


Leserkommentar
Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen
Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenzieren die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.
Felix Schmutz, Allschwil
News
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Freitag, Mai 23, 2025
In einer Sonderausstellung im Museum Tinguely behandelt die Künstlerin Suzanne Lacy in ihrem Werk "By your own hand" das Thema sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt. Das Museum bietet Workshops für Schulklassen an, in welchen nebst dem Werk auch mit einer Fachperson der Opferhilfe beider Basel Gefahren und Möglichkeiten der Prävention besprochen werden können. (lh)
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Donnerstag, Mai 22, 2025
Muttenz erhält einen neuen Schulcampus, in welchem das neue Berufsbildungszentrum Baselland, das Gymnasium Muttenz und das Zentrum für Brückenangebote vereint werden. Der Landrat bewilligte die Ausgabe von 188 Millionen Franken. Gestartet wird nun mit dem Bau des neuen Berufsbildungszentrums, welches 2028 bezugsbereit sein soll. (lh)
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Dienstag, Mai 20, 2025
Im Jahr 2019 führte die Stadt erstmals das Modell der Bilingue-Klassen ein. Der Unterricht in diesen Klassen wird zur Hälfte auf Deutsch und zur anderen Hälfte auf Französisch unterrichtet. Diese Klassen werden jetzt aber bereits sechs Jahre nach der Einführung wieder abgeschafft (as).
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Sonntag, Mai 18, 2025
Viele Studierende berichten über einen beachtlichen Stress, welchem sie während des Studiums an der ETH Zürich ausgesetzt sind. Rund ein Viertel leidet unter Depressionen, wie die NZZaS soeben berichtete. Ab 2027 plant der ETH-Direktor ein neues Curriculum, welches die Studentinnen und Studenten entlasten soll.(ch)
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Montag, Mai 05, 2025
Ab August 2025 gilt an allen Primar-wie auch Sekundarschulen des Kantons Nidwalden ein Handyverbot. (lbe)
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Freitag, April 25, 2025
Grossrätin Anina Ineichen (Grüne) hat kürzlich einen Vorstoss bezüglich logopädischer Versorgung auf der Sekundarstufe 2 eingereicht. Während die Versorgung in der obligatorischen Schulzeit in der Sonderpädagogikverordnung geregelt ist, besteht für die nachobligatorische Schulzeit keinerlei logopädisches Angebot. Diese logopädische Versorgungslücke ist ungünstig, weil die Betroffenen eine Therapie selbst finanzieren müssen und damit die Bildungs- und Chancengleichheit nicht gewährleistet ist. (lbu)
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23.11.2024
Verstehendes Lernen wird vernachlässigt
Noten und Hausaufgaben abschaffen, den Klassenverband auflösen und Selektion aufweichen. Solche Themen stehen im Vordergrund bildungspolitischer Reformen. Was dabei untergeht: das verstehende Lernen.
Bildung ist wichtig. Das sagen alle. Und die Schweiz lässt sich dies viel kosten: 41,3 Milliarden Franken haben Bund, Kantone und Gemeinden 2021 für Bildungszwecke ausgegeben, fast doppelt so viel wie noch 2000; damals waren es 22,1 Milliarden. Wir leisten uns das teuerste Bildungssystem der Welt. Aus gutem Grund: Bildung ist für unser Binnenland existenziell.
Lehrerverband will mehr Geld
Die Schweiz investiert viel. Und doch verlangt Dagmar Rösler, die oberste Lehrerin der Schweiz, bei jedem Problem im Schulalltag stets nur eines: «Mehr Geld! Mehr Ressourcen!» Gebetsmühlenartig kommt dieser Ruf über ihre Lippen. Seit Jahren. Gleichzeitig plädiert sie als Zentralpräsidentin der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) permanent für weitere und zum Teil radikale Strukturreformen – zusammen mit Thomas Minder, dem Verbandspräsidenten der Schulleiter Schweiz (VSLCH). So wollen sie den Defiziten entfliehen, welche die Verbände mitverursacht haben.
Beide setzen Bildung mit ihrer Reform gleich – wie, wenn Strukturinnovationen alle Probleme lösen könnten. Dabei bewegen sie sich auf der Makroebene, einem für den Unterrichtserfolg unwesentlichen Bereich; beiden sind Oberflächenmerkmale wichtig, Äusserlichkeiten. Es sind Strukturreformen, die sie forcieren, wie beispielsweise das Abschaffen der Noten und das Weglassen der Hausaufgaben, das Auflösen des Klassenverbandes oder die Abkehr von der Selektion.
Strukturfragen auf der Makroebene haben wenig mit den Prozessen des Denkens, Verstehens und Könnens zu tun. Bildungswirksam sind die Tiefenmerkmale der Lernprozesse, das wissen wir aus der Unterrichtsforschung. Dazu gehören das verstehende Aneignen und Anwenden von Wissen und Können, dazu zählen die Erkenntnisvorgänge und das Entstehen von Einsichten und Zusammenhangwissen.
Doch welche Form von Unterricht fördert dieses verstehende Lernen – und das so bedeutsame «verstehende Lesen»? Das müsste die Lehrerverbände interessieren. Aus der Lernpsychologie kennen wir die Phasen des klassischen Lernprozesses. Es geht beim Lernen stets um das problemgeleitete Aufbauen des neuen Wissens und Könnens mit dem Erkennen und Verstehen – beispielsweise des anspruchsvollen Zehnerübergangs. Das sind komplexe Vorgänge, ebenso wie das Durcharbeiten mit dem Konsolidieren und Festigen – das Behalten. Dazu kommen das Üben und Wiederholen sowie das Abrufen und Anwenden des Gelernten in unterschiedlichen Situationen.
Kein Zufallslernen
Schulische Wirksamkeit verlangt eine konsequente Systematik; es darf kein Zufallslernen geben. Darauf verweisen renommierte Lernforscher. Viele Lehrerinnen und Lehrer spüren aber, dass die zahlreichen Reformen der vergangenen Jahre das Lernen entsystematisiert haben, und zwar über die forcierte Individualisierung und das selbstorganisierte Lernen (SOL), die Abwertung der Lehrperson zum begleitenden Coach und durch die gesteigerte Heterogenität in den Klassen.
Die Folgen zeigen sich in den internationalen Pisa-Vergleichsstudien oder beispielsweise in den Klagen von Lehrmeistern und Hochschuldozenten. Auch die rasante Zunahme privater Lerninstitute ist ein Alarmzeichen: Die Verbindlichkeit der Lernprozesse nimmt ab. Viele spüren das, auch Eltern. Das bildungspolitische Grundlagenpapier der FDP Schweiz kommt nicht aus heiterem Himmel. Es ist eine Reaktion auf die nachlassende Wirkkraft der öffentlichen Volksschule.
Gefragt wären ein Gegenhalten und die Konzentration auf lernwirksames Unterrichten mit klaren Verbindlichkeiten. Gefragt sind die Kernprozesse des Lernens – systematisch aufgebaut, strukturiert und angeleitet. Die Wirksamkeit der Schule beginnt im Klassenzimmer. Darauf müssten sich die Lehrerinnen- und Lehrerverbände primär konzentrieren – und nicht auf Strukturfragen im Makrobereich. Das erforderte auch nicht dauernd mehr Ressourcen.
Carl Bossard
Ehemaliger Direktor der Kantonsschule Luzern und Gründungsrektor der PH Zug.