunsten des ausgewogenen und weitergehenden Gegenvorschlags zurückgezogen werden konnte, die Exzesse des Lehrplans 21 nun definitiv ausgemerzt werden. Damit wird es dem Bildungsrat verunmöglicht, den neuen Lehrplan Volksschule Baselland nach der dreijährigen Evaluationsphase durch den rein kompetenzorientierten Lehrplan 21 zu ersetzen.

59% Nein zur Vorlage „Ersatz Bildungsrat durch Beirat Bildung“

Die Starke Schule hätte sich ein anderes Ergebnis gewünscht, nicht ganz ohne Eigennutz: In den vergangenen Jahren leistete sich der Bildungsrat verschiedene fragwürdige Fehlentscheide (z.B. Sammelfächer, Stundentafel, Lehrplan 21), welche mühsam durch parlamentarische Gesetzesvorstösse und Volksinitiativen korrigiert werden mussten. Das Sammeln von 1‘500 Unterschriften ist zeitaufwändig und kostspielig. Wir sind überzeugt, mit einem fachlich kompetenten Beirat Bildung, der seine Empfehlungen und Analysen fundiert hätte begründen müssen und so die Bildungsdirektion sachkundig beraten hätte, wäre das Risiko von weiteren Volksinitiativen im Bildungsbereich künftig weitaus geringer geworden. Die Starke Schule befürwortet die Bestrebungen, den Wahlmodus des Bildungsrat zu ändern, um diesen künftig gezielter durch fachlich kompetente Bildungsexpertinnen und -experten zu besetzen.

68% Nein zur Initiative „Eine Fremdsprache genügt“

Die Starke Schule akzeptiert das eindeutige Nein der Stimmberechtigten zur Initiative „Eine Fremdsprache auf der Primarstufe genügt“. Nun gilt es ein neues Fremdsprachenkonzept einzuführen, welches einen für alle Primarschulkinder motivierenden Unterricht in den beiden Fremdsprachen Französisch und Englisch ermöglicht. Der Landrat hat mit seinem Ja zum Ausstieg aus der Mehrsprachigkeitsdidaktik und den darauf basierenden Passepartout-Lehrmitteln Mille feuilles, Clin d’oeil und New World einen richtungsweisenden Entscheid gefällt. Diesen gilt es nun rasch umzusetzen und spätestens ab dem Schuljahr 2020/21 neue Leitlehrmittel für die beiden Fremdsprachen einzuführen. Die von Bildungsdirektorin Monica Gschwind gebildete Task Force, in welcher die Starke Schule mitarbeitet, hat entsprechende Umsetzungsentscheide bereits gefällt. Die Starke Schule ist überzeugt, mit einem neuen, aufbauenden Fremdsprachenkonzept nach international anerkannter Pädagogik, welche die Schüler/-innen von einfachen zu schwierigeren Anforderungen führt, können zwei Fremdsprachen an der Primarschule ohne negative Folgen unterrichtet werden.
 

Eine Fremdsprache genügt

Der Fremdsprachenunterricht auf der Primarstufe ist weder effizient noch nachhaltig. Dies belegen die Unterrichtspraxis sowie diverse Studien. Daran schuld sind nicht die Primarschullehrpersonen, im Gegenteil. Diese leisten gute Arbeit. Doch selbst sie können entwicklungsspezifische Aspekte beim Fremdsprachenerwerb nicht überlisten.

So verfügen Kinder im Primarschulalter beispielsweise nicht über das zum speditiven Erlernen einer Fremdsprache notwendige Abstraktionsvermögen von älteren Kindern und Jugendlichen. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag im Fremdspracheunterricht der Primarstufe ist deshalb deutlich ungenügend. Dies ist umso bedenklicher, als dass andere Fächer wie Mathematik oder auch Deutsch wegen der vielen Fremdsprachenlektionen zu kurz kommen. Dabei weiss man aus der Forschung zum Fremdsprachenerwerb längst, dass Fremdsprachen erfolgreich lernt, wer über fundierte Kenntnisse in der eigenen Muttersprache verfügt.

Zugunsten einer zweiten Fremdsprache sollte folglich insbesondere Deutsch gefördert werden. Bei Sprachen auf der Primarstufe gilt: Weniger ist mehr.

André Fritz, EVP Birsfelden
 

Für einen professionellen Beirat Bildung

Der Bildungsrat beschliesst heute Lehrpläne, Stundentafeln und Lehrmittel. Seine Entscheide können erhebliche Auswirkungen auf die Bildung haben und auch weitreichende finanzielle Folgen nach sich ziehen. In den letzten Jahren hat der Bildungsrat verschiedentlich für die Schulen nachteilige Beschlüsse gefällt, welche mühsam korrigiert werden mussten. So hat der Bildungsrat etwa das Sprachkonzept Passepartout mit den Lehrmitteln „Mille Feuilles“, „Clin d’Oeil“ und „New World“ bewilligt. Damit sollten den Schülerinnen und Schülern Französisch und Englisch nach einer neuartigen Methode beigebracht werden. Die Vermittlung der Sprachkenntnisse sollte mehr durch das Hören und weniger durch das Büffeln von Wörtern und Grammatik erfolgen. Dieses Projekt wurde abgebrochen. Dabei wurden Millionen in den Sand gesetzt. Auch wollte der Bildungsrat die Sammelfächer einführen, obwohl diese vom Volk deutlich verworfen wurden.

Das Problem liegt meines Erachtens drin begründet, dass im Bildungsrat etliche Laien und politische Vertreter Einsitz nehmen, welche in ihrem Alltag wenig mit Bildung am Hut haben. Hinzu kommt, dass sich die Mitglieder des Bildungsrats anders als Regierungsrätinnen und –räte keiner Volkswahl stellen müssen, in welcher sie für ihre Beschlüsse auch Verantwortung übernehmen müssen.

Im Interesse einer bestmöglichen Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen befürworte ich die Einführung eines professionellen Beirats Bildung, welcher dem Regierungsrat mit fachlich kompetenten Ratschlägen zur Seite steht. Am 10. Juni lege ich deshalb ein überzeugtes Ja zur Vorlage „Ersatz Bildungsrat durch Beirat Bildung“ in die Urne.

Stefan Steinemann, Oberwil
 


Bildungsrat versus Stimmvolk

Riesen-Aufwand für 3500 Kompetenzen

Der Umbau der Schullandschaft soll im Kanton Baselland offenbar gegen den Willen des Landrats und den des Stimmvolks durchgesetzt werden. Zwei Beispiele dafür: Nachdem sich das Baselbieter Stimmvolk gegen die vom Bildungsrat beschlossenen Sammelfächer ausspricht, will dieser wöchentliche Einstundenfächer einführen. Da solche in der Praxis nicht umsetzbar sind, käme es über Fächerzusammenlegungen zwangsläufig doch zu Sammelfächern. Dafür notwendige Weiterbildungen für die Lehrpersonen wären allerdings nicht zu finanzieren, was einem Bildungsabbau gleichkäme. Es muss folglich eine Motion eingereicht und eine Initiative lanciert werden, um den Bildungsrat zum Einlenken zu bewegen. Die nächste schulpolitische Initiative verlangt unter anderem die Reduktion der vom Bildungsrat favorisierten 3500 Kompetenzen auf eine praxistaugliche Anzahl, die Nennung von Themen, Stoff- und Jahreszielen sowie nach Niveaus differenzierten Unterricht. Da der Regierungsrat mit seinem Gegenvorschlag über die Forderungen des Initiativkomitees hinausgeht, zieht dieses seine Initiative zurück. Anschliessend informieren zwei Angestellte des kantonalen Amts für Volksschulen (AVS) die Lehrerkollegien praktisch ausschliesslich über die Kompetenzorientierung, als gäbe es im Baselbieter Lehrplan weder niveaudifferenzierte Stoff- noch Jahresziele. Den regierungsrätlichen Gegenvorschlag ignorierend, nutzte der Bildungsrat offenbar den Umstand, dass die Initianten in ihrem Initiativtext keine explizite Höchstgrenze erwähnten. Er hält somit an seinen 3500 Kompetenzen fest und versucht damit Stoffinhalte und Themen zu marginalisieren.

Teure Weiterbildungen

Nichts spricht prinzipiell gegen Kompetenzen, im Gegenteil. Fähigkeiten waren schon immer die Folge von gutem Unterricht. Der ausschliessliche Fokus auf Kompetenzen verkehrt allerdings Ursache und Wirkung und ist somit zwangsläufig verbunden mit der Vernachlässigung des Unterrichts. Dies führt zu einem klassischen Paradoxon. In der Praxis bringt die Fokussierung auf 3500 Kompetenzen nämlich einen nicht zu bewältigenden Aufwand mit sich, schon nur bei der Durchführung von Prüfungen und deren Auswertung. Man rechne: 3500 Kompetenzen verteilt auf zwölf Fächer und neun Schuljahre, ergeben rund 32 Kompetenzen pro Fach und Jahr. Bei beispielsweise jährlich acht Prüfungen sind dies vier zu prüfende Kompetenzen pro Test. Multipliziert mit 22 Lernenden, sind wir bei 88 Kompetenzen pro Test und Klasse. Hochgerechnet auf das ganze Jahr ergeben sich bei acht Prüfungen 704 Kompetenzbewertungen pro Klasse; bei fünf Klassen also 3520, wobei dann jede Kompetenz in neun Jahren jeweils nur einmal geprüft wurde. Um eine Entwicklung der Fähigkeiten nachzuzeichnen, sollten sie immerhin drei- bis viermal getestet werden, wodurch die Lehrkraft schnell rund 10 000 bis 14 000 Kompetenzbewertungen zu bewältigen hätte.

Letzten Endes geht diese absurde Bewertungshysterie zulasten des Unterrichts. Darunter leidet dann paradoxerweise auch die Kompetenz der Lernenden. Überdies geht eine derartig überstrapazierte Kompetenzorientierung zwangsläufig einher mit teuren Weiterbildungen und fortwährenden Evaluationen. Die Fachhochschulen und privatwirtschaftliche Anbieter hocken bereits ungeduldig in ihren Startlöchern. Genau dies ist der springende Punkt.

Missachtung des Volkswillens

Mit seinem Versuch, Sammelfächer und eine in ihrem Ausmass paradoxe Kompetenzorientierung gegen den Willen des Landrats und der Stimmberechtigten durchzudrücken, stellt sich der Bildungsrat einmal mehr in den Dienst der Reformindustrie und damit gegen die Interessen der öffentlichen Schule. Damit missachtet er zusammen mit Verantwortungsträgern des AVS den Willen des Regierungs- beziehungsweise Landrats sowie den der Stimmbevölkerung.

Dass sich ein politisches Gremium gegen Entscheide des Souveräns stellen kann, widerspricht demokratischen Grundsätzen. Aufgrund der fehlenden Rechenschaftspflicht gegenüber Volk und Parlament wird auch ein neu besetzter Bildungsrat immer wieder Entscheide gegen die Interessen der öffentlichen Schule treffen können, die dann wiederum nur unter enormem Aufwand zu korrigieren sind. Abhilfe schafft hier die Ablösung des Laiengremiums Bildungsrat durch den professionellen Beirat Bildung. Die diesem Organ angehörenden Fachleute sind einem guten öffentlichen Schulsystem verpflichtet. Sie entscheiden nicht abschliessend, sondern unterbreiten sachlich begründete Empfehlungen zuhanden des Regierungsrats. Sagen wir am 10. Juni Ja zur Schaffung des Beirats Bildung.

Gastbeitrag von Felix Hoffmann (Sekundarlehrer), erschienen in der BaZ vom 8.05.2018
 

Bildungsrat – ein Fehlkonstrukt

In den vergangenen Jahren fällte der Bildungsrat verschiedene Entscheide, welche den Schulen geschadet haben und die mühsam korrigiert werden mussten. Dabei missachtete er nicht nur den Volkswillen, sondern auch den politischen Willen. Zwei Beispiele:

  • Der Bildungsrat bewilligte die Lehrmittel Mille feuilles, Clin d’Oeil und New World und hat damit die flächenmässige Einführung einer neuen Unterrichtsideologie beschlossen, die vom anerkannten pädagogischen Grundsatz wegkommt, die Schüler/-innen von einfachen zu schwierigen Anforderungen zu führen. Die Lehrmittel lösen bei Eltern und Kindern viel Frust und Verärgerung aus und werden von den Fremdsprachenlehrpersonen (Primar- und Sekundarstufe) heftig kritisiert.
  • Der Bildungsrat wollte den Lehrplan 21 in seiner ursprünglichen Form einführen, also mit den vom Volk deutlich verworfenen Sammelfächern, ohne Jahresziele und ohne differenzierte Anpassung auf die drei in Baselland bewährten Anforderungsniveaus A, E und P. Selbst nach dem klaren Volksentscheid, welcher die Festschreibung der Einzelfächer im Bildungsgesetz verankerte, suchte der Bildungsrat nach einem Schlupfloch. Er beschloss eine Stundentafel mit 1- und 1.5-stündigen Promotionsfächern, die ohne Sammelfächer praktisch nicht hätte umgesetzt werden können.

Der Bildungsrat besteht, entgegen der weit verbreiteten Meinung, aus zahlreichen Personen, die im Alltag nichts mit Bildung zu tun haben. Sie entscheiden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ohne ihre Entscheide je rechtfertigen zu müssen. Dadurch können Fehlentscheide entstehen, die erst spät erkannt werden. Das Problem ist die fehlende Verantwortung. Die Mitglieder des Bildungsrates müssen keine negativen Konsequenzen befürchten, wenn sie Fehlentscheide treffen.

Das entspricht nicht unseren demokratischen Prinzipien und schadete den Schulen in den letzten Jahren erheblich.

Ein Beirat Bildung, der mit ausgewiesenen Fachexperten besetzt ist, der die gleichen Aufgaben zu erledigen hätte, wie der heutige Bildungsrat, wird die Regierung fundiert und professionell beraten. Hat dieses Gremium Beirat Bildung keine abschliessende Entscheidungskompetenz, so muss es seine Analysen, Konzepte und Empfehlungen fachlich fundiert und überzeugend begründen. Sind diese Lösungen nicht mehrheits- und tragfähig, fliessen seine Empfehlungen nicht in die Entscheidungsprozesse ein. Unausgegorene Ideen und politisch motivierte Schnellschüsse hätten keine Chance umgesetzt zu werden.

Trifft der Beirat Bildung seine Empfehlungen mit deutlicher Mehrheit und fundiert begründet, so wird der Regierungsrat diese nur schwer übergehen können. Der Druck auf die Bildungsdirektion wäre politisch immens. Die happigen Fehlentscheide, welche sich der Bildungsrat in der Vergangenheit geleistet hat, hätte sich die Bildungsdirektorin mit einem Beirat Bildung nicht leisten können.

Regina Werthmüller, Vorstand Starke Schule
 

Ausser Spesen nichts gewesen

Fremdsprachen lernen, je früher desto besser, ist ein Mythos! Der Mythos entsteht durch die Tatsache, dass mehrsprachig aufwachsende Kinder eine Zweit-, ja selbst mehrere Sprachen intuitiv aufnehmen können. Dazu müssen jedoch drei Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Sprachen müssen im sozialen Umfeld dauernd und über lange Zeit gesprochen werden.
  2. Sie müssen in möglichst verschiedenem, motivierendem Kontext und ohne Leistungsdruck vermittelt werden.
  3. Die Kontaktpersonen müssen authentisch in ihrer Muttersprache (oder fast muttersprachlich) sprechen.

Sind diese Bedingungen erfüllt, nehmen die Kinder die Fremdsprache in ihrem Muttersprachen-Zentrum des Gehirns auf. Sie entwickeln ein Gefühl für die grammatikalischen Eigenheiten der Fremdsprache, sie "hören", ob ein Ausdruck richtig gebraucht wurde, ohne zu wissen, warum. Im Lektionenlernen wird die Sprache systematisch anders und in einem anderen Gehirnareal festgehalten.

In der Diskussion um die Frühsprachen werden muttersprachliches Lernen und Lektionenlernen nicht unterschieden. Lehrer, Eltern und Schüler erfahren nun dauernd, wie brutal unspielerisch in unserem Schulsystem der Fremdsprachenunterricht vermittelt werden muss. Nämlich in zwei Wochenlektionen, von Sprachkursabsolventen, unter Druck, da die Noten für die Promotionen und den Übertritt in die Oberstufe zählen. Damit wird verifiziert, was Hirnforscher und Sprachwissenschaftler längst wissen: Das Lektionenlernen besteht aus büffeln von Vokabeln, Grammatik, Satzstellungen und ist nicht spielerisch! Untersuchungen der Linguistin Simone Pfenninger haben zudem ergeben, dass für die Kinder, wenn in Lektionen gelehrt wird, gute Kenntnisse der Erstsprache entscheidend sind.

In der dritten Primarklasse sind sie noch nicht genug gefestigt in der Erstsprache. Auch Mathe kann man nicht begreifen, solange man sich in den Grundoperationen nicht auskennt.

Grammatikverständnis verlangt abstraktes Denkvermögen. Nach dem Psychologen Jean Piaget ist das Hirn von Kindern erst etwa nach dem zwölften Altersjahr genügend ausgebildet, um abstrakt denken zu können. Tests bestätigen: Die Grühsprachenvermittlung bringt ausser grossen Kosten nichts.

Sprachlehrer an der Kantonsschule bestätigen, Schüler, die ohne entsprechende Fremdsprachen-Vorkenntnis aus der Primarschule in die Oberstufe wechseln, haben nach ein paar Wochen die gleichen Kompetenzen, wie die Primarschüer nach jahrelangem Frühsprachenunterricht. Mit den solideren Kenntnissen in den Strukturen der Muttersprache und der weiter fortgeschrittenen Gehirnentwicklung holen die Schüler in ein paar Wochen auf, was den armen Primarschülern im Frühsprachenunterricht eingetrichtert wurde. Die Praxis zeigt mit jedem Jahr: Sind die Schüler älter, lernen sie effizienter und besser.

Der Frühsprachenunterricht hat weitere miese Konsequenzen. Die Schüler werden verheizt, da sie für die angewendete Methode nicht reif sind. Die Kompetenz in der Muttersprache leidet unter dem grossen Aufwand für die Erreichung der utopischen Ziele in den Fremdsprachen. Das ungenügende Ausdruck- und Textverständnis in der Erstsprache wirkt sich auf die übrigen Fächer negativ aus. Auf der Stecke bleiben die Schüler, die zu Hause eine weitere Erstsprache sprechen. Mehr technisch begabte Schüler scheitern an der Sprachhürde für den Eintritt in die Höheren Bildungsstätten. Sie sind ausfiltriert für die Mint-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Die Schweiz braucht viele Mint-Leute. Die Überbewertung der Sprachfächer als Voraussetzung für den Eintritt in eine höhere Schule ist extrem kontraproduktiv und am Bedürfnis der Wirtschaft vorbeiproduziert.

Nicht zu vergessen, die Tausenden von Aufgabenstunden, die vergossenen Tränen, die untergegangene Schulmotivation, die gestressten Eltern, alles wegen eines längst theoretisch und praktisch widerlegten Mythos, Fremdsprachen, je früher desto besser.

Marianne Manzanell (Quelle: Schule Schweiz Blog)
 
 

Studie vergleicht neue und alte Französischlehrmittel

Susanne Zbinden hat sich in ihrer Masterarbeit, die sie im Departement für Sprachen und Literaturen an der Universität Fribourg eingereicht hat, mit dem Leseverstehen des alten und des neuen Lehrmittels im Fach Französisch auseinandergesetzt. Die Arbeit mit dem Titel "Leseverstehen mit altem und neuem Lehrmittel im Vergleich. Eine empirische Studie über das Verstehen von französischen Texten auf der Sekundarstufe 1" hat das Leseverstehen verschiedener Klassen mithilfe eines Tests und einer Befragung untersucht. Verglichen wurden zwei Gruppen, wobei Gruppe 1, aus Schulkindern bestand, die in der 5. Primarstufe mit dem Lehrmittel Bonne Chance mit dem Französischunterricht begonnen haben. Gruppe 2 beinhaltete Klassen, die mit dem neuen Lehrmittel Clin d'oeil bereits in der dritten Primarstufe begonnen haben. Die Studie wurde durchgeführt als beide Gruppen knapp 600 Stunden Französischunterricht vorweisen konnten.

Der Test, den die verschiedenen Klassen gemacht haben, bestand aus vier unterschiedlichen französischen Texten zu denen jeweils Fragen auf Deutsch gestellt wurden, welche die Schulkinder auch auf Deutsch zu beantworten hatten. Ausserdem bestand jeder Test aus offenen Fragen, in welchen nach den Strategien der Schulkinder gefragt wurde, die sie nutzten um Texte aus der französischen Sprache ins Deutsche zu übersetzen.

Obwohl die Ergebnisse pro Text unterschiedlich ausfielen, lässt sich ganz allgemein sagen, dass die Schulkinder, die bereits seit der dritten Klasse Französisch mit der neuen Fremdsprachendidaktik und dem Lehrmittel Clin d'oeil lernen, in der Regel schlechter abschnitten, als jene, die noch mit Bonne Chance und der alten Didaktik die Sprache gelernt haben. Zbinden schreibt, dass gut fünf Punkte der Leistungen eines Schülers durch den Faktor der Lehrmittel erklärt werden können, also dass die Bonne Chance-Schüler/-innen durchschnittlich um gut fünf Punkte besser waren als die Clin d'oeil-Schüler/-innen. In Form von Noten würde der ersten Gruppe eine 4.5, der zweiten Gruppe eine 4 vergeben werden.

Interessant bei dem Ausgang dieser Studie ist die Tatsache, dass die mehrfach angetroffene Aussage, dass Lernende nach dem neuen Lehrmittel bessere Lesefertigkeiten entwickeln würden als bisherige Schüler/-innen, durch die Untersuchung von Frau Zbinden widerlegt werden konnte. Als mögliche Gründe für die im Schnitt 10% schlechteren Ergebnisse der Gruppe zwei führt Frau Zbinden unter anderem die untergeordnete Rolle von Wortschatz und Grammatik im neuen Lehrmittel an.

Auch Frau Zbinden ist der Meinung, dass eine Anpassung der Reform notwendig sei, um bei den Lernenden wieder eine erhöhte Lesefertigkeit aufzubauen. Auch wir hoffen, dass die Verantwortlichen möglichst schnell einsehen, dass beim Erlernen der Fremdsprachen schleunigst eine Änderung im Kurs vorgenommen werden muss, damit am Ende nicht eine ganze Generation von Schulkindern an den Folgen dieser Reform leidet.

 

Gastkomentar von Michael Pedrazzi, erschienen in der bz am 12.12.2017

Nur die Wirtschaft hat Freude daran

Mit der Einführung des 6. Primarschuljahres auf Kosten der Sekundarschule geht die Leistungsschere der lernstarken und lernschwachen Primarschülerinnen und -schüler spürbar auseinander, zudem setzt die Pubertät ein. In derart heterogenen Klassen allen Kindern gerecht zu werden, ohne die Schwächsten zu überrollen und die Stärksten zu unterfordern, kommt einem Mehrfachspagat der Primarlehrpersonen gleich. Den Bildungsansprüchen jedes Einzelnen kann kaum mehr genügt werden – ein Bildungsabbau ist programmiert. Die Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren zeigen: Im 6. Primarschuljahr wird fachlich markant weniger behandelt, als dies früher im entsprechenden 1. Sekundarschuljahr der Fall war. Bildungspolitisch ist dieser Strukturwechsel ein Flopp. Finanziell hat sich die Sparübung nur für den Kanton gelohnt, indem er einen Viertel der Sekundarschulzeit durch entsprechend «günstigere» Primarlehrerlöhne ersetzen konnte.

Im Kanton Baselland war bislang der Anteil der Schüler/-innen, die in der Sekundarschule ins progymnasiale Leistungsniveau P eingeteilt wurden, überdurchschnittlich hoch. Dieser Anteil war grösser als in den meisten Kantonen, die schon früher sechs statt fünf Primarschuljahre kannten. Um aber die Schüler/-innen fachlich gleich gut auf die Berufslehre und die weiterführenden Schulen (FMS, Gymnasium usw.) vorbereiten zu können, muss infolge des Wechsels von 4 auf 3 Jahren Sekundarschule der annähernd gleiche Stoff in einem Viertel weniger Zeit behandelt werden.

Für die Lernenden wird der Unterricht insbesondere im anspruchsvollen Leistungsniveau P schwieriger, und die Anzahl derer, welche diese Anforderungen bewältigen können, wird sinken. Dies war das Ziel vieler Wirtschaftspolitiker, die sich nun die Hände reiben. Aus ihrer Sicht sollen weniger Schüler/-innen via Gymnasium an die Universität, sondern vermehrt eine Lehre absolvieren und damit früher ins Berufsleben einsteigen, was in erster Linie den Firmen dient.

Nicht nur in diesem Beispiel greifen Wirtschaft und Verbände markant in unser Bildungssystem ein, um ihre Eigeninteressen durchzusetzen. Desgleichen wittern sie ihren kommerzgesteuerten Einfluss in den Schulzimmern mit Lehrmaterial, Apps und sonstigem «Product Placement». Auch in Bezug auf Unterrichtsphilosophie und Didaktik mischt die Privatindustrie mit Lehrmitteln des selbstorganisierten Lernens kräftig mit. Besonders deutlich ist dies zu spüren an den Exzessen der neuen Fremdsprachenlehrmittel «Mille Feuilles», «Clin d’Oeil» und «New World».

Primarlehrpersonen müssen sich diesem Hintergrund bei der Einteilung ihrer Schützlinge in die drei Leistungszüge der Sekundarschule bewusst sein. Wenn sie dieser veränderten Situation und den Anforderungen der abnehmenden Schulen nicht gerecht werden, sinkt entweder das Leistungsniveau in den Anforderungsprofilen E und P, oder aber die Durchfallquote steigt. Insbesondere der letzte Punkt dürfte sich in Schüler-Frustration und Kritik seitens der Erziehungsberechtigten niederschlagen.

 

Lehrplan 21 wird faktisch gegenstandslos

Die Starke Schule beider Basel begrüsst den einstimmigen Entscheid des Landrates, den Gegenvorschlag zur Initiative „Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen“ zu befürworten. Der Vorstand der Starken Schule stuft den Gegenvorschlag als bessere Lösung ein als die Initiative. Der Gegenvorschlag setzt wichtige Kernforderungen der Starken Schule um, welche nicht Gegenstand der Initiative sind:

  1. Die künftigen Lehrpläne der Volksschule enthalten ab Schuljahr 2018/19 klar definierte Stoffinhalte, Themen sowie Kompetenzbeschreibungen.
  2. Die Lehrpläne der Sekundarstufe I enthalten Jahresziele und sie sind differenziert auf die drei Leistungsniveaus A, E und P ausgerichtet. Zudem werden sie auf die weiterführenden Schulen (Berufsfachschulen, FMS, Gymnasium usw.) abgestimmt.

Betreffend Kompetenzbeschreibungen sind die Differenzen zwischen Initiative und Gegenvorschlag gering. Mit der Initiative wären die Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 in einem Anhang festgeschrieben worden, mit dem Gegenvorschlag sind Stoffinhalte, Themen und Kompetenzbeschreibungen gleichgestellt. Entscheidend ist, dass mit diesem Gegenvorschlag die Stoffverteilungspläne mit den klar definierten Stoffinhalten, Themen sowie nur noch den wichtigsten Kompetenzbeschreibungen neu massgebendes Instrument werden, an welchen sich die Lehrpersonen ausrichten. Der rund 550-seitige Lehrplan 21 wird gegenstandslos.

Mit der Festschreibung von Jahreszielen werden die im Lehrplan 21 vorgegebenen Zyklen (Drei-Jahresziele) auf der Sekundarstufe I aufgebrochen. Die Festschreibung von Jahreszielen erachtet die Starke Schule als zwingend, um die Harmonisierung der Schulen in unserem Kanton sicherzustellen. Dies ist notwendig, damit die Schüler/-innen von A nach B wechseln können, ohne fachlich grössere Schwierigkeiten zu erhalten.

Bislang herrschte die Tendenz vor, dass jeweils die untere Schulstufe vorgibt, in welcher Tiefe vorgegebene Lernziele behandelt werden. Die jeweils folgende Schulstufe musste sich nach diesen Leistungszielen richten. Die künftigen Lehrpläne der Sekundarstufe 1 werden erstmals an den Anforderungen der übergeordneten Schulen ausgerichtet.

Mit diesem Gegenvorschlag ist es der Bildungsdirektion erneut gelungen, eine für die Schulen belastende Baustelle im Bildungsbereich zu schliessen.
 

Kommentar von BaZ-Journalist Thomas Dähler, erschienen in der Basler Zeitung vom 02.12.2017

Ein Lehrplan mit Themen und Inhalten

Gross war die Empörung bei den Linken, als das Komitee Starke Schule Baselland im Vorfeld der letzten Baselbieter Regierungsratswahlen der freisinnigen Kandidatin Monica Gschwind seine Unterstützung zusagte. Der damalige grüne Landrat und Kopf der Starken Schule, Jürg Wiedemann, bezahlte dies einige Monate später mit dem Ausschluss aus der Partei.

Doch inzwischen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Starke Schule und Jürg Wiedemann mit dem damaligen Schachzug richtig gehandelt haben. Die heutige Bildungsdirektorin Monica Gschwind führt einen Kurs, der im Bereich der Volksschule vieles geradebiegt, das die Starke Schule zuvor kritisiert hat. Der am Donnerstag vom Landrat verabschiedete Gegenvorschlag zur Lehrplan-Initiative bestätigt dies erneut. Zu Recht meinte Wiedemann am Donnerstag bei der Beratung im Landrat, die Vorlage aus Gschwinds Direktion sei sogar besser als seine Initiative.

Stimmt das Stimmvolk dem Gegenvorschlag an der Urne zu, sind die Exzesse des Lehrplans 21 mit seinem kuriosen Kompetenzenkatalog ausgehebelt: Baselland erhält für seine Sekundarschulen einen Stufenlehrplan mit Themen und Stoffinhalten, nach Jahreszielen und Leistungsniveaus differenziert. Vom Lehrplan 21 bleibt einzig, dass die konkreten Stoffpläne den Kompetenzbeschreibungen des nationalen Lehrplans zugeordnet werden. Im Bereich der Naturwissenschaften und der Geschichte ist zudem längst sichergestellt, dass der Stoff für die einzelnen Fächer differenziert aufgeführt wird.

Man muss wissen, dass der Lehrplan 21, von Bildungsexperten im stillen Kämmerlein ausgebrütet und nach einer nachträglichen Vernehmlassung noch zurechtgebogen, den Umbau des traditionellen humanistischen Bildungssystems anvisiert hat.

Angestossen hatte diese utilitaristische Instrumentalisierung der Ausbildung einst der frühere Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor, als er in den 90er-Jahren in seinem Kanton der Schulverwaltung das New Public Management aufdrückte und die Schulen zu Corporate Identities erklärte – mit Lehrkräften als Anbietern von Dienstleistungen, mit Eltern und Schülern als Kunden: eine Schule, die wie die Wirtschaft Angebot und Nachfrage zur Maxime erhebt. Im Zentrum des Lehrplans 21 mussten deshalb Kompetenzen und selbstgesteuertes Lernen stehen. Der Fokus liegt auf den Tests und nicht auf dem Schulstoff.

Genau dies aber wird im Baselbiet mit dem vom Landrat verabschiedeten Gegenvorschlag zur Lehrplan-Initiative anders sein. An die Stelle von Mehrjahreszyklen mit als Kompetenzen formulierten Fertigkeiten und intellektuellen Wahrnehmungen tritt eine konkrete Stoffliste, die vorgibt, was in den Schulen wann gelehrt werden soll. Die Volksschule stellt damit im Baselbiet wieder die Anforderungen ins Zentrum, welche die Jugendlichen beherrschen müssen, wenn sie später in eine Berufslehre oder auf eine Mittelschule wechseln. Der Baselbieter Lehrplan wird so auf dem Boden der Realität verankert – ohne die interkantonale Koordination auszublenden.

Bildungsdirektorin Monica Gschwind kommt das Verdienst zu, der übertriebenen Reformwelle samt ideologischem Überbau im Baselbiet Grenzen gesetzt zu haben. Stattdessen rücken die konkreten Inhalte ins Zentrum der Schulbildung, welche die Jugendlichen brauchen, um später ihr Privat- und Berufsleben gestalten zu können. Die stofflichen Herausforderungen sind im Zeitalter der digitalen Umwälzung auch so gross genug.

Mit dem geplanten neuen Lehrplan nehmen die einstigen Gegner des Lehrplans 21 im Baselbiet auch davon Abschied, diesen weiter frontal zu bekämpfen. Der Lehrplan 21 hat sich längst landesweit durchgesetzt. Der pragmatische Weg, der im Baselbiet eingeschlagen wird, zeigt aber auf, dass es möglich ist, mit dem neuen Schulinstrument zu leben, wenn es vernünftig umgesetzt wird. Niemand schreibt vor, dass in den Schulen in der Schweiz ausschliesslich Kompetenzenorientiert unterrichtet werden darf.

Der vor zehn Jahren verabschiedete nationale Bildungsartikel schreibt Qualität und Durchlässigkeit vor und harmonisiert landesweit Schuleintrittsalter, Schulpflicht, Bildungsstufen und Abschlüsse. Dies lässt den Kantonen bei der Umsetzung grosse Freiheiten. Der Kanton Baselland nützt diese. Der Wechsel an der Spitze der Bildungsdirektion hat entsprechend im Baselbiet die grassierende Reformitis beendet. Die Starke Schule hat sich mit erstaunlich vielen Anliegen durchgesetzt.

 
 

Wieso diese umstrittenen Lernberichte?

Die Lernberichte und die Checks sind nichts anderes als eine logische Konsequenz des Lehrplans 21, der von linken wie bürgerlichen Politikern und von Lehrerorganisationen mit nur geringfügigen Änderungswünschen breit abgesegnet und als zukunftsträchtige Neuausrichtung der Volksschule begrüsst wurde. Die Umsetzung hat in Basel-Stadt bereits begonnen und wird in den anderen Kantonen folgen.

Der Lehrplan 21 besteht aus einer Auflistung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, beginnend ab Schuljahr 1. Kompetenzen geben an, welches Können auf den jeweiligen Schulstufen erreicht werden soll. Entgegen dem vom Volk 2006 angenommenen Gesetz, das eine Harmonisierung der «Ziele und Inhalte» der Volksschule in der Schweiz forderte, sind Inhalte im Lehrplan nur noch austauschbare Grössen. Die Ausrichtung auf Kompetenzen ist eine Anpassung an die PISA-Tests, die seit der Jahrtausendwende in ausgewählten Fächern regelmässig die Qualität der Schulen in Ländervergleichen messen. Kaum jemand hat sich an dieser Umdeutung des Harmonisierungsgesetzes von Inhalten zu Kompetenzen gestossen.

Gleichzeitig mit dem Lehrplan sollen auch die Leistungsbeurteilungen an die neuen Ziele angepasst werden. Es ist deshalb ganz folgerichtig, wenn sich die Beurteilungen nunmehr nach den im Lehrplan aufgeführten Kompetenzen richten. Wer A sagt, muss auch B sagen!

Viele Lehrpersonen an der Basis scheinen erst jetzt zu bemerken, wovor führende Philosophen und Wissenschaftler aus verschiedensten Disziplinen in mehreren europäischen Ländern schon lange warnen: Die Kompetenzorientierung reduziert das, was Bildung ausmacht, auf den praktischen Output, auf das Lösen von Testaufgaben, denn nur dieses ist messbar. Dass etwas verstanden, memoriert, mit früherem Wissen vernetzt und vielfach angewendet werden muss, bevor es assimiliert und als Kompetenz allgemein wirksam werden kann, bleibt unbeachtet. Kompetenzorientierung erfasst auch das Verhalten der Kinder in Anlehnung an psychometrische Grössen. Die Ziele erscheinen in einem oft schwammig-abstrakten Begriffsnebel oder fokussieren auf banal Selbstverständliches.

Beispiele, Deutsch, 1./2. Klasse:

«Die Schülerinnen und Schüler können ihren produktiven Wortschatz aktivieren, um sich in verschiedenen Themen und Situationen sprachlich angemessen auszudrücken. Sie können sich auf den Klang einer Stimme einlassen.»

Erst jetzt, wo realen Kindern Kompetenz-Berichte dieses Zuschnitts ausgestellt werden, scheint vielen ein Licht aufzugehen. Vielleicht dämmert es langsam, welche gewaltigen Luftblasen Pädagogische Hochschulen und Erziehungsbehörden in ihren kinder- und jugendfreien Büros ausgebrütet haben. Wie das Departement Cramer betont, sind die Lernberichte für Kindergärten und Primarschulen nun einmal beschlossen. Die Arbeitsgruppe, die mit der Überarbeitung beauftragt ist, steht im Übrigen ebenfalls unter dem Zwang, sich an Kompetenzen orientieren zu müssen. Vielleicht streicht sie ein paar Sätzchen oder formuliert sie ein bisschen um. Das Prinzip wird jedoch nicht ändern. Die Blätter müssen ausgefüllt werden.

Ein Trost bleibt: Es gibt den Bebbisagg oder den Dokumentenvernichter. Die fressen auch Lernberichte…

Felix Schmutz (66) unterrichtete als Sekundarlehrer Deutsch, Französisch und Englisch.
 
 

Gastbeitrag von Alain Pichard erschienen in der BaZ vom 04.11.2017

Aufstand der Lehrkräfte

Im Februar 2016 präsentierte ein gut gelaunter Bernhard Pulver, Erziehungsdirektor des Kantons Bern, in einem Hearing vor rund 250 Personen einen ersten Entwurf zur neuen Schülerbeurteilung. Vor allem der Bereich der überfachlichen Kompetenzen, die neu in einem Bericht beurteilt werden sollten, war den heute diskutierten Lernberichten in der Stadt Basel nicht unähnlich, wenn auch bei Weitem nicht so umfangreich. Diese wurden im Eiltempo vorgestellt, es gab lockere Sprüche, einige Konsultativabstimmungen, die allesamt positiv verliefen und am Schluss einen grossen Applaus gefolgt von einem feinen Buffet.Lars Burgunder hingegen, ein junger Lehrer, traute seinen Ohren nicht, als er vernahm, dass man künftig in Lernberichten Charaktereigenschaften der Kinder bewerten solle. Er fand es inakzeptabel, dass man Punkte wie Pünktlichkeit, Höflichkeit und Umgangsformen, Ordnungssinn oder «Umgang mit Vielfalt» beurteilen sollte, und das auf einer Skala von 1 bis 10. Am schlimmsten empfand er den Satz: «Schülerinnen und Schüler können ihre Gefühle situationsgemäss ausdrücken.» Er schickte die Berichte an den Schulblog «Schule Schweiz», die BaZ und die Sonntagszeitung griffen es als Erste auf und sorgten für eine heftige öffentliche Diskussion.

Wie heute in Basel reagierten damals auch viele Lehrkräfte im Kanton Bern ablehnend auf dieses Ansinnen. Erziehungsdirektor Bernhard Pulver wurde hellhörig, studierte ausdrücklich die kritischen Voten aus den Kollegien und stoppte schliesslich den ganzen Unsinn. Zwar versuchten die PH- und Beurteilungsexperten ihn während eines Kolloquiums noch einmal umzustimmen. Der Erziehungsdirektor blieb aber hart. Ein ranghoher Mitarbeiter seiner Bildungsbehörde meinte schnippisch zu den frustrierten Beurteilungsaposteln: «Was Sie da alles beurteilen und beobachten wollen, will ich als Vater gar nicht wissen.»

Kurz darauf, am 17. Januar 2017, präsentierte Bernhard Pulver das definitive Dokument. Von dem Versuch einer umfassenden Beurteilung blieb kaum mehr etwas übrig. Bei aller Kritik, die ich ab und zu über unseren Erziehungsdirektor äussere, gilt es festzuhalten, dass Bernhard Pulver die Fähigkeit besitzt, seinen Lehrkräften zuzuhören. Und er kann über seinen Schatten springen, Meinungen revidieren sowie – das ist das Besondere an diesem Mann – sich dann auch gegenüber seinen Experten durchsetzen.

Genau hier zeigt sich auch das höchst unterschiedliche Format der Basler Departementsvorsteher Eymann und Cramer gegenüber einem Bernhard Pulver. Es ist den Basler Lehrkräften hoch anzurechnen, dass sie sich dazu aufgerafft haben, diese Perversion von Beurteilung anzuprangern. Gewiss haben Lehrkräfte eine Loyalitätsverpflichtung gegenüber ihrem Arbeitgeber. Aber sie sind auch ihrem Berufsethos und dem Wohl ihrer Lernenden verpflichtet. Und sie wissen genau, dass eine Schule, die sich anmasst, Verhalten und Eigenschaften zu messen, an schlimmste Urzeiten unserer ehrwürdigen Institution erinnert. Das Verhalten zu messen ist keine Aufgabe einer öffentlichen Schule und darf deshalb auch kein Lehrplanziel sein. Wird das Verhalten zudem noch als Kompetenz gehandelt, als prüfbare und messbare Kompetenz bewertet, dann enden wir bei einem Erziehungsbegriff mit totalitärem Anspruch.

Eine völlig unterschiedliche Haltung hat der Kanton Bern auch bei den sogenannten Output-Prüfungen, sprich den geplanten Tests. Im April 2015 führten Herr Eymann und ich in der BaZ ein Streitgespräch, bei dem es um den Lehrplan ging. Ausdrücklich betonte der damalige Departmentsvorsteher, dass es in Basel keine flächendeckenden Tests geben werde. Heute gehört seine Stadt und mit ihm der Bildungsraum Nordwestschweiz zu den einzigen Kantonen, welche die Tests flächendeckend durchführen. Im Kanton Bern hingegen bleibt es bei Stichproben, wie es die bernische Erziehungsdirektion versprochen hat. Eymann hat sein Versprechen gebrochen, Pulver hat es gehalten.

Gewundert habe ich mich über die Stellungnahme von Kerstin Wenk in der BaZ (2. 11. 17), VPOD-Sekretärin und SP-Grossrätin. Offensichtlich möchte auch sie diese Tests abschaffen. Als die GLP-Grossrätin Katja Christ dies in einer Motion fordern wollte, stiess sie im Parlament auf heftige Opposition, unter anderem auch bei der SP. Ihr Vorhaben wurde schliesslich in der abgeschwächten Form eines Anzugs der Regierung überwiesen. Die Zurückhaltung der SP ist verständlich, verlangt sie ja in ihrem Bildungspapier 2007 selber flächendeckende Tests und zwar, notabene, mit Zertifizierung (Bildungsoffensive der SP März 2007) und steht vollkommen hinter der Kompetenzorientierung. Ich möchte meiner ehemaligen Gewerkschaftskollegin ja nicht zu nahetreten. Aber mit dieser Positionierung geht ihre Partei ja noch weiter als das Duo Eymann/Cramer. Denn Zertifizierungen entscheiden in der Regel über Zu- und Abweisungen zu Bildungsinstitutionen, und da wären wir ja bereits in den USA.

Angesichts dieses kolossalen Versagens der Basler Bildungsexpertokratie ist den Eltern nur zu raten, ihre aufmüpfigen Lehrkräfte zu unterstützen.

Letzte Woche wurden übrigens mehrere Lehrstellenanwärter aus dem Kanton Bern, darunter auch ein Mädchen meiner Klasse, zu einem Eignungstest und einem Vorstellungsgespräch in der Hoffmann-La Roche eingeladen. Basler Schulabgänger gab es dort keine. Das kann man ja auch als Outputkontrolle ansehen. Die ist aussagekräftiger und wesentlich billiger.

Alain Pichard ist Herausgeber der Broschüre «Einspruch» und Sekundarlehrer in Orpund

 

Bildungsrat erfüllt sämtliche Forderungen der Initiative

Die Starke Schule begrüsst den Entscheid des Bildungsrates, die im Juni 2017 beschlossene Stundentafel zu überdenken und neu auf 1- und 1.5-stündige Promotionsfächer zu verzichten. Mit der vom Amt für Volksschule (AVS) nun überarbeiteten und vom Bildungsrat neu beschlossenen Stundentafel werden sämtliche Forderungen der Initiative „Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel“ erfüllt. Die Starke Schule lancierte die Initiative Ende Juni 2017 und reichte sie nach nur kurzer Sammelzeit ein.

Die vom Bildungsrat im Juni 2017 beschlossene Stundentafel für die Sekundarstufe 1 hätte unweigerlich zu einem Bildungsabbau geführt: Die Fächer Geschichte und Geografie hätten neu mit je 1.5 Wochenlektionen unterrichtet werden müssen, die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Physik und Chemie mit nur noch einer einzigen Wochenlektion. Der Bildungsrat hätte damit den Volksentscheid zu den Einzelfächern vom 5. Juni 2016 faktisch missachtet. Ein konzentrierter und fundierter Unterricht wäre kaum mehr möglich gewesen. Deshalb formierte sich in breiten pädagogischen Kreisen (Lehrpersonen, Schulleitungen) sowie im Landrat heftiger Widerstand. Als Folge davon lancierte die Starke Schule die Initiative „Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel“, während im Landrat die Motion „Naturwissenschaften stärken – Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel“ eingereicht wurde.

Drei intensiv geführte Aussprachen und Verhandlungen zwischen dem Bildungsrat, Vertretungen der Starken Schule und der Motion führten schliesslich zu einer ausgezeichneten Lösung: Mit der vom AVS nun nochmals ausgearbeiteten und vom Bildungsrat neu beschlossenen Stundentafel ohne 1- und 1.5-stündige Promotionsfächer werden sämtliche Forderungen der Initiative „Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel“ erfüllt. Dies war eine zwingende Voraussetzung, damit die Initiative zurückgezogen werden kann.

Erfreulicherweise erfüllt die neue Stundentafel, die den Schulen nun Planungssicherheit gibt, zudem weitere gewichtige Kernforderungen der Starken Schule, welche nicht Gegenstand der Initiative waren, gleichwohl nun vom Bildungsrat berücksichtigt wurden:
  • Physik wird auch künftig mit zwei Wochenlektionen im letzten Schuljahr der Sekundarstufe 1 unterrichtet. Dies ist deshalb entscheidend, weil damit die Physik-Lehrpersonen auf der, für den Physikunterricht massgebenden Mathematik aufbauen können. Damit wird ein konzentrierter und qualitativ hochstehender Physikunterricht ermöglicht.
  • Ausserdem wird im ersten Sekundarschuljahr noch kein Chemieunterricht erteilt. Dieser erfolgt neu konzentriert im zweiten Sekundarschuljahr.
  • Die beiden handwerklichen Fächer Textiles Gestalten und Technisches Gestalten werden im ersten Sekundarschuljahr im Leistungsniveau A markant stärker gewichtet als in den Niveaus E und P. Damit unterstützt und fördert der Bildungsrat in erfreulicherweise die Stärken und Berufschancen von Niveau A-Klassen.
Der Vorstand der Starken Schule freut sich, das Rückzugsverfahren der Initiative „Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel“ nun einleiten zu können. Der formale Rückzugsentscheid wird durch das Initiativkomitee gefällt.
 
 
Gastkommentar von Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) erschienen in der bz vom 12.10.2017

Bildungsreformen - ein millionenschweres Geschäft

Gewinnmaximierung, Deutungshoheit und Macht sind im Bildungsbereich wichtiger geworden als gute Lernvoraussetzungen im Klassenzimmer. Zu den grossen Profiteuren gehören einerseits die Fachhochschule Nordwestschweiz, welche sich teure Forschungsaufträge aus öffentlichen Mitteln sichert, andererseits die Lehrmittel- und Weiterbildungsindustrie, sowie Beratungs- und Softwarefirmen, die sich lukrative Aufträge angeln und so steigende Umsätze generieren. Zwei Beispiele:

  • Die Entwicklung der vier an den Volksschulen durchgeführten und von einer überwiegenden Mehrheit der Lehrpersonen abgelehnten Leistungschecks sowie die Bereitstellung der dafür notwendigen Software kosteten 2.7 Millionen. De dafür jährlich wiederkehrenden Kosten betragen alleine für unseren Kanton über 500'000 Franken - ein gewinnbringendes und sicheres Geschäft für die Privatindustrie.
  • Die Verlagsindustrie verdient sich mit der neu eingeführten Fremdsprachenideologie eine goldene Nase. Sie produziert die ökologisch verwerflichen Einweglehrmittel New World, Clon d'Oeuil und Mille feuilles, welche bis zu elfmal teurer sind als die Vorgängerlehrmittel. Nutzniesserin ist auch die Pädagogische Hochschule. Sie hat die ideologische Grundlage für die neuen Lehrmittel geliefert, millionenteure Weiterbildungskonzepte dafür entwickelt und sich so ihr Stellenetat gesichert.

Die Reformbefürworter verschaffen sich Profilierung, Arbeit und finanzielle Mittel, weshalb viele Reformen ohne vorgängige Überprüfung der Praxistauglichkeit und Erfolgswahrscheinlichkeit realisiert werden. Ob sie funktionieren und sich ein Bildungsmehrwert einstellt, wird dem puren Zufall überlassen.

Gleichzeitig verbaut man sich durch übereilte, millionenschwere Investitionen die Möglichkeit, eine Reform bei einem sich abzeichnenden Misserfolg abzubrechen. Denn ein Abbruch käme einer Übernahme von Verantwortung gleich, aber niemand möchte ein in den Sand gesetztes Millioneninvestment verantworten.

Das Zusammenspiel von Politik, Bildungswissenschaft und Privatwirtschaft, die sich Aufträge zuschanzen, macht den Widerstand gegen die ausufernden und millionenschweren Reformen schwierig. Der fundierten Argumentation von praxiserprobten Lehrpersonen mit der Kompetenz, die Tauglichkeit von Reformen zu beurteilen, stehen seitens der Reformbefürworter nur substanzlose Durchhalteparolen und die Desavouierung der Reformkritiker gegenüber.

Die FDP als Vertreterin der Wirtschaft und des Kapitals versucht die Quadratur des Kreises: Einerseits interessiert sie sich fast ausschliesslich für monetäre Themen, was sie in die Arme der Reformindustrie treibt. Andererseits will sie gute Schulabgänger und -abgängerinnen für den Arbeitsmarkt - wohlwissend, dass die Dauerreformen im Bildungsbereich genau dieses Anliegen hintertreiben. Und die SP? Sie ist ideologisch verblendet und somit mehr Gefahr als Stütze für die öffentliche Schule.

Bis diese etablierten Parteien wieder zur Raison kommen und Verantwortung für die Bildung übernehmen, müssen wir auf Verbände und Komitees, wie den Lehrerverein Baselland oder die Starke Schule zählen, die konsequent auf Missstände aufmerksam machen und politisch eingreifen.
 

Volk lehnt Privatschulbeiträge ab

Bei den Abstimmungen am 24. September hat sich das Stimmvolk mit 58.69% für die Streichung der Privatschulbeiträge ausgesprochen. Bisher wurden jedem Kind, welches eine Privatschule besucht, ein Unterstützungsbeitrag von 2'500 Franken vom Kanton bezahlt. Künftig wird es nur noch für Schüler/-innen aus Familien mit kleinem Einkommen eine Unterstützung geben und diese wird sich mit Abstufungen auf maximal 2'500 Franken belaufen.

Auch wenn das Abstimmungsergebnis selbstverständlich zu akzeptieren ist, bedauert die Starke Schule beider Basel die Annahme dieser Gesetzesvorlage. Wir fordern, dass die Härtefallregelung fair ausgearbeitet und die Abstufungen der Beiträge für Familien mit niedrigen Einkommen gerecht vorgenommen wird, damit auch Schüler/-innen aus ärmeren Verhältnissen weiterhin die Möglichkeit haben, eine Privatschule zu besuchen.
 

Die Kritik an den Leistungs-Checks ist flächendeckend

Es überrascht mich nicht, dass Conradin Cramer an den ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Checks festhalten will. Erwartungsgemäss weicht der Bildungsdirektor einer inhaltlichen Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn dieser umstrittenen Form der Leistungsmessung aus, indem er seinen Entscheid aus rein formalistischer Sicht begründet (BaZ vom 20. September). Der interkantonale Vertrag mit den drei Nordwestschweizer Kantonen Aargau, Baselland und Solothurn verpflichtet ihn, die Checks auch in Basel-Stadt beizubehalten. Ausserdem sei die standardisierte Leistungserhebung eben erst eingeführt worden, man könne deren Wirksamkeit deshalb noch gar nicht infrage stellen.

Angesichts der Verunsicherung der Elternschaft, der flächendeckenden Kritik aus der Lehrerschaft und der politischen Vorstösse in den beiden Basel ist eine inhaltliche Diskussion jedoch dringend angezeigt. Das sind wir unseren Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und deren Eltern wie auch den Steuerzahlenden schuldig. Es ist nicht zielführend, weiter in ein teures System ohne Mehrwert zu investieren.Die Fakten zeigen ein deutliches Bild: Es war beabsichtigtes Ziel, mit den Checks die Leistungen der Schülerinnen und Schüler und somit auch die Unterrichtsqualität der Lehrpersonen flächendeckend zu messen und miteinander zu vergleichen. Mithilfe der so gewonnenen Erkenntnisse sollte dann die Qualität des Unterrichts verbessert werden.

Gemäss Statistik im neusten Bildungsbericht hat der Kanton Basel-Stadt von den beteiligten Kantonen am schlechtesten abgeschnitten. Die Meinungen über die möglichen Gründe für diesen Misserfolg gehen weit auseinander, was die fehlende Aussagekraft der Testresultate geradezu unterstreicht. Wir wissen demnach nicht, ob die Resultate auf ungenügendes «teaching to the test», auf die mangelhafte Qualität des Unterrichts, auf die soziale Herkunft oder – wie im Bericht betont – auf die Heterogenität der Schulklassen oder andere Gründe zurückzuführen sind. Die Heterogenität soll nach neusten Erkenntnissen nicht leistungsfördernd wirken, was vor dem Hintergrund der ebenfalls vor Kurzem eingeführten integrativen Schulung viele Fragen aufwirft.

Glaubt man zudem dem Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich, hängt das schlechte Abschneiden des Kantons Basel-Stadt mit dem sozialen Setting der Schülerschaft zusammen. Die Heterogenität in Bezug auf Migrationshintergrund, soziale Herkunft und Leistungen der Schülerinnen und Schüler sei im Kanton Basel-Stadt am stärksten.

Der Leiter des Instituts, Urs Moser, möchte deshalb einen Schritt weiter gehen. Neu soll nicht nur die Leistung der Lernenden erfasst werden, sondern auch das Bildungsniveau ihrer Eltern, um herausfinden zu können, ob und wie sich das Elternhaus auf die schulische Leistungsfähigkeit der Kinder auswirkt. Damit jedoch nicht genug: Auch die finanziellen Verhältnisse der Eltern sollen in der nächsten Evaluation berücksichtigt werden.

Eine derartige Ausweitung der Datenerhebung wäre höchst problematisch. George Orwells Roman «1984» lässt grüssen. Abgesehen von der Tatsache, dass der zusätzliche Verwaltungsaufwand weitere Kosten generieren würde, bezweifle ich, dass ein derartig grenzüberschreitendes Vorgehen zu neuen, gewinnbringenden Erkenntnissen führen würde.

Auch allfällige Optimierungen bezüglich Durchführung der Checks würden abermals Folgekosten verursachen. An der fehlenden Aussagekraft der Resultate würde sich jedoch genauso wenig ändern wie an der Tatsache, dass die Checks weiterhin enorme zeitliche und finanzielle Ressourcen verschlingen. Ein Verzicht auf Leistungstests, eine Reduktion derselben oder ein Ausweichen auf kostengünstigere Alternativen würde jährlich mehrere Hunderttausend Franken einsparen, die wesentlich sinnvoller für das schulische Kerngeschäft eingesetzt werden könnten, was sich mit Sicherheit positiv auf den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler auswirken würde.

Katja Christ, Parteipräsidentin und Grossrätin Grünliberale BS
 
 

Schulreformen als Mittel zum Zweck

Schule war schon immer Abbild der jeweiligen Gesellschaft. Humboldt verlieh ihr eine humanistische Prägung, im Totalitarismus des letzten Jahrhunderts war sie autoritär, die 68er machten sie antiautoritär, mit dem Eintritt der Frau in den Arbeitsmarkt wurde sie femininer und durch den aktuellen Neoliberalismus wandelt sie sich zum Marktplatz für privatwirtschaftliche Geschäftsmodelle. Den Startschuss dafür gibt die Weltbank. Sie fordert eine Erziehung nach ökonomischer Vorgabe mittels im Sinne von Industrienormen vereinheitlichter Prüfungsstandards und der regelmässigen Messung der Prüfungsresultate zur Sicherung der Standards. Der PISA-Test als hierfür wichtigstes Werkzeug ist folglich kein Produkt demokratisch legitimierter Erziehungsdirektionen, sondern eines der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Im Sinne betriebswirtschaftlicher Kennzahlen, wie Umsatz und Gewinn, muss auch das in der Schule zu Messende zählbar sein. In der Folge werden Wissen und humanistische Werte wie etwa eigenständiges Denken oder Solidarität durch zählbare Kompetenzen ersetzt.

Aufgrund des von der Schuladministration umgesetzten Paradigmenwechsels entsteht die Testindustrie, die regelmässig Prüfverfahren absetzt; entwickelt die Bildungswissenschaft neue Lehrmethoden; veräussert die Verlagsindustrie darauf basierend alljährlich neue, ökologisch bedenkliche, aber Umsatz steigernde Einweglehrmittel; verkauft die Weiterbildungsindustrie ihre überlangen Fortbildungskurse. Die öffentliche Schule als Abnehmerin der privatwirtschaftlichen Produkte bildet dabei die Grundlage eines äusserst lukrativen Handels. Dieser wird über wiederkehrende Sparübungen und Steuergelder finanziert, die dann den Lernenden aber auch anderswo fehlen. Der Wandel der Schule geschieht grösstenteils von der Öffentlichkeit unbemerkt. Die Politik hat wenig Interesse, über die Zusammenhänge und Folgen des Paradigmenwechsels aufzuklären. Sie zieht es vor, die Notwendigkeit von Reformen zu betonen, um sich über solche zu profilieren zwecks Sicherung der Wiederwahl. Wie haarsträubend Reformen sein können, wird insbesondere von der linken Führungsspitze beharrlich negiert.

Das Fremdsprachenkonzept PassePartout beispielsweise täuscht vor, den als Sprachbad bezeichneten Aufenthalt in einem Fremdsprachengebiet auf wöchentlich zwei Lektionen übertragen zu können. Die Beschäftigung mit Grammatik und systematischer Wortschatzaufbau sind dabei verpönt. Ausgerechnet die Linke, die sich ansonsten konsequent und glaubwürdig für die Schwachen unserer Gesellschaft einsetzt, lässt die Schülerschaft gegenüber den Kapitalinteressen der Reformindustrie im Regen stehen. Schlimmer noch, sie bekämpft Reform kritische Organisationen, und dies ohne substanzielle Argumente.

Es ist zu hoffen, dass sie ihre traditionellen Werte im Schulbereich wiederentdeckt und den Lehrer- und Lehrerinnenverein Baselland bzw. die Starke Schule beider Basel zugunsten unseres Nachwuchses künftig unterstützt. Mit vereinten Kräften liessen sich die privatwirtschaftlichen Vampire zugunsten der öffentlichen Schule wieder bändigen. Das Stimmvolk würde es der Linken bestimmt danken.

Felix Hoffmann, Sekundarlehrer Baselland


Initiative für eine pädagogisch sinnvolle Stundentafel eingereicht

An der Pressekonferenz vom 08.08.2017 haben wir die Initiative "Ja zu einer pädagogisch sinnvollen Stundentafel" mit 2'834 Unterschriften eingereicht. Seit ihrer Lancierung sind nur knapp zwei Monate vergangen. Bereits nach weniger als drei Wochen waren die notwendigen 1'500 Unterschriften beisammen.

Offensichtlich breite Unterstützung in der Bevölkerung, insbesondere bei den Lehrpersonen der Sekundarschulen und der Gymnasien

Das Sammeln der Unterschriften lief ausgesprochen gut. Auffallend war, wie viele Unterschriften auf dem Postweg bei uns eintrafen, deutlich mehr als das bei den letzten Initiativen der Fall war. Unzählige Personen machten sich die Mühe, den Unterschriftenbogen von unserer Homepage herunterzuladen, ihn auszufüllen, in ein Kuvert zu stecken und an uns zurück zu senden.

Auch das Sammeln auf der Strasse verlief überdurchschnittlich gut. 4 von 5 stimmberechtigten und interessierten Personen haben unterschrieben, so dass pro Stunde durchschnittlich rund 40 Unterschriften gesammelt werden konnte. Auch dieser Wert liegt markant höher als bei den vergangenen Initiativen. Dies zeigt auch, dass ein beanchtlicher Teil der Bevölkerung die Initiative als wichtig erachtet. Von einem "Verdruss" über zu viele Bildungsinitiativen, wie es die Reformbefürworter weissmachen möchten, war jedenfalls nichts zu spüren.

Erfreulich ist, dass die Starke Schule offensichtlich in immer kürzerer Zeit und mit weniger Ressourcen eine Volksinitiative erfolgreich einreichen kann.

Bildungsrat akzeptiert Volksentscheid nicht

Im Juni letzten Jahres hat sich das Volk mit 61% für die Beibehaltung der Einzelfächer Geografie, Geschichte, Biologie, Chemie und Physik ausgesprochen. Damit wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass diese Fächer wichtig sind und nicht marginalisiert werden dürfen. Der Bildungsrat, der über Stundentafeln und Lehrpläne entscheidet, hat diesen Volksentscheid nicht wirklich akzeptiert. Zwar lässt er die Einzelfächer in seiner kürzlich verabschiedeten Stundentafel bestehen, marginalisiert sie jedoch.

So sollen ab dem Schuljahr 2018/19 die Fächer Geografie und Geschichte nur noch mit je 1.5 Lektionen pro Woche unterrichtet werden; die Fächer Biologie, Chemie und Physik zwar in jedem Jahr, jedoch nur noch mit je einer Wochenlektion. Pädagogisch gesehen sind 1- und 1.5-stündige Fächer unsinnig und mit einem hohen schuladministrativen Aufwand verbunden, der keinen Bildungsmehrwert gibt.

Ein effizienter Unterricht ist nur mit einer ausreichenden Lektionendichte möglich

Ziel unserer Initiative ist es, dass die Fächer Geografie, Geschichte, Biologie, Chemie und Physik in denjenigen Schuljahren, in welchen sie unterrichtet werden, mit mindestens zwei Lektionen pro Woche dotiert sind. Eine Dotierung mit 1 oder 1.5 Lektionen wäre dann nicht mehr möglich. Um einen effizienten Unterricht möglich zu machen, muss die Lektionendichte ausreichend sein. Eine Dotierung mit wöchentlich zwei Lektionen erachten wir als Minimum. Die Initiative soll spätestens 18 Monate nach Annahme durch das Volk in Kraft treten.

Der Bildungsrat will seine Stundentafel bereits im nächsten Sommer einführen. Wenn der politische Wille vorhanden ist, könnte die Volksabstimmung bereits im März 2018 erfolgen und damit die Einführung der pädagogisch unsinnigen Stundentafel des Bildungsrates verhindert werden. 

 

Nachteil für unseren Wirtschafts-Standort

Gegenwärtig soll in verschiedenen Kantonen mit dem umstrittenen Lehrplan 21 (LP 21) die radikalste Änderung des Schulsystems seit Bestehen der Volksschule vorgenommen werden. Dass die Bedenken, die von der Lehrerschaft, besorgten Eltern und Pädagogikprofessoren angemeldet wurden, ihre Berechtigung haben, zeigen die schlechten Resultate der LP-21-Versuchschulen, die mit der "Kompetenzorientierung" und ihrem "selbstgesteuerten" oder "selbstorganisierten Lernen SOL" den bewährten Klassenunterricht weitgehend abgeschafft und qualifizerte Lehrer zu "Lernbegleiter" degradiert haben. Die Schüler werden allein gelassen, indem es ihnen überlassen wird, wann, wie, wo und ob sie lernen wollen.

Auswirkungen der Schulreformen

Basel-Stadt hat mit dem Schulgesetz von 1988 eine Reihe von sogenannt fortschrittlichen Schulreformen eingeführt und damit in der Schweiz eine Vorreiterrolle übernommen. Bereits fünf Jahre später (BaZ vom 12.10.1993) zeigten sich jedoch die ersten negativen Resultate: Ein Ausbildungsleiter einer grossen Basler Chemiefabrik meldete, dass von 45 Lehrverträgen für Chemie-Laboranten nur noch einer mit einem Stadt-Basler Schulabgänger abgeschlossen werden konnte. 1995 berichtete der Generaldirektor des Schweizerischen Bankvereins in einer Sondersitzung des Basler Grossen Rats zum Problem der nachlassenden Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Basel (NZZ vom 3.4.1995) über die gravierenden Auswirkungen der Basler Schulreformen. Der Bankverin könne nur noch 20 Prozent seiner Lehrlinge aus dem Kanton Basel-Stadt rekrutieren. Wie die Ergebnisse der Eignungstest für das Medizinstudium zeigten, waren mittlerweile auch die Maturanden Opfer für Schulreformen geworden. Seit der Einführung 1998 haben die Stadt-Basler Bewerber beim Eignungstest für das Medizinstudium (EMS) gesamtschweizerisch am schlechtesten oder unterdurchschnittlich abgeschnitten.

Obwohl der Zusammenhang mit den umstrittenen Schulreformen offensichtlich war, konnte der Kanton Basel-Stadt unbehindert seinen Reformkurs weiterführen. Die eins als "fortschrittlich" hochgelobte Orientierungsschule war 2015 kaum ganz abgeschafft, als Basel-Stadt als Pionierkanton direkt auf den "Lehrplan 21"-Zug aufsprang.

Das veranlasste beteiligte Lehrer zu folgenden Bemerkungen: "Einmal mehr dienen wir und die Schulkinder dem Erziehnugsdepartement als Versuchskaninchen. Bereits die Einführung der Orientierungsschule als Basler Unikum sei ein einziges Experiment und ein riesiger Fehler gewesen. Und jetzt passen wir unser System dem Rest der Schweiz an, noch bevor die anderen Kantone die Neuerung selber umsetzen." (BaZ vom 27.10.2015) Noch können Gewerbe und Wirtschaft mithelfen, die richtigen Weichen zu stellen.

Peter Aebersold
 

Das Stimmvolk muss die Reformindustrie stoppen

Als Ernst Buschor in den Neunzigern anfing, die Zürcher Volksschule zu reformieren, öffnete er eine Büchse der Pandora, die seitens der Politik nicht mehr zu schliessen ist. Seither jagt auch Baselland eine Reform die andere: Teilautonomie der Schulen, neue Zeitaufteilung zwischen Primar- und Sekundarschule, selbstorganisiertes Lernen, Lernlandschaften, Integration lernschwacher Schüler, Kompetenzorientierung, neue Lehrpläne, neue Stundentafeln, Fächerzusammenlegungen, Niveau-übergreifender Unterricht, neues Fremdsprachenkonzept, Frühfremdsprachen, Projektarbeit, Digitalisierung des Unterrichts usw.

Zur Umsetzung all dieser von der Politik beschlossenen Neuerungen bedarf es seitens der Schuladministration ständig neuer Stellen, während die Privatwirtschaft gegen Steuergelder Equipment, fortlaufend neue Unterrichtsmaterialien und Weiterbildungen liefert. Das hierdurch entstandene Dreigestirn von Politik, Administration und Privatwirtschaft hat eine Eigendynamik entwickelt, die zum Wohle der Volksschule und unserer Kinder nur noch vom Stimmvolk gestoppt werden kann. Dazu braucht es sinnvolle Initiativen, wie sie von der Starken Schule beider Basel und vom Lehrerverein Baselland erwirkt werden.

Es mutet auf diesem Hintergrund eigenartig an, wenn Franz A. Saladin als Direktor der Handelskammer beider Basel fast verzweifelt nach "Ruhe für die Schulen" ruft und sich gleichzeitig starkmacht für die Dauerreformen im Schulbereich. Ein Hintergedanke an lukrative Aufträge für die Privatwirtschaft soll ihm nicht unterstellt werden. Wahrscheinlich fehlt ihm für eine seriöse Beschäftigung mit der von ihm thematisierten Materie aus verständlichen Gründen schlicht die Zeit. Die Schule darf kein Markt sein zur Realisierung privatwirtschaftlicher Geschäftsmodelle, kein Experimentierfeld zur Profilierung von Politikern und kein Stellengarant für die Schuladministration. Ruhe in der Volksschule kehrt ein, wenn wir uns rückbesinnen auf das, was sie ist: eine Institution zur Bildung und Förderung unserer Nachwuchses. Bei den anstehenden Initiativen muss sich das Stimmvolk entscheiden zwischen einer guten Volksschule und der von Franz A. Saladin vertretenen Reformindustrie.

Felix Hoffmann
 
 

Bildungsdirektion lanciert Gegenvorschlag

Die Starke Schule beider Basel begrüsst den von der Bildungsdirektion ausgearbeiteten Gegenvorschlag zur formulierten Initiative "Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen". Mit dem Gegenvorschlag werden zentrale Anliegen der Starken Schule sowie der Initiative weitgehend erfüllt. Der Gegenvorschlag sieht folgende Ergänzung im Bildungsgesetz vor:

§7b Stufenlehrpläne Volksschule (neu)
1 Die Stufenlehrpläne der Primarstufe und der Sekundarstufe I enthalten Stoffinhalte, Themen und Kompetenzbeschreibungen.
2 Für die Sekundarstufe I sind sie nach Jahreszielen und Anforderungsniveaus differenziert und abgestimmt auf die Inhalte und Anforderungen der beruflichen Grundbildung mit oder ohne Berufsmaturität, der Fachmittelschulen und des Gymnasiums.

Der Gegenvorschlag enthält zusätzlich wichtige Elemente, welche die Initiative nicht berücksichtigt und die nun erfreulicherweise ebenfalls im Bildungsgesetz verankert werden sollen.

  1. Die Lehrpläne der Primar- und Sekundarstufe I enthalten mit dem Gegenvorschlag klar definierte Stoffinhalte, Themen und Kompetenzbeschreibungen. Dass die rund 3'500 Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 ebenfalls Bestandteil des neuen Lehrplans Volksschule Baselland sind, ist nicht entscheidend, zumal an den Baselbieter Schulen seit 2004 verstärkt ein kompetenzorientierter Unterricht stattfindet. Die Lehrpersonen werden sich nach den Lerninhalten und Themen orientieren, die Kompetenzbeschreibung rücken zwangsläufig in den Hintergrund. Mit der Festschreibung der Lerninhalte ist auch weiterhin eine echte Harmonisierung der Baselbieter Schulen gewährleistet.
  2. Die Starke Schule begrüsst auch den Umfang der Stoffverteilungspläne, welche in der Regel pro Fach und Schuljahr eine A4-Seite umfasst. Den Lehrpersonen wird dadurch ein ausreichend grosser Freiraum in der inhaltlichen Gestaltung ihres Unterrichtes gewährt.
  3. Der Lehrplan Volksschule Baselland der Sekundarstufe I erhält klar definierte Jahresziele, welche auf die drei Anforderungsprofile A (allegemeines Niveau), E (erweitertes Niveau) und P (progymnasiales Niveau) differenziert ausgerichtet sind, was der Lehrplan 21 nicht berücksichtigt hätte. Damit wird der dritte Zyklus, ein weiterer wesentlicher und heftig kritisierter Bestandteil des Lehrplans 21, aufgebrochen. Bereits die vom Stimmvolk am 5. Juni 2016 mit 61% Ja-Stimmen beschlossene Weiterführung der Einzelfächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik, Chemie, Hauswirtschaft und Wirtschaftskunde bedeutet eine starke Abweichung von der Ideologie und dem Inhalt des Lehrplans 21.
  4. Relevant ist ebenfalls, dass der neue Lehrplan Volksschule Baselland auf die weiterführenden Schulen (z.B. Gymnasium) abgestimmt sein muss. Damit können die abnehmenden Schulen reell mitentscheiden, welche Lernziele die Volksschule erreichen muss. Massgebend dafür sind die behandelten Lerninhalte.

Regierungsrätin Monica Gschwind hat mit der Ausarbeitung des Gegenvorschlages in Zusammenarbeit mit verschiedenen bildungspolitisch aktiven Playern eine fundierte und ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Starke Schule beurteilt den Gegenvorschlag als sehr gute Lösung.

Ob die Starke Schule ihre Initiative "Ja zu klar definierten Stoffinhalten und Themen" zurückziehen kann, wird der Vorstand nach der landrätlichen Behandlung dieser Gesetzesvorlage prüfen. Massgebend wird dabei sein, ob der Gegenvorschlag eine bessere Erfolgschance bekommt, wenn an der Initiative festgehalten wird oder nicht.
 

Abstimmung verloren - zwei wichtige Teilerfolge erzielt

Die Starke Schule beider Basel bedauert die Ablehnung der Initiative "Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen" durch die Stimmbürger/-innen, akzeptiert den Volksentscheid aber selbstverständlich. Damit setzt der Kanton Baselland weiterhin sowohl auf den fünfjährigen konsekutiven als auch den vierjährigen integrativen Ausbildungsweg für die angehenden Lehrpersonen der Sekundarstufe I.

Erfreulicherweise konnte die Starke Schule mit dieser Initiative trotz der heutigen Ablehnung zwei wichtige und massgebende Teilerfolge erzielen:

  • Mit dem Landratsbeschluss zur nichtformulierten Volksinitiative "Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrspersonen" (gemäss Kommissionsfassung) hat die Bildungsdirektion vom Landrat 75 : 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen den Auftrag erhalten, "die Ungleichbehandlung beim Lohn zwischen konsekutiv und integrativ ausgebildeten Lehrpersonen der Sekundarstufe I baldmöglichst aufzuheben." Die Starke Schule nimmt positiv zur Kenntnis, dass die Bildungsdirektorin bereit ist, dieses wichtige Anliegen umzusetzen. Heute ist stossend, dass Lehrpersonen, welche mit dem aufwändigeren konsekutiven Ausbildungsweg in eine schlechtere Lohnklasse eingeteilt werden als diejenigen Lehrpersonen, welche die integrative Ausbildung absolvieren. Dies führt dazu, dass die überwiegende Mehrheit der angehenden Lehrpersonen den einfacheren, integrativen Ausbildungsweg bestreitet. Die Behebung dieser Ungleichbehandlung ist eine der Kernforderungen der Starken Schule. Wir freuen uns über diesen wichtigen Teilerfolg.
     
  • Ebenfalls erfreulich ist der breite Konsens und das Eingeständnis vieler Gegner/-innen unserer Initiative, dass die Quantität der Fachausbildung an der Pädagogischen Hochschule kaum ausreicht, um im leistungsstarken progymnasialen Niveau P der Sekundarschulen mit ausreichender fachlicher Qualität unterrichten zu können. Bemerkenswert ist insbesondere die in der Politik aufgekommene Einsicht, dass Lehrpersonen mit dem integrativen Ausbildungsweg für den Unterricht im leistungsschwächeren A-Niveau besser geeignet sind, während hingegen Lehrpersonen mit einer universitären Fachausbildung für den Unterricht im leistungsstärkeren P-Niveau besser qualifiziert sind. Der damalige Entscheid der Bildungsdirektion unter der Ära von alt RR Urs Wüthrich - alle Sekundarlehrpersonen sollten Klassen aller drei Leistungsniveaus A, E und P unterrichten - wird damit zunehmend hinterfragt. Die Starke Schule wird mit ihren beiden Vorstandsmitgliedern im Landrat entsprechende Vorstösse prüfen, welche eine Differenzierung vorsehen, um Ausbildung der angehenden Lehrpersonen und Unterricht im Leistungsniveau besser in Einklang zu bringen.
     

Lehrplan 21 - eine Bildungsbremse

René Steiner (EVP) erklärt, warum der kompetenzorientierte Lehrplan 21 eine Bildungsbremse ist und zu einem Bildungsabbau führt:



 

Erziehungsdepartement Basel-Stadt streut den Eltern Sand in die Augen

Ende März veröffentlichte die Volksschulleitung des Erziehungsdepartementes (ED) Basel-Stadt einen Newsletter mit dem Titel "Elternbrief Volksschule Basel-Stadt", u.a. mit den beiden Artikeln "Keine Angst vor Fremdsprachen" und "So können Sie Ihr Kind unterstützen". Der Newsletter enthält zahlreiche manipulativ verfasste Passagen. Darin versucht das ED krampfhaft den Eltern die neue Fremdsprachendidaktik und die entsprechenden Lehrmittel als etwas Positives und Nützliches zu verkaufen. Gleichzeitig wird die gleichwohl erfolgreiche "alte" Didaktik schlechtgemacht. Das ED verstrickt sich dabei selbst mehrfach in Widersprüche.

Zusammengefasst ein kläglicher Versuch einer Durchhalteparole für ein gescheitertes Experiment auf Kosten der Schulkinder. Lesen Sie hier unsere Analyse und Stellungnahme dazu.
 

Leistungschecks kommen immer stärker unter Druck

Seit Kurzem müssen die Primarschüler/-innen in der dritten und sechsten Klasse sowie die Sekundarschüler/-innen im achten und neunten Schuljahr sogenannte standardisierte Leistungschecks in den Fächern Deutsch, Mathematik, Französisch, Englisch und Naturwissenschaften absolvieren. Diese von den vier Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Solothurn und Aargau gemeinsam entwickelten Prüfungen, welche von den Schüler/-innen mehrheitlich am Computer geschrieben werden, kommen immer stärker unter Druck:

Die Lehrpersonen des Kantons Basel-Stadt lehnen diese teuren Leistungschecks in der überwiegenden Mehrheit als "förderdiagnostisch untaugbar" ab. An ihrer Schulsysnode vom 22. März 2017 verabschiedeten rund 3'000 anwesende Pädagog/-innen eine Resolution an die Basler Regierung, in welcher sie die Abschaffung dieser Tests fordern.

Auch der Landrat wird sich mit diesem Thema beschäftigen. Landrat Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) reichte am 14. Dezember 2016 den Vorstoss "Standardisierte Leistungschecks aus finanziellen und pädagogischen Gründen überprüfen".
 

Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen

Am 21. Mai wird über die Initiative "Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen" abgestimmt. Mit dieser Lenkungsinitiative sollen die Stärken der beiden Ausbildungsinstitutionen (Pädagogische Hochschule (PH) und die Universität) besser ausgenutzt werden.

Heute gibt es für angehende Lehrpersonen zwei Wege, die Lehrerausbildung zu absolvieren:
  • Beim "konsekutiven" Weg erfolgt zunächst ein dreijähriges Studium an der Universität, welches mit dem Bachelor abgeschlossen wird. Danach wird die methodisch-didaktische Ausbildung an der PH während zwei weiteren Jahren durchgeführt.
  • Beim "integrativen" Weg erfolgt die komplette Ausbildung an der PH und dauert nur vier Jahre. Neben der Methodik, Didaktik und Psychologie wird eine Fachausbildung in drei Fächern absolviert.

Der "integrative" Weg wird seit langem sowohl von Student/-innen, Dozenten wie auch Lehrpersonen kritisiert. Die Absolvent/-innen des kosekutiven Ausbildungsweges erhalten nicht das nötige Fachwissen, um einen guten Unterricht zu gestalten. Sie stossen fachlich immer wieder an ihre Grenzen. Mit der Initiative "Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen" soll diese unbefriedigende Situation verbessert werden.

 

Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen


Wie werden heute Sekundarlehrpersonen ausgebildet?

Angehenden Sekundarlehrpersonen stehen heute zwei Ausbildungsmöglichkeiten offen:
  • Beim sogenannten „konsekutiven“ Ausbildungsweg absolvieren sie zuerst eine dreijährige, fundierte Fachausbildung an der Universität in denjenigen Fächern, die sie später unterrichten. Sie schliessen dort mit dem Bachelor ab. Anschliessend folgt eine zweijährige methodisch-didaktische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH).
  • Beim „integrativen“ Ausbildungsweg besuchen sie während vier Jahren ausschliesslich die PH. Dort erhalten sie eine minimale Fachausbildung und ebenfalls die methodisch-didaktische Ausbildung.   
Wo liegt das Problem?
Die Fachausbildung der Sekundarlehrpersonen an der Pädagogischen Hochschule (PH) wird seit einiger Zeit von Studierenden, Dozierenden der Universität und PH, Bildungs-Fachexperten und Schulen stark kritisiert. Heute wird an der PH eine Fachausbildung angeboten, welche nur einem Bruchteil, rund einem Drittel der früheren Fachausbildung an der Universität entspricht. In Fächern wie Chemie, Biologie oder Physik wird im Vergleich sogar nur noch rund 10% Fachwissen vermittelt. Die PH marginalisiert das fachliche Wissen, während andererseits die Bereiche Methodik, Didaktik und Psychologie eine bevorzugte Stellung einnehmen. Für angehende Lehrpersonen bedeutet dies, dass sie auf dem PH-Bildungsweg ein sehr bescheidenes Fachwissen erwerben.
 
Was sind die Folgen?
Die Folgen dieser „Fachausbildung light“ sind an den Sekundarschulen eins zu eins sichtbar. PH-Absolventen stossen im Schulalltag fachlich immer wieder an ihre Grenzen. Es ist ein bedenklich, wenn sie teilweise sogar weniger Ahnung vom Stoff haben als die begabtesten Schüler/-innen einer Klasse. Dies insbesondere im anspruchsvollen Leistungsniveau P, welches auf das Gymnasium vorbereitet. Die Leidtragenden sind die Lernenden. Für sie sind Lehrpersonen mit geringen Fachkenntnissen untaugliche Vorbilder, welche die Jugendlichen für ihr Fach kaum begeistern können. Gerade in der Pubertät ist aber die Vorbildfunktion von eminenter Bedeutung. Die Erfahrung zeigt, dass kompetente und begeisterungsfähige Lehrpersonen den Jugendlichen immer wieder entscheidende Impulse für die Berufslaufbahn mitgeben können. Diese Vorbildfunktion fehlt bei der „Fachausbildung light“.

Was braucht die Schule?
Eine gute Schule braucht sowohl fachlich als auch methodisch-didaktisch kompetent ausgebildete Lehrpersonen. Mit der Universität und der Pädagogischen Hochschule (PH) verfügen wir über zwei Bildungsinstitutionen, die beide ihre Stärken haben: Die Stärke der PH ist die methodisch-didaktische Ausbildung, diejenige der Universität die Fachausbildung. Die PH ist jedoch nicht in der Lage, qualitativ und quantitativ ausreichende Fachausbildungen zu bieten. Ihre Akzente liegen naturgemäss in der Pädagogik, Psychologie und der entsprechenden Forschung. Aus diesem Grund hat der Kanton Zürich die Fachausbildung seiner Sekundarlehrpersonen aus der PH ausgelagert. In unserem Kanton liegt der Fall anders. Die überwiegende Mehrheit der angehenden Sekundarlehrpersonen wählt den „integrativen“ Ausbildungsweg an der PH, weil dieser weniger lang dauert (insgesamt nur 4 statt 5 Jahre) und auch weniger anspruchsvoll ist. Gute Lehrer/-innen erhalten wir jedoch nur, wenn die Studierenden von den Stärken beider Bildungsinstitute profitieren. Das heisst: Fachausbildung an der Universität, methodisch-didaktische Ausbildung an der PH.
 
Was fordert die Initiative?
Die Initiative hat zum Ziel, dass die gesamte Fachausbildung der Sekundarlehrpersonen wieder von der Universität übernommen wird: Während drei Jahren sollen angehende Lehrpersonen wie früher eine Fachausbildung in zwei oder drei Fächern an der Universität absolvieren und mit dem Bachelor abschliessen. Im Anschluss folgt, analog dem früheren Lehrerseminar, eine ein- bis zweijährige methodisch-didaktische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule.
Die nicht formulierte Initiative „Ja zu fachlich kompetent ausgebildeten Lehrpersonen“ wirkt als Lenkungsinitiative, indem sie festschreibt, dass nur Sekundarlehrpersonen mit einer Uni-Fachausbildung eine unbefristete Anstellung erhalten. Lehrpersonen mit ausschliesslicher PH-Ausbildung werden hingegen nur befristet angestellt. Die Lenkungsinitiative führt dazu, dass künftig weitaus mehr Studierende den „konsekutiven“ Ausbildungsweg mit der Fachausbildung an der Universität einschlagen, dies zum Vorteil für unsere Schulen. Nur auf der Basis solider fachlicher Grundlagen lässt sich auch in Zukunft eine gute Schulbildung garantieren. Es geht um nichts weniger als um den sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit unserem einzigen „Rohstoff“ Bildung.  

Und die Kosten?
Das strukturelle Defizit (Unterdeckung der Pensionskasse, Kostenschub im Gesundheitswesen usw.) drückt schwer auf die Finanzen des Kantons und zunehmend drohen Steuererhöhungen.
Aus diesem Grund sind teure Doppelspurigkeiten zu vermeiden, wie sie mit den beiden Ausbildungsvarianten „konsekutiver“ und „integrativer“ Weg heute bestehen. Durch die Verlagerung der Fachausbildung der Sekundarlehrpersonen von der Pädagogischen Hochschule (PH) an die Universität können an der PH Millionenbeiträge eingespart werden, ohne dass dabei an der Universität relevante Mehrkosten entstehen. Praktisch sämtliche Lehrgänge werden schon heute an der Universität geführt. Die Universität Basel hat die notwendigen Kapazitäten und kann die Fachausbildung problemlos wieder übernehmen.
 
 

Starke Schule befürwortet die Einführung des Schulfachs Politik

Vor gut einem Jahr haben die Jungfreisinnigen Basel-Stadt die kantonale Volksinitiative zur Stärkung der politischen Bildung "Ja zu einem Fach Politik" lanciert. Die Starke Schule unterstützt das Begehren, in der obligatorischen Schulzeit während mindestens eines Schuljahres das Fach Politik anzubieten.

Heutige Schulkinder sind die Wähler/-innen von morgen. Oft fehlt den jungen Erwachsenen das notwendige Werkzeug, um am demokratischen Prozess teilnehmen zu können. Damit unser demokratisches System genutzt werden kann und künftige Wähler/-innen lernen, politische Positionen zu hinterfragen, braucht es an den Schulen mindestens eine minimale Ausbildung im Fach Politik, welche heute nur in seltenen Fällen durch besonders engagierte Lehrpersonen zulasten von anderen Fächern durchgeführt wird. Mit der Einführung eines Faches Politik kann neben der Vermittlung von politischen Grundlagen auch die Motivation, sich aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen, gefördert werden.

Unterschreiben Sie den Initiativbogen hier und senden ihn den Jungfreisinnigen Basel-Stadt zu.

 
 
Gastbeitrag von Michael Pedrazzi (Vorstandsmitglied Starke Schule beider Basel), erschienen am 14.02.2017  in der BaZ unter der Rubrik "Einspruch"

Basel-Stadt in der Isolation

Eine echte Harmonisierung der Schulsysteme in den beiden Basler Halbkantonen entspricht dem Willen des Stimmvolkes sowohl in der Stadt wie auch im Baselbiet.  Weg vom Kantönligeist, hin zum Abbau von Mobilitätsschranken, so das Fazit nach der Harmos-Abstimmung  im Jahr 2010. Folgerichtig und konsequenterweise engagiert sich die Starke Schule beider Basel nun aktiv in beiden Kantonen und strebt ein kompatibles Bildungssystem auf hohem Niveau an. Unnötige Unterschiede in den beiden Kantonen betreffend Stundentafeln und Lehrplänen sollen eliminiert werden, ohne dass dabei die Bildungsqualität sinkt.

Ein für schweizerische Verhältnisse exotisches Bildungssystem, so wie dies Basel-Stadt mit der Orientierungsschule (OS) und der Weiterbildungsschule (WBS) rund zwanzig Jahre lang führte, hat definitiv keinen Platz mehr. Dass die Rheinstadt im Rahmen der Reform das gescheiterte OS-System beerdigt hat, war längst überfällig, zumal dieses System einer Gesamtschule ähnelte, in welcher die Schulkinder nur vereinzelt in unterschiedliche Anforderungsniveaus unterteilt waren. Das einst hochgelobte OS-System entpuppte sich als ein Desaster: Die Schulabgänger aus Basel-Stadt hatten über Jahre weitaus grössere Schwierigkeiten, anspruchsvolle Lehrstellen zu finden als ihre Kollegen aus der Landschaft oder den Kantonen Aargau und Solothurn.

Und wieder läuft Basel-Stadt Gefahr, sich bildungspolitisch in die Isolation zu begeben: Im Rahmen des Umbauprozesses wurden zahlreiche Schulhäuser auf ein Konzept mit Lernlandschaften eingerichtet. Es entstanden Grossraumklassenzimmer, in denen bis zu vielen Dutzend Kinder „selbstorganisiert“, d.h. praktisch sich selbst überlassen, lernen sollen. Die Lehrpersonen sind dabei zu „Lerncoaches“ degradiert, die ihre Schützlinge weitgehend nur noch beraten. Im Baselbiet wurden diese Lernlandschaft-Fantasien gestoppt, einzig in Pratteln und Frenkendorf existieren diese. Mehrere geplante Lernlandschaften wurden durch Regierungsrätin Monica Gschwind erfreulicherweise beerdigt. Für die schwächeren Schulkinder, die viel Hilfe und Anleitung benötigen, sind solche Grossraumzimmer eine unhaltbare Situation. Basel-Stadt hat denn auch den Lehrplan 21 mit seiner ganzen Ideologie unverändert übernommen. Kein Wunder, schliesslich war alt Regierungsrat Eymann auch einer der geistigen Ziehväter und Förderer. Die Mehrheit der Kantone jedoch verändert den Lehrplan 21 deutlich und lenkt ihn in vernünftige Bahnen.

Während das Baselbieter Stimmvolk die  Weiterführung der klassischen und traditionellen Einzelfächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik und Chemie an der Urne mit 61%-Ja-Stimmen überraschend deutlich befürwortet hat, gingen diese im Stadtkanton in diffusen Kombifächern auf; so wie dies der Lehrplan 21 propagiert: Von allem ein bisschen, aber nichts fachlich fundiert. Auch in Basel-Stadt müssen die Zukunftschancen der Schülerinnen und Schüler verbessert werden. Dass sie gegen die Schulkinder in Baselland, Solothurn und Aargau bei Aufnahmeprüfungen und bei der Lehrstellensuche oft das Nachsehen haben, ist unhaltbar. Das muss sich ändern. Ein Verzicht auf Kombifächer und Lernlandschaften wäre ein erster wichtiger Schritt.
 

Aus Starke Schule Baselland wird

Starke Schule beider Basel

In den meisten Kantonen, so auch in Baselland, Solothurn und Aargau existieren Komitees, welche die Schulreformen kritisch begleiten und mittels kantonalen Initiativen – dort wo sinnvoll und notwendig – korrigierend eingreifen. In Basel-Stadt fehlte bislang ein entsprechendes Komitee. Zwar gab es einige Lehrpersonen und bildungspolitisch Interessierte, die sich hin und wieder öffentlich – z.B. in Leserbriefen und auf Podien – kritisch zu den Bildungsreformen im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21, den Sammelfächern, der neuen Unterrichtsideologie mit dem selbstorganisierten Lernen in Lernlandschaften oder dem neuen Fremdsprachenkonzept mit der Mehrsprachigkeitsdidaktik geäussert haben. Ein koordiniertes und zielführendes Vorgehen existierte am Rheinknie hingegen nicht.

Das Fehlen eines Vereins in Basel-Stadt, welches den Lehrpersonen eine Plattform bietet, liegt unter anderem an einer Angstkultur, die in Basel-Stadt unter den Lehrpersonen existiert. Ein Beispiel, welches diese Problematik verdeutlicht: Als die Starke Schule Baselland vor einigen Monaten eine Umfrage an Basler Lehrpersonen versandte, reagierte Regierungsrat Christoph Eymann sogleich per Mail an alle Lehrpersonen mit der dringenden Empfehlung, sich von unserem Newsletter abzumelden. Erfreulicherweise machten davon weniger als 200 Lehrpersonen Gebrauch.

Der Wunsch der Lehrpersonen, sich zu organisieren, dieser Angstkultur entgegenzutreten und die Kräfte zu bündeln, ist offenkundig, zumal die Schulsynode als Handlangerin der reformfreudigen Regierung dies nicht tut. Das zeigen die vielen Anfragen aus Basel-Stadt in den vergangenen zwei Jahren. Mit einer neuen Starken Schule beider Basel, welche sich vermehrt auch um das Bildungssystem in Basel-Stadt kümmert, soll diesem unbefriedigenden Zustand entgegengewirkt werden.

Ziele in Basel-Stadt

Mit den zahlreich neu gebauten Lernlandschaften und dem damit verbundenen selbstorganisierten Lernen, in welchen die Lehrpersonen zu Lerncoaches degradiert werden, läuft Basel-Stadt erneut Gefahr, zur Bildungsinsel zu werden, so wie das mit ihrer dreijährigen Orientierungsschule in den vergangenen Jahrzehnten bereits der Fall war. Wir möchten mit einer bildungspolitischen Koordination und einer sinnvollen Anpassung verhindern, dass Basel-Stadt erneut ins bildungspolitische Abseits fährt.

Der Vorstand der Starken Schule Baselland hat auf Anregung von Basler Lehrpersonen an seiner Sitzung vom 29. Dezember 2016 einstimmig die Gründung einer Starken Schule beider Basel mit Sitz in Birsfelden beschlossen. Das heute vorhandene Sekretariat in Birsfelden mit der gut funktionierenden Infrastruktur, wird neu für die bildungspolitische Arbeit in beiden Halbkantonen genutzt. Dadurch können sinnvolle Synergien gewonnen werden.

Aufbau und Organigramm

Die Starke Schule beider Basel ist ein Verein mit einem gemeinsamen Vorstand und Geschäftsleitung. Ein Teil der Mitglieder kümmert sich hauptsächlich um Basel-Stadt, ein anderer Teil insbesondere um Baselland (siehe Organigramm Starken Schule beider Basel auf der Seite who is who).

Die Starke Schule beider Basel besitzt insgesamt knapp über  4‘100 Mitglieder und Sympathisant/-innen, welche den regelmässigen Newsletter erhalten. Davon wohnen rund 200 Personen in Basel-Stadt. In den kommenden Monaten beabsichtigt die Starke Schule beider Basel, sich in Basel-Stadt zu positionieren und die notwendige Stärke zu erzielen, um initiativfähig zu werden.

Prüfung von Initiativen in Basel-Stadt

Die Starke Schule beider Basel beabsichtigt in Basel-Stadt verschiedene, kürzlich umgesetzte bildungspolitische Reformen zu hinterfragen. Dazu prüft die Starke Schule in den kommenden Wochen die Möglichkeit einer Lancierung von drei kantonalen Initiativen. Das erste Initiativprojekt betrifft die Sammelfächer auf der Sekundarstufe 1, das zweite Initiativprojekt die Fremdsprachen an den Primarschulen, das dritte die Mehrsprachigkeitsdidaktik. Mit diesen Initiativen soll auch eine Angleichung der beiden Schulsysteme in den beiden Basel erzielt werden. Die Stossrichtung ist klar: Einerseits sollen die Fächer Geschichte, Geografie, Physik, Chemie und Biologie auf der Sekundarstufe 1 als Einzelfächer unterrichtet und benotet werden. Andererseits soll auf der Primarstufe nur eine Fremdsprache unterrichtet werden.

Weitere Informationen zur Starken Schule beider Basel sowie zu den Fakten und Zielen finden Sie hier.
 

Eindrückliches Referat von Alain Pichard


Alain Pichard ist Lehrperson und Stadtrat (glp) in Biel. Zusammen mit 20 weiteren Autoren hat er 2015 die Streitschrift "Einspruch" veröffentlicht, in welcher erstmals auch von linker Seite Kritik am Lehrplan 21 und den Schulreformen geäussert wurde.
 

Reine kompetenzorientierte Unterrichtsmethodik versagt

Das schlechte Abschneiden der Schüler/-innen von Baden-Württemberg (siehe weiter unten) in Rechtschreibung hat nun Konsequenzen. Die Ministerin für Kultus, Jugend und Sport hat Ihre Schulleitungen und Lehrerkollegien informiert, dass „Handlungsbedarf“ besteht und an den Schulen wieder vermehrt geübt werden soll. Bemerkenswert ist, dass die Ministerin die Ursache in der Methodik des Unterrichtes sieht: „Auch eine Unterrichtsmethodik und -didaktik, die der Rechtschreibung nicht den zentralen Stellenwert gibt oder diese zu spät berücksichtigt, ist wenig hilfreich, um korrektes Schreiben zu verankern. Hier müssen wir gegensteuern und Rechtschreibung von Anfang an gezielt üben. (…) Systematisches (Ein-)Üben ist ebenso wichtig wie Kontinuität.“ (Quelle: http://schuleschweiz.blogspot.ch/2016/12/kurswechsel-in-der-rechtschreibung.html)

Bemerkenswert ist diese Korrektur vor allem deswegen, weil dies auch ein Eingeständnis ist, dass ein auf rein Kompetenzen aufgebauter Unterricht ohne vertieftes und regelmässiges Üben bezüglich Rechtschreibung versagt hat. Baden-Württemberg war eines der ersten Bundesländer, welches auf den kompetenzorientierten Unterricht umgestellt hat.
 
 

Bildungsräte schweizweit

Das Thema Bildungsrat ist in aller Munde. Auch die Starke Schule Baselland hat sich dazu bereits geäussert (siehe Gastkommentar von Regina Werthmüller und Gastbeitrag von Michael Pedrazzi weiter unten). Uns hat interessiert, wie die Situation in anderen Schweizer Kantonen aussieht:

  • 13 Kantone haben entweder einen Bildungs- oder einen Erziehungsrat, der jedoch nicht überall dieselben Aufgaben hat. Während es sich beim Basel-Städtischen Erziehungsrat um das wichtigste Beratungs- und Entscheidungsgremium des Erziehungsdepartements handelt, gibt es im Jura und Wallis den Erziehungsrat nur noch auf dem Papier. Im Kanton Zürich beschäftigt sich der Bildungsrat vor allem mit pädagogischen Fragen und sorgt für die Koordination zwischen den Bildungsstufen. In den Kantonen Aargau, Baselland, Schaffhausen, St. Gallen und Zug sind Vorstösse im Parlament hängig, die für eine Umstrukturierung des Bildungs- bzw. Erziehungsrates sind. Der Kanton Uri hat sich im Jahr 2014 für die Beibehaltung des Erziehungsrates ausgesprochen. Der Kanton Neuchâtel hat - wie momentan in Baselland - ein breit abgestütztes Gremium, das jedoch über keine Rechtsgrundlage verfügt und über keine eigentlichen Kompetenzen. Auch die Kantone Schwyz und Appenzell Innerrhoden haben einen Erziehungsrat.
  • In den Kantonen Aargau, Bern, Fribourg, Genf, Glarus, Graubünden, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Solothurn, Thurgau, Tessin und Waadt gibt es keinen Erziehungsrat. Bildungspolitische Themen werden vielfach - zum Beispiel in Nidwalden, Thurgau, Aargau, Glarus und Graubünden - in vorberatenden Kommissionen behandelt. In den Kantonen Fribourg, Luzern, Obwalden und Solothurn wurden die Erziehungsräte in den letzten 10 Jahren abgeschafft.

 

Bildungsrat professionalisieren – ein Schritt in die richtige Richtung

Gastkommentar von Regina Werthmüller (Vorstandsmitglied Starke Schule Baselland), erschienen am 20.12.2016 in der bz

Lehrpläne und Stundentafeln sind für die Schulen die wohl wichtigsten Instrumente, die mitunter auch für eine erfolgreiche, interkantonale Harmonisierung wesentlich sind. So ist es unbestritten ein entscheidender Unterschied, ob Primarschülerinnen und -schüler bereits im Alter von neun Jahren ein oder zwei Fremdsprachen lernen müssen, der Deutschunterricht auf der Sekundarstufe 1 wöchentlich fünf- oder nur vierstündig erfolgt  oder Geschichte und Biologie anhand einiger ausgewählter Themen in Sammelfächern oder als eigenständige und anspruchsvolle Fächer gelehrt werden.

Lehrpläne und Stundentafeln müssen miteinander korrelieren und aufeinander abgestimmt sein. Die Frage, ob diese Korrelation stimmt und ob die zur Verfügung stehenden Lektionen genügen, um die vom Lehrplan vorgegebenen Lernziele zu erfüllen, ist ohne fundierte Fachkenntnisse kaum zu beantworten. Die Lehrmittel hingegen spielen eine untergeordnete Rolle. Sie sind nicht massgebend und auch nicht so entscheidend, mal abgesehen von den Fremdsprachenlehrmitteln. In Mathematik lernen die Schülerinnen und Schüler in der ersten Sekundarklasse das Bruchrechnen mit den  entsprechenden Anwendungen dazu. Mit welchem Lehrmittel sie dies tun, ist nicht relevant. Schulbücher sind praktisch beliebig austauschbar, wenn die im Lehrmittel propagierte Pädagogik und Didaktik den Lehrpersonen einen ausreichend grossen Spielraum lässt. Entscheidend ist aber, dass der Lehrplan die zu behandelnden Stoffinhalte vorgibt und die dafür notwendigen Lektionen zur Verfügung stehen.

Völlig nachvollziehbar ist, dass diejenigen Stellen, die über Lehrpläne und Stundentafeln entscheiden, über die entsprechenden Fachkompetenzen verfügen müssen, insbesondere dann, wenn ihre Entscheide abschliessend sind. Erarbeitet werden die Lehrpläne in unserem Kanton zwar von einer engagierten Verwaltung, so auch der künftige Lehrplan Volksschule Baselland, der im Jahre 2020 an den Sekundarschulen eingeführt werden soll. Gleichwohl können sich aber Fehler, Unsinniges und nicht Umsetzbares einschleichen. Eine fachlich hoch dotierte Stelle, welche die von der Verwaltung produzierten Vorlagen kritisch überprüfen kann, ist unabdingbar.

Regierungsrätin Monica Gschwind hat erkannt, dass beispielsweise Juristen, Sozialarbeiter und Richter nicht über die nötige methodische und pädagogische Fachkompetenz verfügen, um hochkomplexe Materie wie Lehrpläne und Stundentafeln, deren Zusammenhänge und Folgen zu beurteilen. Ihren Entscheid, den Bildungsrat zu professionalisieren und zu einem echten Expertengremium umzuwandeln, welches fähig ist, Schwachstellen in den bildungspolitischen Vorlagen eruieren zu können, ist begrüssenswert. Folgerichtig sollen die politischen Parteien nicht mehr vertreten sein. Ihre Vertreterinnen und Vertreter im bisherigen Bildungsrat vertraten bislang insbesondere ihre Partei- und Partikularinteressen. Es waren zwar engagierte und motivierte Personen, die jedoch meist nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügten.

Regierungsrätin Monica Gschwind schlägt vor, dass dieses künftige Expertengremium nur eine beratende Funktion einnimmt und nicht mehr abschliessend entscheidet. Trifft künftig der Regierungsrat nach der Begutachtung der Empfehlungen des Expertengremiums den Entscheid, so hat dies auch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Der Regierungsrat muss sich  gegenüber Öffentlichkeit und Parlament weitaus stärker für sein Handeln und seine Entscheide rechtfertigen als dies bislang der Bildungsrat tun musste. Dieser konnte sich gegenüber dem Volk im stillen Kämmerlein verstecken. Damit steht der Regierungsrat unter einem erheblichen Druck, fundiert geprüfte Entscheide zu fällen. Dieser Druck ist zweifelsohne der bestmögliche Garant, dass die Bildungsdirektorin mehrheitsfähige und wohl durchdachte Entscheide fällt und nicht leichtfertig die Empfehlungen des Expertengremiums missachtet, um damit auch keine unangenehmen politischen Vorstösse und Volksinitiativen zu provozieren.
 

Baden-Württemberg statuiert ein Exempel

Während die Schulkinder in Deutschen Schulen im Fach Englisch in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht haben, sieht es im Fach Deutsch - gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund - trüb aus: In der Studie Bildungstrend 2015 des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), zeigt sich, dass sich gerade die Stadtstaaten, wo teils bis zu 50% der Kinder einen Migrationshintergrund haben, weiter hinten auf den Plätzen befinden. Obwohl die Zusammensetzung ein entscheidender Faktor bei solchen Vergleichen ist - und Bundesländer wie Bayern und Sachsen mit Sicherheit auch deshalb relativ gut im Ranking liegen, weil ihr Ausländeranteil an der Schülerschaft nur 9% beträgt - entlässt dies die Stadtstaaten nicht aus ihrer Verantwortung.

Auffallend ist das schlechte Ergebnis des Bundeslandes Baden-Württemberg. Während die Leistungen im Fach Deutsch in den meisten Bundesländern relativ unverändert blieben, schnitten die Schulkinder aus Baden-Württemberg schlechter ab als davor. Auch bei den Englisch-Kenntnissen stagnieren die Schüler/-innen aus dem Süden. Beim Lesen trennen die Schulkinder aus Baden-Württemberg 30 Punkte von denen aus dem führenden Sachsen. Dies entspricht dem Leistungsstand eines ganzen Schuljahres.

Noch im Jahr 2009 war Baden-Württemberg sehr weit oben im Ranking. Das schlechte Abschneiden stellt den Schulreformen der vergangenen Jahre ein schlechtes Zeugnis aus. Auffallend ist, dass die Bundesländer in der Studie weit oben liegen, die am wenigsten Schulreformen mitgemacht haben.
 

Bildungsrat ist ein Laiengremium  

Gastbeitrag von Michael Pedrazzi (Vorstandsmitglied Starke Schule Baselland), erschienen am 13.12.2016 in der bz

Auch wenn die SP krampfhaft aufzuzeigen versucht, dass der Bildungsrat ein Expertengremium in Sachen Bildung sei, hat die Vergangenheit deutlich das Gegenteil gezeigt: So konnten zum Beispiel die teilnehmenden Mitglieder des Bildungsrates an ihrer eigenen Pressekonferenz zum Lehrplan 21 die Fragen der Journalisten kaum fundiert beantworten. Es stellte sich heraus, dass sie weder die Philosophie des Lehrplans 21 verstanden haben noch deren Umsetzbarkeit beurteilen konnten –  peinlich, aber doch irgendwie verständlich: Denn von den 14 Mitgliedern des Bildungsrates haben nur gerade vier tagtäglich mit Bildung zu tun; die anderen vertreten vor allem die Partikularinteressen ihrer Parteien oder Wirtschaftsverbände.

Dennoch ist der Bildungsrat befugt, ohne Rücksicht auf finanzielle Mittel des Kantons abschliessend über Lehrpläne, Lehrmittel und Stundentafeln zu befinden. Und es ist ein völliger Irrglaube zu meinen, der Bildungsrat würde die Lehrpläne erarbeiten. Vielmehr erhält er von der Bildungsdirektion fixfertige Vorlagen, die er mangels Knowhow und Fachwissen nur abnicken kann. Das Laiengremium entscheidet in der Regel, ohne die Meinung der Lehrpersonen und Fachexperten zu beachten.  

Die Mehrheit der Lehrpersonen sieht im vom Bildungsrat angestrebten kompetenzorientierten Lehrplan ein erhebliches Risiko für die Schülerinnen und Schüler. Kein Wunder, im Bundesland Baden-Württemberg hat die Anzahl Schulabgänger, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können,  zehn Jahre nach der Umstellung auf den kompetenzorientierten Unterricht erschreckend zugenommen. Das selbstorganisierte Lernen, das bei uns neu eingeführt werden soll, scheiterte in Deutschland kläglich.

Der Bildungsrat verkennt die Schwächen des Lehrplans 21 mit seiner angestrebten Unterrichtsphilosophie und politisiert mit aufgesetzter Reform-Brille klar am Volk vorbei. Die von ihm propagierten Sammelfächer wurden denn am 5. Juni an der Urne mit 61% auch wuchtig verworfen.

Die SP merkt, dass ihre Bildungspolitik scheitert und die von alt Regierungsrat Urs Wüthrich vorangetriebenen Reformen von Regierungsrätin Monica Gschwind hinterfragt und erfolgreich gestoppt werden. So bedienen sich die beiden SP-Landräte Mirjam Locher und Roman Brunner wiederholt markiger Worte, um Gschwind und die Starke Schule Baselland zu diffamieren. Sie werfen der Bildungsdirektorin vor, die Bildungsmacht auf ihre Direktion konzentrieren zu wollen, um niemanden mehr fragen zu müssen, wenn es um Lehrpläne und Stundentafeln geht. Dabei verkennt die SP: Es war die neue Regierungsrätin Monica Gschwind, welche eine breit angelegte Umfrage bei den Lehrpersonen durchführte, ihre Position ernst nahm und diese berücksichtigte. Die neue Bildungsdirektorin  strebt in Bildungsfragen Konsenslösungen an, die von einer Mehrheit mitgetragen werden kann.

Es kommt auch nicht zu einer „Verpolitisierung der Bildung“, wie die beiden SP-Landräte immer wieder behaupten. In zahlreichen Kantonen entscheidet schon der Regierungsrat unter Berücksichtigung der Position der abnehmenden Schulen über Bildungsgeschäfte und das funktioniert gut. Zudem soll in Baselland der Bildungsrat gar nicht ersatzlos abgeschafft, sondern professionalisiert werden, indem statt Laien mit Parteien- und Wirtschaftsinteressen echte Bildungsleute aus der Praxis Einsitz nehmen sollen.

Der Entscheid, die Fähigkeiten, Kompetenzen und Aufgaben des Bildungsrates zu hinterfragen, ist aufgrund seiner zahlreichen Fehlentscheide in den vergangenen Jahren nachvollziehbar und legitim. Zu wichtig ist unser Bildungssystem, um es ideologischen Wunschvorstellungen zu opfern.
 

Umfrage bei Aargauer Lehrpersonen

Das Komitee "Ja zu einer guten Bildung - Nein zum Lehrplan 21" hat im Kanton Aargau rund 6'000 Lehrpersonen angeschrieben und ihnen fünf Fragen zu den anstehenden Bildungsreformen gestellt. Dies, weil - wie auch in anderen Kantonen - die Personen an der Basis, also die Lehrerinnen und Lehrer, noch nie wirklich nach ihrer Meinung gefragt worden sind.

Von den rund 6'000 Lehrpersonen, die per Mail angeschrieben wurden, haben über 1'200 an der Umfrage teilgenommen, was einer grossen Rücklaufquote entspricht. Die Fragen lauteten:

  1. Befürworten Sie, dass bereits auf der Primarstufe zwei Fremdsprachen (Französisch und Englisch) unterrichtet werden?
  2. Befürworten Sie an der Oberstufe statt der Einzelfächer Geografie, Geschichte, Biologie, Physik und Chemie die beiden Sammelfächer "Räume, Zeiten, Gesellschaften" und "Natur und Technik"?
  3. Befürworten Sie den zentralen Punkt des LP 21, das "selbstorganisierte Lernen", welches Stoffauswahl und Lernprozesse (Stichwort Lernlandschaften) weitgehend den Schülern überlässt?
  4. Sind Sie der Meinung, dass die Lehrerpersönlichkeit zentral ist für den Lernerfolg in der Klasse und bei der Stoffvermittlung eine aktive Rolle spielen muss?
  5. Wollen Sie auch in Zukunft mit Jahreszielen arbeiten?

Die Fragen bezogen sich - mit Ausnahme von Frage 1 - auf den Lehrplan 21 und seiner neuen Form des Lernens. Eindrücklich waren die Aussagen der gut 1'200 Lehrpersonen, die an der Online-Umfrage teilgenommen haben.

Nur 12% der Lehrpersonen befürworten zwei Fremdsprachen an den Primarschulen

Das Resultat der beiden ersten Fragen sieht ähnlich aus: Sowohl bei der Frage nach zwei Fremdsprachen als auch bei derjenigen über die Einführung von Sammelfächern, haben sich über die Hälfte der Befragten  gegen zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe (52%) und gegen die Einführung von Sammelfächern (58%) ausgesprochen. Für zwei Fremdsprachen votierten lediglich 36% und gar nur 28% befürworten die beiden Sammelfächer.  

Auch bei entsprechenden Fragen im Kanton Baselland (entweder durch die Starke Schule Baselland oder die Bildungsdirektion) hat das Nein gegenüber dem JA deutlich überwogen, ungefähr im Verhältnis 3 zu 2.

Auch das selbstorganisierte Lernen fällt bei den Lehrpersonen durch

Die Ergebnisse zur dritten und vierten Frage sind noch eindrücklicher: 67% der Lehrpersonen lehnen das selbstorganisierte Lernen ab, welches mit dem Lehrplan 21 immer stärker eingeführt wird. 89% der Befragten sehen die Lehrperson nach wie vor als zentralen Indikator für den Lernerfolg der Kinder (was also zusätzlich gegen das selbstorganisierte Lernen spricht).

Auch die Frage zu den Jahreszielen wurde deutlich mit einem Ja beantwortet. Insgesamt zeigt sich, dass auch im Kanton Aargau die Lehrpersonen sehr kritisch gegenüber dem Lehrplan 21 und weiteren Reformen stehen.

 

Einsparungen beim Zoo sind verkraftbar

Gastkommentar von Saskia Olsson, erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung am 26.11.2016

Der Zoo Basel hat sich in vielerlei Hinsicht verändert. Während man noch bis ins Jahr 1935 Völkerschauen durchführte, bei denen ganze Dörfer errichtet wurden und Nubier, Marokkaner oder Singhalesen dort mehrere Wochen wohnten und ihre Kriegs- und Maskentänze vorführten, kamen später immer öfter exotische Tiere hinzu. Die bis dahin mehrheitlich heimischen Tiere, wie Raubvögel, Wölfe, Luchse oder Steinböcke reichten den Besuchern wohl nicht mehr. Im Laufe der Jahrzehnte wurden neue Anlagen gebaut und andere vergrössert oder modernisiert. Auch aktuelle Projekte, wie die Elefantenanlage Tembea, die im März 2017 eröffnet werden soll, zeigen auf, wie sich der Lebensraum der nicht heimischen Tiere verändert und verbessert. Weitere wichtige Aufgaben des Basler Zoos sind die Unterstützung von Naturschutzprojekten, etwa für den Schutz der Löwen in Kenia.

Verständlicherweise ist der Aufschrei in der Basler und Baselbieter Bevölkerung gross, weil im Rahmen der Sparpakete im Kanton Baselland die bis anhin an den Zoo bezahlten 85 000 Franken eingespart und die Subvention aus Basel-Stadt vermutlich von vormals 1 45 Millionen auf 1 Million zurückgeschraubt werden sollen. Zahlen dafür müssen die Jüngsten unter uns. Wegen der Einsparungen können Schulkinder im Rahmen des Unterrichts künftig wohl nicht mehr umsonst in den Zolli. Gerade im Hinblick auf den Zoo als Bildungszentrum mag dies zunächst als Abbau im Bildungssystem gelten. Doch ist dem wirklich so? Zoologische Gärten und Aquarien sind Orte des Naturschutzes, der Bildung und der Forschung, sind aber auch Besucherattraktion und Geldmaschine. Es ist eine Gratwanderung.

Selbst die vom Welt-Zoo-Verband festgelegten Grundsätze beschreiben, dass Zoos und Aquarien Besucherattraktionen sind, die ihren Gästen Fragen des internationalen Naturschutzes bewusst machen. Dass sich bereits Kinder mit solchen Themen auseinandersetzen, ist allerdings fraglich. Bei einem Zollibesuch in der Grundschule geht es meist viel mehr darum, sich Tierarten in natura anzuschauen – wobei die Natur ja nur imitiert wird. Dass dabei ein falsches Bild projiziert wird, nämlich, dass es «normal» ist, einen Elefanten oder einen Leoparden in Gebieten zu sehen, die völlig untypisch für deren Lebensweise sind, wird meist ausgeblendet. Im Hinblick auf Bildung und Pädagogik stehen neue Dokumentarfilme, welche die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum mit ihrem normalen Verhalten zeigen, dem Zoo in nichts nach. Das Argument, dass die Kinder im Zoo die Tiere in echt sehen, unterstreicht den Zoo als Besucherattraktion, der die Befriedigung des Menschen, wilde Tiere zu sehen, zu erfüllen versucht.

Dass durch die Einsparung der 85 000 Franken Baselbieter Schulkinder im Rahmen des Schulunterrichts nicht mehr umsonst in den Basler Zoo können, ist zwar bedauerlich, führt aber nicht wirklich zu einem Bildungsabbau. Da die Regierung überall Einsparungen treffen muss, ist der Entschluss, im Bereich Bildung die Zoo- Subventionen zu streichen, vertretbar. Lehrpersonen, die den Zoo als Bildungszentrum ansehen, werden auch künftig eine Exkursion dorthin durchführen können. Vielleicht wird durch diese Sparmassnahme auch der Weg für alternative Formen der Beobachtung von heimischen Tieren geebnet.
 

Späterer Schulbeginn und Mittagstisch fallen durch

Seit dem Schuljahr 2016/17 haben zahlreiche Klassen an der Sekundarschule Aesch am Morgen jeweils eine Stunde später Schule, dafür jedoch an keinem der fünf Nachmittage frei. Dies führte bei Schüler/-innen und Eltern zu grosser Verärgerung, zumal die Schulleitung diese Stundenplanänderungen ohne Einbezug der Eltern umsetzte, so wie dies notwendig gewesen wäre. Der öffentliche Druck auf die Schulleitung und die Schulbehörden wuchs derart, dass diese handeln mussten.

Die Schulleitung führte bei den Schüler/-innen, Eltern und den Lehrpersonen eine umfassende Umfrage durch. Mehr als 300 Schüler/-innen nahmen teil. Die Umfrage darf auf Grund des hohen Rücklaufs als aussagekräftig bezeichnet werden. Die Ergebnisse könnten nicht deutlicher sein.

Schüler/-innen lehnen einen späteren Schulbeginn deutlich ab

Eine der Fragen lautete: Was ziehst du vor? Einen freien Nachmittag mit der Konsequenz, dass die Schultage länger werden und am Morgen 5 Lektionen stattfinden? Oder ein späterer Schulbeginn mit nur noch 4 Lektionen am Morgen und der Konsequenz, dass es möglicherweise keinen freien Nachmittag mehr gibt?

229 (= 72%) der Schüler/-innen lehnen den späteren Schulbeginn mit nur noch vier Morgenlektionen ab und wünschen sich stattdessen mindestens einen freien Nachmittag. Für den späteren Schulbeginn votierten lediglich 89 Schüler/-innen (= 28%).

Die Schüler/-innen bevorzugen mit deutlicher Mehrheit einen freien Nachmittag. Dieser garantiert ihnen Freiraum für ihre Hobbies sowie ihre sportlichen oder musikalischen Betätigungen. Optimal gelegen wäre der freie Nachmittag am Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag. Dadurch wird der monotone Tagesablauf von fünf vollen Tagen innerhalb der Woche unterbrochen. Die eingesparte Morgenlektion um 7.30 Uhr bringt nichts – die Schüler/-innen stehen kaum früher auf, sondern schlafen eine Stunde länger, gehen dafür am Vorabend eine Stunde später ins Bett. Erst ein freier Nachmittag ermöglicht hingegen ein echtes alternatives Programm zur Schule.

Mittagstisch ist uncool

Interessant war auch die Frage bezüglich der Länge der Mittagspause. Soll die Mittagspause auf eine Stunde reduziert werden, mit der Möglichkeit einen Mittagstisch zu benutzen, oder soll die Mittagspause 1.5 bis 2 Stunden lang sein, so dass die Schüler/-innen in der Regel über Mittag nach Hause können?

Lediglich 56 Schüler/-innen (17%) stimmten für eine kurze Mittagspause von nur einer Stunde, 261 Schüler/-innen (81%) wünschen sich eine lange Mittagspause zwischen 1.5 und 2 Stunden, so wie dies heute der Fall ist.

Interessant ist auch die Frage, ob die Schüler/-innen den Mittagstisch benutzen würden, wenn die Mittagspause verkürzt wird und sie über Mittag gegebenenfalls nicht mehr nach Hause können. Lediglich 9% der Schüler/-innen würden den Mittagstisch benutzen. 91% würden sich offensichtlich eine andere Lösung suchen: Ein wuchtiges und vernichtendes Urteil für den Mittagstisch.

Sekundarschüler/-innen wollen offensichtlich entweder zuhause essen oder selbständig ihr Mittagessen auswärts organisieren und in ihrer Peer-Group einnehmen. Sie wollen selbst verantwortlich sein und nicht auch noch am Mittag unter der Aufsicht von betreuenden Erwachsenen stehen, wie dies bei einem Mittagstisch der Fall wäre. Dieses deutliche Abstimmungsergebnis ist nachvollziehbar und gehört zum Entwicklungsstand von Schüler/-innen der Sekundarstufe 1. Sie brauchen ihre Freiräume, ihre Selbständigkeit und auch Distanz von der Schule. Ein Mittagstisch mag aus ihrer Sicht vielleicht für die Primarstufe passen – auf der Sekundarstufe 1 ist es nur noch uncool.

Die Starke Schule Baselland fordert die Schulleitung und die Schulbehörde aufgrund des klaren Abstimmungsergebnisses der Direktbetroffenen auf, diesen Schulversuch auf Ende dieses Semesters zu beenden und allen Schüler/-innen mindestens einen freien Nachmittag zu ermöglichen.  

Die vollständige Umfrage der Sekundarschule Aesch können Sie hier einsehen.
 

Für Stoffpläne statt Kompetenzen

Interview mit Jürg Wiedemann, erschienen in der BaZ vom18.11.2016

BaZ: Die letzten Wahlen haben die Prioritäten der Baselbieter Bildungspolitik völlig verändert. Sie haben damals die Wahl der heutigen Bildungsdirektorin Monica Gschwind unterstützt. Sind die von ihr angestrebten Ziele der Bildungspolitik auch Ihre?
Jürg Wiedemann:
Die Bildungsziele, welche Monica Gschwind anstrebt, entsprechen weitgehend meinen. Durch ihre strategisch gute Arbeit hat sie mitgeholfen, die Sammelfächer zu verhindern. Jetzt möchte sie die Einführung des neuen Lehrplans Volksschule Baselland um zwei Jahre auf 2020/2021 verschieben. Damit kann dieser mit Stoffinhalten ergänzt werden. Die Entwicklung von Stoffverteilungsplänen, wie sie Monica Gschwind nennt, ist eine aufwendige Arbeit – da müssen wir uns nichts vormachen. Das braucht genügend Zeit, insbesondere auch, um den neuen Lehrplan in die Vernehmlassung zu schicken und die Akzeptanz bei den Lehrpersonen zu prüfen. Dieses Vorgehen befürworte ich.

Die vielen Reformen im Baselbiet wurden mit dem sogenannten Marschhalt gebremst. Bildungsdirektorin Gschwind sagt, jetzt sei in den Schulen wieder mehr Ruhe eingekehrt. Glauben auch Sie das?
Am unruhigsten war es im letzten Amtsjahr von Gschwinds Vorgänger Urs Wüthrich. Die Wahl von Monica Gschwind hat wesentlich zur Beruhigung beigetragen, ebenso die Einsetzung der Arbeitsgruppe Marschhalt. Auch die durchgeführte Umfrage bei den Lehrpersonen zu den Bildungs­reformen und die Absicht der Bildungsdirektorin, die anstehenden kantonalen Volksinitiativen der Starken Schule Baselland schnell zur Abstimmung zu bringen und die Ergebnisse in den neuen Lehrplan einfliessen zu lassen, erhöhten das Vertrauen. Leider versucht die SP, eine Unruhe zu konstruieren, die es so nicht gibt, auch wenn die Sparmassnahmen in der Bildung da und dort klar zu weit gehen.

Eines hat sich trotz dem Wechsel an der Spitze der Bildungsdirektion nicht verändert: Es werden laufend neue Volks­initiativen gestartet. Braucht es diese Opposition von der Strasse überhaupt noch?
Keine der Initiativen ist aufgrund der Politik von Monica Gschwind lanciert worden. Das gilt sowohl für die beiden Fremdsprachen-Initiativen als auch für die Lehrplan-Initiative. Alle drei streben Korrekturen von Reformen an, die noch von alt Regierungsrat Urs Wüthrich eingeleitet wurden.

Das mag für die Initiativen des Komitees Starke Schule Baselland zutreffen. Es wurden aber auch zwei Initiativen gegen die Sparpläne der neuen Regierung lanciert. Auch bei diesen Initiativen sind Sie Mitglied des Initiativkomitees.
Sie sprechen die beiden Volksinitiativen des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) an. Die Lancierung muss der LVB begründen. Die Stossrichtung halte ich aber für richtig. Deshalb unterstütze ich beide Anliegen, die das direkte Arbeitsumfeld in den Schulen und damit gewerkschaftliche Themen betreffen – im Unterschied zur Starken Schule, die sich vorwiegend mit dem Bildungssystem befasst.

Weshalb tanzen Sie auf mehreren Hochzeiten? Sie sind Mitglied des Landrats, aber dennoch bei allen Volksinitiativen mit dabei. Jetzt könnte es sich doch lohnen, die Anliegen in der neuen Zusammensetzung im Landrat durchzusetzen?
Im Landrat gibt es nur eine Mehrheit für die Anliegen der Starken Schule, welche die unsäglichen Bildungs­reformen stoppen. Für gewerkschaft­liche Anliegen und wenn es um das Verhindern von Sparmassnahmen geht, finde ich keine Mehrheit.

Wollen Sie in diesem Bereich mit dem nötigen Druck aus dem Volk den Geldhahn wieder öffnen?
Ja, deshalb braucht es einen Volksentscheid. Eine gute Bildung ist der Schlüssel für den Erfolg und den Wohlstand unserer Gesellschaft.

Sprechen wir noch über die Lehrpläne für die Primar- und Sekundarschule. Angekündigt sind Stoffverteilungspläne in Ergänzung zu den Kompetenzen des Lehrplans 21. Weshalb halten Sie und die Starke Schule dennoch an einer Volksinitiative fest, die Stufenlehrpläne fordert. Genügen Ihnen die Ankündigungen von Frau Gschwind nicht?
Zwischen der Variante, wie sie Frau Gschwind möchte und wie sie die Starke Schule vorzieht, gibt es eine wesentliche Differenz. Der kompetenzlastige Lehrplan 21 propagiert das selbst organisierte Lernen in Grossraumschulzimmern, die be­schönigend als Lernlandschaften bezeichnet werden. Die Lehrpersonen werden zu Lerncoaches degradiert und erteilen kaum mehr einen fundierten Unterricht. Das wollen wir nicht. Deshalb möchten wir, dass der neue Lehrplan Stoffinhalte und Themen enthält und die abstrakten Kompetenzbeschreibungen in einem un­verbindlichen Anhang formuliert werden. Dadurch können wir die vom Lehrplan 21 propagierte Unterrichts­ideologie, die alle über einen Kamm schert, verhindern.

Wie wollen Sie solche Nuancen der Bevölkerung vor einer Volksabstimmung erklären? Ist es nicht eher Ihr Ziel, den Lehrplan 21 mitsamt seinen Tests und Schulabschlüssen zu eliminieren?
Die Volksinitiative hat zwei einfach formulierte Paragrafen, die für alle verständlich sind. Und, ja, die neu konzipierten Checks sind in der Tat suboptimal. Die Vorbereitung darauf braucht viel Zeit, die dann im Unterricht fehlt. Sie erzeugen einen unnötigen Druck auf die Lernenden.

Wenn Sie mit der Volksinitiative den auf Kompetenzen basierenden Lehrplan 21 aushebeln, verhindern Sie die Vergleichbarkeit der Leistungen zwischen den Kantonen. Mit Absicht?
Der Lehrplan 21 ist mit seinen 3500 kaum umsetzbaren Kompetenzbeschreibungen, die jede Lehrperson anders interpretieren kann, derart umfangreich, dass die Vergleichbarkeit ohnehin unmöglich ist. Um eine echte Harmonisierung und damit eine Vergleichbarkeit der Leistungen zu erzielen, braucht es für jedes Schuljahr klar definierte Stoffinhalte.

Sie fokussieren auf die Sekundarschule?
Auf der Sekundarstufe richtet der Lehrplan 21 das grössere Unheil an als auf der Primarstufe.

Künftig will die Bildungsdirektion die einzelnen Stufen weniger ins Zentrum rücken. Unterstützen Sie es, dass stärker als bisher die Laufbahnorientierung im Vordergrund steht?
Die Laufbahnorientierung ist wichtig. Es darf nicht das Ziel sein, möglichst viele ins Gymnasium zu bringen. Der duale Bildungsweg mit der Berufsmatur muss gestärkt werden. Ich lehne es im Gegensatz zu einigen bürgerlichen Bildungspolitikern je­­doch ab, dass die Leistungshürden für den Gymnasiumseintritt erhöht werden. Wichtiger fände ich, den dualen Weg attraktiver zu gestalten.

Unter Druck stehen die Brückenangebote, für die Sie sich schon früher engagiert haben. Heute verfolgt Baselland das Ziel, dass die Ausbildung schon in der Sekundarschule zielgerichteter erfolgt, sodass es weniger Zusatzschlaufen braucht.
Brückenangebote bauen Brücken zwischen der obligatorischen Schule und der beruflichen Arbeitstätigkeit. Einige Schülerinnen und Schüler machen erst spät den Knopf auf und erreichen die Lernziele in der Volksschule nicht. Für sie sind diese Brückenangebote sinnvoll. Die Jugend­lichen erhalten Zeit, sich zu festigen. Das heutige Angebot sollten wir deshalb nicht einschränken.

Bildungsdirektorin Gschwind nimmt auch Einfluss auf die Lehrerausbildung der vier Nordwestschweizer Kantone und hat auch dazu beigetragen, dass Verbesserungen möglich wurden. Weshalb kämpfen Sie dennoch mit einer Volksinitiative gegen die Anstellung von Seklehrern, die von der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz, der PH, ausgebildet werden?
Die Sekundarschulen benötigen für die drei Leistungsprofile Lehrpersonen mit unterschiedlichen Stärken. Für Lehrpersonen, die an den Sekundarschulen das allgemeine Leistungsniveau A unterrichten möchten, ist die integrative Ausbildung an der PH gut. Für Lehrpersonen, welche jedoch die beiden anspruchsvolleren Leistungsniveaus E und P unterrichten wollen, ist die Fachausbildung an der PH quantitativ und qualitativ ungenügend.

Die Initiative verlangt aber nur ein Anstellungsverbot für PH-Abgänger? Es gäbe dann Lehrer, die im Baselbiet angestellt werden könnten, und solche, die nur noch in allen anderen Kantonen angestellt werden könnten.
Nein, das stimmt nicht. Weiterhin könnten alle im Baselbiet unterrichten. Diejenigen mit integrativem Ausbildungsweg an der PH erhielten jedoch nur befristete Arbeitsverträge. Das Ziel dieser Lenkungs-Initiative ist es, dass mehr Studierende die schwierigere Fachausbildung an der Universität absolvieren. Davon würden die Schulen profitieren. Dieser Ausbildungsweg dauert heute aber ein Jahr länger und führt erst noch zu einer schlechteren Entlöhnung, obwohl die Ausbildung fundierter ist als an der PH. Monica Gschwind beabsichtigt, diese Ungleichbehandlung auszumerzen und die tieferen Löhne nach der universitären Ausbildung anzuheben. Ich bin unsicher, ob diese Massnahme genügt. Falls ja, dann könnte die Initiative zurückgezogen werden.

Wann wollen Sie sie zurückziehen? Sie ist bereits abstimmungsreif.
Im Februar wird noch nicht darüber abgestimmt. Es bleibt also noch etwas Zeit. Dieses Thema werden wir sicher mit Monica Gschwind besprechen, auch einen allfälligen Rückzug.

Zum Schluss noch eine Frage zu den Fremdsprachen. Wie stehen Sie zu den Absichten des Bundes, den Kantonen dreinzureden?
Die Kantone sind zerstritten, sie können sich nicht einigen. Deshalb verstehe ich, dass der Bund Leitlinien erstellen will. Mit der Variante, in der Primarschule mit einer Landessprache zu beginnen und diese an der Sekundarschule lückenlos weiterzuführen, kann ich sehr gut leben. Das wäre auch mit unserer Initiative für nur eine Fremdsprache auf der Primarstufe vereinbar.
 

Initiative erfolgreich eingereicht

Am 27. Oktober reichten wir die Initiative „Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen“ mit 2'602 Unterschriften. Notwendig gewesen wären 1‘500 Unterschriften.

Mit der Initiative möchten wir die von der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) gewünschte neue Unterrichtsphilosophie verhindern, welche der Lehrplan 21 propagiert. Das Kernelement dieser Unterrichtsphilosophie ist das sogenannte „Selbstorganisierte Lernen“ in Grossraum-Zimmern, in welchen bis zu 72 Schüler/-innen sich weitgehend selbst überlassen arbeiten. Wir befürchten darin einen klaren Bildungsabbau, insbesondere bei den Schüler/-innen aus den Leistungsprofilen A und E und denjenigen, die über keine überdurchschnittliche Reife und Organisationsfähigkeit verfügen.

Die Initiative verlangt, dass der neue Lehrplan Volksschule Baselland, der frühestens auf das Schuljahr 2018/19 in Kraft gesetzt wird, ausschliesslich aus Stoffinhalten und Themen besteht. Die 3‘500 teilweise diffusen und abstrakten Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans 21 werden in einem unverbindlichen Anhang formuliert und dienen den Lehrpersonen als Hilfeleistung.

Rückzug der Harmos-Ausstiegsinitiative

Der Vorstand der Starken Schule beabsichtigt die Harmos-Ausstiegsinitiative zurückzuziehen. Während die EDK den Lehrplan 21 noch im Jahr 2014 für alle Harmos-Kantone als verbindlicher Lehrplan erklärt hat, gilt dieser heute nur noch als unverbindliche Mustervorlage, an den sich die Kantone anlehnen können. In der Ausgestaltung der eigenen Lehrpläne sind sie jedoch frei. Die Ausstiegs-Initiative, so wertvoll und wichtig sie damals war, heute ist sie faktisch irrelevant geworden. Mit der Initiative konnten wir erfolgreich unseren bildungspolitischen Handlungsspielraum erwirken. Über den definitiven Rückzug der Initiative entscheiden die Mitglieder des Initiativkomitees.

PK_2016-10-27

PK_2016-10-27_Bild2Foto z.V. gestellt: BaZ

Informationen zur Pressekonferenz vom 27.10.2016 finden Sie hier.
 

Gastbeitrag von Alina Isler (Vorstandsmitglied Starke Schule) am 15.10.2016 in der Basler Zeitung

Frustrierte SP schwärzt Starke Schule an

Irgendwie ist es nachvollziehbar, dass SP-Fraktionspräsidentin Miriam Locher und Jungpolitiker Jan Kirchmayr frustriert sind. Ihre Bildungspolitik befindet sich in einer Sackgasse und ein Ausweg muss her, notfalls auch mit Anschwärzen und Verunglimpfen. Zu spüren bekommt das auch die Starke Schule Baselland beziehungsweise ihre Vorstandsmitglieder, die hin und wieder auf eine etwas hilflose Art schlecht­­geredet werden.

Der Vorstand der Starken Schule Baselland wird sich in seiner Arbeit dadurch nicht beeinflussen lassen. Zu erfolgreich war das Mitte-links-Komitee mit seinen stetigen Bemühungen in den vergangenen Jahren: Die unsäg­lichen Sammelfächer konnten beerdigt, die von alt Regierungsrat Urs Wüthrich angestrebte Erhöhung der maximalen Klassengrössen auf 26 Schüler/-innen pro Klasse abgewendet sowie die Ab­schaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule (KVS) und der zweijährigen Berufsvorbereitenden Schule (BVS 2) verhindert werden. Der Lehrplan 21 und das Fremdsprachenprojekt Passepartout werden aufgrund des aufgebauten Drucks von Eltern und Lehrpersonen überarbeitet und an die Verhältnisse in unserem Kanton angepasst.

Der erfolgreiche Reformstopp, den Regierungsrätin Monica Gschwind in den vergangenen eineinhalb Jahren mit ihrer wohlüberlegten Strategie der «Konsenssuche» realisieren konnte, ist bemerkenswert: Statt dem Lehrplan 21 haben die Sekundarschulen einen brauchbaren Übergangslehrplan mit einer neuen, leicht angepassten Stundentafel erhalten, was zu einer starken Beruhigung an den Schulen führte. Zurzeit arbeitet die Bildungsdirektion an der Ausarbeitung des neuen Lehrplans Volksschule Baselland, der frühestens ab Mitte 2018 in Kraft gesetzt werden soll und klar definierte Stoff­inhalte und Themen enthält.

Lehrplan 21 ein Risiko

Den entsprechenden Auftrag erhielt die Bildungsdirektorin vom Landrat, der die Motion Stufen­lehrpläne mit transparentem Inhalt von Landrätin Regina Werthmüller zur Umsetzung überwies. Die 3500 abstrakten, kaum umsetzbaren Kompetenzbeschreibungen hingegen verlieren an Bedeutung. Im Gegenzug werden Stoffinhalte und Themen im neuen Lehrplan Volksschule Baselland an Wichtigkeit gewinnen.

Dass den beiden SP-Politikern dieser Reformstopp und die kooperative und gute Zusammenarbeit zwischen der Regierung und der Starken Schule sauer aufstösst, liegt auf der Hand: Die immer klarer werdende Erkenntnis, dass ihre SP-Bildungspolitik der letzten zehn Jahre gescheitert ist, schmerzt heftig. Zu gerne würden die beiden an der Bildungsideologie festhalten, die nach der Harmos-Abstimmung von der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetüftelt wurde und mit dem kompetenzorientierten Lehrplan 21 endete.

Die Mehrheit der Lehrpersonen er­achtet den Lehrplan 21 jedoch als kaum umsetzbar: Er berge für die Schüler/-innen sogar ein erhebliches Risiko und führe zu einem Bildungsabbau – so das Fazit der Pädagoginnen und Pädagogen. Dies muss die SP-Spitze zur Kenntnis nehmen, wenn sie auch in Bildungsfragen wieder ernst genommen werden möchte.

Urs Wüthrich blieb zu lange

Die SP konnte die Bildungslandschaft unter der Führung von alt Regierungsrat Urs Wüthrich während vielen Jahren nach ihrem Gutdünken formen. Mit verhängnisvollen Folgen: Frust und Demotivation breiteten sich bei den Lehrpersonen aus, die Unruhe an den Schulen wuchs und wuchs. Urs Wüthrich geriet beim Lehrpersonal zunehmend ins Abseits.

Das Fass zum Überlaufen brachten dann seine Sparvorschläge kurz vor seinem Abgang, mit denen er den Lehrpersonen scheinbar nochmals so richtig eins auswischen wollte: Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der Pflichtstundenzahl für Fachlehrpersonen, der Streichung der Altersentlastung sowie der Reduktion des Freifachangebotes schürte er den Konflikt erneut und legte der neuen Bildungsdirektorin ein richtig dickes Ei ins Nest.

Die Parteileitung der SP Baselland hingegen hatte es verpasst, Regierungsrat Urs Wüthrich frühzeitig zum Einsehen zu bewegen – ein verhängnisvoller Fehler, der letztlich der SP den berechtigten und wichtigen Regierungsratssitz kostete. Die Bevölkerung hatte schlichtweg genug von diesen unsäglichen Bildungsreformen, die ohne Not die Schullandschaft verändern sollten. Immerhin haben wir unseren Wohlstand der guten Schulbildung unserer Gesellschaft zu verdanken. Das Urteil des Stimmvolkes war voraussehbar und klar: Ein Wechsel an der Spitze der ­Bildungsdirektion musste her.

Zunehmend zeigt sich, wie klug und wertvoll die Einsetzung der sogenannten «Marschhaltgruppe» zu Be­ginn der Amtszeit der neuen Bildungsdirektorin war. Praktisch alle wichti­- gen Bildungsgruppen (Amt für Volksschule, Präsidium der Schulleitungen, Bildungsrat, Amtliche Kantonalkonferenz, Starke Schule Baselland, Lehrerverband, VPOD und so weiter) nahmen unter Leitung der Bildungsdirektion an den Sitzungen teil. Die Lehrpersonen wurden erstmalig wirklich umfassend angehört. Sie konnten in einer breit angelegten Umfrage ihre Bedenken zu den Reformen äussern und diese wurden von der Bildungsdirektorin ernst genommen.

Bei den Lehrpersonen kehrte Ruhe ein – wissend, dass die Reformen überprüft und gestoppt werden.

Leserbriefe zu diesem Thema finden Sie hier.
 

Zolli-Eintritt – quo vadis?

Seit Jahren ist es den Baselbieter Schulkindern vergönnt, den Basler Zolli im Rahmen des Unterrichts gratis zu besuchen. Ein schöner Anblick, wenn Dreikäsehochs mit gelben Leuchtdreiecken in Zweierkolonnen mit grossen Augen die Tiere bestaunen. Unser Gerechtigkeitsgefühl reagiert sofort: Diese Freude darf den Kleinen nicht genommen werden, und das Innere gerät in Wallung. Wie immer, wenn Sparvorlagen emotional diskutiert werden, geraten aber die sachlichen Beurteilungen ins Hintertreffen.

Fakt ist, dass die Bildungsdirektion im Auftrag der Gesamtregierung Millionenbeträge einzusparen hat – nicht weil sie will, sondern weil sie muss. Woher nehmen und nicht stehlen, lautet eine bekannte Redensart. Seien wir ehrlich, wo die BKSD ein mögliches Sparpotential auch sieht, sofort stehen Partikularinteressierte bereit, sich als Bestohlene zu empfinden. Ebenfalls durchaus menschlich. Diese 85‘000 Franken werden eingespart werden, wo auch immer. Die Frage lautet nur: Wo schmerzt es die Schüler/-innen in ihrem Klassenzimmer und in ihrer Unterrichtsqualität am wenigsten? Lassen wir also das emotionsgeladene Bild der härzigen Kindergärtler für einen Moment aussen vor, denn sie geniessen sowieso einen Gratiseintritt. Primar- und Sekundarschüler würden einen Betrag von 10 Franken zu bezahlen haben. Für einen mehrstündigen Zoobesuch sicher nicht überrissen; ein Kinobesuch kostet sie mehr. Aus einem jahrelangen Goodwill darf nicht ein Gewohnheitsrecht abgeleitet werden.

Es bieten sich überdies zahlreiche Alternativen. Die Grün80 oder der Tierpark „Lange Erlen“ haben sich in den letzten Jahren zu wahren Schmuckstücke herausgeputzt, in dem es sehr viele heimische Tierarten zu bestaunen gibt. Gratis, notabene. Und wer als Lehrperson seiner Klasse nicht Tiere hinter Gitterstäben präsentieren möchte, die in unseren Breitengraden sowieso nicht vorkommen, organisiert eine Exkursion zu einem Bauern in der Region, wo die Kinder in einen echten Kontakt mit den Tieren treten können. Auch das Untersuchen eines Quadratmeters Waldboden kann einen Einblick in eine reiche Fauna bieten.  

Michael Pedrazzi, Allschwil
 

Starke Schule lehnt die Einmischung des Bundes ab

Die Harmonisierung des Sprachenunterschiedes ist bislang gründlich gescheitert: Während die sechs deutschsprachigen Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Solothurn, Bern, Wallis und Freiburg bereits in der dritten Primarschule mit Französisch und in der fünften mit Englisch beginnen, tun dies andere Kantone genau umgekehrt. Und in wiederum anderen Kantonen wird ab dem Schuljahr 2017/18 nur eine Fremdsprache in den Primarschulen unterrichtet. Die unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen der einzelnen Kantone waren ausschlaggebend, dass keine Einigkeit erzielt werden konnte. Während die deutschsprachigen Kantone, die an die welsche Schweiz grenzen, Französisch als erste Fremdsprache bevorzugen, unterstützen die anderen Kantone tendenziell Englisch als erste Fremdsprache.

Der Bundesrat will nun in die kantonale Bildungshoheit eingreifen und schlägt drei Varianten vor, wie auf Bundesebene das Sprachengesetz (SpA) angepasst werden könnte:

1.   Der Unterricht der zweiten Landessprache beginnt bis spätestens ab dem 5. Primarschuljahr (7. Schuljahr gemäss HarmoS-Zählung)

2.   Die erste Fremdsprache beginnt ab dem 3. Schuljahr, die zweite ab dem 5. Schuljahr. Eine der beiden Sprachen ist eine zweite Landessprache.

3.   Der Unterricht in der zweiten Landessprache beginnt auf der Primarstufe und dauert bis zum Ende der Sekundarstufe I.

Die Starke Schule Baselland hat im Frühling 2016 die kantonale Volksinitiative „Eine Fremdsprache auf der Primarstufe genügt“ eingereicht. Das Begehren fordert, dass Französisch in der Primarschule unterrichtet wird, die zweite Fremdsprache Englisch hingegen erst ab der Sekundarstufe 1. Zwei Fremdsprachen überfordern viele Schüler/-innen. Der Fremdsprachenunterricht in Englisch und Französisch ist in der fünften und sechsten Primarschule zusammen mit 4 – 5 Lektionen dotiert und damit zeitaufwändig. Dieser geht zu Lasten der musischen und kreativen Fächer, die bei den Schüler/-innen beliebt sind.

Nur die zweite vom Bund vorgeschlagene Variante würde der Forderung nach nur einer Fremdsprache an den Primarschulen widersprechen und damit ein Kernanliegen der Starken Schule Baselland tangieren. Ein neues Gesetz, welches die Kantone verpflichtet, zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe zu unterrichten, lehnt die Starke Schule aus pädagogischen Gründen dezidiert ab.

Die Varianten 1 und 3 wären mit unserer Initiative kompatibel. Gleichwohl lehnt die Starke Schule Baselland auch diese beiden Varianten ab.

Ausgestaltung und Organisation der Volksschulen obliegt weitgehend im Kompetenzbereich der Kantone. Ein Eingreifen des Bundes in die Bildungshoheit der Kantone im Zusammenhang mit dem Sprachenbeginn erachtet die Starke Schule für nicht gerechtfertigt und entspricht auch nicht der Tradition und der demokratischen Selbstbestimmung der Kantone.

Die drei vom Bund vorgeschlagenen Varianten führen zu keiner Verbesserung der Harmonisierung, weil nach wie vor grosse Differenzen zwischen den Kantonen möglich wären. Vielmehr macht es den Anschein, dass der Bund mit dieser vorgeschlagenen Gesetzesänderung diejenigen Kantone massregeln möchte, welche Englisch dem Französisch vorziehen und nur eine Fremdsprache an den Primarschulen anbieten wollen.
 

L`école c`est moi!

Frau Katja Christ, Basler Grossrätin und Präsidentin der GLP BS fragt „Wo bleibt die Debatte zur Bildungsreform“. Schwer anzunehmen, dass sie diese Frage primär für ihren (Halb-) Kanton Baselstadt stellt. Im benachbarten Baselland laufen die Diskussionen nämlich auf Hochtouren…

Die Antwort auf ihre Frage findet sich auf der neusten Publikation der Homepage der Starken Schule BL. Unter dem Titel: „Eymann sind bikantonale Bildungsdiskussionen ein Dorn im Auge“ schreiben die Verfasser wörtlich: „Regierungsrat Christoph Eymann war als leitendes Mitglied der EDK einer der Hauptverantwortlichen für diese ganzen Umstrukturierungen (gemeint ist im weitesten Sinne „HarmoS“ bzw. dessen Folgen – der Verfasser). Mit Kritik oder abweichenden Meinungen hat er besonders Mühe. In diesem Zusammenhang können bei ihm schon einmal Anstand und Fairness auf der Strecke bleiben. So schreckt er beispielsweise nicht zurück, die Wissenschaftlerin Simone Pfenninger (Universität Zürich), die kürzlich eine fundierte Studie zum Fremdspracherwerb publiziert hatte, öffentlich zu desavouieren, nur weil ihm ihre Resultate nicht ins Konzept passten.“

Eh voilà! Eymann gebärdet sich offenbar immer wieder als sonnenbeschienener Reformturbo, dem verschiedene Mittel recht zu sein scheinen: L`école c`est moi! Auch ich hatte das Vergnügen, in seinem vor längerer Zeit an mich persönlich adressierten Brief das Wort „dumm“ entgegennehmen zu müssen – dies als Reaktion auf meinen Leserbrief, indem ich zu bedenken gegeben hatte, die vier am Bildungsraum Nordwestschweiz beteiligten Kantone hätten das m. E. bewährte System 5/4 nicht so leichtfertig über Bord werfen müssen.

Widerspruch wird nicht toleriert – ein Zeichen starker Führung. Die Frage stellt sich, wie lange sich vor allem Eltern aktuell und künftig betroffener Schülerinnen und Schüler ein solches Gebaren noch gefallen lassen werden.

Daniel Vuilliomenet, Ettingen
 

Medienmitteilung der Starken Schule Baselland vom 4.10.2016

Eymann sind bikantonale Bildungs- diskussionen ein Dorn im Auge

Die Starke Schule Baselland nimmt zu den Vorwürfen von Regierungsrat Christoph Eymann anlässlich der Bildungsumfrage bei Basler Lehrpersonen in der vergangenen Woche wie folgt Stellung:

Die Grundidee der Harmos-Abstimmung war diejenige, die Schulen zu harmonisieren. Ziel war es, Familien künftig einen Wohnortwechsel innerhalb der Schweiz so zu erleichtern, dass sich für die Kinder dadurch keine schulischen Probleme mehr ergeben sollten. Um das und um nichts anderes ging es damals. Hinter diesem ursprünglichen Ziel steht die Starke Schule Baselland nach wie vor.

Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat den klaren Volksentscheid zum Anlass genommen, ein Projekt in die Wege zu leiten, von dem im Rahmen der gesamten Harmos-Debatte nie die Rede war. Unter Umgehung eines öffentlichen Diskurses veranlasste sie eigenmächtig die Entwicklung des sog. Lehrplans 21, welcher mit seiner Kompetenz-Lastigkeit einen eigentlichen Paradigmenwechsel im schweizerischen Schulsystem bedeutet. Die völlig neue Unterrichtsphilosophie formulierte die EDK in ihrem 2010 verabschiedeten „Grundlagenpapier für den Lehrplan 21“ in folgendem Wortlaut: „Mit der Kompetenzorientierung ergibt sich eine veränderte Sichtweise auf den Unterricht. Lernen wird verstärkt als aktiver, selbstgesteuerter, reflexiver, situativer und konstruktiver Prozess verstanden.“ (verabschiedet von der Plenarkonferenz der deutschsprachigen EDK-Regionen am 18.3.2010)

Im stillen Kämmerlein also waren die radikalen und folgenschweren Umbaupläne entstanden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hatte sich die EDK daran gemacht, einen fundamentalen, wissenschaftlich völlig unbegleiteten Umbau der Schweizer Schulen in die Wege zu leiten. Der Lehrplan 21 als reines Versuchs-Modell vom grünen Tisch ohne jegliche Erfahrungswerte bezüglich Praxistauglichkeit und Bildungsqualität. Für ein solch riskantes Experiment mussten entsprechend linientreue Arbeitsgruppen zusammengesetzt, Kritiker entfernt oder mundtot gemacht werden. Dazu passt auch, dass sie eine Stillhaltevereinbarung unterschreiben mussten. 

Als Folge der neuen Leitideen schiessen in vielen Kantonen, z.B. in Basel-Stadt, Lernlandschaften aus dem Boden. Im Kanton Basel-Landschaft konnte diese, mit teuren Folgekosten verbundene Entwicklung gestoppt werden. Einzig in Pratteln und Frenkendorf arbeiten bis zu 72 Schüler/-innen in solchen Grossraum-Klassenzimmern. Sie beschäftigen sich selbstorientiert an ihren persönlich eingerichteten, teilweise mit Wänden abgeschotteten Arbeitsplätzen. Kontrollen, ob ein Kind konzentriert arbeitet oder nicht, sind kaum mehr möglich. Im Rahmen von Lernlandschaften werden Lehrpersonen zu Lerncoaches degradiert und auch so benannt. Dies ist im Kanton Basel-Stadt bereits der Fall. Einen fundierten Fachunterricht erteilen Lehrpersonen immer weniger. Die Schülerschaft einer ganzen Generation wird auf dem Weg über die neue Unterrichtsideologie zum Versuchsobjekt.

Regierungsrat Christoph Eymann war als leitendes Mitglied der EDK einer der Hauptverantwortlichen für diese ganzen Umstrukturierungen. Mit Kritik oder abweichenden Meinungen hat er besonders Mühe. In diesem Zusammenhang können bei ihm schon einmal Anstand und Fairness auf der Strecke bleiben. So schreckt er beispielsweise nicht zurück, die Wissenschaftlerin Simone Pfenninger (Universität Zürich), die kürzlich eine fundierte Studie zum Fremdspracherwerb publiziert hatte, öffentlich zu desavouieren, nur weil ihm ihre Resultate nicht ins Konzept passten.

Im Zusammenhang mit der Lehrerbefragung macht Eymann der Starken Schule Baselland den Vorwurf, sie würde sich in inakzeptabler Form in die Angelegenheiten des Kantons Basel-Stadt einmischen. Bikantonale Diskussionen und eine verbesserte Zusammenarbeit unter den Lehrpersonen in der Nordwestschweiz scheinen ihm ein Dorn im Auge zu sein. Ausserdem blendet er aus, dass gerade er es ist, der eine Initiative des Lehrerverbandes BL im WOZ-Bildung-Interview vom 15. September 2016 als „idiotisch“ bezeichnete.

Die Starke Schule Baselland nimmt Herrn Eymanns Äusserungen zur Kenntnis und bedauert seinen offensichtlichen Versuch, bikantonale Bildungsdiskussionen unter den Lehrerinnen und Lehrern abwürgen zu wollen.
 

Gegen Sparen in der Bildung

Nicht nur in Baselland wehren wir uns, wenn es um das unnötige und ineffiziente Sparen in der Bildung geht. Die 18-jährige Maturandin Anna Püntener aus Zürich hat für das Journal21 einen offenen Brief an die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner geschrieben, mit der Aufforderung zurückzutreten. Püntener kritisiert vor allem die Sparmassnahmen, die zum Beispiel dazu führen, dass die Aufnahmebedingungen für das Gymnasium verschärft werden. Dies führe dazu, dass die Chancengleichheit vermindert wird, da sich nur noch gut situierte Schüler/-innen teure Prüfungsvorbereitungen leisten könnten.

Hier geht es zum kompletten Artikel.
 

Unterschriften Lehrplan-Initiative

Die Sammlung der Unterschriften für die Initiative "Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen" läuft bisher sehr gut! Damit keine Unterschriften verloren gehen, würden wir uns freuen, wenn Sie uns Ihre Unterschriftenbogen möglichst schnell zurücksenden.
 

24 Schulkinder sind das Maximum

Im Baselbieter Bildungsgesetz steht im §11 festgeschrieben, dass es pro Schulklasse auf der Sekundarstufe 1 in den Niveaus E und P maximal 24 Schulkinder geben darf (im Niveau A maximal 20). Seit dem neuen Schuljahr sind im Kanton jedoch mehrere Klassen bekannt, die sich an diese Maximalzahlen nicht halten. An der letzten Landratssitzung vom 9. September 2016 wurde Regierungsrätin Monica Gschwind diesbezüglich denn auch von links bis rechts kritisiert.

Weil die Bildung von neuen Klassen wenn immer möglich aus Spargründen verhindert werden soll, wurden laut der Bildungsdirektorin in Laufen, Oberwil, Reigoldswil und Oberdorf insgesamt 8 Klassen bewilligt, die 25 oder sogar 26 Schulkinder zählen. Zusätzlich wurde von der basellandschaftlichen Zeitung auch in Allschwil nachgefragt, wo laut Schulleitung fünf Klassen geführt werden, die in einigen Fächern mehr wie 24 Schulkinder zählen. Die Überschreitung der Maximalzahl kommt daher, weil Schüler/-innen aus der Fremdsprachenklasse in einzelnen Fächern in Regelklassen integriert werden. Beispielsweise gibt es Schulkinder, die genügend gut Deutsch sprechen, um den Mathematikunterricht in einer Regelklasse zu besuchen. Wenn diese jedoch bereits 24 Schulkinder umfasst, dann kann durch die Integration von Schulkindern aus der Fremdsprachenklasse im Fach Mathematik die Maximalzahl überschritten werden. Da das Amt frür Volksschule (AVS) die Teilintegration der Schüler/-innen aus den Fremdsprachenklassen in Regelklassen nicht kennt, weil dies innerhalb der Schule geregelt wird, entsprechen die von ihr genannten 8 Klassen, in denen die Maximalzahl überschritten ist, in keinster Weise der Realität.

Als Zückerchen werden den Lehrpersonen, die Schulklassen mit mehr als 24 Schulkindern unterrichten, sogenannte zusätzliche Ressourcen angeboten. Zum Beispiel werden Fächer teilweise in Halbklassen unterrichtet, damit zumindest in einzelnen Stunden nicht derart viele Schulkinder im selben Raum sitzen und eine individuellere Förderung stattfinden kann.

Trotzdem kann es nicht angehen, dass der Paragraph 11 im Bildungsgesetz, der die Höchstzahl der Klassen bei 24 Schulkindern festschreibt, einfach übergangen wird. Monica Gschwind ist aufgefordert, hier schnellstmöglich korrigierend einzugreifen, damit alle Klassen auf maximal 24 Kinder gesenkt werden.
 

Aargau hält an bisherigem Fremdsprachenunterricht fest

Im Kanton Aargau wird es in Sachen Fremdsprachenunterricht bis frühstens 2020/2021 keine Änderungen geben. Obwohl die Sprachenstrategie der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) eine erste Fremdsprache ab der dritten Primarklasse und die zweite ab der fünften Primarklasse vorsieht, soll im Aargau die zweite Fremdsprache (Französisch) weiterhin erst ab der sechsten eingeführt werden. Aargau hält an dem bisherigen Konzept fest, weil auch viele andere Entscheide - zum Beispiel die Einführung des neuen Lehrplans - erst 2020/2021 durchgeführt werden. Auch der Ausgang der Abstimmung im Februar über die Einführung oder Ablehnung des Lehrplans 21 wird den Entscheid beeinflussen, ob der Fremdsprachenunterricht allenfalls auch nach 2020/2021 so fortgeführt wird wie bis anhin. Das Festhalten an der momentanen Fremdsprachensituation im Aargau zeigt, dass auch dort die Meinung zählt, dass der frühe Beginn mit einer Fremdsprache nicht unbedingt von Vorteil ist. 

Die Volksinitiative der Starken Schule Baselland geht noch einen Schritt weiter und will, dass auf der Primarstufe nur noch eine Fremdsprache unterrichtet werden soll. Damit dabei nicht gegen die verlangte Harmonisierung des Sprachenunterrichts verstossen wird, soll hier jedoch weiterhin Französisch als erste Fremdsprache (und gleichzeitg Landessprache) eingeführt werden und Englisch erst auf der Sekundarstufe dazukommen. Dies hätte zur Folge, dass sich die Schulkinder nicht bereits in so jungen Jahren - wenn sie teilweise nur wenig Kenntnisse in der deutschen Sprache haben - mit zwei Fremdsprachen abmühen müssten und sich auf wichtige Kernfächer konzentrieren könnten. Studien zeigen weiterhin, dass es für Schulkinder in fortgeschrittenem Alter nicht schwieriger ist, eine Fremdsprache zu erlernen, da sie dann bereits fortgeschrittenere Kentnisse in der Erstsprache (Deutsch) haben und diese anwenden können.
 

Eindrückliche Umfrageergebnisse

Die Zeitung 20 Minuten hat im Juli auf ihrer online Homepage zwei Umfragen zum Thema Lehrplan 21 gestartet und dabei sind Ergebnisse herausgekommen, die eindrücklich sind. Die erste Umfrage wurde im Rahmen der Lancierung der Initiative "JA zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen" gestartet.

Die an die Leser/-innen gerichtete Frage lautete: "Was halten Sie von der neuen Initiative des Komitees Starke Schule Baselland?". Insgesamt haben 398 Personen ihre Stimme abgegeben (Stand: 18.07.2016).
 

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 59% der Befragten, die Lancierung der Initiative befürworten. 36% der Befragten sind dagegen und 5% haben noch nie vom Lehrplan 21 gehört. (Quelle: 20 Minuten. "Starke Schule Baselland will Lehrplan umbauen.")

Grund für die zweite Umfrage, die am 11. Juli auf der online-Seite von 20 Minuten gestartet wurde, war ein Interview mit Landrat Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige), der darin seine Kritikpunkte am Lehrplan 21 nennt (Interview siehe weiter unten). Da es im Artikel inhaltlich um den Lehrplan 21 ging, lautete die Frage dieses Mal: "Was halten Sie vom Lehrplan 21?". 190 Personen haben ihre Stimme abgegeben. (Stand: 18.07.2016)
 

 

17% der Personen haben sich für den Lehrplan 21 ausgesprochen und sehen ihn als Zukunft der Bildung. 79% sind dafür den Lehrplan sofort abzuschaffen und 4% interessieren sich nicht für Bildung.

Uns ist bewusst, dass beide Umfragen nicht repräsentativ sind, da mit 398 resp. 198 relativ wenige Personen Stellung bezogen haben. Trotzdem zeigen beide ein klares Bild auf: Bei beiden Umfragen gibt die Mehrheit der Personen an, gegen den Lehrplan 21 zu sein.
 

Interview mit Landrat Jürg Wiedemann, erschienen am 11. Juli in 20 Minuten

Herr Wiedemann, das Komitee Starke Schule lancierte vor wenigen Tagen seine zwölfte Initiative. Diese will den Lehrplan 21 umbauen. Was stört sie an diesem?
Der Lehrplan 21 bringt eine völlig neue Ideologie in den Unterricht. Diese geht in die Richtung selbstorganisiertes Lernen. Dabei werden die Schulkinder sich selber überlassen. Die Lehrpersonen werden zu Lerncoaches degradiert und erteilen keinen fundierten Unterricht mehr. Dies führt zu einem Bildungsabbau.

Ihre neue Initiative verlangt «klare Themendefinitionen statt diffuse Kompetenzbeschreibungen». Wie sollen diese ihrer Meinung nach aussehen?
Die Lehrperson muss wissen, was sie in welchem Schuljahr behandeln muss. Deshalb sind die Stoffinhalte entscheidend. Die Kompetenzbeschreibungen des Lehrplan 21 sind sehr diffus, nicht messbar und können unterschiedlich interpretiert und umgesetzt werden. Das trägt wenig zur Harmonisierung unserer Schulen bei.

Dann wird statt nach Lehrplan nach dem Gesetz unterrichtet. Ist das nicht das Gegenteil einer starken Schule?
Im Bildungsgesetz werden zahlreiche Leitplanken vorgegeben. Eine weitere könnte sein, dass die Lehrpläne klar definierte Lerninhalte enthalten. Beim Inhalt darf es keinen Interpretationsspielraum geben. Algebra kann nicht in einer Klasse im zweiten und in einer anderen im dritten Sekundarschuljahr unterrichtet werden. Was Lehrpersonen benötigen, ist jedoch Methodenfreiheit. Genau diese schränkt der Lehrplan 21 massiv ein. Er erzwingt unter anderem das selbstorganisierte Lernen, mit dem viele – vor allem leistungsschwächere Kinder – erhebliche Mühe haben. Wir wollen fachlich und methodisch fundierte Lehrpersonen, die alle Jugendlichen gleichermassen fördern.

Ihr Komitee hat kürzlich schon die Sammelfächer zu Fall gebracht. Wer macht denn nun die Bildungspolitik im Baselland? Sie oder Bildungsdirektorin Monica Gschwind?
Die Eckpfeiler gibt das Volk und die Politik an. Selbstverständlich muss Monica Gschwind die Bildungspolitik umsetzen. Sie macht bislang eine gute Arbeit. Mit ihrer guten Aufklärungspolitik während der Abstimmungskampagne hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass die Sammelfächer verhindert werden konnten.

Monica Gschwind ist eigentlich ihre Chefin, aber Sie bestimmen weitgehend ihre Politik. Warum kandidierten Sie nicht selbst für Gschwinds Regierungsratsamt?
Ich würde die Arbeit bei weitem nicht so professionell machen wie Monica Gschwind. Unsere Politik richtet sich nicht gegen sie sondern gegen Auswüchse der Bildungsreformen. Als Regierungsrätin kann sie sich aber nicht mehr so pointiert dagegen äussern. Wir haben viele Initiativen eingereicht, die sich gegen das Gedankengut richten, das die Verwaltung während der Ära von alt Regierungsrat Urs Wüthrich ausgeheckt hat. Monica Gschwind muss das jetzt ausbaden. Unsere Initiativen stärken auch ihre Position, wenn sie innerhalb der Verwaltung in diese Richtung arbeitet.

Manche Leute werfen Ihnen vor, eigennützig zu handeln. Das Politblog arlesheimreloaded schreibt: «Nichts kümmert diesen Streitbaren mehr als die Frage: Wie kann ich das Baselbieter Schulsystem nach meinem Gusto zurechtbiegen?» Wie legitimieren Sie ihr politisches Handeln?
Das Volk hat am 5. Juni zwei unserer drei Initiativen angenommen. Es unterstützte unsere Kampagnen gegen die Abschaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule sowie der Berufsvorbereitenden Schule. Wir konnten die Verkleinerung der Klassengrössen von 26 Kindern auf 24 erzwingen. Die grosse Unterstützung des Volkes bestätigt, dass wir mit unseren Anliegen nicht ganz falsch liegen.
 

Starke Schule lanciert neue Initiative

Lehrplan mit klaren Inhalten statt diffusen Kompetenzbeschreibungen

Heute, am 7. Juli 2016, lanciert die Starke Schule Baselland die Initiative "Ja zu Lehrplänen mit klar definierten Stoffinhalten und Themen". Bis Ende Oktober möchten wir die notwendigen 1'500 Unterschriften sammeln.

Die formulierte Gesetzesinitiative (siehe Unterschriftenbogen) will mit einem neuen Artikel im Bildungsgesetz verankern, dass die Stufenlehrpläne der Volksschulen ausschliesslich Stoffinhalte und Themen enthalten und dass diese massgebend sind. Kompetenzbeschreibungen sollen in einem separaten Anhang aufgenommen werden und den Lehrpersonen als Hilfeleistung dienen.

Mit dieser Initiative würden als Grundlage für den Unterricht auch künftig Inhalte und Themen dienen und nicht 3'500 teilweise abstrakte oder diffuse Kompetenzbeschreibungen, die kaum messbar sind und die jede Lehrperson anders interpretieren kann. Eine echte Harmonisierung der Schulen kann nur erreicht werden, wenn die Lerninhalte für jedes Fach und jedes Schuljahr klar definiert sind. Wechselt eine Familie ihren Wohnort von A nach B, erhalten die Kinder in der Schule fachliche Schwierigkeiten, wenn der Unterrichtsstoff nicht übereinstimmt. Dies war auch der Grundgedanke bei der Harmos-Abstimmung.

Bereits heute spielen Kompetenzen im Unterricht eine wichtige Rolle, die von Lehrpersonen durch ihren Stoffplan erreicht werden. Massgebend müssen aber auch künftig die Stoffinhalte und Themen bleiben. Nicht umsetzbare Kompetenzbeschreibungen als Mass aller Dinge im Lehrplan festzuschreiben, ist ein Rückschritt in den Bestrebungen die Schulen zu harmonisieren. Deshalb soll ein Katalog mit sinnvollen Kompetenzbeschreibungen in einem Anhang zu den Stufenlehrplänen aufgenommen werden und den Lehrpersonen als Hilfeleistung dienen.

Mit dieser Initiative wird auch die neue Philosophie "selbstorientiertes Lernen" (SOL) eingeschränkt. Diese neue Unterrichtsmethode zeichnet sich dadurch aus, dass die Schüler/-innen einen grossen Teil ihrer Unterrichtszeit z.B. in Grossraumklassenzimmern von bis zu 70 Kindern selber planen und organisieren müssen. Sie werden in dieser Zeit weitgehend sich selbst überlassen. Insbesondere leistungsschwächere Schüler/-innen haben damit erhebliche Schwierigkeiten und verfehlen die Lernziele deutlich. Die Schere zwischen den leistungsstärkeren und den leistungsschwächeren Schüler/-innen würde mit dem rein auf Kompetenzen aufgebauten Lehrplan 21 in der heutigen Version weiter auseinanderdriften.

Der Lehrplan 21 führt mittelfristig dazu, dass die Lehrpersonen die Schüler/-innen nicht mehr als Fachpersonen mit hoher Fachkompetenz unterrichten, sondern als Allrounder, die von vielem ein wenig, aber von nichts mehr ein fundiertes Wissen haben.  

Wir freuen uns, wenn Sie den Unterschriftenbogen ausdrucken und uns bis spätestens am 18. Oktober zurücksenden. Auf Wunsch senden wir Ihnen Unterschriftenbogen auch per Post zu.

Weitere Informationen finden Sie hier. Die Medienmitteilung zum Lancierungsstart der Initiative finden Sie hier.

Politische Fairness

von Alain Pichard, Felix Schmutz, Philipp Loretz, Urs Kalberer, Roland Stark, Hanspeter Amstutz. Erschienen in der BaZ vom 28.06.2016 in der Rubrik "Einspruch"

Einen Satz von Dr. Simone Pfenninger sollten sich alle Bildungspolitiker gut einprägen. Die Zürcher Sprachforscherin, die mit einer Studie belegte, dass Frühlerner gegenüber Spätlernen keinerlei Vorteile aufweisen, sagte: "Die Politik sollte endlich in einen ergebnisoffenen Dialog mit der Wissenschaft eintreten, der auf Fakten beruht!"
Was dann folgte, ist bekannt: Der Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann liess zunächst verlauten: "Ich vertraue mehr auf Gespräche als auf Studien." Dann qualifizierte er in seiner Antwort auf eine Interpellation der Grossrätin Katja Christ die Pfenninger-Studie kurzerhand als "unwissenschaftlich". Schliesslich musste er zurückkrebsen: "Dazu muss ich ganz klar sagen, dass meine Kritik nicht auf die Studie und schon gar nicht deren Verfasserin zielt." (Basler Schulblatt, 11.06.2016)
Kurz darauf aber behauptete Eymann an einer Info-Veranstaltung des Basler Erziehungsdepartements erneut, dass die besagte Studie nichts über das Passepartout-Projekt aussage und deshalb nicht berücksichtigt werden könne (20..06.2016). Er bezeichnete den Beitrag eines Lehrers, der von den Anwesenden mit viel Applaus bedacht wurde, als unsachlich und polemisch - was von einem anderen Teilnehmer der Veranstaltung umgehend als vollkommen unbegründet zurückgewiesen wurde. In einem Interview mit der BaZ vom 24.06.2016 wiederholte Eymann seinen Vorwurf gegen ein Geschäfsleitungsmitglied des Basellandschaftlichen Lehervereins sogar.

Fazit: Unbequeme Befunde oder nur schon andere Meinungen werden mit aggressiver Polemik überzogen. Herr Eymann wirft allen kritischen Stimmen pauschal Unsachlichkeit und "Stammtischniveau" vor, schreckt selber aber regelmässig nicht vor unhaltbaren Aussagen zurück. Wenn dieser Stil zum Massstab in einer Sache wird, bei der es um einen dreistelligen Millionenbetrag geht, dann ist das ein Armutszeugnis für die politische Kultur im Land. Wer so viel Geld in einen gigantischen Schulversuch investiert, muss sich Kritik stellen, aber mit Argumenten, nicht mit reflexartigen Rundumschlägen. Die kommenden Auseinandersetzungen um schulische Neuerungen werden zeigen, ob die verantwortlichen Bildungspolitiker und die BIldungsbürokratie insgesamt willens sind, zu den Regeln politischer Fairness zurückzukehren. Reformen, die von oben herab dekrediert werden, sind zum Scheitern verurteilt.

61% sagen JA zur Weiterführung der Einzelfächer

Zweimal JA und einmal NEIN, insgesamt ein sehr gutes Ergebnis.

  • Das wuchtige JA von 84.6% zu unserer Initiative „Bildungsqualität auch für schulisch Schwächere“ bedeutet den klaren Willen der Bevölkerung, dass im Baselbiet weiterhin ein kaufmännisches Brückenangebot bestehen muss. Nach diesem klaren Volksentscheid ist es nicht mehr opportun, die Kaufmännische Vorbereitungsschule (KVS) in Reinach und Liestal schliessen zu wollen; eine Schule, bei der über 96% der Abgänger/-innen optimale Anschlusslösungen finden. Dieses deutliche JA zeigt, dass die Starke Schule Baselland nicht nur bei den Lehrpersonen, sondern auch bei der breiten Bevölkerung Vertrauen und Unterstützung geniesst.
  • Das klare JA der Stimmbevölkerung zur Bildungsvorlage „Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer“ mit 61.0% zeigt die deutliche Ablehnung der diffusen Sammelfächer und die Beibehaltung der bewährten Einzelfächer, die auch weiterhin einen qualifizierten, fundierten Fachunterricht ermöglichen. Das Stimmvolk hat erkannt, dass Sammelfächer zu einem Bildungsabbau führen würden.
  • Leider ging die Abstimmung zur Vorlage „Einführung Lehrplan 21“ mit 47.3% knapp verloren. Sicherlich war auch der Titel der Initiative missverständlich formuliert. Dennoch akzeptieren wir selbstverständlich auch dieses Abstimmungsresultat.

Offensichtlich hat das Volk Bedenken, Kompetenzen vom Bildungsrat hin zum Landrat zu verschieben. Das Stimmvolk will aber dem Bildungsrat klare Leitplanken setzen, wie das deutliche JA zur Festschreibung der Einzelfächern Geschichte, Geografie, Biologie, Physik, Chemie, Hauswirtschaft und Wirtschaft belegt. Die Starke Schule wird in den kommenden Wochen prüfen, ob und welche weiteren gesetzlichen Schranken der Bildungsrat erhalten sollte (z.B. bei der Kompetenzorientierung des Lehrplans 21, der Fremdsprachendidaktik „Passepartout“ oder dem „selbstorientierten Lernen“).

Die Starke Schule hat einen intensiven und erfreulicherweise auch erfolgreichen Abstimmungskampf hinter sich. Dass wir zwei von drei Bildungsvorlagen durchgebracht haben, besonders die richtungsweisende Vorlage „Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer“, bestätigt uns in unserer politischen Arbeit.

Wir danken den Dutzenden von Helfer/-innen für ihre Unterstützung in den vergangenen Wochen.

Hier finden Sie weitere Erfolge der Starken Schule.
 

Selbstorganisiertes Lernen ist nicht zielführend

Mindestens so fragwürdig wie die 3'500 Kompetenzen ist das sogenannte "selbstorganisierte Lernen". Von allen Maturavorbereitenden der via Fernkurs unterrichtenden AKAD absolviert lediglich eine verschwindend kleine Anzahl die eidgenössische Maturität. Eine grosse Mehrheit gelangt gar nicht erst an die Prüfungen. Sie bricht ihre Vorbereitungen ab aus Mangel an Selbstdisziplin, wobei hier die Rede von Erwachsenen ist. Selbstorganisiertes Lernen ist in sozialdarwinistischem Sinne eine nahezu perfekte Methode zur Rekrutierung einer Elite, nicht aber zum Betreiben einer Volksschule.

Leserbrief von Felix Hoffmann

Lehrplan 21 als Standortnachteil für die Wirtschaft

Gegenwärtig soll in verschiedenen Kantonen mit dem umstrittenen Lehrplan 21 die radikalste Änderung des Schulsystems seit Bestehen der Volksschule vorgenommen werden. Dass die Bedenken, die von der Lehrerschaft, besorgten Eltern und Pädagogikprofessoren, angemeldet wurden, ihre Berechtigung haben, zeigen die schlechten Resultate der LP21-Versuchsschulen, die mit der „Kompetenzorientierung“ und ihrem „selbstgesteuerten“ oder „selbstorganisierten Lernen SOL“ den bewährten Klassenunterricht weitgehend abgeschafft und qualifizierte Lehrer zu „Lernbegleiter“ degradiert haben. Die Schüler werden allein gelassen, in dem es ihnen überlassen wird, wann, wie, wo und ob sie lernen wollen. Die übereilte Einführung dieser wissenschaftlich nicht abgesicherten „Neuen Lernformen“ könnte für die Pionierkantone und deren Gewerbe zu einem wirtschaftlichen Standort-Nachteil werden, wie das der Reformpionierkanton Basel-Stadt schon einmal schmerzlich erleben musste.
Basel-Stadt hat mit dem Schulgesetz von 1988 eine Reihe von sogenannt fortschrittlichen Schulreformen eingeführt und damit in der Schweiz eine Vorreiterrolle übernommen. Bereits fünf Jahre später (Basler Zeitung vom 12.10.93) zeigten sich jedoch die ersten negativen Resultate: Ein Ausbildungsleiter einer grossen Basler Chemiefabrik meldete, dass von 45 Lehrverträgen für Chemie-Laboranten nur noch einer mit einem Stadt Basler Schulabgänger abgeschlossen werden konnte. 1995 berichtete der Generaldirektor des Schweizerischen Bankvereins in einer Sondersitzung des Basler Grossen Rates zum Problem der nachlassenden Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Basel (NZZ vom 3.4.95) über die gravierenden Auswirkungen der Basler Schulreformen. Der Bankverein könne nur noch 20 Prozent seiner Lehrlinge aus dem Kanton Basel-Stadt rekrutieren. Wie die Ergebnisse der Eignungstests für das Medizinstudium zeigten, waren mittlerweile auch die Maturanden Opfer der Schulreformen geworden. In den 1990er Jahren haben die Stadt-Basler Bewerber beim Eignungstest für das Medizinstudium gesamtschweizerisch am schlechtesten abgeschnitten.

Obwohl der Zusammenhang mit den umstrittenen Schulreformen offensichtlich war, konnte der Kanton Basel-Stadt unbehindert seinen Reformkurs weiterführen. Die einst als „fortschrittlich“ hochgelobte Orientierungsschule war 2015 kaum ganz abgeschafft, als Basel-Stadt als Pionierkanton direkt auf den „Lehrplan 21“-Zug aufsprang. Das veranlasste beteiligte Lehrer zu folgenden Bemerkungen: «Einmal mehr dienen wir und die Schulkinder dem Erziehungsdepartement als Versuchskaninchen. Bereits die Einführung der Orientierungsschule als Basler Unikum sei ein einziges Experiment und ein riesiger Fehler gewesen. Und jetzt passen wir unser System dem Rest der Schweiz an, noch bevor die anderen Kantone die Neuerung selber umsetzen.» („Neuer Lehrplan ohne Bücher“, Basler Zeitung, 27.10.2015)

Peter Aebersold

Schüler/-innen erhalten zwei Wochen Weihnachtsferien

Ab dem Schuljahr 2017/18 erhalten die Schüler/-innen zwei volle Wochen Weihnachtsferien. Als Folge davon gewinnen auch die Lehrpersonen 2.8 zusätzliche freie Tage. Gemäss dem Willen der Bildungsdirektion sollen die Lehrpersonen diese gewonnene Zeit in verschiedene Reformvorhaben (z.B. Lehrplan 21, Passepartout, Fremdsprachendidaktik, Pädagogische Kooperation) investieren, obwohl völlig offen ist, ob diese Reformen auch tatsächlich umgesetzt werden. Zahlreiche Bildungsreformen (z.B Sammelfächer, Basisschule) werden definitiv nicht eingeführt, zu anderen Reformenvorhaben (z.B. kompetenzorientierter Lehrplan, Anzahl Fremdsprachen an den Primarschulen) wird das Volk erst noch an der Urne entscheiden. Zurzeit ist völlig offen, ob diese Reformen auch tatsächlichen realisiert werden.

Bereits heute werden den Lehrpersonen vier Halbtage (sogenannte SCHIWE-Tage) zur Verfügung gestellt, die für die Umsetzung von zahlreichen Reformen genutzt werden sollen. Heute haben Schulkinder an diesen Halbtagen frei.

Die Starke Schule Baselland lehnt es ab, wenn Lehrpersonen unnötig viel Zeit in Reformvorhaben investieren müssen, die möglicherweise gar nie realisiert werden. Das kostet die Steuerzahlenden unnötig viel Geld.  Lehrpersonen sollen die 2.8 zusätzlichen unterrichtsfreien Tag in die Vorbereiteung ihres Unterrichtes investieren, um die Qualität der Schulstunden zu verbessern. Sie sollen sich primär wieder ihrem Kerngeschäft, dem Unterrichten, widmen. Auf unnötige und endlose Sitzungen kann getrost verzichtet werden.
 

Deshalb stimme ich Ja

Keine Sammelfach-Luftschlösser

Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) will gegen den Willen einer überwiegenden Mehrheit der Lehrpersonen von fast 75 Prozent die Einzelfächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik, Chemie, Hauswirtschaft und Wirtschaftskunde abschaffen und den Sekundarschulen nebulöse Sammelfächer aufzwingen, was gemäss breiten Fachkreisen einem einschneidenden Qualitätsabbau gleichkäme. Die von Tehoretikern in Bern forcierten Sammelfächer sind extrem teuer; sie verschlingen Millionen in zweistelliger Höhe ... ohne jeglichen Bildungsmehrwert. Selbstverständlich kommt ein Geschichtslehrer ohne geografische Aspekte nicht aus. Dennoch ist das noch lange kein Grund, die beiden Einzelfächer Geschichte und Geografie abzuschaffen und durch ein wenig aussagekräftiges Sammelfach "Räume, Zeiten, Gesellschaften" zu ersetzen. Innerhalb kurzer Zeit ginge den Schülern und Schülerinnen in diesen Fächern wichtiges Basiswissen verloren. Noch schlimmer verhält es sich bei den Fächern Biologie, Chemie und Physik, die als exakte Wissenschaften fachlich derart heruntergebrochen werden müssten, um sie vereint als "Natur und Technik" zu banalisieren.
Sollen Fächern, die dem Industrie-Standort in unserer Region zur wirtschaftlichen Blüte verholfen haben, auf ein erschreckendes Mass an Belanglosigkeit redimensioniert werden? Wie wenig durchdacht diese geplante Abschaffung der Einzelfächer ist, erkennt man daran, dass die weiterführenden Schulen wie Gymnasien die Notwendigkeit der Einzelfächer erkannt haben und diese beibehalten. Die Sammelfächer würden durch notwendige Weiterbildungen der Lehrpersonen gewaltige Finanzen verschlingen, was der Steuerzahler berappen müsste. Zudem müssten komplett neue Lehrmittel angeschafft werden, während die bewährten im Reisswolf landen.
Auf dem Markt existieren viele gute und kostengünstige Lehrmittel für Einzelfächer. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass neu entwickelte Lehrmittel immer teurer werden. So zum Beispiel das Mathematiklehrmittel "Mathbuch" oder das neue Französisch-Lehrmittel "Mille Feuilles", welches als Einwegbuch elfmal so viel kostet wie das Vorgängerlehrmittel.
Die Universität bietet nur Einzelfächer an. Deshalb müsste die gesamte Ausbildung der zukünftigen Sekundarlehrpersonen an der Pädagogischen Hochschule (PH) durchgeführt werden. Die hätte zwei fatale Folgen: Erstens liegt die Fachausbildung an der PH quantitativ nur bei maximal einem Drittel von derjenigen an der Universität. Zweitens leisten wir uns mit der Lehrerausbildung an der Universität und der PH eine teure Doppelspurigkeit. Erfolgt an der PH nur noch die methodische, didaktische Ausbildung und die Fachausbildung an der Uni, so könnten an der PH Millionen eingespart werden, ohne relevante Mehrkosten an der Universität. Dem Kanton geht es finanziell nicht gut, Auf solche Zweigleisausbildungswege sollten wir verzichten.
Sammelfächer bringen aus pädagogischer Sicht wenig, da bereits heute fächerübergreifend unterrichtet wird, zum Beispiel während Projektarbeiten, an welchen mehrere Lehrpersonen, alles Experten, beteiligt sind. Dies garantiert schon heute ein vernetztes Lernen, aber auf einem hohen fachlichen Niveau. Das Baselbiet benötigt keine Sammelfach-Luftschlösser.

Regina Werthmüller (Vorstandsmitglied Starke Schule Baselland)

Gastbeitrag von Michael Pedrazzi (Vorstandsmitglied Starke Schule) am 30.03.2016 in der Basler Zeitung

Erziehungsdirektoren rennen ins Fiasko

Die kürzlich erschienene wissenschaftliche Studie des Instituts für Mehrsprachigkeit (IfM) der Universität Freiburg sowie der Pädagogischen Hochschule Freiburg (http://bildung-z.ch/volksschule/fremdsprachenevaluation-2016) ist brisant. Sie unterlegt die flächendeckende Kritik in der Deutschschweiz an der neuen Bildungsideologie nun auch statistisch. Die Lernziele der Zürcher Primarschüler/-innen in den beiden Fremdsprachen werden von den meisten Lernenden deutlich verfehlt. Lediglich 3.4% der Kinder erreichen in Französisch die Lernziele in der Fertigkeit Sprechen und 8.7% beim Hören. Beim Schreiben und Lesen resultieren 37% und 30.7%.   

Diese Resultate sind ernüchternd und müssen als schlecht bezeichnet werden. Dass die Lernzielerreichung in Englisch lediglich knapp über 60% liegt, ist zwar besser, aber noch immer deutlich unbefriedigend und müsste auch den Bildungsphantasten dieser neuen Mehrsprachenideologie zu denken geben.  

Französisch ist den Schüler/-innen als romanische Sprache naturgemäss fremder als eine germanische wie Englisch. So wird deutlich, dass Französisch umso dringender einen strukturierten Aufbau mit einer klaren Grammatik als Fundament bedingt. Den Spracherwerb mittels zwei oder drei Wochenlektionen einem Sprachbad gleichsetzen zu wollen, grenzt an Realitätsverlust oder Überheblichkeit. Mit einer solchen Beliebigkeitspädagogik auf der Primarstufe gleich zwei Fremdsprachen realisieren zu wollen, kann nicht zielführend sein und muss zwangsläufig in einem Fiasko enden. Der Schweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) sowie der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK) müssten bei derart flächendeckendem Widerstand aus Fachkreisen und seitens vieler besorgter Eltern längst die Alarmglocken gebimmelt haben. Aber anstelle sich und ihren Reform-Irrsinn zu hinterfragen, werden selbst linke Kritiker mantrahaft in eine rechts-konservative Ecke gedrängt. Kritik ist unerwünscht. Weder die verheerenden Rückmeldungen der Oberstufen aus den Kantonen Bern und Solothurn noch die soeben bekannt gewordene Studie der IfM vermag offenbar die Reformpolitiker vom Wunschgedanken abbringen, den alleinigen Stein der Weisen entdeckt zu haben. Auch andere wissenschaftlich fundierte Studien, wie z.B. diejenige von Simone Pfenninger von der Universität Zürich, werden konsequent ausgeblendet und ignoriert, ganz nach dem Motto: Es darf nicht wahr sein, was wahr ist. Was braucht es noch mehr, um aufzuzeigen, dass in diesem Land ideologisch geprägte Phantasten an den Schalthebeln der Bildung resp. den Schreibtischen der kantonalen Verwaltungen sitzen und im Begriff sind, ebendiese Bildung in Grund und Boden zu fahren? Wie viele Generationen an Schulkindern werden den Preis zahlen müssen für ihre ideologischen Experimente, die nicht ein einziges Mal wissenschaftlich erhärtet  worden sind? Professionalität würde die Fähigkeit bedeuten, Fehler einzugestehen und sie korrigieren zu können. Anstelle dessen wird aus den Bildungsdirektionen lakonisch und gleichermassen hilflos verkündet, die Umwälzung einer Rückkehr zu Bewährtem wäre zu gross und es sei schon zu viel Geld reingebuttert worden. Diese Ausrede ist jämmerlich. Man bereitet auch nicht krampfhaft ein vergammeltes Rindsfilet zu – nur weil es teuer war.
 

Über den Lehrplan 21 und eine erziehungswissenschaftliche Wende

Zivilcourage vs. Bürokratie

Von Alain Pichard (Sekundarlehrer und GLP-Stadtrat Biel)

Mit dem Lehrplan 21 wird eine erziehungswissenschaftliche Wende vollzogen – weg von klassischen Lernzielen, hin zur Kompetenzorientierung. Dieser Paradigmenwechsel stellt auch die Frage nach der Beurteilung neu. Die Diskussion über das Messen von Leistungen und das Bewerten von fachlichen und insbesondere überfachlichen Kompetenzen ist im Kanton Bern voll entbrannt, dank einem jungen kritischen Lehrer mit Bieler Wurzeln. Lars B. staunte nämlich nicht schlecht, als er mit der Einladung für ein Hearing die Entwürfe für eine neue Beurteilung der Schülerinnen und ­Schüler des Kantons Bern durchlas.

Er sah, dass neu wieder die Kriterien «Pünktlichkeit», «Ordnungssinn» und «Höflichkeit» beurteilt werden sollten, auf einer Skala von 1 bis 10, curricular aufbaubar, was heisst, man kann Höflichkeit quasi in Stufen erlernen. Und das war noch nicht alles: Dazu kamen noch zwölf überfachliche Kompetenzen, wie zum Beispiel «Der Schüler ist in der Lage, Gefühle situationsgemäss auszudrücken», ebenfalls auf einer Skala von 1 bis 10. Der junge Lehrer dachte zuerst an einen Witz. Als er aber merkte, dass das ernst gemeint war, ging er mit vielen Notizen ans Hearing.

250 Lehrkräfte aus dem ganzen Kanton füllten die Aula des Gymnasiums Lebermatt. Vorne ein gut gelaunter Bildungsdirektor, der mit ­lustigen Sprüchen den Saal erheiterte. Viele ­anwesende Lehrkräfte empfanden die Stimmung denn auch als sehr gut. Für das umstrittene ­Formular der überfachlichen Kompetenzen ­standen genau zehn Minuten zur Verfügung. Immer wieder gab es «konsultative Abstimmungen». Am Schluss einen Riesenapplaus und ein tolles Buffet. Lars applaudierte nicht, er liess auch das Buffet aus und schickte die Formulare mit einem Erlebnisbericht an einen Schulblog. Von dort kam die ganze Sache in die Presse.

Und jetzt aufgepasst! Ein etwas zerknirschter Bildungsdirektor gab sich nicht mal eine Woche später selbstkritisch und empfand seine eigenen Papiere als «unausgegoren».

Interessant: Da entwickeln Experten ein Jahr lang ein neues Beurteilungssystem, da diskutieren Leute, die den Herausforderungen des Unterrichts stets fernbleiben, intensiv über die Ergebnisse, da werden 250 Praktiker zu einer Anhörung eingeladen und dann kommt ein kleiner, kritischer ­Zeitungsartikel in der BaZ unter dem Titel «Zensuren für Charaktereigenschaften» und schwupp, der verbale Rückzug, das «Sorry», das «Es war ja nicht so gemeint».

Die Reformruinen

Für Lars war der Fall klar: Was da vorgelegt wurde, ist bürgerliches Tugendgeschwafel, verpackt in pseudowissenschaftlichen, technokratischen Vermessungswahn. Nie, meinte er, werde er so etwas seinen Schülern antun. Da merkt man auch, aus welcher Ecke dieser junge Mann kommt: Er denkt links, arbeitet aber an der Front und nicht in den Büros der Bildungsverwaltung. Er verfügt somit noch über die linken Denkreflexe, die einst eine linke Bildungsdiskussion geprägt haben.

Heute begründet uns ein grüner Bildungs­direktor allen Ernstes: «Diese Beurteilung wird von der Wirtschaft verlangt!» Aufgepasst, nicht ein FDP-Magistrat fordert die Normierung unserer Kinder nach wirtschaftlichen Prinzipien! Es ist ein Vertreter der Linken, unterstützt von linken ­Bildungs­fach­- leuten und begleitet von ­Funktionären des Lehrerverbandes!

Was zeigt uns diese Momentaufnahme einer Bildungsdiskussion, in der bildungsbürokratische Autisten allen Widerständen zum Trotz ihr Projekt vorantreiben, koste es, was es wolle?

1. Der Lehrplan wird entgegen der Beschwichtigungsrhetorik von Herrn Eymann eben doch massive Änderungen des Schulalltags mit sich bringen. Die Halbierung des praxisnahen Hauswirtschaftsunterrichts, die neue Fremdsprachendidaktik, die charakterliche Beurteilung von ­Kindern sind bereits auf dem Tisch.

2. Die Beschwörungsformel des Beat Zemp (Zentralsekretär des Lehrerverbands), wonach das Volk nicht über den Lehrplan abstimmen, sondern dies den Experten überlassen solle, erweist sich als nicht sehr stichhaltig. Die Zahl der Reformruinen, die uns eine ausser Rand und Band geratene Bildungsbürokratie in die Welt gesetzt hat, wächst und verschlingt Unsummen. Aus dem geschilderten Beispiel wird überdeutlich, wie praxisfern unsere sogenannten ­Bildungsexperten agieren.

3. Die Schule hat Kämpfer nötig, heute mehr denn je. Es braucht mehr Lars B., denn Mut ist in dieser Anpassungsgesellschaft eine Tugend von grosser Sprengkraft geworden.
 

"Einspruch" - Eine Würdigung der Kritik an den Schulreformen

Nachdem seit langem vornehmlich Vertreter aus rechtskonservativen Kreisen die grundlegenden Veränderungen im Schweizerischen Schulsystem beklagten, melden sich nun auch vermehrt Stimmen aus dem progressiv-liberalen Lager zu Wort. Die namhaften Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung tun dies u.a. konzertiert in einem als "Einspruch" bezeichneten Manifest. Was dort, im Folgenden in Auszügen teilweise zusammengefasst und ergänzt, verlautbart wird, ist alarmierend.

Vom Zusammenhang zwischen Demokratie und Schule

Der Begriff Republik leitet sich ab vom lateinischen res publica, zu Deutsch öffentliche Sache. Im Gegensatz zur Monarchie ist beim aus der römischen Antike stammenden und zur Zeit der Aufklärung weiterentwickelten Herrschaftsmodell der Republik der Staat bzw. dessen Organisation Angelegenheit der Öffentlichkeit. Das republikanische Bildungsziel ist folglich darauf angelegt, "…jedem Bürger und jeder Bürgerin die Teilnahme zu ermöglichen an der in der Öffentlichkeit geführten Auseinandersetzung über das, worauf es uns - bei der gemeinsamen Regelung unserer gemeinsamen Angelegenheiten - ankommen soll." (Anton Hügli)

Abgesehen von der Aufgabe, junge Menschen zu bilden, dient Schule also auch dem übergeordneten Zweck der Demokratiefähigkeit und dem damit verbundenen Differenzierungsvermögen. Der Aussage „Ausländer sind krimineller als Schweizer“ werden viele beipflichten. Bei differenzierter Betrachtung allerdings zeigt sich, dass der Vergleich so nicht statthaft ist. Der Kriminaltourismus hat beispielsweise nichts mit der ausländischen Wohnbevölkerung zu tun, und die Anzahl möglicher Delikte ist bei Ausländern grösser als bei Einheimischen, weil letztere nicht gegen das die Einreise, die Erwerbstätigkeit und den Aufenthalt regelnde Ausländergesetz verstossen können. Differenziertheit bedarf des Wissens und des Willens die Wahrheit zu ergründen. "Das ist die Aufgabe der Schule, die Urteilsfähigkeit zu vermitteln und an scheinbar demokratiefernen Gegenständen das Differenzieren zu üben." (Roland Reichenbach)

Hier können Sie den gesamten Text von Felix Hoffmann lesen.
 

Charakter wird zum Messinstrument

In einem umstrittenen Gastbeitrag in der BaZ hat Landrat Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) vor einigen Wochen die Bewertung von Schulkindern in den Primarschulen Binningen und Bottmingen stark kritisiert. Dort wird die Zuteilung der Schulkinder in die Leistungsniveaus A, E und P nicht nur anhand der fachlichen Stärken gemessen, sondern zu gleichen Teilen auch anhand der Sozial- und Selbstkompetenzen. Damit werden die Leistungsniveaus vielmehr zu Sozialniveaus, wo die schwierigeren Kinder - unabhängig von ihrer fachlichen Leistung - auf der Strecke bleiben.

In Bern soll dieses neue Beurteilungsraster nun auch angewendet werden. Einmal pro Jahr sollen die Kinder auf einer Skala von 1 bis 10 charakterlich eingestuft werden. Zu den Kompetenzen, die erreicht werden müssen, zählen Selbstreflexion, Selbstständigkeit und Eigenständigkeit sowie die Bewertung von Dialog-, Kooperations- und Konfliktfähigkeit. Aber auch die Bewertung von Pünktlichkeit, Verantwortungsbewusstsein oder Höflichkeit und Umgangsformen ist vorgesehen. Neben den bereits angesprochenen Kritiken ist auch die Fähigkeit gewisse Kompetenzen überhaupt bewerten zu können, ein grosses Problem. Gegenüber der Sonntagszeitung (21.2.2016) gibt Alain Pichard, Initiant des lehrplankritischen Memorandums "550 gegen 550", das Beispiel, wie man denn das Verhalten "Die Schüler können Gefühle wahrnehmen und situationsangemessen ausdrücken" bewerten soll. Der Jugendpsychologe Allan Guggenbühl fügte hinzu, dass man vom Verhalten allein nicht auf die Sozialkompetenz und die Persönlichkeit schliessen könne.

Dass durch die Einführung des Lehrplans 21 künftig auch Zensuren für Verhalten und Einstellung vergeben werden können, zeigt einmal mehr die problematische Ideologie, auf welche der Lehrplan 21 abzielt.
 

Lehrplan 21 kann Forderungen der Lehrbetriebe nicht erfüllen

"Das Dogma des „selbstgesteuerten, konstruktivistischen Lernens“ in den „Grundlagen für den Lehrplan 21“ der D-EDK verbietet dem Lehrer, seine Hauptaufgaben wahrzunehmen: Er darf sein Wissen nicht weitergeben, nicht mehr unterrichten, nicht erklären, nicht motivieren und nicht erziehen. Das ist, wie wenn man den Journalisten das Schreiben verbieten würde, weil man sich nur dann eine eigene Meinung „konstruieren“ könne.

Das könnte das Ende des Lehrerberufs bedeuten. Den Job als „Lernbegleiter“, der „Lernumgebungen“ zur Verfügung stellt, in dem er Arbeitsblätter von Bertelsmann & Co. vom Internet herunterlädt und an die Schüler verteilt, können auch gratis arbeitende Senioren oder Zivildienstleistende machen. Verschwinden die qualifizierten Lehrer, sinkt unser Bildungsniveau in den Keller und zieht Wirtschaft und Wohlstand mit hinunter. Der Lehrplan 21 erfüllt die berechtigten Forderungen der Lehrbetriebe nach einer genügenden Grundbildung in keiner Weise. Schon heute stellen viele KMUs fest, dass viele Jugendliche nach der Volksschule nicht ausreichend gerüstet sind, um eine Berufsausbildung oder eine weiterführende Schule absolvieren zu können."

(Quelle: http://schuleschweiz.blogspot.ch/2016/02/lehrplan-21-kann-forderungen-der.html#more )
 

Weitreichender Einfluss autoritärer Traditionen

Seit dem Jahr 2000 werden Pisa-Studien alle drei Jahre in den meisten Mitgliedstaaten der OECD – und immer mehr auch in weiteren Partnerstaaten – durchgeführt. Das Ziel dieser Studien ist die Messung von alltags- und berufsrelevanten Kenntnissen von fünfzehnjährigen Schulkindern. Seit der Einführung wurden bereits fünf Pisa-Studien durchgeführt, in welchen Finnland immer ganz weit oben war. [1] Zunehmend fragte sich ganz Europa, was wohl das Geheimnis des finnländischen Schulsystems sei. In den letzten 15 Jahren sind daher Bildungsexperten aus zahlreichen Ländern immer wieder nach Finnland gereist, um das Geheimnis vor Ort zu erforschen.

Allgemein glaubte man, dass das antiautoritäre System, welches keinen Frontalunterricht und keine Hausaufgaben vorsieht und stattdessen das Zusammenarbeiten in Gruppen fördert, der Grund für die herausragenden Ergebnisse der finnischen Schüler/-innen bei den Pisa-Tests wären. Viele Länder entschieden sich daraufhin ebenfalls für diese neue – dem Zeitgeist angepasste – Form des Unterrichtens, in welcher die Lehrpersonen viel mehr Coaches sind und sich die Schulkinder in Lernlandschaften sich oft selbst überlassen sind.

Doch warum kam es in den letzten Jahren beim Spitzenreiter Finnland zu derart grossen Einbussen? Beim direkten Vergleich der Ergebnisse aus den Jahren 2003 und 2012 fällt auf, dass Finnland ganze 25 Punkte eingebüsst hat. Laut Christine Sälzer, nationale Pisa-Koordinatorin von der TU München, entspricht dies dem Lernerfolg eines ganzen Schuljahres. [2] Der Wissenschaftler Gabriel Heller Sahlgren hat den Fall genauer untersucht und ist zu eindrücklichen Ergebnissen gekommen. Laut Sahlgren lag der Erfolg der finnischen Schulen bei der Pisa-Studie weniger im antiautoritären Unterrichten, als vielmehr in der Unterrichtsform, die bis in die 90er Jahre durchgeführt wurde. Als sehr spätes Land hat sich Finnland für das System des „Lehrkoordinators“ entschieden. Davor galten die finnischen Schulen als hierarchisch aufgebaute Institutionen mit Frontalunterricht und einer starken autoritären Stellung des Lehrers. Als man in den 90ern das System dann umpolte und den Frontalunterricht abschaffte, während die Stellung des Lehrers weniger autoritär wurden, dauerte es erst noch mehrere Jahre bis dieses neue Gedankengut auch in den Schulen selbst ankam und wirksam wurde.  

Die neuen Reformen griffen offenbar erst im jüngsten Pisa-Jahrgang aus dem Jahr 2012, denn seitdem erkennt man in Finnland einen signifikanten Rückgang der Leistungsfähigkeit. Schnell wurde offensichtlich: Die früheren Erfolge bei den Pisa-Studien lagen nicht am neuen System, sondern zeigten lediglich das Nachwirken des alten autoritären Systems, welches zu der Zeit, als man es in Finnland abschaffte, bereits seit mehreren Jahren in anderen Ländern abgeschafft war.

Andere Länder, die man mit demselben Erfolg wie demjenigen von Finnland vergleichen kann, sind beispielsweise Japan, China oder Singapur. Da dort nachweislich ein auf Druck ausgelegter Frontalunterricht herrscht, schien die weitaus sanftmütigere Variante in Finnland durchaus erstrebenswerter für europäische Ländern zu sein. Daher hat man sich vielerorts – die Ergebnisse der Pisa-Studien falsch deutend – für ein sehr liberales Schulsystem à la Finnland entschieden – ohne grossen Erfolg.

Finnland liegt zwar auch heute noch im europäischen Vergleich relativ weit vorne, doch durch die Verschlechterung bei den Pisa-Studien, einer hohe Jugendarbeitslosigkeit und verschiedenen individuellen Unterstützungsmassnahmen bei jedem fünften Schulkind, kann man heute nicht mehr von Finnland als Spitzenreiter des Schulsystems reden.

Ein gewisser Erfolg zeigt sich jedoch in der Freude der Schulkinder, die heute wesentlich lieber in die Schule gehen, als noch zur Zeit des früheren Systems, in welchem die Lehrpersonen allgemein als unnahbar und sehr autoritär galten. Es zeichnet sich also ab, dass ein allzu liberaler Umgang im Unterricht, der keine Hausaufgaben verlangt, auf Gruppenarbeiten konzentriert ist und die Lehrpersonen eher als Coaches sieht, nicht gleichzeitig zu dem besten Leistungserfolg führt. [3]

Dass man sich nun ein Beispiel an China nimmt und zu einem Bildungssystem (zurück)geht, welches von Drill und Druck geprägt war, ist nicht im Sinne der Starken Schule Baselland. Vielmehr sollte man ein gutes Mittelmass aus lernendem Frontalunterricht mit natürlicher Autorität und freiem Unterricht in Form von Projekten finden.

Saskia Olsson, Geschäftsleiterin Starke Schule Baselland

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[1] https://de.wikipedia.org/wiki/PISA-Studien
[2] Tagesanzeiger, 09.07.2015 "Darum lesen finnische Schüler plötzlich schlechter" von Thomas Vitzhum
[3] Tagesanzeiger, 09.07.2015 "Darum lesen finnische Schüler plötzlich schlechter" von Thomas Vitzhum
      und  Sonntagszeitung, 03.01.2016 "Mit mehr Spass kam weniger Leistung" von Nadja Pastega

 

 

Wichtiger Erfolg von RR Monica Gschwind

Die „Starke Schule Baselland“ nimmt positiv zur Kenntnis, dass die vom Bildungsrat vor zwei Jahren beschlossene neue Stundentafel auf Eis gelegt wird. Damit wird eine Stundentafel schubladisiert, mit der die in breiten Kreisen kritisierten Sammelfächer im August 2016 hätten eingeführt werden sollen. Stattdessen  wird im kommenden Schuljahr eine sogenannte Übergangsstundentafel in Kraft gesetzt, die weitgehend auf der heute bestehenden Stundentafel basiert. Die durch das fragwürdige Passepartout-Fremdsprachenkonzept notwendigen Anpassungen sind sinnvoll umgesetzt worden, ebenso konnte die Klassenstunde für Klassenlehrpersonen neu im siebten Schuljahr aufgenommen werden.

Für diesen ersten sichtbaren Erfolg in den Bestrebungen zu einem klaren und unzweideutigen Reformhalt gratulieren wir der neuen Bildungsdirektorin. Damit konnte die Einführung der stark umstrittenen Sammelfächer vorerst verhindert  werden. Voraussichtlich am 6. Juni 2016 wird das Volk an der Urne definitiv entscheiden, ob die Fächer Geschichte, Geografie, Biologie, Chemie, Physik als Einzelfächer im Bildungsgesetz verankert werden. Die von der Regierungsrätin Monica Gschwind vorgestellte Stossrichtung stellt aus Sicht der „Starken Schule“  noch nicht das Optimum dar, ist aber sicherlich ein wichtiger und grosser Schritt in die richtige Richtung.
 

Einspruch nun auch von Links  

Nachdem bisher vielfach aus konservativen Kreisen – die Starke Schule als mitte-links Verein ist eher eine Ausnahme – lautstarke Kritik gegenüber dem Lehrplan 21 vernommen wurde, gehen nun auch Vertreter/-innen der Linken öffentlich kritisch gegen den Lehrplan 21 vor. Ein rund 20-köpfiges Autorenteam – darunter die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz, der Bieler Lehrer und GLP-Politiker Alain Pichard, der Kinderarzt Remo Largo und der Publizist Beat Kappeler – hat eine 30-seitige Streitschrift mit dem Titel "Einspruch!" verfasst. Kritisiert wird darin vor allem die fehlende öffentliche Debatte über die Einführung dieses praxisfernen Lehrplans. Politisch sei der neue Bildungsentwurf nicht legitimiert, da sich eine demokratisch ausgewiesene Instanz nie dazu hat äussern können.

Ein grosser Nachteil des neuen Lehrplans 21 liegt in der Einführung eines neuen Bildungssystems durch die Beschreibung von „Kompetenzen“ statt Inhalten. Der Lehrplan 21 enthält 363 Kompetenzen und 2‘304 Kompetenzstufen. Es geht nicht mehr um das Erlernen von Wissen und Inhalten, sondern praktisch nur noch um den Prozess der Problemlösung. Wissen soll nicht mehr gelernt, sondern „reflektiert“ werden. Ein Beispiel einer Kompetenz, die im Fach Deutsch im Zusammenhang mit literarischen Texten erreicht werden muss, lautet: „Die Schülerinnen und Schüler können ein Buch auswählen, indem sie in verschiedenen Büchern schnuppern (z.B. durchblättern, Anfang oder Schluss lesen).“ Alain Pichard, der bereits das Memorandum „550 gegen 550“ initiiert hat, äussert sich gegenüber der Sonntagszeitung, dass er eine zunehmende Standardisierung und Testerei befürchtet, in welcher auch die methodisch-didaktische Unterrichtsfreiheit der Lehrpersonen stark beschränkt wird.

Weitere Kritiken wenden sich gegen die Detailliertheit des neuen Lehrplans 21, der laut Gegnern zu einem Kontrollorgan gegenüber den Lehrern und Schulkindern umfunktioniert werden soll. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Lehrplan 21 von Leuten ausgearbeitet wurde, deren Ziel es einzig ist, eine neue Ideologie ins Klassenzimmer zu bringen, in welchem Lehrpersonen nur noch Allrounder sind, die von allem ein wenig, aber von nichts wirklich ein fundiertes Wissen haben, wo bis zu drei Schulklassen in Lernlandschaften zusammen unterrichtet werden und Fächer wie Geschichte und Geografie derart an Wert verlieren, dass sie künftig marginalisiert als ein Fach unterrichtet werden sollen. Der praxisferne Lehrplan 21 behindert das nachhaltige Lernen der Schulkinder, obwohl in dem Mammutwerk das Wort nachhaltig laut Sonntagszeitung 76 Mal erwähnt wird.

Harmos ist bei weitem nicht die erste Reform der letzten Jahre. In der Schweiz kann man mittlerweile von einer richtigen Reformitis reden, da in den letzten Jahren derart viele umstrittene Reformen im Schweizer Schulwesen eingeführt wurden, dass die meisten den Überblick verloren haben. Im doppelseitigen Artikel der Sonntagszeitung vom 29. November 2015 werden die sieben Reformen der letzten 45 Jahre aufgelistet. Die Bilanz ist erschreckend, da man feststellen muss, dass die meisten dieser Reformen gescheitert sind. Harmos und der Lehrplan 21 sind dabei nur zwei Beispiele.

Dass nun auch heftige Kritik von der linken Seite am Lehrplan 21 geäussert wird, ist dringend notwendig. Den Schaden, welcher der Lehrplan in den Klassenzimmer anrichten würde ist enorm. Diesen erst im Nachhinein wieder gutmachen zu wollen würde noch mehr Ressourcen verschwenden.

Saskia Olsson, Geschäftsleiterin Starke Schule Baselland
 

Englisch - Freude an einer Sprache gezielt zerstören

Eindrücke eines Englischlehrers auf der Sekundarstufe I. Von Stefan Bucher

Seit vielen Jahren erteile ich Englischunterricht an der Oberstufe. Bisher führte ich die Schüler anhand eines systematischen Lehrwerkes in die Struktur der Sprache ein, leitete sie von Anfang an an, Vokabeln mikroskopisch genau zu lernen, die besprochene Grammatik an Beispielsätzen gezielt zu üben, um sie letztlich innerhalb von drei Jahren Oberstufenzeit zu einem recht freien Gebrauch der Sprache in verschiedenen Lebensbereichen zu führen und ihnen gleichzeitig das Rüstzeug an die Hand zu geben, sich andere Bereiche der Sprache und der Gesellschaft in der englischen Sprache zu erarbeiten.
Grammatikalisch beherrschten die Schüler present simple, present continuous, present perfect, past simple (einschliesslich einer Liste gebräuchlichster unregelmässiger Verben), past continuos, will-future, going-to-future, die drei conditionals. Die systematische Erarbeitung und die enge Begleitung führten bei den Schülern zu der Überzeugung der Lernbarkeit einer neuen (anfangs leichten) Sprache und hatten bei den meisten meiner Schüler zum Ergebnis, dass das Fach Englisch zu ihrem Lieblingsfach wurde. Vereinzelt schlossen Schüler an diese drei Jahre Englischunterricht einen Auslandsaufenthalt an und absolvierten danach erfolgreich das Cambridge First Certificate in English (FCE).

In diesem Jahr empfange ich erstmals ehemalige Primarschüler im neu als Niveaufach eingerichteten Unterrichtsfach Englisch, Niveau E (höchstes Niveau!), die bereits sogenanntes «Frühenglisch» hatten. Die Schüler hatten also bereits seit dem dritten Schuljahr Primarstufe wöchentlich 2 Lektionen Englisch, und das über vier Jahre. Das Bild ist niederschmetternd.

Ausgehend davon, dass die Schüler in etwa gleich viele Stunden mit der Fremdsprache verbracht hatten wie meine frisch abgegebenen Drittklässler der Oberstufe (drei Lektionen über drei Jahre entsprechen in etwa zwei Lektionen über vier Jahre), dachte ich, ich könne auf einen grossen Wortschatz zurückgreifen und dass die Schüler mich im gesprochenen Wort verstehen würden. Die erste Lektion spreche ich etwa fünf Minuten Englisch mit den neuen Schülern, bis ich feststelle, dass ich nicht verstanden werde. Auf meine Nachfrage, wer mich verstanden habe, erhalte ich ein (!) vages Handzeichen in der ganzen Klasse. Also gut. Ich setze weiter unten an: Ich erkläre den Schülern, was sie in meinem Unterricht erwartet. Sie kennen das Wort «vocabulary» nicht … Sie haben noch nie einen «vocabulary test» geschrieben. Sie kennen kein Grammatikheft. Sie haben ein halbes Jahr lang im Englischunterricht Naturbeobachtungen angestellt.

Relativ desillusioniert überprüfe ich im Primarschullehrwerk, was die Schüler hätten können sollen. Welche Lernziele sind formuliert? Ich stosse auf einen Grundwortschatz von 1300 Wörtern, der den Schülern aus der Auseinandersetzung mit dem Lehrwerk aus der Primarschule vertraut sein sollte. Die Schüler sollten die Zeiten present simple, ­present continuous, past simple (plus einige häufig verwendete unregelmässige Verben), will-future und going-to-future kennen. Ich lasse die Schüler noch in der ersten Schulwoche den Übertritts-Check – einen Test – schreiben, der dem Lehrer der Oberstufe anzeigen soll, was die Schüler aus der Primarschule mitbringen, um ihnen dann gezielt individualisiertes Schulmaterial zur Verfügung zu stellen, anhand dessen sie dann die zu Tage tretenden Lücken schliessen können sollen. Der Test zeigt flächendeckende Unwissenheit und präsentiert überdies auch noch in einem Multiple-Choice-Verfahren eine verwirrende Vielzahl falscher Formen, die die Schüler in der Folge ständig wiederholen.

In einem anschliessenden Repetitorium aller Bereiche, die als Lernziele angegeben sind (ausser die beiden future tenses) werden die Schüler mit strukturierten Einträgen der Grammatik vertraut gemacht und mit Übungsmaterial versorgt. In einem zweiten Test nach vier Wochen ist das Ergebnis wiederum ernüchternd: Die Schüler sind nicht gewohnt zu lernen, sie wissen nicht, dass man gewisse Dinge auswendig lernen muss.

In einem Gespräch bei der Rückgabe dieses Tests kann ich nicht umhin, den Schülern vom Englischunterricht zu berichten, so wie ich ihn bisher kannte. Die Schüler schauen mich mit staunenden und gleichzeitig fasziniert-sehnsüchtigen Blicken an. Sie bitten mich flehentlich, mit ihnen nochmal ganz von vorn anzufangen. Ich würde dies sogar tun, wenn nicht das neue Lehrmittel mich innerhalb des Niveau-Faches dazu zwingen würde, im ersten Schritt die Reihenfolge aller (!) Adjektive im Satz, compound nouns und Themen wie Architektur am Beispiel des Chrysler-Building, art deco (Radkappen, Motorhauben, Kühlerfiguren …), Entwerfen eines eigenen Grundrisses der eigenen Traumwohnung usw. durchzunehmen. Warum gezwungen? Weil Schüler, die aus dem nächst schwächeren Niveau zu mir «aufsteigen» denselben Stoff durchgenommen haben müssen wie wir, und weil Schüler, die von mir aus «abgestuft» werden müssen, sonst im mittleren Niveau nicht mithalten könnten.

Der Niveau-Unterricht nivelliert die Lehrmittelfreiheit und damit nahezu auch die Methodenfreiheit.
Vermutlich gibt es auch in der Primarschule entsprechende Rahmenbedingungen, die es selbst den willigen Englischlehrern verunmöglichen, die Sprache strukturiert beizubringen.

Bei einem Austausch zwischen Primar- und Oberstufenlehrern findet eine Diskussion über das neue Primarschulfach Englisch statt. Den Primarlehrern sei es in ihrer Englischausbildung an der Pädagogischen Hochschule eingebleut worden, keinen Wert auf Rechtschreibung und Grammatik zu legen, sondern lediglich auf die Freude an der Sprache, indem sie dem kommunikativen Ansatz voll und ganz Rechnung tragen. Grammatik lernen und «vocabulary tests» seien ihnen verboten worden, da diese die Freude an der Sprache zerstören würden. Ich frage mich, wie man Freude an einer Sprache entwickeln soll, wenn man sie nicht versteht …

Nota bene

Seit der dritten Woche an der Oberstufe finden wöchentlich «vocabulary tests» statt, die den erwähnten Wortschatz nachholen. Diese Aufarbeitung kostet viel Zeit, die eigentlich in der Primarschule zur Verfügung stand. Dennoch lohnt sich die Aufarbeitung, da die Schüler jetzt nach einem guten Quartal fleissig lernen und sich sehr über ausgezeichnete Ergebnisse freuen. Es werden wöchentlich 50 Wörter abgefragt, wobei mittlerweile Klassenschnitte von 2 Fehlern keine Seltenheit mehr sind. Die Schüler gewöhnen sich auch langsam an den Umstand, dass Grammatikeinträge relevant sind. Der Unterricht kann jetzt schon mehrheitlich auf Englisch abgehalten werden – und dennoch kann ich froh sein, wenn es gelingt, die Schüler zum gleichen Niveau zu führen wie vorherige Generationen, die Englisch erst mit Eintritt in die Oberstufe begonnen hatten.

Wieso wird diese wertvolle und für Englisch vergeudete Primarschulzeit nicht für Kernfächer wie Deutsch und Mathematik verwendet?

Quelle
 

SP diskreditiert die Arbeit der Starken Schule

Letzte Woche ist eine von den beiden SP Co-Präsidenten Regula Meschberger und Adil Koller unterschriebene Mail an alle Sekundarlehrpersonen verschickt worden, in welcher die Arbeit der Starken Schule diskreditiert und die Bildungsdirektorin verunglimpft wurde. Als Reaktion haben wir uns erlaubt, den Sekundarlehrpersonen einen Brief einer Lehrperson zu mailen:

 
Liebe Sekundarlehrpersonen

Die SP-Parteispitze verkennt ihre Verantwortung dafür, dass die letzten 20 Jahre Bildungspolitik unter ihrer Führung für die schwierige Situation an unseren Schulen verantwortlich ist. Folgend erlauben wir uns, Ihnen eine an das Co-Präsidium der SP gerichtete Reaktion einer Lehrperson weiterzuleiten.

Freundliche Grüsse

Saskia Olsson
Geschäftsleiterin Starke Schule

Alina Isler Sekretariat
Starke Schule

Michael Pedrazzi
Vorstand Starke Schule

«Sehr geehrte Frau Meschberger, sehr geehrter Herr Koller

Ihre Partei hat massiv an Rückhalt verloren innerhalb der Lehrerschaft u.a. wegen der Positionen, die sie auch in Ihrem Mail vertreten. Von daher täten Sie gut daran, tatsächlich offen zu sein für Anregungen von Lehrerseite, wie Sie es am Schluss Ihres Mails formulieren.

Ihre Aussage, wonach erneute Sparübungen für Sie nicht in Frage kämen, ist schöne Rhetorik ohne praktische Relevanz: Ihre Partei hat die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion an die FDP verloren, und im Landrat verfügt sie von insgesamt 90 Sitzen über 21 gegenüber 54 der Hauptvertreter des bürgerlichen Blocks. Es ermangelt Ihrer Partei folglich an Wirkungsmöglichkeiten und Stimmen, um Ihre Anliegen durchzusetzen. Dies ist nicht zuletzt die Folge der Entfremdung Ihrer Partei von der Basis.

Zu Beginn Ihres Schreibens behaupten Sie eine Verunglimpfung des Alt-Regierungsrates Urs Wüthrich seitens der "Starken Schule Baselland", um weiter unten die aktuelle Regierungsrätin, Monica Gschwind, zu verunglimpfen mittels der Unterstellung, sie sehe Bildung vor allem als Kostenfaktor. Damit entblössen Sie Ihre eigenen dem politischen Gegner unterstellten Methoden.

Unter Urs Wüthrichs Ägide wurden Lehrkräfte zu schweigenden Befehlsempfängern. Er machte den Eindruck eines zwar aus der Gewerkschaft kommenden, aber nun im hohen Elfenbeinturm sitzenden Ideologen ohne Bodenhaftung und Kontakt zur Basis, völlig unzugänglich für Anregungen. Sein Schreiben vom 1. September 2014 ans Lehrpersonal liest sich als unterschwellige Drohung insbesondere an die Adresse seiner Bildungs- und Reformpolitik gegenüber kritisch gesinnten Lehrerschaft. Es mutet auf diesem Hintergrund befremdend an, dass nun zwei Co-Präsidenten als Wüthrichs Parteigenossen sich ausgerechnet an die von ihm verschmähte Basis wenden, um sich für Rückmeldungen offen zu zeigen. Wo waren Sie bisher?

Es scheint, die SP weiss nicht, was sich an der Basis abspielt. Da werden Lehrkräfte von Schulleitungen eingeschüchtert und genötigt; da werden Tricksereien angewendet, um nicht genehme Lehrer wenige Jahre vor deren Pensionierung loszuwerden; da wird die von Urs Wüthrich als Anregung deklarierte pädagogische Kooperation als verbindlicher Bildungsauftrag durchgeboxt; da werden Schreiben von der Bildungsdirektion unterschlagen, weil sie die Schulleitungen dazu anhalten die Kollegien zu entlasten; da werden seitens diverser Schulleitungen ganze Kollegien auseinanderdividiert in kritisch und unkritisch usw. Schulräte wurden im neuen Schulgesetz aus den Klassenzimmern verbannt, wodurch sie sich nur noch mit den Schulleiterinnen und Schulleitern austauschen. Eine Aufsichtsbehörde für Schulleitungen, an die sich Lehrkräfte wenden könnten, gibt es folglich keine.

Es verwundert, dass Sie in Ihrem Schreiben hervorheben, Urs Wüthrich habe sich im Landrat für die Lehrerschaft und die Angestellten des Kantons eingesetzt. Was hätte er denn als sozialdemokratischer Bildungsdirektor und ehemaliger Gewerkschaftssekretär anderes tun sollen? Das ist doch das Mindeste, was man von ihm erwarten durfte. Was allerdings nutzte sein Einsatz in Anbetracht seiner Funktion als Durchlauferhitzer für die Reformindustrie?

Während der letzten Jahre entstanden rund ums Klassenzimmer neue Wirtschaftszweige bzw. Kostenstellen, die auf dem Buckel der öffentlichen Schulen und zu deren Nachteil ihre Geschäfte betreiben bzw. Kosten verursachen. Da ist die so genannte „Bildungswissenschaft“ zu nennen, die an Fachhochschulen in ständig schnellerem Rhythmus "neue" Unterrichtsmethoden, Schulkonzepte und -strukturen ausbrütet. Damit verbunden sind hoch dotierte Professuren, Assistenzen, Doktorate, Studienlehrgänge, Seminarien usw. Das Amt für Volksschule als nächster Akteur verarbeitet die erwähnten "Forschungsergebnisse" zu Schulreformen, wozu es u.a. personalintensive und kostspielige Arbeits- und Projektgruppen, Koordinations- und Stabsstellen schafft. Auf der Grundlage dieser im Wesentlichen immer wieder von neuem erfundenen alten Schläuche entwickelt die Verlagsindustrie neue und zunehmend teurer werdende Unterrichtsmaterialien, die vermehrt in den Schränken der Schulzimmer gebunkert, aber nicht zur Anwendung kommen wegen fehlender Praxistauglichkeit, siehe insbesondere http://www.starke-schule-baselland.ch/Initiative_Fremdsprachen/Passepartout.aspx. Als letzter Wirtschaftszweig agiert die Fortbildungsindustrie, die den Schulen ihre obligatorischen Weiterbildungskurse für die erwähnten Methoden, Konzepte und Schulbücher verkauft. Diesbezüglich stellen sich Fragen:

"Wie ist es möglich, dass sich eine einzige Beratungsfirma sprunghaft an die Spitze der Weiterbildungsindustrie setzen konnte? Wie lässt sich erklären, dass dieselbe Firma den Schulleitungen auch die entsprechenden Evaluationsinstrumente zur Verfügung stellt, mit welchen die korrekte Anwendung der von ihr vermarkteten Produkte überprüft werden soll? Weshalb investiert der Kanton so viel Geld in diese Produkte? Der Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz VSLCH macht auf seiner Website keinen Hehl daraus, dass er in Kooperation mit erwähnter Beratungsfirma Weiterbildungsseminare anbietet. Unter den Beraterinnen und Beratern finden sich Ex-Schulleiterinnen und -Schulleiter, welche an ihren ehemaligen Schulen die genannten Unterrichtskonzepte bereits zum Mass aller Dinge erklärt haben. Und ebendiese Schulen werden im Rahmen des vom Kanton finanzierten Projektes «Schulen besuchen Schulen» rege besucht." http://www.lvb.ch/docs/magazin/2014_2015/03-M%C3%A4rz/32_Sprachlabor_und_Fleischkaesewerkstatt_LVB_1415-03.pdf

Hätte sich Ihre Partei die letzten Jahre für die Redimensionierung der erwähnten vier Wirtschaftszweige und Kostenstellen und somit gegen das sich ständig schneller drehende Rad der Reformen eingesetzt, hätten wir heute kein Kostenplus im Bildungsbereich von 9.4% zu verzeichnen, sondern ein zweistelliges Minus. Dann hätten u.a. die Klassenzahlen und Pensen der Lehrkräfte nicht erhöht und die Altersentlastung nicht gestrichen werden müssen, was im Gegensatz der sich mittlerweile überschlagenden Reformen dem Schulbetrieb tatsächlich zugute käme. Auch wenn es als Argumentation schön daherkommt, nützt es der öffentlichen Schule und deren Kindern und Jugendlichen nichts, dass andere Departemente höhere Kostensteigerungen als der Bildungsbereich zu verzeichnen hat. Auch die zwar berechtigte Betonung der verfehlten rechtsbürgerlichen Steuerpolitik der letzten Jahre hilft da nicht weiter. Das ist Parteiengeplänkel und zeugt von Ihrer Ferne vom thematisierten Gegenstand.

Solange Ihre Partei die Reformhysterie als den richtigen Weg betrachtet, sind Sie eben nicht auf unserer Seite. Sie machen sich offensichtlich kein Bild vom starken Sukkurs, den das Komitee Starke Schule Baselland im Lehrpersonal geniesst. Kommen Sie an die Basis, machen Sie Umfragen, sprechen Sie mit den Lehrkräften und den Eltern, lösen Sie sich von Ideologie und Parteiendoktrin, beginnen Sie sich für den realen Schulalltag zu interessieren.

Machen Sie einen Schritt auf die Lehrerschaft, losgelöst von Parteipropaganda. Lösen Sie sich von der Vorstellung, Ihre bildungspolitischen Ideen liessen sich umsetzen. Darum geht es schon lange nicht mehr. Ihre Ideologie ist mittlerweile nicht mehr als ein lukratives Geschäftsmodell auf dem Buckel der öffentlichen Schule.»
 

Auf diese Mail hin haben wir bereits zahlreiche positive Rückmeldungen von Sekundarlehrpersonen erhalten, unter anderem Folgende:

  • "Schlicht und einfach ein grosses Bravo!"
  • "Das Vorgehen der SP ist sowas von daneben!"
  • "Das ist ein starker Brief!"
  • "Herzlichen Dank! Sie reden mir aus dem Herzen."
  • "Stark formuliert. Danke für die Recherchearbeit."
  • "Endlich sagt mal jemand, was Sache ist..."
     

Ein oder zwei Fremdsprachen?

Der Zürcher Lehrerverband (ZLV) hat kürzlich eine Umfrage bezüglich ein oder zwei Fremdsprachen bei über 1'200 Lehrpersonen durchgeführt. Das Resultat ist erstaunlich. 75% der Befragten sprechen sich dezidiert für lediglich eine Fremdsprache in der Primarschule aus.

Die Diskussionen um den Fremdsprachenunterricht auf der Primarschule sind in vollem Gange. In Zürich hat sich der Lehrerverband in Form einer Mitgliederbefragung der Thematik angenommen. 1'233 Antworten bekam der ZLV auf die Frage, ob es in der Primarschule eine oder zwei Fremdsprachen geben soll. Während 4% am liebsten keine Fremdsprache hätten, sprachen sich 75% für eine und 20% für zwei Fremdsprachen ein. Obwohl mit 33% die Mehrheit der Befragten mit dem heutigen Beginn der ersten Fremdsprache in der dritten Klasse einverstanden sind, möchten 71%, dass mit der zweiten Fremdsprache erst nach der sechsten Klasse - also erst in der Sekundarstufe - begonnen wird.

Es gibt viele Gründe, die für lediglich eine Fremdsprache in der Primarschule sprechen. Darunter zum Beispiel die geringe Lektionenanzahl. Nur je zwei Wochenlektionen reichen nicht aus, um eine Fremdsprache mit der nötigen Intensität zu lernen. Die Abstände zwischen den Lektionen sind zu gross, sodass immer wieder viel Zeit für die Aktivierung des erst neu gelernten Wortschatzes aufgewendet werden muss. Viele Schulkinder sind stark überfordert und nicht selten wirkt sich diese Überforderung auch negativ auf das Lernverhalten von anderen Fächern aus.
 
 

Geschichte und Biologie werden marginalisiert

An den Baselbieter Sekundarschulen will der Regierungsrat ab dem Schuljahr 2016/17 die Einzelfächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik und Chemie abschaffen und durch die beiden Sammelfächer "Räume, Zeiten, Gesellschaften" sowie "Natur und Technik" ersetzen. Die traditionellen Fächer werden damit marginalisiert. Dieses Vorhaben, welches angeblich vernetztes Denken, lebensnahen Unterricht und Einblick in die Zusammenhänge verschiedener Fächer fördern will, schiesst weit über das Ziel hinaus. Die überwiegende Mehrheit der Pädagoginnen und Pädagogen sind sich darin einig.

Statt Harmonisierung neue Bildungsideologie
Geplant ist ein Paradigmenwechsel. Mit der Einführung der Sammelfächer sollen künftig nicht mehr fundiert ausgebildete Lehrpersonen mit Universitätsabschluss an den Sekundarschulen unterrichten, sondern Generalisten und Allrounder. In Schmalspur-Kursen werden diese an der Pädagogischen Hochschule ausgebildet. Sie verfügen nur noch über einen Bruchteil, über eine Lightversion der heutigen Fachausbildung. Die angehenden Lehrpersonen lernen eine Universität nur noch von aussen kennen. Dementsprechend sieht auch der Unterricht aus. Das bisherige Ziel, den Jugendlichen ein möglichst tiefes Verständnis wissenschaftlicher Gesetzmässigkeiten zu vermitteln, soll künftig einem oberflächlichen Breitbandunterricht geopfert werden. Der Sekundarstufe I droht via Sammelfächer, die ein fester Bestandteil des neuen Lehrplans 21 sind, ein massiver Qualitätsverlust und damit verbunden ein erheblicher Bildungsabbau. Statt der angestrebten Harmonisierung der Schulen, die faktisch gescheitert ist, erhalten die Schulen mit den Sammelfächern und dem kompetenzorientierten Lehrplan 21 eine neue Bildungsideologie vorgesetzt, die in Richtung Einheitsschule strebt. In verschiedenen Wahlpflichtfächern, wie z.B. Italienisch, Latein, MINT (Mathematik-Informatik-Natur-Technik) sollen in Kürze die drei bewährten Leistungsniveaus A (allgemeines Niveau), E (erweitertes Niveau) und P (progymnasiales Niveau) abgeschafft werden. 

Minimierung der Berufschancen
Das Sammelfach-Vorhaben stellt auch einen massiven Eingriff in die Berufs- und Zukunftschancen der Schülerinnen und Schüler dar. Sind es doch gerade solide Vorkenntnisse in den naturwissenschaftlichen Fächern, die für viele Ausbildungen von eminenter Bedeutung sind. Insbesondere am Wirtschaftsstandort Basel ist die Schule in der Pflicht und Verantwortung, ein besonderes Gewicht auf einen fundierten naturwissenschaftlichen Unterricht zu legen. Dies nicht zuletzt, um nicht die Konkurrenzfähigkeit der Schulabgängerinnen und -abgänger zu gefährden.

Bildung ist unser Rohstoff
Bildung ist ein hohes Gut und letztlich der einzige Rohstoff unseres Kantons. Unsere Dienstleistungssek-toren, innovativen Firmen und Industrien, die Präzisionsprodukte in die ganze Welt exportieren und damit für unseren Wohlstand in hohem Masse mitverantwortlich sind, benötigen jährlich eine Vielzahl neuer, bestens qualifizierter Arbeitskräfte. Eine starke Schule Baselland ist unabdingbar, um diese notwendige Anzahl fundiert ausgebildeter Jugendlicher hervorzubringen. Dies kann nur mit engagierten und qualifizierten Lehrpersonen gelingen, die ihren Schützlingen Vorbild sein können. Allrounder mit einer Schnellbleiche-Ausbildung, die etwa so viel wissen, wie sie von ihren Lernenden auf dem Übungsblatt verlangen, tragen wenig zu einem hochstehenden Bildungssystem bei.

Die Qualität des Unterrichtes nähme unweigerlich ab, unsere Kinder erhielten kaum mehr einen richtigen Geschichts- oder Biologieunterricht. Die Marginalisierung der Einzelfächer wird durch den geplanten Abbau der Lektionenzahl und einer gemeinsamen Zeugnisnote zusätzlich unterstrichen. Gerade im Wirtschafts-, Forschungs- und Wissenschaftsstandort Nordwestschweiz müssen die naturwissenschaftlichen Fächer eine bedeutende Rolle einnehmen.

Millionenkosten entstehen

Für die Umsetzung dieser Sammelfach-Idee nimmt die Regierung zusätzliche Kosten in Millionenhöhe in Kauf. Kosten für die Schnellbleiche-Weiterbildung der Lehrpersonen und für neue, teure Lehrmittel. Und dies alles ohne Mehrwert für das Bildungswesen.  

Neue Bildungsinitiative

Die Starke Schule Baselland lancierte vor den Sommerferien die Initiative "Ja zu den Fächern Geschichte, Geografie, Biologie, Physik und Chemie". Bis Ende September werden fleissig Unterschriften gesammelt. Mit der formulierten Gesetzesinitiative werden die Einzelfächer im Bildungsgesetz verankert. Unterschriftenbogen können Sie gerne hier anfordern.

Saskia Olsson Geschäftsleiterin Starke Schule Baselland

 

Aufhebung der Leistungsniveaus untergräbt Bildungsqualität

Die Sekundarschule BL ist seit vielen Jahren ein Erfolgsmodell. Von fachlich und pädagogisch kompetent ausgebildeten Lehrpersonen werden die unterschiedlichen Stärken der SchülerInnen innerhalb von drei Leistungsniveaus (A, E, P) gefördert. Grossmehrheitlich führen die Lehrpersonen ihre Klassen im jeweiligen Leistungsniveau mit Erfolg an die entsprechenden Bildungstreffpunkte.

Nun allerdings versucht die Regierung die Aufhebung gerade dieser drei erfolgreichen Niveaus durch die Hintertür durchzupauken. Dieser  eigenmächtige, für einen grossen Teil der Lehrerschaft nicht nachvollziehbare Schritt, hätte eine tief greifende Änderung im kantonalen Bildungssystem zur Folge und würde die (noch) hohe Bildungsqualität untergraben. Was mit der Aufhebung der Niveaus als Beitrag zur Chancengleichheit propagiert wird, ist bei Lichte besehen deren Gegenteil. Die Chancen der Jugendlichen würden mit dieser naiven, realitätsfernen und folgenschweren Gleichmacherei sicher nicht gefördert. 

Durch die geplante Mischung der Niveaus nämlich würde sich die innerhalb eines Niveaus übliche Heterogenität noch vervielfachen. Leistungsstarke wären permanent unter-, Schwächere überfordert. Gerade sie wären aber in besonderem Masse auf eine intensivere Betreuung angewiesen. Diese enorme Leistungsspanne würde auf allen Seiten zu Frustration, Entmutigung und Aggression führen. Unter dem Strich würden viele in ihren jeweiligen Lern- und  Entwicklungsmöglichkeiten gehemmt bzw. blockiert. Dies wiederum würde sich in Form von Bildungsdefiziten negativ auf ihre Zukunfts- und Berufschancen auswirken. Den Lehrpersonen schliesslich wäre es im Rahmen eines solch unverantwortlichen Experiments nicht mehr möglich, ihren gesetzlichen Bildungsauftrag zu erfüllen.

Saskia Olsson, Geschäftsleiterin Komitee Starke Schule Baselland
 

Lancierung der formulierten Initiative "Ja zu den Einzelfächern"

Mit einer formulierten Initiative möchten wir die fünf Fächer Geschichte, Geografie, Biologie, Physik und Chemie im Bildungsgesetz im §28, der Angebot und Dauer der Sekundarschulen festlegt, mit einem neuen vierten Absatz verankern. Festgeschrieben werden soll neu, dass diese fünf Fächer auf der Sekundarschule "als Einzelfächer unterrichtet und benotet" werden. Die Initiative definiert ebenfalls das Inkrafttreten dieser Änderung. Normalerweise ist die Regierung für die Inkraftsetzung einer Gesetzesänderung verantwortlich. Mit der gewählten Formulierung entziehen wir dem Regierungsrat diese Entscheidungsmöglichkeit und legen die Inkraftsetzung wie folgt fest: "Sind die Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieser Änderung erfüllt, so tritt sie mit Beginn des darauf folgenden Schuljahres in Kraft."  

Das Ziel dieser Initiative ist die Verhinderung der beiden Sammelfächer "Räume, Zeiten, Gesellschaften" und "Natur und Technik". Im Dezember 2014 hat der Bildungsrat mit der neuen Stundentafel beschlossen, diese Sammelfächer ab dem Schuljahr 2016/17 einzuführen. Bereits in der Harmos-Aus­stiegs­initiative, die wir vor eineinhalb Jahren einreichten, waren diese Sammelfächer auf der Sekundarstufe 1 ein wesentlicher Kritikpunkt.

Unser Hauptkritikpunkt gegenüber der Einführung der Sammelfächer ist ein Bildungsabbau mit weitreichenden Folgen. Dies liegt vor allem an der Ausbildung der Lehrpersonen, die auf einen breiteren Fächerkanon hinauslaufen würde. Damit werden die Lehrpersonen zu Generalisten, die von allem ein bisschen, jedoch von nichts ein fundiertes Fachwissen haben. Ausserdem kommt es zu Kosten in Millionenhöhe, da neue Lehrmittel, Weiterbildungen und andere personelle Ressourcen gebraucht werden.

 

Frühfranzösisch reduziert die Kompetenzen im Fach Deutsch  

Seit Jahren stellen Primarlehrpersonen eine abnehmende Kompetenz der Schüler/-innen im Fach Deutsch fest. Die Gründe mögen vielfältig sein: Wesentlich dürfte das stark veränderte Freizeitverhalten heutiger Kinder eine tragende Rolle spielen. Viele lesen in ihrer Freizeit kaum noch. Die heutigen Kinder und Jugendlichen zeigen zunehmend Defizite in Rechtschreibung, Grammatik, Sprachgefühl, Sprachstil, Wortschatz und insbesondere im Textverständnis. Als Mittelstufenlehrperson, welche auf der Primarstufe in erster Linie der Sprachkompetenz im Fach Deutsch eine grosse Bedeutung beimisst, versuche ich in all den genannten Bereichen meine Schüler/-innen so oft wie möglich mit einer Wochenlektion zu fördern.

Das neu etablierte Unterrichtsfach Frühfranzösisch entzieht den Primarschülerschüler/-innen erhebliche Ressourcen: Sowohl die Unterrichtszeit als auch die tägliche und wichtige Hausaufgabenzeit für die anderen Fächer reduziert sich, insbesondere für die Fächer Deutsch und Mathematik. Die Kompetenz in der deutschen Sprache sinkt unter diesen Umständen weiter. Die ersten Rückmeldungen von Primarlehrpersonen zeigen, dass die Idee des sogenannten "Sprachbades" ein absolutes Märchen ist, da Frühfranzösisch aus Gründen der Stundentafel in den meisten Schulen an lediglich zwei Wochentagen unterrichtet werden kann. Im kommenden Schuljahr muss z.B. der Frühfranzösischunterricht in verschiedenen Klassen an der Primarschule Therwil sogar als Doppellektion an einem einzigen Wochentag stattfinden: Das Wort „Sprachbad“ wird dort gänzlich zur Farce. Erschwerend kommt hinzu, dass das  Lehrmittel „Milles Feuilles“ weder methodisch strukturiert ist, noch einen pädagogisch klar sichtbaren roten Faden zum Erlernen der französischen Sprache besitzt. Anfangs noch begeisterte Französisch-Fachlehrpersonen werfen zunehmend mehr oder weniger entnervt das Handtuch.

Selten könnte etwas so unkompliziert erworben werden wie Fremdsprachen: Ein intensiver Sprachaufenthalt stellt unbestrittenermassen die Resultate jahrelanger, möglicherweise mühselig erworbener Frühfremdsprachenkenntnisse in den meisten Fällen weit in den Schatten. Welcher Erwachsene besucht hingegen einen Deutschkurs, wenn er der Deutschen Sprache zu wenig mächtig ist? Das ist den meisten Betroffenen zu peinlich…

Den Ausbau des Fremdsprachenunterrichtes auf der Primarstufe lehne ich ab, obwohl oder gerade deshalb, weil ich selbst bis vor zwei Jahren Frühfranzösisch unterrichtete und wie viele meiner Arbeitskolleg/-innen keine befriedigenden Lernziele erreichen konnte. Mit zwei Fremdsprachen machen wir den meisten Kindern keinen Gefallen.

Marianne Lander Vuilliomenet, Primarlehrerin

Lehrmittelfreiheit an den Sekundarschulen

Caroline Mall (SVP) will  das Bildungsgesetz mit ihrer Motion "Lehrmittelfreiheit auch an den Sekundarschulen" (2015-075) so abändern, dass Lehrpersonen künftig nur noch Lehrmittel vorgeschlagen werden; obligatorisch sollen die Lehrmittel nicht mehr sein. Grund dafür sind die vielen - bis jetzt noch obligatorischen - Lehrmittel, die von Lehrpersonen oft gar nicht genutzt werden und dann nach vielen Jahren im Altpapiercontainer landen. Anlass zu Malls Vorstoss war wohl das kürzlich neu erstellte Englisch-Lehrmittel "New World", über das sich nicht nur das Komitee Starke Schule Baselland negativ geäussert hat, sondern auch der lvb.

An den Gymnasien herrscht bereits heute Lehrmittelfreiheit. Massgebend ist dort der Lehrplan, an welchem sich die Lehrpersonen orientieren müssen. Das Erreichen der Lernziele ist ihnen überlassen.

Vor gut zwei Wochen hat der lvb nun eine interne Umfrage gestartet, um damit einen Eindruck über die Meinung ihrer Mitglieder zu erhalten. Dabei kam heraus, dass sich 72% für die Motion von Mall ausgesprochen haben. 9.8% waren mit Vorbehalten dafür und 18.2% sind gegen die Motion. Wichtig für den lvb ist die Regelung der finanziellen Konsequenzen und die Sicherstellung, dass sich der Schulunterricht nicht zu stark von Klasse zu Klasse unterscheidet.

Für das Komitee, welches sich ebenfalls für die Lehrmittelfreiheit ausspricht, ist dieses Ergebnis erfreulich. Vor allem, da es die Meinung der Lehrpersonen - die im Endeffekt mit den Lehrmitteln arbeiten - widerspiegelt.

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Bessere Ausbildung für leistungsschwächere Schüler

Die rund 3'000 Schüler/-innen des Anforderungsniveau A (allgemeines Niveau) der Sekundarstufe 1 haben immer mehr Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt eine Lehrstelle zu finden. Viele Betriebe bevorzugen Schulabgänger/-innen, welche die beiden höheren Leistungsniveaus E und P absolviert haben. Zunehmend gilt dies sowohl für die typischen handwerklichen Berufe, wie z. B. Maler, Sanitärinstallateur, Zimmermann, als auch für Berufe im Dienstleistungssektor, wie z.B. Logistiker, Koch, Hotellerie. Die NZZ schreibt im Artikel „Keiner wartet auf schwache Schüler“ am 20.10.2014 treffend: "Die Ansprüche sind auf dem Arbeitsmarkt gestiegen – auf leistungsschwächere Jugendliche wartet heute niemand."

Berufschance optimieren

Die Berufschancen der Jugendlichen aus dem Anforderungsniveau A müssten zwingend verbessert werden: Eine intensive und konkrete Auseinandersetzung mit dem Berufsfindungsprozess während der Schulzeit ist dabei unerlässlich. Im Wochenstundenplan finden sich gerade mal 45 Minuten, um die Jugendlichen auf die Arbeitswelt vorzubereiten; viel zu wenig. Denn oft suchen die Schulabgänger/-innen den direkten Weg via Lehre ins Berufsleben, leider mit geringen Erfolgsaussichten. Meist muss daher ein zusätzliches Jahr in einem Brückenangebot absolviert werden. Die zweijährige Diplommittelschule (DMS 2), die Kaufmännische Vorbereitungsschule (KVS) und die Schulischen Brückenangebote (SBA und SBA plus) sind ausgezeichnete Schulen, die zahlreiche Vorkurse in verschiedenen Bereichen anbieten. Unverständlich mutet es an, dass Bildungsdirektor Urs Wüthrich als Sparmassnahme die beiden Erfolgsschulen DMS 2 und KVS abschaffen will, mit dem Ziel kurzfristig 600'000 Franken einzusparen. Damit nimmt er langfristig deutlich grössere Folgekosten in Kauf.

KVS und BVS 2 mindestens vorerst gerettet

Die Initiative "Bildungsqualität auch für schulisch Schwächere" des Komitees Starke Schule Baselland sowie die NEIN-Kampagne zum "verlogenen Entlastungsrahmengesetz" verhinderte mindestens vorerst die Abschaffung der KVS und BVS 2. Beide Erfolgsschulen bieten den Jugendlichen aus dem Leistungsniveau A eine einmalige Chance, an der Sekundarschule verpassten Unterrichtsstoff nachzuholen resp. zu vertiefen und sogar eine anspruchsvolle kaufmännische Lehre anzupeilen. Die Nachfrage ist beachtlich und die Motivation der Absolvent/-innen gross. Mehr als 95% gelingt anschliessend ein erfolgreicher Wechsel in die Berufswelt. 

Dass die Bildungsdirektion nach wie vor die Option einer Abschaffung der KVS offen lassen möchte, ist nicht nachvollziehbar. 

Unverständlicher Entscheid 

Das sogenannte Werkjahr ist das 9. Schuljahr der Sekundarstufe 1, welches Schüler/-innen aus den Kleinklassen des Leistungsniveaus A besuchen können. Viele Jugendliche finden nach der Absolvierung des Werkjahres eine Lehrstelle, z.B. als Restaurationsfachfrau, Coiffeure, Detailhandelsassistentin, Automobilfachmann. Verständlicherweise ist dieses Werkjahr bei den Jugendlichen beliebt. Unverständlich ist der Entscheid der Bildungsdirektion, dieses wertvolle Werkjahr trotz dem klaren Erfolgsausweis zu streichen. Die Standorte Bottmingen und Liestal sind bereits geschlossen, dieses Jahr folgt Frenkendorf; und auch Pratteln beendet seinen Betrieb Mitte 2016.

Die Bildungspolitik der letzten Jahre von Regierungsrat Urs Wüthrich führt zu einem Bildungsabbau insbesondere bei den schulisch Schwächeren. Gerade aber sie sollten künftig wieder stärker in den Fokus unseres Bildungssystems gerückt werden.

Stärkung des Bildungssystems für schulisch Schwächer

Damit Jugendliche mit einer geringen schulischen Ausbildung den Wechsel in die Berufswelt schaffen und nicht langfristig zum Sozialfall werden, sind ihre Ausbildungschancen zu verbessern. Insbesondere in folgenden beiden Bereichen sehen wir Handlungsbedarf: 

  • Die Anzahl Kleinklassen hat in den vergangenen Jahren abgenommen. Die betreffenden Schüler/-innen der Sekundarstufe 1 werden zunehmend in eine Regelklassen (Niveau A) integriert. Sie benötigen allerdings meist deutlich mehr Zeit um den Unterrichtsstoff zu bewältigen. Trotz Unterstützung durch Förderlehrpersonen (z.B. Heil- und Sozialpädagogen/-innen) während einzelnen Lektionen, können sie die Lernziele in den Regelklassen kaum erreichen. Dies führt zu Frust und einer Verlangsamung des Lerntempos der gesamten Klasse mit Anpassung der Lernziele zum Nachteil der lernstärkeren Schüler/-innen. Der Erhalt von Kleinklassen in ursprünglicher Quantität ist unabdingbar.
  • Künftig soll die Ausbildung der Lehrpersonen der drei Leistungsniveaus A, E und P vereinheitlicht werden. Die Pädagogen/-innen sollen nach dem Willen der Bildungsdirektion alle drei Niveaus unterrichten. Dabei wird verkennt, dass die Schüler/-innen der verschiedenen Niveaus unterschiedliche Bedürfnisse und Zukunftsperspektiven haben. Was für den Schüler im Niveau A richtig und gut ist, muss für die Schülerin im Niveau P nicht zielführend sein. Ein gutes Bildungssystem wird diesen Unterschieden gerecht. Eine Differenzierung der Stundentafel und des Lehrplanes sind dabei ebenso unabdingbar wie Lehrpersonen mit einer spezifisch auf die drei Leistungsniveaus angepasster Ausbildung. Um einen zielgerichteten Unterricht erteilen zu können, benötigen Lehrpersonen des Niveaus A eine andere Ausbildung als solche, die im Leistungsniveau E und P unterrichten. Die Ausbildung muss spezifisch angepasst werden. Während Lehrpersonen im Niveau E und P über ein speziell fundiertes Fachwissen in wenigen Fächern (in der Regel drei) verfügen müssen, benötigen Lehrpersonen für das Niveau A ein etwas weniger tiefes, dafür aber breiteres Wissen, um mehr Unterrichtsfächer abdecken zu können (in der Regel ca. fünf) mit einem höheren Praxisbezug.

Hier noch ein interessanter Artikel aus der NZZ, der dieses Thema ebenfalls aufgreift.

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Erfolge und Misserfolge des Komitees Starke Schule Baselland

Seit rund vier Jahren ist das Komitee Starke Schule Baselland aktiv. Sichtbar sind nicht nur die sieben lancierten und teilweise mit aussergewöhnlich vielen Unterschriften eingereichten Volksinitiativen, sondern auch diverse parlamentarische Vorstösse, welche vom Komitee erarbeitet und durch unsere Volksvertreter im Parlament eingereicht wurden. Zu den wichtigsten zählen die beiden Parlamentarischen Initiativen "Parlament bestimmt allfällige Einführung von Lehrplan 21" und "Verzicht auf kostentreibende Sammelfächer", mit welcher die Stossrichtung der Bildungspolitik unseres Bildungsministers korrigiert werden soll.

Seit seinem Bestehen erzielte das Komitee drei eindrückliche Erfolge, musste aber auch eine schmerhafte Niederlage einstecken: 

Vier eindrückliche Erfolge

  • Durch die Wahl von Monica Gschwind als neue Bildungsdirektorin ist ein Richtungswechsel in der Bildung nun endlich möglich. Diese Wahl ist auch für das Komitee ein Erfolg, da wir eine Wahlkampagne für Monica Gschwind mit ca. 400 Plakaten und einer Pressekonferenz ermöglicht haben. Als Konsequenz für die missglückte Bildungspolitik der letzten Jahre hatten sich viele Lehrpersonen bewusst dazu entschieden, Monica Gschwind ihre Stimme bei den Regierungsratswahlen zu geben.
  • Nach einem intensiv geführten Abstimmungskampf des Komitees Starke Schule Baselland mit 2'000 Plakaten, 100'000 Flyern und zahlreichen Inseraten mit dem Slogan "Nein zum verlogenen Entlastungsrahmengesetz" stimmt die Baselbieter Bevölkerung am 17. Juni 2012 mit 58% Nein zu den geplanten Sparmassnahmen im Bildungsbereich. Mit diesem Nein ist die Berufsvorbereitende Schule BVS 2 gerettet und das Komitee kann die eingereichte Initiative "Ja zur Weiterführung der zweijährigen Berufsvorbereitenden Schule" als erfüllt zurückziehen. Aus Spargründen wollte die Bildungsdirektion diese Schule abschaffen.
  • Nach der Einreichung der Initiative zur Verkleinerung der Maximalzahlen der Anzahl Schüler/-innen in den Klassenzimmern arbeitet die Regierung einen Gegenvorschlag aus. Das Stimmvolk befürwortet am 25. November 2012 diesen Gegenvorschlag deutlich. Ohne den Druck der Initiative "Überfüllte Klassen reduzieren" wäre diese Reduktion der maximalen Schülerzahlen auf Primar- und Sekundarschule nie erreicht worden.
  • Das Baselbieter Parlament befürwortet deutlich die vom Komitee Starke Schule Baselland eingereichte Initiative "Bildungsqualität auch für schulisch Schwächere" und zwingt damit die Bildungsdirektion die Abschaffung der Kaufmännischen Vorbereitungsschule (KVS) zu verzichten. Die Regierung ist zurzeit an der Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage, welche den Erhalt der KVS sichert. Der dritte Erfolg.

Ein schmerzhafter Misserfolg

  • Am 25. November 2012 lehnt die Bevölkerung aufgrund der schlechten Finanzlage unseres Kantons die Initiative "Keine Zwangsverschiebungen von Schüler/-innen an den Sekundarschulen" mit 59% ab. Damit können weiterhin Kinder im Alter von 11 und 12 Jahren aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen und in eine weiter entfernte Schule zwangsverschoben werden. Die Bildungsdirektion will mit diesen Verschiebungen die Klassen bis zur maximalen Grösse auffüllen, um so Kosten zu sparen. Das Komitee Starke Schule Baselland bedauert diesen Volksentscheid und erachtet diese Sparmassnahme auf dem Buckel der Kinder für heikel.
Der Vorstand des Komitees Starke Schule Baselland bedankt sich bei seinen Mitgliedern und Sympathisant/-innen herzlich für die erhaltene Unterstützung während den letzten Jahren und hofft, dass es uns gelingt weitere Erfolge zu realisieren: Im Wissen, dass Erfolge und Misserfolge manchmal sehr nahe beieinander liegen.

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Interview mit Monica Gschwind

Saskia Olsson: Die Bildungsdirektion strebt mit einer schleichenden Abschaffung der drei Leistungsniveaus A, E und P an den Sekundarschulen eine Einheitsschule an. In einem ersten Schritt sollen in den sieben Wahlpflichtfächern Latein, Italienisch, MINT, Musik, Bildnerisches Gestalten usw. die Niveaus aufgelöst werden. Was sagen Sie dazu?

Monica Gschwind: Ich befürworte an den Sekundarschulen die Beibehaltung der drei Leistungsniveaus in allen Promotionsfächern, also auch in den Wahlpflichtfächern. Je homogener die Klassen sind, desto effizienter können Lehrpersonen den Unterricht gestalten und damit sowohl den leistungsschwächeren als auch den leistungsstärkeren Kindern besser gerecht werden. Ich bin überzeugt davon, dass die Jugendlichen bessere Leistungen erbringen, wenn sie in einem ihnen zugeschnittenen Umfeld lernen können. Ansonsten sind Frustration und Unwillen vorprogrammiert.

Der neue Lehrplan 21 ist aber darauf ausgerichtet, in Grossklassenzimmern Schüler/-innen aller drei Niveaus gleichzeitig zu unterrichten. Lehrpersonen sollen weitgehend als Lerncoach fungieren, die bis zu sechs Fächern unterrichten und damit von vielem etwas und von wenig viel wissen. In Pratteln soll ab dem kommenden Schuljahr bereits teilweise so gearbeitet werden. Regierungsrat Urs Wüthrich und seine Chefbeamten arbeiten intensiv an dieser neuen Unterrichtsphilosophie.

Den Lehrplan 21, der weitgehend auf Kompetenzbeschreibungen basiert, lehne ich in der vorliegenden Version ab. Um eine echte Harmonisierung zu erreichen, benötigen unsere Schulen einen auf Stoffinhalt aufbauenden Lehrplan mit klaren und überprüfbaren Jahreszielen. Grossklassenzimmer, in welchem die Jugendlichen nach dem Wohlfühlprinzip selber entscheiden, was sie heute gerade lernen wollen und was nicht, mindern die Bildungsqualität. Ich lehne auch Sammelfächer ab, welche dazu führen, dass Sekundarlehrpersonen zu Generalisten werden. Jugendliche brauchen Lehrpersonen, die eine Vorbildfunktion übernehmen und motivieren können. Dazu müssen sie Spezialisten sein und die Jugendlichen mit ihrem Fachwissen überzeugen. Gerade in den MINT-Fächern sollen mehr Jugendliche gefördert werden, damit in den technischen Berufen der eigene Nachwuchs ausgebildet werden kann. Dazu braucht es eine hohe Sachkompetenz und eine grosse Überzeugungs- und Motivationskraft der Lehrpersonen.

Wie sieht aus Ihrer Sicht ein effizienter Unterricht aus?

Ich wünsche mir sowohl fachlich als auch methodisch-didaktisch fundiert ausgebildete Lehrpersonen, die motiviert sind, Kinder und Jugendliche zu fördern und einen guten Fachunterricht leisten. Dies muss wieder zur Kernaufgabe der Lehrpersonen werden. Von administrativen Aufgaben und unnötigen Sitzungen müssen sie entlastet werden. Nur motivierte Lehrpersonen leisten auch eine ausgezeichnete Arbeit. Deshalb muss unser Kanton ein attraktiver Arbeitgeber sein und den Lehrpersonen vor allem in der Unterrichtsgestaltung ein Maximum an Freiheiten überlassen.

Ein attraktiver Arbeitgeber bezahlt gute Löhne. Beabsichtigen Sie als Sparmassnahme aufgrund der unbefriedigenden Finanzlage unseres Kantons die Löhne der Lehrpersonen zu senken?

Nein, eine Senkung der Löhne kommt für mich nicht in Frage. Wir können es uns nicht erlauben, dass gute Lehrpersonen in die Privatwirtschaft abspringen, nur weil sie dort mehr verdienen. Die Lehrpersonen leisten einen anspruchsvollen Job und sie tragen eine grosse Verantwortung. Deshalb verdienen Sie eine hohe Achtung und eine gute Entlöhnung.

Sie haben in der Öffentlichkeit erwähnt, auch im Bildungsbereich sparen zu wollen. Wo beabsichtigen Sie zu sparen, wenn nicht bei den Löhnen?

Mein Sparwille begründet sich darin, dass unsere Staatsrechnung ein strukturelles Defizit ausweist und der Kanton nur unter Mithilfe aller Direktionen wieder eine ausgeglichene Rechnung vorweisen und Schulden abbauen kann. Dies ist notwendig, damit der Kanton wieder den notwendigen Handlungsspielraum erhält, um innovative und zukunftsweisende Projekte anzugehen. Auch die BKSD muss nun ihren Beitrag zur Sanierung des Haushalts erbringen.

Sparmöglichkeiten sehe ich einige, zum Beispiel in der Verwaltung oder bei Doppelspurigkeiten in der Ausbildung der angehenden Lehrpersonen. Gerade hier können Millionenbeträge eingespart werden. Nicht sparen will ich im Klassenzimmer, also überall dort, wo es ganz direkt zum Nachteil der Schüler/-innen wäre.

Erläutern Sie das bitte näher.

Angehende Lehrpersonen der Sekundarstufe 1 können ihre Fachausbildung entweder an der Universität oder an der Pädagogischen Hochschule absolvieren. Beide Bildungsstätten haben ihre Stärken und ihre Schwächen. Die Stärke der Universität ist die Fachausbildung, diejenige der Pädagogischen Hochschule die methodisch-didaktische und pädagogische Ausbildung. Meines Erachtens sollen sich beide auf ihre Stärken konzentrieren und diese ausbauen. Das heisst: Die Fachausbildung der Sek.-1-Lehrpersonen sollte vollumfänglich an der Universität erfolgen und die methodisch-didaktische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule. An der Universität gibt es ausgezeichnete Vorlesungen, Seminarien und Übungseinheiten. Es ist nicht sinnvoll, wenn nun entsprechende Vorlesungen auch an der Pädagogischen Hochschule angeboten werden. Das Sparpotential durch den Wegfall der Doppelspurigkeiten ist beträchtlich.

Bei welcher Initiative des Komitees Starke Schule Baselland waren Sie am stärksten involviert?

Ich habe mich für die Initiative gegen die Zwangsverschiebung von Schüler/-innen bisher am stärksten engagiert. Verschiebungen zwischen einzelnen Schulhäusern machen aus planerischer und finanzieller Sicht zwar Sinn und sollen, wo möglich, genutzt werden. Es darf jedoch nicht sein, dass einzelne Schüler/-innen willkürlich ausgewählt und aus ihrem sozialen Umfeld und Freundeskreis gerissen werden und sie keine Möglichkeit haben, sich dagegen zu wehren. Ich habe jedoch festgestellt, dass es sowohl Schüler- als auch Elterngruppen gibt, die sich freiwillig einem solchen Wechsel unterziehen wollen. Eine gezielte und rechtzeitige Information aller Beteiligten erachte ich deshalb als unumgänglich, um entsprechend motivierende Wirkung auslösen zu können. Dabei sollen die betroffenen Schulleitungen und Lehrer auch auf den Support der BKSD zurückgreifen können.

Wie war Ihre Haltung in Bezug auf die Sanierung der Basellandschaftlichen Pensionskasse?

Ich habe von Anfang an die Vorlage, welche auf dem Verhandlungsergebnis zwischen den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmervertretern basierte, unterstützt. Es handelte sich um einen Kompromiss und das Eingeständnis beider Partner, die Pensionskasse wieder auf eine gesunde Grundlage zu stellen. Das Respektieren solcher Verhandlungsergebnisse ist massgebend für das gegenseitige Vertrauen.

Sind Sie mit der Bildungspolitik von Regierungsrat Urs Wüthrich zufrieden?

Ich anerkenne das Engagement von Regierungsrat Urs Wüthrich;  er hat durchaus auch einiges gut gemacht. Zum Beispiel in den Bereichen Sport und Erwachsenenbildung. Auch die Universität ist sehr gut aufgestellt. Unbefriedigend sind hingegen seine Leistungen im Bereich Volksschulen sowie im Umgang mit den Lehrpersonen. Die Schullandschaft ist heute eine riesige Grossbaustelle und es bedarf nun eines Kurswechsels, damit BKSD, landrätliche Bildungskommission, Lehrerschaft und alle weiteren involvierten Gremien wieder am selben Strick ziehen. Für mich ist das Hochhalten der Qualität unserer Ausbildung das Wichtigste.

Was wollen Sie als erstes angehen, wenn Sie Bildungsdirektorin werden?

Es braucht einen sofortigen Marschhalt und eine fundierte Überprüfung der eingeleiteten Reformen. Danach muss eine intensive Diskussion geführt werden, damit mehrheitsfähige Lösungen gefunden und umgesetzt werden können.

 

Treten Sie dem Komitee bei

Wenn Sie ebenfalls dem Komitee "Monica Gschwind - unsere neue Bildungsdirektorin" beitreten, so schreiben Sie uns eine Mail an Starke_Schule_Baselland@gmx.ch mit folgenden Angaben: Vorname, Name, Postadresse, Beruf und allefalls Parteizugehörigkeit.

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Schulsozialarbeit

Zu einer starken Schule Baselland gehört auch die Schulsozialarbeit, die in unserem Kanton seit 2004 auf der Sekundarstufe flächendeckend angeboten wird. Sie ist Teil der Jugendhilfe und arbeitet mit Methoden der Sozialen Arbeit.

Ziel der Schulsozialarbeit ist es, Kinder und Jugendliche in der Entwicklung von Sozial- und Lebenskompetenz und bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen. Sie trägt massgeblich zu einem verbesserten Kinderschutz bei. Die Schulsozialarbeiter/-innen leisten aber auch eine wichtige und fundierte Arbeit bei auftretenden Problemen und Fragen. Sie beraten nicht nur Schüler/-innen, Erziehungsberechtigte, Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder, sondern führen auch Klasseninterventionen bei Konflikten durch und leisten einen Beitrag zur Verbesserung des Schul- und Klassenklimas. Sie entlasten durch ihre Arbeit die Klassen- und Fachlehrpersonen signifikant, so dass diese sich wieder vermehrt um ihre Kernaufgabe - dem Unterrichten - widmen können. Die Schulsozialarbeit hat sich in den vergangenen Jahren sehr bewährt.
Folgende Bereiche kennzeichnen das Angebot der Schulsozialarbeit:
  • Niederschwellige Gesprächsmöglichkeiten
  • Beratungen
  • Einzelfallhilfe
  • Kriseninterventionen und Konfliktbearbeitung
  • Themenspezifische Gruppenarbeit
  • Beiträge zur Schulentwicklung
  • Vernetzung und Vermittlung mit und an weitere Fachstellen
  • Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten

Die Inanspruchnahme der Angebote der Schulsozialarbeit ist freiwillig, der Zugang soll niederschwellig sein und die Gesprächsinhalte werden vertraulich behandelt. Die Niederschwelligkeit wird u.a. dadurch sichergestellt, dass die Schulsozialarbeit ihr Büro innerhalb der Schule hat und somit für die Schüler/-innen schnell und unkompliziert erreichbar ist.

Die Schulsozialarbeit untersteht der berufsethischen Schweigepflicht, wodurch die Kinder und Jugendlichen, aber auch die Erziehungsberechtigten, Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder einen geschützten Rahmen für ihre Probleme und Anliegen finden. Gerade bei kindsschutzrelevanten Themen ist diese Vertraulichkeit eine notwendige Basis für eine opitmale Unterstützung. Grundlage für diese Vertraulichkeit und Wahrung der Unabhängigkeit ist eine vom System Schule unabhängige Organisation der Schulsozialarbeit.
Weitere Informationen zur Schulsozialarbeit im Kanton Baselland finden sich hier.

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