Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Leserkommentar

Zum Artikel «Fataler Fehler im Baselbieter Personalgesetz»

Der Artikel nennt ein gravierendes Problem beim Namen. Danke, dass das mal jemand aufs Tapet bringt! Und seien wir ehrlich: Wenn leichtfertig mit Verwarnungen gedroht wird oder solche gar ausgesprochen werden, trifft es meistens die Falschen. Entscheidend bei Verwarnungen ist häufig nicht der mangelnde Einsatz oder die ungenügende Arbeitsleistung, sondern bloss, welche Beziehung jemand zum Schulleiter hat. Wenn ein Lehrer es sich sehr einfach macht und den Unterricht kaum vorbereitet, aber einen guten Draht zum Rektor hat, passiert ihm garantiert nichts. Das System ist in seiner Willkür total unfair. Wer engagiert ist, aber eine Verwarnung erhält, nur weil der Schulleiter ihn oder sie persönlich nicht mag, wird völlig verunsichert. Eine Verwarnung ist eine krasse Massnahme, mit der man nicht gedankenlos um sich schlagen sollte. Man muss immer bedenken, welche Folgen das haben kann.

(Name der Redaktion bekannt)

 


News

  • Montag, Februar 17, 2025

    Bald alters- und niveaudurchmischter Unterricht in BS?

    Der Regierungsrat von Basel-Stadt beantragt eine Gesetzesänderung, um alters- und niveaudurchmischtes Lernen an allen Volksschulen in Basel-Stadt zu ermöglichen. Grundlage dafür ist eine mehrjährige Pilotphase an drei Schulen. (ai)

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  • Samstag, Februar 08, 2025

    Uniprüfungen müssen wiederholt werden

    In Ferrara, einer italienischen Universität, müssen 362 Student*innen ihre Psychologieklausur nachholen, weil an der Prüfung mit KI getrickst wurde. (lb)

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  • Donnerstag, Januar 23, 2025

    Keine ausserschulischen Aktivitäten für Schulkinder der Gemeinde Riehen

    Aufgrund eines mangelnden Budgetplans werden die Schulkinder der Gemeinde Riehen in diesem Jahr keine Schulausflüge machen dürfen (as).

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  • Freitag, Januar 17, 2025

    Industrienacht bietet Einblick in Arbeitswelt

    Am Freitag, 9. Mai 2025 findet die dritte Industrienacht in der Region Basel statt. Rund 40 Unternehmen geben von 17–24 Uhr exklusive Einblicke in ihren Arbeitsalltag, ihre Kultur, ihre Geschichte. Für Schüler*innen, Lernende und Studierende ist der Eintritt gratis. (lh)

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  • Donnerstag, Januar 16, 2025

    Das Jugendbücherschiff legt wieder an

    Das Basler Jugendbücherschiff ladet mit rund 1'000 neu erschienen Kinder- und Jugendbüchern zum lesen und stöbern ein. Vom 21. Januar bis 11. Februar liegt es an der Schifflände und bietet Veranstaltungen für Schulklassen, Tagesstrukturen und Familien an. (lh)

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  • Mittwoch, Januar 15, 2025

    Jahres- statt Semesterzeugnisse im Kanton BS

    Ab dem Schuljahr 2025/26 erhalten die Schüler*innen der 6. Primarklasse im Kanton Basel-Stadt ein Jahreszeugnis Mitte April. Dieses ersetzt die üblichen Semesterzeugnisse, die vorher jeweils im Januar und Juni ausgestellt wurden. So entschied der Regierungsrat am 7. Januar 2025. (lh)

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21.02.2025

Haarsträubende Verwarnungen an Baselbieter Schulen

An diversen Schulen zeichnet sich eine höchst bedenkliche Entwicklung in der Personalführung ab: Lehrerinnen- und Lehrerverband Baselland (LVB) und Starke Schule beider Basel (SSbB) stellen insgesamt einen deutlichen Anstieg der Anzahl haarsträubender Verwarnungsandrohungen fest. Auch Fälle von tatsächlich ausgesprochenen Verwarnungen sowie Freistellungen sind bekannt geworden. Betroffen sind insbesondere langjährig erfahrene und verdiente Lehrpersonen, die von ihren Schulleitungen unter Druck gesetzt werden.

Zahlreiche der SSbB bekannte Verwarnungsandrohungen sind offensichtlich willkürlich und entbehren jeder Rechtsgrundlage. Sie haben ein Ausmass erreicht, das aus personalrechtlicher Sicht besorgniserregend ist, ganz abgesehen von der ethischen Verwerflichkeit solcher machtmissbräuchlicher Druckmassnahmen. An der kommenden Landratssitzung reicht Landrätin Anita Biedert eine Interpellation ein, welche Aufschlüsse über das Ausmass fordert.

Allmacht der Schulleitungen mit Potenzial für Machtmissbrauch

Per 1. August 2024 wurde eine bisherige Schlüsselfunktion der bisherigen Schulräte – die Personalführung – ausschliesslich auf die Schulleitungen übertragen. Die politisch breit abgestützten Schulräte hatten zuvor als übergeordnete Kontroll- und Aufsichtsgremien gewirkt und in vielen Fällen als wichtiges Korrektiv gegen einseitige oder problematische Entscheidungen der Schulleiter/-innen fungiert. Seither liegt es im alleinigen Ermessen der Schulleiter/-innen, nach Belieben personalrechtliche Entscheide zu fällen, wie beispielsweise Kündigungen auszusprechen oder dienstrechtliche Massnahmen zu verhängen, wozu Abmahnungen oder Verwarnungen von Lehrpersonen gehören.

Deutlicher Anstieg besorgter Anfragen

Der LVB und die SSbB verzeichnen seit diesem Schuljahr einen insgesamt deutlichen Anstieg von Anfragen seitens der Lehrpersonen im Kanton. Zahlreiche Pädagoginnen und Pädagogen wenden sich an den LVB oder die SSbB, weil sie unter dem enormen Druck angedrohter oder bereits ausgesprochener Verwarnungen leiden und verzweifelt sind, geht es für sie doch um nicht weniger als ihre berufliche Existenz und ihr Auskommen. In nahezu allen Fällen steht dieses ultimative und schärfste Disziplinierungsinstrument, das nicht selten mit der angedrohten Kündigung einhergeht, im Zusammenhang mit persönlichen Konflikten und wird von gewissen Schulleitungen gezielt als Druckmittel eingesetzt. Verwarnungen als Repressalien oder Druckmittel zu nutzen ist zwar widerrechtlich, weil es gegen Treu und Glauben verstösst, aber die betroffenen Lehrpersonen können rechtlich nichts dagegen ausrichten.

Die Konsequenzen solcher missbräuchlich ausgesprochener Verwarnungen sind für die Lehrpersonen verheerend: Viele ziehen sich resigniert zurück und melden sich für Monate krank, da sie dem psychischen Druck nicht standhalten können. Die Kosten für den Kanton sind erheblich. Im früheren Artikel «Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz» hat die SSbB die juristisch nicht anfechtbaren Verwarnungen bereits als einen katastrophalen Systemfehler angeprangert, der das Arbeitsklima und das Vertrauen in die Schulleitungen nachhaltig beschädigt.

Klima der Verunsicherung und der Angst

Einige Schulleitungen setzen die Lehrkräfte bereits durch die blosse Androhung von Verwarnungen, sei es offen oder unterschwellig, enorm unter Druck, was ein Klima der Angst erzeugt. Der blosse Umstand, dass Lehrpersonen eine willkürliche und unangemessene Verwarnung bekommen und sie sich nicht dagegen wehren können, wirkt extrem einschüchternd. Infolgedessen können viele Lehrpersonen ihre volle Leistung nicht mehr abrufen. Überdies mischen sich gewisse Schulleitungen auch in die fachspezifische Methodik und Didaktik ein, oft ohne das nötige Fachwissen, was langjährige und erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen demotiviert und in ihrer beruflichen Entfaltung hemmt. Diese unterschwelligen Drohgebärden wirken sich nachhaltig negativ auf die Unterrichtsqualität aus, da Lehrpersonen sich aus Selbstschutz zurückziehen und spuren, um bloss nicht Anlass für eine Verwarnung zu geben.

Unzureichende Qualifikation und charakterliche Mängel

Leider verfügen nicht alle Schulleitungen über die notwendigen charakterlichen Eigenschaften und die personalrechtlichen Kenntnisse, um mit der neuen Machtfülle umsichtig und sorgsam umzugehen. Einige vermögen den hohen ethischen Anforderungen an ihre verantwortungsvolle Führungsfunktion nicht zu genügen. Neben fähigen und souveränen Leitungen gibt es auch solche, die durch offenkundige Charakterdefizite und Machtbesessenheit auffallen. Philipp Loretz, Präsident des LVB, bringt es auf Anfrage der SSbB auf den Punkt: «Es zeigt sich, dass Schulleitungen hinsichtlich Personalrecht sehr unterschiedlich qualifiziert sind. Wo es an fundierten Kenntnissen fehlt, steigt das Risiko ungerechtfertigter Verwarnungen».

Dezidierte Forderungen der SSbB

Die SSbB erachtet nicht anfechtbare Verwarnungen als einen fatalen Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz, der korrigiert werden muss. Der Kanton Basel-Landschaft nimmt für sich in Anspruch, ein fairer Arbeitgeber zu sein, der seine soziale Verantwortung wahrnimmt. Dazu gehören deshalb auch ein Personalgesetz und eine Personalrechtspraxis, welche diesen Anforderungen gerecht werden.

Verwarnungen müssen juristisch anfechtbar sein, damit möglicher Missbrauch verhindert werden kann. Zugleich sind verpflichtende Weiterbildungen für Schulleiter/-innen in personalrechtlichen Fragen unerlässlich, um deren Handlungsfähigkeit und ethisches Verantwortungsbewusstsein zu stärken. Nur durch konsequente Anpassungen und gezielte Qualifizierungsmassnahmen kann langfristig ein faires, transparentes und vertrauenswürdiges Schulklima geschaffen werden.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

17.02.2025 – Gastbeitrag

Was hat der LCH zu vertuschen?

Der folgende Text druckt die Starke Schule beider Basel (SSbB) mit der Genehmigung des Condorcet-Blogs ab. Es ist ein Beitrag eines Sekundarlehrers, der anonym bleiben möchte. Die Redaktion des Condorcet-Blogs hat die Plausibilität des geschilderten Inhaltes sowie die Existenz des Autors überprüft.

Seit Jahren verfolge ich euren Blog [Anmerkung der Redaktion: hier gemeint ist der Condorcet-Blog]. Ich bin Sekundarlehrer im schönen Oberaargau und Mitglied von Bildung Bern und damit auch vom LCH.

Warum schreibe ich euch: Ich habe im letzten Jahr an der LCH-Berufszufriedenheitsstudie teilgenommen. Mit Interesse las ich danach die Auswertung. Und da stellte ich fest, dass ein wesentlicher Teil der Befragungsthemen fehlt, nämlich der zur «Schulischen Selektion». Da ist auf der Homepage des LCH überhaupt nichts zu finden. Kein Wort! Und natürlich gab es auch in den Zeitungsartikeln darüber nichts zu lesen.

Von einem Insider, also einem Kollegen, der bei Bildung Bern sehr viele Kontakte hat, habe ich erfahren, dass die Ergebnisse vom LCH unter Verschluss gehalten werden, weil deren Ergebnisse nicht gefallen haben.

Warum melde ich mich gerade jetzt? In den Zeitungen ist gerade zu lesen, dass in den Kantonen Bern und Zürich Volksinitiativen angekündigt worden sind, welche die Sekundarstufe 1 ohne Niveaus gestalten wollen. Das stünde meiner Meinung nach aber völlig quer zu der heutigen Realität, die geprägt ist von riesigen Unterschieden in den Klassengemeinschaften, die kaum mehr zu bewältigen sind. Und das sehen offensichtlich auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen so.

Frau Rösler hat sich hingegen mehrfach sehr kritisch zur Selektion geäussert. Ist es daher ein Zufall, dass gerade diese Umfrageergebnisse nicht kommuniziert worden sind? Eine Präsidentin, welche unangenehme Resultate zu einer solch wichtigen Frage vertuschen will, ist eigentlich nicht tragbar. Es ist höchste Zeit, die Meinung der Basis zu erkunden und diese auch korrekt wiederzugeben, sonst droht uns wieder eine Reform, welche die Situation nicht verbessert, sondern verschlimmert. Es ist auch unsäglich, dass ich diesen Beitrag anonym veröffentlichen lassen muss, da meine Schulleitung zum «Röslerlager» gehört.

Anonymer Autor
Sekundarlehrer

[Quelle: Condorcet-Blog vom 16.02.2025]

 

16.02.2025 - Gastbeitrag

Die Staatsschulen drohen abzustürzen

Offenbar braucht es einen ehemaligen Berufspiloten und derzeitigen Bildungsdirektor aus Nidwalden, der eine derart lapidar-treffende Feststellung in Sachen Volksschule machen kann und sie auch noch getraut, öffentlich auszusprechen: «Unsere Volksschule wurde ruiniert!»

Piloten sind sich gewohnt, was um sie herum passiert, kritisch zu betrachten und ggf. schnell und unmissverständlich zu reagieren. Sich selbst zu belügen, endet in der Fliegerei früher oder später immer tödlich.

Himmeltrauriges Dasein

Bildungsdirektor Res Schmid hat meines Erachtens vollkommen recht. Die Volksschule fristet inzwischen an etlichen Orten ein himmeltrauriges Dasein. Man weiss gar nicht, wo man beginnen soll mit der Aufzählung all dessen, was komplett falsch gelaufen ist in den letzten Jahrzehnten.

  • Sei es der Wahn, Kompetenzen vermitteln zu wollen ohne dazugehöriges Wissen. Google oder neu ChatGPT reichen ja aus. Auf die Fliegerei übertragen würde das in etwa heissen, kompetent zu sein bedeutet, den Steuerknüppel so sanft führen zu können, dass nicht unmittelbar etwas passiert, ohne aber irgendeine Ahnung zu haben, wo sich das Flugzeug gerade befindet, wie aufzukreuzen wäre gegen den Wind, welche Lufträume zu beachten seien und wie mit der ATC gesprochen werden muss – googeln ginge ja auch …
  • Sei es die irrige Vorstellung, alle Schülerinnen und Schüler integrativ in einer Klasse beschulen zu können, ungeachtet deren kognitiven Fähigkeiten und sozialer Reife – dies ist letztlich auch eine Forderung nach Abschaffung der Separation und wird aktuell gerade wieder lautstark an die Volksschule herangetragen, verbunden mit dem Ansinnen, Noten gänzlich abzuschaffen und die armen Kinder doch von jeglicher Beurteilung fernzuhalten, da dies ihrem ach so zarten Seelenheil allzu abträglich wäre.
  • Sei es das berühmte Sprachbad der Frühfremdsprachen-Ideologie, das bei wöchentlich zwei bis drei Sprachlektionen eher einer Pfütze gleicht, mit der man sich kaum die Füsse waschen kann.
  • Ganz zu schweigen von der ideologischen Dauerbeeinflussung und -beschallung unserer Kinder mit Genderschwachsinn oder Klimapanik.

Die Aufzählung ist mitnichten vollständig – der Irrungen und Wirrungen ideologiegetränkter Bildungsexperten und willfähriger, weil karriereversessener Politikerinnen und Politiker, sind viele.

Was tun? Den Staat zur Vernunft bringen?

Das gleicht einem Kampf gegen Windmühlen. Wahrscheinlich muss der Karren noch derart an die Wand gefahren werden, dass immer mehr mutige Eltern das Heft definitiv selbst in die Hand nehmen und die private Beschulung vorantreiben, sei es an Privatschulen oder mit (auch ausgelagertem) Homeschooling, ungeachtet der Drohungen des Staates, exorbitante Bussen zu verhängen oder gar die KESB herbeizurufen. Beides sind reale Szenarien…

Damit verbunden wäre die energisch vorgetragene Forderung nach dem sog. Bildungsgutschein, mit dem Erziehungsberechtigte die Art der Beschulung ihrer Kinder selbst wählen können und diese auch finanziert würde. Das staatliche Primat über die Bildung hat meines Erachtens endgültig ausgedient – der Staat hat in jeder Hinsicht versagt.

An den Schulen herrscht vermehrt ein Klima der Angst

Kommt dazu, dass sich an etlichen Schulen bei den Lehrerinnen und Lehrern ein Klima der Angst eingenistet hat, da Schulleitungen inzwischen per Dekret über derart viel Macht verfügen, dass «missliebige» Lehrpersonen bedenkenlos abgemahnt bzw. verwarnt werden können. Ein Eintrag in die Personalakte ist gesetzlich vorgegeben, allerdings ohne rechtlichen Anspruch auf Prüfung, aber oft kombiniert mit einer Kündigungsandrohung für den Fall der Nichteinhaltung der meist schwammig formulierten Vorgaben. Eine Instanz mit echter Revisionskompetenz, die solchem Treiben Einhalt gebieten könnte, existiert nicht mehr. Die Macht der Schulräte ist gebrochen und eine zahnlose Ombudsstelle wird es auch nicht richten. Die Führung einer Schule – ein Paradies-Job für machtaffine, narzisstisch veranlagte Personen.

Seit vergangenem August ist die Anzahl der Lehrpersonen, welche sich bei der Starken Schule beider Basel aufgrund von Schwierigkeiten mit ihren Schulleitungen gemeldet haben, sprunghaft angestiegen. Ein Schelm, der Böses ahnt.

Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht!

Daniel Vuilliomenet
Pensionierter Sekundarlehrer, Mitinhaber der Lernoase Dittingen

 

08.02.2025

Fataler Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz

Im Kanton Basel-Landschaft haben Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ein Instrument zur Hand, welches einerseits Macht und Kontrolle sichern soll, andererseits aber zu einem gravierenden Missbrauchsrisiko führen kann: die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung. Dieses Instrument, das in der kantonalen Personalgesetzgebung verankert ist, erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende unter Kündigungsandrohung schriftlich zu rügen, ohne dass diese die Möglichkeit eines Einspruchs dagegen haben. Was als Disziplinarmassnahme zur Sicherung von Qualität und Effizienz gedacht ist, entpuppt sich in der Praxis häufig als Problem, welches Mitarbeitende in eine Situation der absoluten Ohnmacht versetzt und die Tür für willkürliches Verhalten durch Vorgesetzte weit aufstösst.

Ein Machtinstrument ohne Gegengewicht

Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Paradebeispiel für ein drastisches Machtinstrument ohne jegliche Kontrolle. Mitarbeitende, die eine solche Verwarnung erhalten, haben keinerlei Möglichkeit, diese juristisch anzufechten oder neutral überprüfen zu lassen. Damit steht Aussage gegen Aussage: Auf der einen Seite die Interpretation der Vorgesetzten, auf der anderen Seite die Verteidigung der betroffenen Mitarbeitenden. Ohne eine Instanz, die den Vorwürfen neutral auf den Grund geht und auch die Sichtweise der Mitarbeitenden berücksichtigt, wird die von den Vorgesetzten ausgesprochene Verwarnung zur absoluten Wahrheit – egal, wie gerechtfertigt oder ungerechtfertigt sie ist – und hat für die Verwarnten einschneidende Konsequenzen.

Unmessbare Zielvorgaben: Ein Weg ins Absurde

Besonders problematisch sind Verwarnungen dann, wenn sie mit Zielvorgaben verknüpft werden, die vage und nicht messbar sind und deren Erfüllung ausserhalb des Einflussbereichs der betroffenen Mitarbeitenden liegt. Beispiele für solche unfairen Bedingungen wären etwa: «Sorgen Sie dafür, dass sich das Image der Schule in der Öffentlichkeit nicht verschlechtert!», oder: «Verhalten Sie sich so, dass es zu weniger Beschwerden kommt!» Probleme am Arbeitsplatz entstehen aus verschiedenen Faktoren und durch das Verhalten einer Vielzahl von Akteuren, darunter auch durch Entscheidungen der Vorgesetzten selbst. Dennoch liegt die gesamte Verantwortung für die Zielerreichung bei solchen Vorgaben auf Seiten der Verwarnungsempfänger/-innen.

Die psychologischen Folgen: Zermürbung und Resignation

Eine Verwarnung, insbesondere wenn sie mit nicht messbaren Zielvorgaben einhergeht, hat tiefgreifende psychologische Auswirkungen auf die Betroffenen. Die Aussicht, bei Nichterfüllung der Ziele mit weiteren Sanktionen bis hin zur Kündigung rechnen zu müssen, führt oft zu einem enormen Druck. Die Betroffenen sehen sich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich infrage gestellt. Die Folge: ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depression.

Ein Appell für Reformen

Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Relikt, das in einer modernen, auf Transparenz und Fairness ausgerichteten Arbeitskultur keinen Platz haben sollte. Es braucht dringend Reformen, die dieses drastische Disziplinierungsinstrument, welches von Vorgesetzten leider auch missbraucht werden kann, einer unabhängigen Prüfung zugänglich machen. Aufgabe einer solchen Prüfung müsste sein zu untersuchen, ob eine Verwarnung hinsichtlich der erhobenen Vorwürfe verhältnismässig und bezüglich der damit verfolgten Ziele zweckmässig ist, und ob sie mit klaren, objektiven Kriterien in Bezug auf die Zielvorgaben für eine Probezeit operiert, die für den Mitarbeitenden beeinflussbar und in einem realistischen Rahmen erreichbar sind.

Fazit

Die Verwarnung, wie sie im Kanton Basel-Landschaft eingesetzt wird, ist kein Mittel zur Verbesserung von Arbeitsqualität, sondern ein Systemfehler, der Konflikte verschärft, Mitarbeitende zermürbt und Missbrauch durch Vorgesetzte ermöglicht. Solange dieses Instrument in seiner aktuellen Form bestehen bleibt, wird es weiterhin zu Ungerechtigkeiten und schwerwiegenden persönlichen Konsequenzen für die Betroffenen kommen. Es ist an der Zeit, diese Fehlentwicklung zu korrigieren – im Interesse aller, die an einem fairen und konstruktiven Arbeitsumfeld interessiert sind.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

Haben Sie als Lehrperson selber schon belastende Erfahrungen mit
Ihrer Schulleitung gemacht?

Wir freuen uns, wenn Sie uns diese schildern, selbstverständlich unter Wahrung ihrer Anonymität.
Sie helfen damit, auf das Thema aufmerksam zu machen: starke.schule.beider.basel@gmx.ch .

Gerne dürfen Sie uns auch einen Leserbriefe einsenden (maximal 1´200 Anschläge).

08.02.2025

Unsere Volksschule wurde ruiniert

Solch klare, brutale Worte hat man schon lange nicht mehr von einem Bildungsdirektor gehört. Er heisst Res Schmid und kommt aus Nidwalden: «Der Gender-Unfug hat an Schulen nichts zu suchen.» Oder: «Der Trend, jeden Druck zu vermeiden und alle gleichzustellen, ist eine linke ideologische Fehlentwicklung.» Schliesslich: «Das integrative Schulmodell ist in der aktuellen Form gescheitert.»

Balsam auf die Seele eines Vaters von fünf Kindern, alle Absolventen der Volksschule (bis vor kurzem), die jeden Reform-Irrsinn und jede pädagogische Mode erlitten haben, was meine Frau und mich, beide recht ordentlich ausgebildet, oft ans Ende unseres Lateins gebracht hat - eine tote Sprache, die man ja auch nicht mehr lernen soll, wie uns Leute versichern, die kein Latein können. Als ich Schmid in diesem bemerkenswerten Interview in der NZZ folgte, ging mir ein Zweites durch den Kopf: Warum haben wir uns von angeblichen Fachleuten so lange einreden lassen, dass das, was sich seit etwa 200 Jahren in der Pädagogik bewährt hat, was Generationen von Lehrern und Schülern unternommen haben, um auszubilden und zu lernen, nichts mehr taugt? Dazu gehören Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundfertigkeiten, die man nicht oft genug anwenden kann. Ebenso braucht es Noten, die den Fortschritt messen.

Schliesslich kommt man ums Büffeln nicht herum.

Üben. Üben. Üben. Was doch selbstverständlich ist - fragen Sie einen Tennisspieler, erkundigen Sie sich bei einem Pianisten -, hat in den letzten Jahren einen muffigen Ruf erhalten, seit promovierte Spasspädagogen uns darüber aufgeklärt haben, dass Lernen Spass machen müsse, falls man die Kinder erreichen möchte, zumal jede Forderung, jedes böse Wort die Seele eines Heranwachsenden zerstöre und im Analphabetismus ende. Das immerhin hat man trotzdem erreicht. Gemäss letzter Pisa-Studie sahen sich noch nie so viele junge Schweizer ausserstande, auch nur einen trivialen Text zu verstehen, geschweige denn die schlecht geschriebenen Dissertationen der Spasspädagogen.

Warum haben wir uns das bieten lassen?

Immerhin geht es um die Zukunft unserer Kinder. Schmid gibt einen Hinweis: Kaum hatte er als SVP-Politiker sein Amt angetreten, stellte er zwar fest, dass ihm manche Lehrer - und die kennen sich ja aus - hinter vorgehaltener Hand beipflichteten, wenn er etwa die integrative Schule infrage stellte, doch sie gaben ihm zugleich zu verstehen: «Dass ich das falsche Etikett auf der Stirn habe», sprich der unaussprechbaren, da krypto-faschistischen Partei angehörte. Omertà unter Pädagogen. Lieber sah man zu, wie die Schule zugrunde ging, als den Falschen recht zu geben.

Ein weiterer Grund, warum alle schimpften, aber niemand sich widersetzte, hängt damit zusammen. Die vielen Reformen stammten vorwiegend von Akademikern, deren Bildungsabschlüsse zwar rasselten wie Orden an der Brust eines Generals, die selbst jedoch kaum je vor einer Klasse gestanden hatten. Wenn sie Reformen vorschlugen, dann überwog die Theorie, sie erlagen ideologischen Moden, es wurden Utopien verwirklicht, die klüger wirkten, als sie waren, und an der Praxis zerschellten. Unsere Generation, Kinder der Bildungsexpansion der 1960er-Jahre, die sich oft viel darauf einbildeten, wenn sie Akademiker geworden waren, nahm - von uns selbst beeindruckt - unkritisch hin, was die gleichen Akademiker an den Schulen anrichteten. Am Ende wurde unsere Volksschule, eine der Erfolgsgeschichten des schweizerischen Liberalismus seit 1830, Opfer eines antiliberalen Zeitgeistes, indem sich eine Minderheit anmasste, eine «progressive» Reform nach der anderen auszuhecken und durchzuziehen, wobei die meisten davon kaum demokratisch abgestützt waren, und wenn, dann blieb den Bürgern oft verborgen, was sie da akzeptierten, im Glauben, die «Experten» wüssten es schon besser.

Das widersprach der DNA der Volksschule, die stets eine demokratische Volksschule gewesen war und deshalb auch bis in die 1980er-Jahre realistisch und leistungsorientiert geblieben war. Common Sense herrschte an dieser Schule, weil die Mehrheit des Volkes im Zweifelsfall immer auf den Common Sense setzt. Dann übernahmen die «Experten». Common Sense stand nun a priori unter Verdacht, man entschied sich oft bewusst für das Gegenteil dessen, was 200 Jahre lang gegolten hatte - um des Reformierens willen.

Ist das nicht infantil? Nein, es ist gefährlich. Und das Ergebnis, eine Volksschule, die in mancher Hinsicht weder eine Schule ist, noch einem Volk mehr dient, spricht leider für sich selbst.

Markus Somm
Ehemaliger BAZ Chefredaktor

01.02.2024

Medien und Informatik: Halbklassenunterricht notwendig

Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) möchte ab dem Schuljahr 2026/2027 verschiedene Sparmassnahmen einführen. Dies betrifft nebst dem Stundenabbau im zweiten und dritten Sekundarschuljahr auch das Fach «Medien und Informatik» (M&I), welches im 1. Schuljahr der Sekundarstufe 1 nicht mehr in Halbklassen, sondern neu im Klassenverband unterrichtet werden soll. Baselland möchte insgesamt rund 10 Millionen Franken und 27 Stellen einsparen.

Die Starke Schule beider Basel (SSbB) führte zu den erwähnten Sparmassnahmen eine Umfrage durch, an welcher 781 Personen teilnahmen. Dabei waren 85.3% der Teilnehmenden Lehrpersonen aus beiden Basler Halbkantonen. In einem kürzlich erschienen Artikel der SSbB wurde bereits der erste Teil der Umfrage ausgewertet, welcher sich mit dem Stundenabbau befasst (siehe hier). Folgend die Auswertung des zweiten Teils der Umfrage zum M&I.

Klare Haltung gegenüber den Sparmassnahmen

Mehr als die Hälfte der Befragten hat kein Verständnis für den Wechsel von Halbklassen- zu Ganzklassenunterricht für das Fach M&I. 44.0% sagt deutlich «Nein», während rund 16,0% die Frage mit «Eher Nein» beantwortete. Nur knapp mehr als ein Drittel äussert sich mit «Ja» (17.5%) oder «Eher Ja» (18.6%) und hat für die Sparmassnahme Verständnis. Knapp 4% der Teilnehmenden äusserte sich nicht zur Frage.

Grafik-Umfrage-M&I

Nachteile überwiegen die Vorteile deutlich

In einem Textfeld konnten die Teilnehmenden Ihre Argumente pro und contra mitteilen. Die genannten Vorteile für das Unterrichten im Klassenverband lassen sich aus dem offenen Antwortfeld folgendermassen zusammentragen:

  • Hilfestellung innerhalb der Gruppe: Die Schüler*innen könnten sich gegenseitig unterstützen. Dies fördere den Klassenzusammenhalt und Teamwork sowie die Problemlösung.
  • Austausch in grösseren Gruppen: Gerade im Fach M&I sei es wichtig, unterschiedliche Ansichten und Meinungen zu hören und zu besprechen. Je grösser die Gruppe sei, desto diverser die Einwürfe und Antworten.

Bei den Nachteilen kristallisierten sich aus den Antworten folgende drei Argumente heraus:

  • Mehr Ablenkung: Wenn plötzlich doppelt so viele Kinder in einem Raum sind, welche alle einen Bildschirm vor sich haben, könne die Lehrperson unmöglich alle Schüler*innen zeitnah helfen. So entsteht Platz für Ablenkung und Unruhe, was das Unterrichten weiter erschwere.
  • Weniger individuelle Hilfe: Bei einem Fach wie M&I seien die Probleme der Schüler*innen ganz unterschiedlich. Dazu gehört, dass Schüler*innen ohne Unterstützung der Lehrperson nicht weiterarbeiten könnten. Fällt der Halbklassenunterricht weg, so könne die Lehrperson unmöglich allen Schüler*innen rasch und zielführend helfen.
  • Leistungsabfall: Bereits heute gäbe es im Fach M&I grosse Unterschiede zwischen den Schüler*innen. Diese starke Heterogenität erschwere es der Lehrperson, ein geeignetes Unterrichtsprogramm zu finden, welches allen Levels gerecht werde. Sitzen mehr Schüler*innen im Klassenzimmer, würde sich die Schere zwischen den leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Schüler*innen weiter öffnen. Dies führe zu einem weiteren Leistungsabbau.

Nicht konkret Gegenstand dieser Umfrage war die exzessiv eingeführte Digitalisierung an unseren Schulen. Trotzdem wurden dazu in einem freien Textfeld zahlreiche Bedenken einer zu hohen Bildschirmzeit und Handysucht geäussert. Es scheint, dass sich zunehmend mehr Lehrpersonen eine Beschränkung der Nutzung von digitalen Geräten wünschen.

Lena Heitz
Vorstand Starke Schule beider Basel

20.01.2025

Umfrage «Sparmassnahmen an
den Sekundarschulen»

Ab dem Schuljahr 2026/27 möchte die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) im zweiten und dritten Sekundarschuljahr die Pflichtstundenzahl um je zwei Wochenlektionen reduzieren. Zudem soll im ersten Sekundarschuljahr das Fach «Medien und Informatik» nicht mehr in Halbklassen, sondern im Klassenverband unterrichtet werden. Damit will der Kanton 27 Stellen und jährlich rund 10 Millionen Franken einsparen. Die Sparmassnahmen kommen bei Lehrpersonen und Eltern nicht gut an.

Eine von der Starken Schule beider Basel soeben durchgeführte Umfrage stiess auf grosses Interesse. 781 Personen, davon 85.3% Lehrpersonen aus den beiden Basler Halbkantonen, beantworteten Fragen rund um die geplanten Sparmassnahmen.

Einfluss des geplanten Lektionenabbaus auf das Bildungsniveau

Die Mehrheit der Befragten sieht die geplante Reduktion der Pflichtstundenzahl kritisch: 57.3% der Teilnehmenden erwarten als Folge davon eine Abnahme des durchschnittlichen Bildungsniveaus (BN). Knapp ein Viertel glaubt, dass die Änderungen keinen relevanten Einfluss auf das Bildungsniveau haben wird. Lediglich 4.5% erwarten aufgrund dessen positive Effekte, die zu einem höheren durchschnittlichen Bildungsniveau führen.

 

Lehrpersonen würden in den Wahlpflichtfächern am ehesten abbauen

Wenn sich die Befragten entscheiden müssten, in welchen Fächern die beiden Lektionen abgebaut werden sollten, sofern ein Abbau notwendig ist, würden sie sich mit überwiegender Mehrheit in allen drei Leistungsniveaus A, E und P für Lektionen der Wahlpflichtfächer entscheiden. Zu diesen Fächern zählen Bildnerisches Gestalten, Textiles Gestalten, Technisches Gestalten, Musik, MINT, Latein und Italienisch.

Ebenfalls häufig genannt wird das Fach Ethik, Religionen und Gemeinschaft (ERG), welches in der Stundentafel jedoch nur mit einer Wochenlektion dotiert ist. Das Fach Hauswirtschaft wird mit aufsteigendem Leistungsniveau häufiger genannt. Beim Fach Französisch sieht es genau umgekehrt aus: Je tiefer das Leistungsniveau, desto häufiger wird das Fach für den Lektionenabbau vorgeschlagen. Interessant ist, dass in der 3. Klasse des Niveaus A auch das Fach Physik oft genannt wird.

Dass Französisch im Leistungsniveau A deutlich häufiger genannt wurde als in den beiden Niveaus E und P, war zu erwarten. Seit Jahren klagen die Französischlehrpersonen, welche im Leistungsniveau A unterrichten von vielen Leerläufen. Am Ende der obligatorischen Schulzeit können viele Schüler*innen aus dem A-Niveau kaum einen Satz sprechen. Es sei sinnvoller, dass diese Lernenden mehr Unterrichtslektionen in Deutsch und Mathematik sowie in handwerklichen Fächern bekommen würden.

 

Vor- und Nachteile eines Abbaus von zwei Wochenlektionen

Die geplante Reduktion der Pflichtstundenzahl auf der Sekundarstufe 1 wird von den Befragten sehr unterschiedlich bewertet. Zusammenfassend wurden hauptsächlich zwei positive Aspekte genannt:

  • Entlastung der Schüler*innen: Viele sehen den Abbau als Möglichkeit, den Jugendlichen mehr Freizeit zu geben, um individuelle Interessen zu fördern, wie Sport, Musik oder sonstige Hobbies. Damit könnten bessere Ausgleichsmöglichkeiten geschaffen und Stress sowie Leistungsdruck reduziert werden.
  • Bedarf an Fokussierung: Einige der Befragten sehen im Abbau auch eine Chance, den Lehrplan zu überdenken und sich auf wesentliche Inhalte zu konzentrieren. Weniger Unterricht könnte effizienter gestaltet werden, indem der Fokus auf relevante Inhalte gelegt wird.

Die möglichen Nachteile eines Abbaus von zwei Wochenlektionen lassen sich in vier Hauptaussagen aus den Freitextantworten wie folgt zusammenfassen:

  • Senkung des Bildungsniveaus: Weniger Unterricht bedeutet, dass Lerninhalte entweder gekürzt oder in kürzerer Zeit vermittelt werden müssen, was zu oberflächlichem Wissen und geringerer Allgemeinbildung führt. Dies würde Schüler*innen langfristig schlechter auf weiterführende Schulen oder die Berufswahl vorbereiten.
  • Negative Auswirkungen auf einzelne Fächer: Besonders musische und kreative Fächer seien gefährdet, da sie oft als weniger relevant angesehen werden. Der Abbau dieser Fächer würde wichtige Kompetenzen benachteiligen und die Schule noch stärker auf kognitive Fächer ausrichten.
  • Soziale Konsequenzen: Weniger Zeit in der Schule bedeutet auch weniger soziale Interaktion, Teamarbeit und persönliche Förderung. Jugendliche könnten die gewonnene Zeit nicht sinnvoll nutzen, was zu einem noch höheren Medienkonsum führen könnte.
  • Arbeitsplatzverlust und Belastung für Lehrpersonen: Der Abbau von Lektionen hätte Stellenkürzungen zur Folge. Gleichzeitig müssten sie mehr Inhalte in weniger Zeit vermitteln, was zusätzlichen Stress und Qualitätsverluste im Unterricht zur Folge hätte.

Bildungsabbau als Sparmassnahme ist kontraproduktiv

Den hohen Wohlstand, den wir in der Schweiz haben, verdanken wir unter anderem einer guten allgemeinen Bildung der Bevölkerung. Ein Abbau der Pflichtstundenzahl von zwei Lektionen auf der Sekundarstufe 1 würde langfristig unweigerlich zu einem tieferen durchschnittlicheren Bildungsniveau führen. Auch wenn die Auswirkungen möglicherweise nur gering sind und durch andere Massnahmen, wie beispielsweise einen effizienteren Unterricht, mindestens teilweise aufgefangen werden können, lehnt die Starke Schule beider Basel diese Massnahme dezidiert ab.

Gerade in der Schweiz mit ihren innovativen Firmen und einer Wissenschaft, die auf höchstem Niveau arbeitet und hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigt, sollten Sparmassnahmen im Bildungsbereich, die zu einem Abbau der Bildung führen, vermieden werden.

Alina Isler
Vorstand Starke Schule beider Basel

24.01.2025

Smartphone Verbot an niederländischen Schulen

Global machen sich in zahlreichen Ländern immer mehr Stimmen bemerkbar, die im Bereich der Schulen ein allgemeines Handyverbot fordern. Ein exzessives Nutzen des Smartphones sei schlecht für die Konzentration der Lernenden und fördere ein unruhiges Klassenklima. Auch hierzulande wird über ein Verbot von Smartphones rege diskutiert. Im Folgenden soll jedoch ein Blick auf die Niederlande geworfen werden.

Die Niederlande ist eines der Länder, welches seit geraumer Zeit ein striktes Handyverbot auf allen Schulstufen konsequent durchführt. Die Meinungen, ob sich dieses Verbot auch auszahlt, gehen stark auseinander.

Eine niederländische Universität führte bei Schüler: innen aller Schulstufen, Eltern und Lehrpersonen eine Umfrage zu den Auswirkungen des Handyverbots durch. Die Befragten wurden vor und nach der Einführung des Verbots befragt. Die Meinungen gehen dabei deutlich auseinander.

Die Schüler: innen waren vor der Einführung positiver zum Handyverbot eingestellt als die Eltern und Lehrpersonen. Nach der Einführung schätzten die Lehrpersonen und Eltern die positiveren Effekte jedoch deutlich gewichtiger ein. Aspekte wie ein ruhigeres Klassenklima und eine erhöhte Konzentration bei den Lernenden war laut den Pädagoginnen und Pädagogen vermehrt zu spüren. Im Gegensatz dazu hatten die befragten Kinder und Jugendliche wiederholt erwähnt, dass es häufiger zu Streitereien während der unterrichtsfreien Zeit kommen würde.

 

Es zeigt sich, dass die Meinungen gegenüber eines Smartphoneverbots stark auseinandergehen. Spannend dabei ist, ob ein solches Verbot auch auf die schulischen Leistungen der Schüler: innen auswirkt. In verschiedenen Ländern wurden dazu Untersuchungen durchgeführt, die darauf hinweisen, dass ein Verbot der elektronischen Geräte leicht positive Effekte zur Folge haben.

Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel 
 
 

23.01.2025

Für öffentliche Schulen gelten nicht die Regeln der Privatwirtschaft

Die Arbeitswelt teilt sich für Arbeitnehmende in zwei unterschiedliche Sphären auf: in den öffentlichen Sektor und in die Privatwirtschaft. Beide sind wichtige Pfeiler moderner Leistungsgesellschaften, die unterschiedlichen Bedingungen und deshalb auch teilweise voneinander abweichenden Regeln unterliegen.

Privatwirtschaft mit der Möglichkeit des Scheiterns

In einer freien Marktwirtschaft mit freiem Unternehmertum geht es grundsätzlich um miteinander im Wettbewerb stehende Akteure, die allesamt das Ziel verfolgen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Wenn private Firmen indes am Markt scheitern, ist das eine mögliche Konsequenz, die sich aus dem unternehmerischen Risiko ergibt. Dies kann geschehen, weil sich die Nachfrage nach bestimmten Produkten oder Dienstleistungen verändert und die Geschäftsführer/-innen strategische Fehlentscheide treffen, indem sie die Zeichen der Zeit nicht früh genug erkennen. Oder eine Unternehmung kann scheitern wegen eines toxischen Führungsklimas, das die eigene Reputation beschädigt und engagierte Mitarbeitende mit wertvollem Knowhow zum Weggang bewegt.

Andere Grundgegebenheiten im öffentlichen Sektor

Schulen sind in der Schweiz grossmehrheitlich Institutionen des öffentlichen Sektors. Bei ihnen ist ein Scheitern am Markt nicht vorgesehen. Sie bestehen in der Regel fort und werden weiterhin mit Steuergeldern alimentiert, auch wenn sie unter Missmanagement oder gravierenden Qualitätsmängeln leiden. In solchen Fällen muss man dann einfach konstatieren, dass die Steuergelder schlecht investiert sind oder gar verschwendet werden. Gerade aber, weil das so ist, bedürfen steuerfinanzierte öffentliche Schulen einer stärkeren (Qualitäts-)Kontrolle, und zwar sowohl in Bezug auf die Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen als auch hinsichtlich der operativen Führungsebenen, also der Schulleitungen. Da Kurskorrekturen bei Fehlentwicklungen nicht durch Wettbewerb und Konkurrenz erfolgen, muss der Staat im öffentlichen Sektor selber für griffige Kontrollinstanzen und -mechanismen sowie für Korrektive besorgt sein.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Aus bestimmten Kreisen der Politik vernimmt man in regelmässigen Abständen die Forderung, auch an Schulen sollten die Bedingungen und Regeln der Privatwirtschaft gelten – Konkurrenz und Wettbewerb würden es schon richten. Doch das ist ein fataler Irrtum. Bei öffentlichen Institutionen geht es nicht nur um Steuergelder, die, wie bereits erwähnt, gut investiert sein wollen, es geht auch um die Glaubwürdigkeit des Gemeinwesens als Ganzes. Behörden, öffentliche Spitäler und öffentliche Schulen, die schlecht geführt werden, beschädigen ihre Reputation und damit das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat, weil letzterer für die Bürger/-innen in Form der genannten Institutionen konkrete Gestalt annimmt.

Kontrollinstrumente sind unumgänglich

Wo Menschen tätig sind, passieren Fehler. Gerade auf höheren Hierarchieebenen wirken sich Fehler in Form problematischer Führungspraktiken besonders negativ aus. Und obschon diese Risiken offenkundig sind, weil etwa Schulleiter/-innen ja auch nur Menschen sind, die bisweilen unüberlegte Entscheidungen treffen, besteht in vielen Bildungsbehörden eine Kultur des blinden Vertrauens in sie. Man verlässt sich darauf, dass sie schon richtig entscheiden und handeln würden, oder aber man schaut weg und verschleiert Fehlleistungen aus Gründen eingespielter institutioneller Loyalitäten: «Man kennt sich ja schon so lange in der Führungsetage und möchte sich da nicht gegenseitig wehtun.»

Zur Effizienz und Glaubwürdigkeit des öffentlichen Sektors gehört deshalb auch, dass die Arbeit auf sämtlichen Hierarchieebenen durch möglichst unabhängige Instanzen regelmässig überprüft und evaluiert und grobe Fehlleistungen entsprechend sanktioniert werden.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

11.01.2025

Übertrittsprüfungen für alle Primarschüler*innen

Primarlehrpersonen haben es nicht einfach, wenn es um den Entscheid geht, in welches Leistungsniveau der abnehmenden Sekundarschule ihre Schüler*innen eingeteilt werden sollen. So kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Eltern, wenn Klassenlehrpersonen ein Schulkind trotz sehr guten Noten in ein tieferes Leistungsniveau einteilen wollten, als aufgrund der Noten erwartet werden konnte. Gegen solche, oft willkürlich erscheinende Entscheide haben die Eltern keine Möglichkeit, Einsprache zu erheben. Dies soll sich nun ändern.

Am kommenden Donnerstag reicht Landrätin Anita Biedert eine Motion ein, die verlangt, dass neben den Zeugnisnoten für den Übertritt auch eine kantonale Prüfung in den Fächern Deutsch und Mathematik relevant sein soll. Wie stark diese beiden Prüfungen gewichtet werden sollen, lässt der Vorstoss bewusst offen und muss später von Fachpersonen geprüft und von der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion entschieden werden.

Wortlaut der Motion

«Gemäss den breit anerkannten Richtlinien des Amts für Volksschulen (AVS) sollen Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Primarschulzeit ab einem Schnitt von 4.5 ins Leistungsniveau E und ab einem Schnitt von 5.25 ins Leistungsniveau P der Sekundarschule I eingeteilt werden. Obwohl diese Bedingungen erfüllt waren, kam es vor, dass Primarlehrpersonen Schülerinnen und Schülern den Wechsel in ein anspruchsvolleres Leistungsniveau der Sekundarschule verwehrten. Die den Eltern kommunizierten Gründe waren objektiv nicht nachvollziehbar. 

Kürzlich kommunizierte die BKSD eine erste Gegenmassnahme: Neu müssen Primarlehrpersonen – falls sie ein Schulkind in ein tieferes Leistungsniveau einteilen möchten, als dies gemäss Noten angebracht wäre – ihre Zuweisungsempfehlung schriftlich begründen und von der Schulleitung absegnen lassen. Diese beiden Massnahmen, die die BKSD erfreulicherweise rasch umsetzen konnte, bedeuten einen Schritt in die richtige Richtung. Grundsätzlich sollen jedoch die Noten massgebend sein und dies auch im Bildungsgesetz verankert werden.

Um die Schulnoten besser abzustützen und dem Druck von Erziehungsberechtigten auf die Primarlehrpersonen im Hinblick auf den Übertritt in die Sekundarschule I zu begegnen, sollen neu für alle Schülerinnen und Schüler kantonale Übertrittsprüfungen in den beiden Fächern Deutsch und Mathematik durchgeführt werden. Für die Einteilung in die drei Leistungsniveaus A, E und P sollen die Zeugnisnoten der letzten beiden Primarschulzeugnisse sowie die Leistung in den beiden Übertrittsprüfungen Deutsch und Mathematik massgebend sein. Die kantonal einheitlichen Übertrittsprüfungen sollen von Vertretungen der Primar- und Sekundarstufe I gemeinsam erarbeitet werden.

Der vorgeschlagene Übertrittsmodus könnte mithelfen, dass weniger Schülerinnen und Schüler an den Sekundarschulen den Wechsel des Leistungsniveaus aufgrund der Einteilung in ein zu tiefes respektive zu hohes Niveau in der Sekundarschule I vollziehen müssen.

Ich bitte den Regierungsrat, eine entsprechende Vorlage – eine Kombination des Durchschnitts der beiden letzten Zeugnisse der Primarschule und dem Resultat der beiden Übertrittsprüfungen in Deutsch und Mathematik – auszuarbeiten. Im Bildungsgesetz sollen zudem die für die Einteilung notwendigen Notenschnitte für den Leistungszug E (4.5) respektive für den Leistungszug P (5.25) festgeschrieben werden.»

Heutiges Übertrittssystem ist fragwürdig

Heute geben die Primarlehrpersonen eine Empfehlung ab, in welches Leistungsniveau das Schulkind eingeteilt werden soll. Sind die Eltern mit dieser Empfehlung nicht einverstanden, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als das Kind für eine Übertrittsprüfung anzumelden. Eine Rekursmöglichkeit gegen die Empfehlung der Primar-Lehrperson haben sie nicht. Stossend ist dabei, dass diese Übertrittsprüfungen in den beiden Fächern Mathematik und Deutsch sehr schwierig sind. Im langjährigen Mittel bestehen weniger als 10% der Schülerinnen und Schüler diese Prüfung.

Zwar müssen ab diesem Schuljahr die Lehrpersonen neu Ihre Empfehlung den Erziehungsberechtigten gegenüber schriftlich begründen und den Entscheid auch bei der Schulleitung absegnen lassen. Unbefriedigend bleibt dieses System dennoch.

Kantonale Übertrittsprüfungen, deren Gewichtung etwa einer normalen Prüfung entsprechen sollen, dürften in der Tat mithelfen, die richtigen Entscheide zur Übertrittseinteilung zu fällen.

Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel

08.01.2025

Die Pädagogische Hochschule schafft generelle Präsenzpflicht ab

Die Pädagogische Hochschule PH FHNW steht seit Jahren unter starker Kritik, die Umfrageergebnisse bei Studierenden sind besorgniserregend: Die Hauptkritikpunkte sind geringe Studierendenfreundlichkeit, ungenügende Vorbereitung auf den Lehrberuf, chaotisches Einschreibverfahren und wenig praxistaugliche Lerninhalte.

Die Direktionsleitung reagiert nun mit der Abschaffung der generellen Präsenzpflicht, einer Forderung der Starken Schule beider Basel (SSbB).

Gemäss Dokumenten, die der Starken Schule beider Basel (SSbB) vorliegenden, informierte Guido Mc Combie, Direktor der PH FHNW, die Studierenden über Anpassungen der Präsenzpflicht. Abklärungen hätten unter anderem gezeigt, «dass die PH eine höhere Präsenz verlangt als die anderen Hochschulen der FHNW. Aus diesem Grund hat der Direktionspräsident den Direktor der PH beauftragt, die generelle Präsenzpflicht im heutigen Sinn auf das Studienjahr 25/26 aufzuheben und die Präsenz nur noch dort einzufordern, wo sie didaktisch begründbar ist und überall dort zu lockern, wo dies möglich ist». Somit wird eine wichtige Forderung der SSbB und der Studierenden erfüllt.

SSbB und Studierende begrüssen den Entscheid

Die SSbB begrüsst, dass die Direktion auf die heftige Kritik der letzten Jahre nun reagiert und die allgemeine Präsenzpflicht abschafft. Die konkrete Umsetzung wird nun ausgearbeitet. Dies soll gemeinsam mit den Studierenden erfolgen, so McCombie, und das weitere Vorgehen werde den Instituten rasch kommuniziert.

Online-Angebote müssen realisiert werden

Eine wünschenswerte Möglichkeit für die Realisierung ist die Aufnahme und Übertragung der Vorlesungen und Seminare in Form von Podcasts. Diese alternative Lernmethode steht bereits an vielen Universitäten zur Verfügung. Vorlesungen und Seminare können so nicht nur live von einem anderen Ort aus verfolgt, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt angeschaut werden.

Dies würde der PH FHNW eine Abschaffung einer Obergrenze für die Teilnahme an Vorlesung und Seminaren ermöglichen, wodurch die Studierenden in ihrer Wahl nicht mehr eingeschränkt wären. Kurse müssten zudem nicht mehr doppelt angeboten werden, wenn viele Studierende sich für diese einschreiben. Dies würde zu einer beträchtlichen Kosteneinsparung führen. Insgesamt wären die Studierenden dadurch deutlich flexibler und könnten bereits während des Studiums kleine Teilpensen an den Schulen übernehmen und damit Terminkollisionen vermeiden. Dies wäre auch ein Beitrag, um dem akuten Lehrpersonenmangel entgegenzuwirken.

Gleichzeitig wirken die Podcasts vielversprechend für ein effizienteres Lernen. Das Vor- und Zurückspulen sowie die Pausenfunktion gestatten den Studierenden Unklarheiten direkt aufzugreifen, qualitativ hochstehende Notizen zu machen und somit ein tiefergreifendes Verständnis für die Materie zu erzielen.

Lena Bubendorf
Vorstand Starke Schule beider Basel

03.01.2025

Bedenkliche Folgen ungebremster Macht

Seit einem halben Jahr unterstehen die Schulleiter/-innen der Sekundar- und der weiterführenden Schulen im Baselbiet faktisch keinen übergeordneten Kontroll- und Aufsichtsbehörden mehr. Seit diesem Systemwechsel, welcher die früher in Anstellungs-, Disziplinar- und Kündigungsverfahren zuständigen Schulräte entmachtet hat, können Schulleiter/-innen weitgehend schalten und walten, wie es ihnen gerade beliebt. Die Folgen sind fatal.

Die Starke Schule beider Basel (SSbB) sieht Anzeichen, die auf eine besorgniserregende Zunahme von Schulleiterwillkür hindeuten. Deutlich mehr Lehrpersonen, die an einer basellandschaftlichen Schule unterrichten, melden sich bei der SSbB und suchen Rat. In mehreren Fällen wurden offenbar Verwarnungen ausgesprochen, die auf fragwürdigen Grundlagen beruhen und persönlich motiviert scheinen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Fälle von Machtmissbrauch bei Schulleiter/-innen zugenommen haben, mit teilweise verheerenden Folgen für die betroffenen Lehrpersonen.

Machtmissbrauch als Folge entsprechender Möglichkeiten

Wenn man feststellen muss, dass es seit dem Stichdatum 1. August 2024 offenbar signifikant mehr solche Fälle gibt als in der Zeit davor, dann liegt die Schlussfolgerung nahe, dass dies mit dem Systemwechsel zu tun hat. Es sind zwar dieselben Schulleiter/-innen, die an den Schalthebeln sitzen und Massnahmen verfügen, aber die Strukturen und gesetzlichen Grundlagen, unter denen sie nun agieren, haben sich entscheidend verändert.

Fragt man Juristinnen und Rechtsethiker, warum Missbrauch von Macht überhaupt vorkommt, bekommt man bisweilen die lapidare Antwort: «…, weil es möglich ist». Man könnte noch präzisieren: «…, weil es so einfach möglich ist». Hegte früher ein Schulleiter oder eine Schulleiterin einen persönlichen Groll gegen eine an der Schule unterrichtende Lehrperson, überlegte er oder sie es sich zweimal, ob ein Antrag an den Schulrat zur Verhängung einer disziplinierenden Massnahme gegen diese «zielführend» sein würde; immerhin musste ein solcher Schritt auch überzeugend begründet werden. Fällt die Begründungspflicht weitgehend weg bzw. gibt es keine Instanz mehr, welche die Begründung für eine Verwarnung kritisch prüft, ist die Hemmschwelle sehr viel niedriger.

Es braucht eine unabhängige Schiedsstelle

Man darf nicht ausser Acht lassen, dass der Flurschaden machtmissbräuchlichen Gebarens beträchtlich sein kann. Wenn langjährige, bewährte und berufserfahrene Pädagoginnen und Pädagogen durch willkürliches Agieren einzelner Schulleiter-/innen entmutigt werden, sich für Monate krankschreiben lassen und am Ende gar den Lehrerberuf aufgeben, ist das nicht nur für die betroffenen Individuen äusserst bedauerlich, sondern auch volkswirtschaftlich nicht gerade vorteilhaft. In Zeiten zunehmenden Lehrpersonenmangels wäre zu fragen, ob man mit den Pädagoginnen und Pädagogen als wertvoller Humanressource nicht sorgsamer umgehen möchte.

Einmal mehr steht die berechtigte Forderung nach unabhängigen und kompetenten Schiedsstellen im Raum, welche bei Konflikten zwischen Schulleitungen und Lehrpersonen vermitteln und welche in besonders kritischen Situationen auch Schiedssprüche fällen können, die von beiden (!) Konfliktparteien respektiert werden. Dadurch wäre gewährleistet, dass ein gewisses Gegengewicht zum ansonsten erheblichen Machtgefälle zwischen Schulleiter/-innen und Lehrpersonen vorhanden wäre – ein Gegengewicht, das im Krisenfall verhindern würde, dass letztere ihren direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz schutzlos ausgeliefert sind.

Begrenzte Möglichkeiten der Ombudsstelle

Zwar können Lehrpersonen, die als Folge des Machtgefälles in ihren Schulen unter die Räder kommen, sich an die kantonale Ombudsstelle wenden und dort um Intervention und Mediation bitten, aber Schulleitungen müssen sich de facto nicht an deren Empfehlungen halten. Das Problem der Möglichkeit zum Machtmissbrauch durch Schulleitungen, das durch die früheren Schulräte als übergeordnete Instanzen abgefedert wurde, bleibt unter den neuen gesetzlichen Bestimmungen virulent.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

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