Leserkommentar
Kommentar zu: Verstehendes Lernen wird vernachlässigt von Carl Bossard
Carl Bossard deckt überzeugend auf, dass die Bildungspolitik ihr Hauptziel aus den Augen verloren hat. Eine bombastische Ausweitung des Bildungsprogramms hat dazu geführt, dass ganz wesentliche Bildungsziele verfehlt wurden. Dazu bestimmten eine dogmatisch vorangetriebene Gleichmacherei mit entsprechenden Strukturreformen und Steuerungsphantasien der Bildungsplaner weitgehend die Agenda der Bildungspolitik. Die Resultate dieser Reformen sind in jeder Hinsicht ernüchternd. Für Klassenlehrkräfte wurde durch das belastende Integrationskonzept mit strikter Ablehnung von Förderklassen die Unterrichtsarbeit erschwert. Statt zu schauen, was das Lernen wirklich fördert, wurde die Lehrerrolle schleichend abgewertet. Doch Jugendliche wollen keine Lernbegleiter als graue Mäuse im Klassenzimmer. Sie wünschen sich eine kompetente und vertrauenswürdige Lehrerpersönlichkeit, die mit Freude die Klasse führt und wesentliche Inhalte vermittelt. Die Bildungspolitik hat es verpasst, die Prioritäten richtig zu setzen. Man hat jahrelang umgebaut, ohne über den Kernbereich der Pädagogik zu reden.
Unsere Schule braucht verbindliche Bildungsinhalte, eine Stärkung der Lehrerrolle und ein gründliches Ausmisten bei den schulischen Wunschzielen. Dies unter Berücksichtigung des wichtigen kulturellen Auftrags der Schule bei der Allgemeinbildung zu realisieren, ist die grosse Herausforderung der kommenden Jahre.
Hanspeter Amstutz
Ehem. Bildungsrat und Sekundarlehrer, Fehraltdorf ZH
Hier kommen Sie zum Artikel von Carl Bossard
News
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Sonntag, Dezember 29, 2024
Auch in Grossbritannien werden aktuell ähnliche Themen diskutiert, wie kurz zuvor in Australien. Die Social-Media-Firmen sollen Minderjährige vor dem Konsum schädlicher Inhalten schützen. Dies betrifft unter anderem die Verbreitung von Mobbing, Gewalt, wie auch von gefährlichen Stunts, so Technologieminister Peter Kyle gegenüber Sky News. Zudem sollen Apps, welche nur der Nutzung von Erwachsenen dienen, eine entsprechende Alterüberprüfung integriert haben. (lbe)
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Samstag, Dezember 28, 2024
Gegen den Projektierungskredit in der Höhe von 4.1 Millionen Franken für den Schulhausneubau in Therwil, welcher am 11. Dezember an der Gemeindeversammlung mit einem deutlichen ja befürwortet wurde, wird das Referendum ergriffen. Die geplanten Ausgaben für den gesamten Neubau betragen rund 33 Millionen. (lb)
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Samstag, Dezember 21, 2024
Mit 13'325 Studierenden und Doktorierenden bricht die Universität Basel ihren eigenen Rekord. Noch nie haben sich so viele eingeschrieben wie im aktuellen Herbstsemester. (lbe)
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Sonntag, Dezember 15, 2024
Im Kanton Basel-Stadt wird ab dem Schuljahr 2025/26 das Lehrmittel «M & I», Medien und Informatik 2 vom Verlag Westermann mit dem Status «alternativ-obligatorisch» in die Lehrmittelliste der Primarschule aufgenommen. Alternativ-obligatorisch bedeutet, dass die Lehrperson zwischen mehreren vorgeschlagenen Lehrmitteln auswählen kann. Dies ist ein weiterer Schritt in Richtung Lehrmittelfreiheit im Stadtkanton. (lbu)
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Sonntag, Dezember 08, 2024
Um ab 2026 wieder schwarze Zahlen zu schreiben, hat der Kanton Basel-Landschaft auch im Bildungswesen Sparmassnahmen beschlossen. Beispielsweise möchte der Kanton den Unterstützungsbeitrag für Lernende in der Lehrwerkstatt für Mechanik in Basel schrittweise reduzieren. Die Bildungs-, Kultur und Sportdirektion (BKSD) begründet ihren Entscheid damit, dass die Lehrwerkstatt kein rein schulisches Ausbildungsangebot ist, sondern auch für andere Unternehmen produziert und somit zusätzliches Einkommen generiert. (lbu)
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Samstag, November 23, 2024
In einem aktuellen Fall entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Prüflinge bei einer mündlichen Prüfung im Falle eines Rekurses das Recht auf eine rudimentäre Begründung haben. (lbe)
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19.09.2024
Vorstoss fordert grundsätzliche Änderung der Lehrerausbildung
Die massive Kritik an der Pädagogischen Hochschule (PH FHNW) hat Folgen: Landrätin Anita Biedert reicht am kommenden Donnerstag einen brisanten Vorstoss ein, der ein grundsätzliches Umdenken bei der Ausbildung an der PH fordert. Die Sekundarlehrpersonenausbildung soll neu differenziert erfolgen, abhängig davon, ob die angehende Lehrperson hauptsächlich Kleinklassen und das Leistungsniveau A oder ob sie die beiden anspruchsvolleren Leistungsniveaus E (erweitertes Niveau) und P (progymnasiales Niveau) unterrichten möchte.
Heute unterrichten Sekundarlehrer/-innen in vielen Fällen alle Leistungsprofile. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind sich jedoch weitgehend einig: Lehrpersonen, welche Kleinklassen und Leistungsniveau A unterrichten, benötigen für einen erfolgreichen Unterricht andere Fähigkeiten und Kompetenzen als Lehrpersonen, welche die beiden inhaltlich anspruchsvolleren Niveaus E und P unterrichten.
Universalität reicht nicht für einen qualifizierten Unterricht
Die PH bildet heute Lehrperson aus, die vieles ein bisschen, aber nichts fundiert beherrschen, was für die Schwächen im Bildungswesen der letzten Jahre mitverantwortlich ist. Um im anspruchsvolleren progymnasialen P-Niveau unterrichten zu können, reicht oberflächliches Fachwissen ebenso wenig aus, wie mangelndes sozialpädagogisches und psychologisches Wissen für das Führen einer Kleinklasse oder einer Regelklasse des Leistungsniveaus A nicht genügen.
Der Text des Vorstosses im Wortlaut
«Seit vielen Jahren erhält die Pädagogische Hochschule (PH) der FHNW in Umfragen durchweg schlechte Bewertungen. Ein wesentlicher Kritikpunkt sind die wenig relevanten und praxisnahen Lerninhalte, die nicht ausreichend auf den Lehrerberuf vorbereiten.
Erst kürzlich wurde diese Kritik durch eine Umfrage unter einer Gruppe von Studierenden erneut deutlich bestätigt. Nur 14,7 % der 823 an der Umfrage teilnehmenden Studierenden bewerteten die vermittelten Lerninhalte als relevant und praxisorientiert. Aber auch nur 14,8 % waren der Meinung, dass die PH die Studierenden gut auf den Lehrerberuf vorbereitet. (Siehe folgende Grafiken.)
Die Umfrageergebnisse wurden von der Starken Schule beider Basel (SSbB) im August veröffentlicht. (Quelle: http://starke-schule-beider-basel.ch/archiv/Archiv_Artikel/StudierendeerteilenderPHFHNWeineknallendeOh.aspx)
Lehrpersonen, die an einer Sekundarschule Kleinklassen und das Leistungsniveau A unterrichten, benötigen für einen optimalen und zielführenden Unterricht andere Fähigkeiten und Kompetenzen als jene Lehrpersonen, die die Niveaus E und P unterrichten.
Aktuell erhalten jedoch alle Lehrpersonen der Sekundarstufe I die gleiche Ausbildung, unabhängig davon, welches Leistungsniveau sie später hauptsächlich unterrichten. Diese einheitliche Ausbildung für Sekundarlehrpersonen hat erhebliche qualitative Nachteile. Eine spezialisierte Ausbildung ist daher dringend erforderlich.
In einem offenen Brief fordern 105 Studierende die Parlamentarierinnen und Parlamentarier der beiden Basler Halbkantone auf, der «PH FHNW» endlich mehr Beachtung zu schenken. Der Wunsch nach einer qualitativ besseren Ausbildung ist unter den Studierenden groß.
Der Regierungsrat wird gebeten, das Gespräch mit den anderen drei Trägerkantonen der PH FHNW zu suchen und darauf hinzuarbeiten, dass die Ausbildung der Sekundarlehrpersonen differenziert erfolgt. Dies sollte abhängig davon geschehen, ob die Lehrpersonen künftig das Leistungsniveau A und Kleinklassen unterrichten oder ob sie hauptsächlich die beiden fachlich anspruchsvolleren Niveaus E und P betreuen.
Besonders wichtig ist, dass der heutige integrative Ausbildungsweg (vierjährige Ausbildung an der PH) zur Lehrberechtigung für das Niveau A und die Kleinklassen führt, während der derzeitige konsekutive Ausbildungsweg (dreijährige fachliche Ausbildung an der Universität, gefolgt von einer kurzen pädagogischen Ausbildung an der PH) zur Lehrberechtigung für die Leistungsniveaus E und P der Sekundarstufe I führt.»
Hohe Bildungsqualität wird nicht mit Einheitslehrpersonen erreicht
Die Stärke der PH liegt in der sozialpädagogischen, methodisch-didaktischen und psychologischen Ausbildung, die Stärke der Universität hingegen in der Vermittlung der fachwissenschaftlichen Kenntnisse und Kompetenzen. Dieser Umstand muss für die künftige Lehrpersonenausbildung in höherem Masse berücksichtigt werden.
Künftig soll sich die PH vollumfänglich auf die Ausbildung der künftigen Lehrpersonen der Kleinklassen und des Leistungsniveaus A konzentrieren. Die Erlangung pädagogischen und psychologischen Geschicks sowie praxisnahe Fähigkeiten wie beispielsweise das Betreuen und Fördern von verhaltensauffälligen Schüler/-innen und das Unterrichten in «schwierigen» Klassen müssen zentrale Lerninhalte sein, welche die PH umfassend vermitteln könnte. Damit die Lehrpersonen der Kleinklassen und des Leistungsniveaus A zu ihren Schüler/-innen ein enges und vertrauensvolles Verhältnis aufbauen können, sollen diese möglichst viele Fächer unterrichten, sodass die Anzahl Bezugspersonen insgesamt gering bleibt. Die Intensität der Fachausbildung kann dabei etwas zurücktreten, ohne dass freilich Kerninhalte auf der Strecke bleiben.
Damit künftige Lehrpersonen indes dem höheren fachlichen Niveau in den beiden Leistungsprofilen E und insbesondere P gerecht werden können, ist eine fundierte fachwissenschaftliche Ausbildung an der Universität unabdingbar. Die PH kann das in dieser Tiefe nicht leisten, die Universitäten jedoch sind dafür spezialisiert. Eine etwas kürzere pädagogische und methodisch-didaktische Ausbildung der angehenden Lehrpersonen der Niveaus E und P könnte weiterhin an der PH erfolgen und beispielsweise in einem einjährigen Intensivkurs bestehen.
Kurzum: Es bedarf unterschiedlicher Ausbildungsprofile für künftige Pädagoginnen und Pädagogen je nachdem, welche Schüler/-innen sie in welchen Leistungsniveaus später unterrichten werden. Der Fokus muss jeweils daraufgelegt werden, welche Kompetenzen dann in besonderem Masse gefragt sind.
Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel