Gastbeitrag
Es lebe der Widerspruch!
Diejenigen, welche Noten und unterschiedliche Leistungszüge abschaffen wollen, strengen gleichzeitig die Abschaffung von Hausaufgaben an. Die angestrebte Aufhebung verschiedener Niveaus verstärkt jedoch die Leistungsheterogenität in den Klassen und damit den Bildungszerfall. Letzterer lässt sich durch Hausaufgaben immerhin etwas minimieren. Doch genau dies soll nun durch ein Hausaufgaben-Verbot verhindert werden. Und durch die Beendigung der Notengebung entfallen auch noch einer für Lernende wichtiger Leistungsanreiz und Orientierungspunkt. Also keine Leistungsanreize, keine Orientierung, dafür aber Leistungs- und Bildungsrückgang?!? Was praktizierenden Lehrkräften und überhaupt allen mit gesundem Menschenverstand als nackter Wahnsinn erscheint, ist seitens der Reformprediger todernst gemeint, und zwar im wahrsten Sinnes des Wortes «Tod». Es hat den Anschein nämlich, dass es den Abschaffungsfetischisten letztlich um die Beseitigung jeglicher Bildung geht. Denn Bildung schafft aufgrund individuell unterschiedlicher Empfänglichkeit Ungleichheit und Ungleichheit wiederum gilt es im verqueren Weltbild der Gleichheitsapostel um jeden Preis zu verhindern. Es entbehrt nicht der Ironie, dass die Jünger der uniformen Ignoranz gleichzeitig einer möglichst individualisierten und diversen Gesellschaft frönen mit wachsender Anzahl Geschlechter. Es lebe der Widerspruch!
Felix Hoffmann, Sekundarlehrer
News
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Samstag, November 02, 2024
Die Migrant*innensession 2024 fordert die beiden Basler Halbkantone zur Teileingliederung von heimatlichen Sprach- und Kulturkursen an öffentlichen Schulen auf. (lbe)
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Montag, Oktober 28, 2024
Lehrpersonen sind in der Schweiz im Durchschnitt unzufriedener geworden und geraten immer mehr an ihre eigenen Grenzen, so die Berichterstattung der NZZ vom August. Seit geraumer Zeit berichtet die Zeitung regelmässig und ausführlich über bildungspolitische Themen und die Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Meinungen: Die einen sehen das Problem des Leistungsabbaus an unseren Schulen in der integrativen Schule und der Digitalisierung, während die anderen die bildungspolitischen Reformen der vergangenen Jahre verteidigen. (as)
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Dienstag, Oktober 22, 2024
An der kommenden Landratssitzung vom 31.10.2024 werden folgende Bildungsgeschäfte behandelt, welche die Universität, Volkshochschulen, Primarschulen und die Wirtschaft betreffen. (lbe)
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Montag, Oktober 21, 2024
Der Schulabsentismus im Basler Stadtkanton nimmt immer wie mehr zu. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, findet im kommenden Monat eine vom Erziehungsrat organisierte Podiumsdiskussion statt, die das Thema kontrovers beleuchten soll. (as)
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Samstag, Oktober 12, 2024
Das A und O für einen erfolgreichen Lernprozess des Menschen ist die Repetition. Das Hirn muss trainiert werden und braucht Zeit sich Dinge einzuprägen. Vor allem Schulstoff, der emotional nicht als etwas Besonderes konnotiert ist und deshalb länger braucht, um erlernt zu werden, muss immer wieder gefestigt werden. Dies fehlt im heutigen Bildungssystem. Häufig wird die Priorität fast ausschliesslich auf zwischenmenschliche Fertigkeiten und das selbstständige Arbeiten und Lernen der Schülerinnen und Schüler gesetzt. Ob die Senkung des Leistungsniveaus an Schweizer Schulen damit zusammenhängt, gilt es zu untersuchen. (lbu)
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Dienstag, Oktober 01, 2024
Im Rahmen des Programms Politkids hatten Basler Primarschüler*innen die Möglichkeit, ihre Fragen im Grossen Rat einzubringen. Dabei war das Thema Hausaufgaben von Bedeutung, zu welchem die Kinder schlussendlich einen Vorstoss einreichten. (lh)
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08.01.2024
PISA-Studie zeigt Abwärtstrend in Mathematik und Deutsch
Die neuesten Ergebnisse der PISA-Studie 2022 sind bekannt, die Ergebnisse ernüchternd: Die Schüler/-innen aus der Schweiz stehen im internationalen Vergleich mit ihrem 8. Rang zwar weiterhin sehr gut da, die effektiven durchschnittlichen Leistungen in den beiden Kernfächern Mathematik und Deutsch sinken jedoch weiter. Einzig in den Naturwissenschaften (Physik, Chemie und Biologie) konnte der Abwärtstrend gegenüber 2018 gestoppt werden. Kantone und Gemeinden reagieren und investieren Beträge in dreistelliger Millionenhöhe, um die unbefriedigende Verschlechterung des Bildungsniveaus zu stoppen. Unbestritten ist, dass überdurchschnittlich gut ausgebildete Schulabgänger/-innen für den Forschungsstandort Schweiz, der immer mehr hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigt, zum Erhalt unseres Wohlstandes entscheidend sind.
Die Pisa-Untersuchung 2022, an der 6'829 15-jährige Schüler/-innen aus 260 Schulen aus der ganzen Schweiz teilnahmen und damit aussagekräftig ist, legte ihren Fokus auf die Fachbereiche Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Die Ergebnisse bieten nicht nur einen Einblick in die aktuelle Situation, sondern ermöglichen auch einen Vergleich mit vorherigen Jahren und internationalen Standards.
Die PISA-Studie (Programme for International Student Assessment) wird im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) üblicherweise alle drei Jahre durchgeführt. Aufgrund der pandemiebedingten Schulschliessung fand die für 2021 geplante Haupterhebung erst im Jahr 2022 statt. Neben der Kompetenzerfassung in den Fachbereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften werden die Schüler/-innen auch zu individuellen Einschätzungen und Erfahrungen im Schulbereich befragt. Die Stichprobenziehung beruht auf dem Zufallsprinzip.
Ergebnisse in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften
Im internationalen Vergleich sind die durchschnittlichen Ergebnisse der Schüler/-innen aus der Schweiz sehr gut. Absolut betrachtet sinken sie seit 2015 deutlich (siehe Grafik).
In Mathematik ist seit dem Jahr 2015 ein kontinuierlicher Abwärtstrend erkennbar, der sogar leicht über dem OECD-Abwärtstrend liegt. Der Bereich Lesen wird zwar statistisch als relativ stabil eingestuft, trotzdem ist ein Rückgang der Leistungen ersichtlich. Der bisherige Abwärtstrend in den Naturwissenschaften setzt sich in der aktuellen Erhebung hingegen nicht fort. Das Leistungsniveau erreicht mit 503 Punkten beinahe den Wert vom Jahr 2015.
Mathematik im internationalen Vergleich sehr gut
In der Mathematik erzielten die Schüler/-innen aus der Schweiz durchschnittlich 508 Punkte, was noch immer als "sehr gutes Ergebnis" einzustufen ist. Im internationalen Vergleich erreichten nur sechs Länder höhere Durchschnittswerte. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 472 Punkten.
Innerhalb der Fachbereiche wird zwischen verschiedenen Kompetenzniveaus von eins bis sechs unterschieden. Die OECD hat dabei festgelegt, dass das Erreichen des Leistungsniveaus 2 als Mindestvoraussetzung für eine erfolgreiche Lebensführung respektive für das Bewältigen gesellschaftlicher Herausforderungen verstanden wird. Von den Jugendlichen in der Schweiz haben hohe 19% das Mindestniveau 2 in der Mathematik nicht erreicht und zählen so zu den leistungsschwachen Schüler/-innen. Erfreulich hingegen ist, dass 16% der Lernenden in die höchsten Leistungsniveaus 5 und 6 eingestuft wurden.
Ein Viertel erreicht im Lesen die Mindestanforderungen nicht
Beim Lesen erzielten die Schüler/-innen durchschnittlich 483 Punkte und liegen somit ebenfalls über dem OECD-Durchschnitt (476 Punkte). Interessanterweise werden nur 9% der Schüler/-innen als leistungsstark eingestuft, während 25% das Leistungsniveau 2 nicht erreichen. Obschon die Schweiz im internationalen Vergleich gut dasteht, ist es sehr bedenklich, dass ein Viertel der 15-jährigen ungenügende Lesefertigen haben und damit zentrale Inhalte auch von einfachen Texten nicht verstehen.
In Naturwissenschaften deutlich bessere Leistungen als im Jahr 2018
Die Schüler/-innen zeigten in den Naturwissenschaften (Physik, Chemie und Biologie) mit einem Durchschnitt von 503 Punkten eine gute Leistung, der OECD-Durchschnitt liegt bei 485 Punkten. 10% der Schüler/-innen erreichen die beiden höchsten Leistungsniveau 5 oder 6, während 19% das Niveau 2 nicht erreichen, womit die Schweiz einen niedrigeren Anteil an leistungsschwachen Schüler/-innen aufweist als der Schnitt aller OECD-Länder.
Kantone und Gemeinden reagieren
Obwohl die schweizerischen Schüler/-innen im Vergleich zu den OECD-Durchschnittswerten in allen drei Fachbereichen bessere Durchschnitte aufweisen, ist der Rückgang der Punktezahlen in den Fächern Mathematik und Deutsch unbefriedigend. Dies führt zu nachhaltigen Problemen: Der Forschungsstandort Schweiz und die zahlreichen innovativen Firmen haben Mühe, ihre Lehrstellen mit gut ausgebildeten Lernenden zu besetzen. Dadurch akzentuiert sich der Fachkräftemangel und damit auch die Qualität der hoch spezifizierten Produkte in zahlreichen Branchen.
Kantone und Gemeinden haben das Problem erkannt und bereits vor zwei Jahren, aufgrund der unbefriedigenden Situation, Investitionen in dreistelligen Millionenbeträgen ins Bildungssystem beschlossen. Allein der Kanton Basel-Landschaft sowie die Baselbieter Gemeinden investieren bis zum Jahr 2028 im Rahmen der «Umsetzung Zukunft Volksschule» 62.4 Millionen Franken zur Verbesserung der Bildungsqualität.
Gründe für Leistungsabbau sind unklar
Die Gründe für den Leistungsabbau der Schulabgänger/-innen der Volksschule sind vielfältig und nicht eindeutig: Eine mögliche Erklärung für den Bereich Mathematik könnte die Einstellung der Schüler/-innen gegenüber dem Fach sein, denn auch der Wert betreffend mathematikbezogenen Emotionen hat sich seit dem Jahr 2015 laut PISA deutlich verschlechtert. Ein weiterer Erklärungsansatz könnte die Problematik rund um den Lehrpersonenmangel sein. Ständig wechselnde oder gar ungenügend ausgebildete Lehrpersonen bringen Unruhe und Unterbrüche ins Klassenzimmer und hindern die Jugendlichen an einem positiven Lernzuwachs. In den letzten Jahren hat ausserdem insbesondere die Covid-19-Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Der plötzliche Wechsel zu digitalen Unterrichtsangeboten, die eingeschränkte Zugänglichkeit zu Materialien und die erhöhte psychische Belastung haben zu einer herausfordernden Lernumgebung geführt.
Dass sich insbesondere in der Mathematik eine Leistungsabsenkung verzeichnen lässt, könnte dadurch entstehen, dass 15-jährige im Alltag kaum informellen Lerngelegenheiten begegnen, die sie mathematisch fordern. Die Bereiche Lesen und Naturwissenschaften hingegen bieten im Alltag viel häufiger kleine Lerngelegenheiten, die dem Niveau des Unterrichts dieser Altersgruppe entsprechen.
Extreme Reformen der letzten Jahre haben unserem Bildungssystem geschadet
Eindeutig scheint einzig, dass die vielen radikalen Reformen im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21, der Passepartout-Ideologie, der Einführung des selbstorganisierten Lernens der Schüler/-innen, dem Wechsel von 5 auf 6 Primarschuljahre, der deutlichen Zunahme der bürokratischen Arbeiten der Lehrpersonen und dem damit verbundenen Verlust der Attraktivität des Lehrberufs unserem Bildungssystem mehr geschadet als genutzt haben.
Trotz aller Probleme und den Herausforderungen bleibt festzuhalten, dass die Schüler/-innen in der Schweiz auf einem hohen Niveau performen und international zu den Spitzenreitern gehören. Bildungseinrichtungen und politische Entscheidungsträger/-innen sollten jedoch den verzeichneten Leistungsabfall ernst nehmen und gezielte Massnahmen ergreifen, um weiterhin Bildung auf hohem Niveau zu gewährleisten.
Alina Isler
Vorstand Starke Schule beider Basel