Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Leserkommentar

Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen

Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenzieren die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.  

Felix Schmutz, Allschwil

 

News

  • Dienstag, April 15, 2025

    Neue Sekundarschule in Basel

    Die Bevölkerungszahl des Kantons Basel-Stadt wird immer wie grösser und so auch die Anzahl Schulkinder, die einen Platz an einer Sekundarschule brauchen. Deshalb plant die Basler Regierung eine neue Sekundarschule. (as)

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  • Montag, April 14, 2025

    Reform der gymnasialen Maturität in Basel-Landschaft: Informatik statt Französisch

    Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) hat eine neue Version der gymnasialen Maturitätsreform zur Anhörung freigegeben. Folgende Veränderungen sind geplant: Ab 2025 müssen Schüler*innen einen interdisziplinären Kurs in einem der folgenden Bereiche wählen: Geistes- und Sozialwissenschaften, Mathematik, Informatik oder Naturwissenschaften und Technik. Dadurch steigt die Anzahl der Maturitätsprüfungen von fünf auf sechs. Der Unterricht in anderen Fächern wird entsprechend reduziert. (lbe)

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  • Montag, April 14, 2025

    Zürich führt wieder Förderklassen ein

    Das Kantonsparlament von Zürich hat Ende März 2025 die Förderklasseninitiative angenommen, die unter anderem von der SVP, FDP und GLP getragen wurde. Künftig müssen deshalb sämtliche Zürcher Schulgemeinden sogenannte Förderklassen – auch bekannt als Kleinklassen – anbieten. (ai)

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  • Sonntag, April 13, 2025

    Univertrag zwischen Baselland und Basel-Stadt

    Der beiden Basler Kantone beteiligen sich zurzeit anteilsmässig zu den Studierenden an den Kosten der Universität. Stimmen der SVP aus dem Kanton Basel-Landschaft befürworten diese Art der Handhabung nicht und wollen deshalb den Univertrag künden. (as)

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  • Samstag, April 12, 2025

    Postulat Übertrittsverfahren abgelehnt

    Nach langer Diskussion lehnt die Politik allgemeine Übertrittsprüfungen für Primarschüler/-innen ab. Noten sollen beim Übertritt von der Primarstufe auf die Sekundarstufe 1 im Baselbiet nicht allein massgebend sein. Auch die Gesamtbeurteilung soll weiterhin eine Rolle spielen. (ch)

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  • Donnerstag, April 03, 2025

    Stark diskutiertes Thema: Gymiprüfung im Kanton Zürich

    Die Gymiprüfung im Kanton Zürich ist fast jedem bekannt und sie führt jedes Jahr aufs Neue zu heftigen Diskussionen. Die Meinungen dazu sind sehr klar. Im Verlauf der letzten Jahre haben sich deutliche Meinungen herauskristallisiert. (as)

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18.04.2020

Warum die Corona-Krise gerade für Jugendliche ein Albtraum ist

Schulfrei bis zu den Sommerferien! Von einer solcher Mitteilung mag mancher Leser in der Jugend geträumt haben. Ausschlafen, Musik hören und den Tag so verbringen, wie es einem passt. Die spontane Reaktion vieler Jugendlicher beim Ausbruch der Corona-Krise war ähnlich: Chillen, Chatten, Gamen, Ausschlafen, Netflix-Binge stehe nun auf dem Programm. Natürlich wüssten sie, dass der Unterricht nun digital und über Spezialaufgaben durchgeführt werde, doch die Eltern habe man im Griff, und die Lehrpersonen könne man austricksen.

Inzwischen hat die Realität die Jugendlichen eingeholt. Für viele wurde die schulfreie Zeit zu einer riesigen Herausforderung oder gar zu einem Albtraum. Obwohl die Lehrpersonen dank der Digitalisierung, Kontakttagen und speziellen Präparationen grosse Anstrengungen unternehmen, weiterhin zu unterrichten, sind die Jugendlichen mit der neuen Situation überfordert. Die Nähe zu den Eltern führt zu Konflikten. Man ist ihnen ausgeliefert. Das Streben nach Unabhängigkeit und einer eigenen Identität wird blockiert. Der mütterlichen Fürsorge kann man nur durch Rückzug ins eigene Zimmer entfliehen, und das Herumtigern des Vaters regt einen auf. 

Andere Jugendliche setzen die Eltern als Hilfskräfte bei den Schulaufgaben ein, provozieren regelmässig Streite, um ihre Frustrationen abzureagieren. Familiäre Konflikte eskalieren, Gewalt droht. Wieder andere Jugendliche kompensieren ihre Unsicherheit durch eine unnatürliche Beflissenheit, wenn es um die Aufgaben der Schule geht, und nicht wenige verfallen in eine Depression. Zweifel an sich selber brechen auf, und Komplexe werden aktiviert. Sie beginnen am Sinn des Lebens zu zweifeln und wissen nicht weiter. 

Die meisten Jugendlichen verfügen nicht über die Fähigkeit zur Selbstdisziplinierung, um die verordnete Isolation ruhig zu ertragen. Ihre Emotionskontrolle ist noch nicht ausgereift, Anweisungen der Erwachsenen begegnen sie mit Skepsis, und ausserdem wäre eine gewisse Distanz zu den Eltern angesagt. Die Begründungen der politischen Akteure erreichen nicht alle, und alternative Erklärungen werden attraktiv: Die Corona-Krise sei bewusst von den Chinesen ausgelöst worden, um die Weltherrschaft zu übernehmen. Die Isolation widerspricht den Bedürfnissen ihrer Entwicklungsphase. Die Schule leistet Grossartiges, um das Lernprogramm digital weiterzuführen. Die Schule hat für Jugendliche jedoch auch Funktionen, die nichts mit dem Lernen zu tun haben. Aus ihrer subjektiven Warte sind Stoffvermittlung und Lernen sekundär. Sie sehen in der Schule vor allem einen Raum, wo man gleichaltrige Kollegen und Kolleginnen trifft und Eigenständigkeit probt. Man kann mit den Mitschülern News austauschen, klatschen, flirten, blödeln, über Lehrpersonen und Eltern lästern oder einfach zusammen sein. Jugendliche erfahren sich als soziale Wesen, können experimentieren und neue Kontakte knüpfen. Unter dem Radar der Erwachsenen werden Gegenwelten inszeniert, die für die eigene Identitätsentwicklung wichtig sind. Die Lehrpersonen bleiben wichtige Akteure. Oft repräsentieren sie einen Gegenpol zur eigenen Haltung. Ihr persönlicher Einsatz und ihre Aufregung dienen als Orientierungshilfe. Lehrpersonen haben sich jedoch auf den Unterricht zu konzentrieren, auch wenn sie realisieren, dass diese emotionalen Prozesse und persönliche Begegnungen entscheidend für eine erfolgreiche Schule sind. 

Diese Bedeutung der Schule verhilft vielen Jugendlichen zu emotionaler Stabilität. Die Nähe zu den Eltern ist ertragbar, weil man sich zwischendurch abmelden und den sozialen Dynamiken und Kontakten der Schule widmen kann. Aspirationen werden ausgelebt, Interessen verfolgt, Trends wird nachgegangen, und eigene Grenzen werden getestet. Die Schule ist für Jugendliche eine Arena, wo man sich individuieren darf, ohne dass Erwachsene dreinreden. Wenn diese entfällt, dann droht eine innere Leere, die sich auf die psychische Befindlichkeit auswirkt. Depressive Reaktionen, Familienkonflikte und sogar Gewalt können die Folge sein. 

Online-Lernen und -Kontakte sind Überbrückungshilfen, doch sie genügen nicht, um diese schwierige Zeit durchzustehen. Jugendliche müssen auch in ihrer Psycho-Emotionalität abgeholt werden. Eine Möglichkeit ist der systematische Einsatz von Geschichten über Grunderfahrungen und Dilemmas des Lebens. Es kann sich um persönliche Berichte der Eltern oder Fremdgeschichten handeln, die im Familienkreis erzählt werden, oder eine fortlaufende Online-Geschichte, wie es im Projekt «Kinder helfen Kindern über Geschichten» gemacht wird. Jugendliche brauchen auch weiterhin Tätigkeiten, damit sie sich ausserhalb der Familie profilieren können: Zeitungsvertragen, Nachbarschaftshilfe, Einkaufen, Kochen. Über Geschichten oder Tätigkeiten bleiben sie mit der Aussenwelt verbunden, und es drohen weniger innerfamiliäre Konflikte. 

Allan Guggenbühl, Psychologe und Pädagoge

[Quelle: NZZ vom 02.04.2020]