Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Leserkommentar

Zum Artikel «Fataler Fehler im Baselbieter Personalgesetz»

Das Baselbieter Personalgesetz öffnet der Willkür Tür und Tor, indem es Vorgesetzte ermächtigt, Angestellte zu drangsalieren, ohne dass diese sich zur Wehr setzen können. Eine solche Gesetzgebung erinnert an totalitäre Regime und steht damit in krassem Widerspruch zu einer demokratischen Staatsordnung. Darüber hinaus verhindert dieses Gesetz eine Selbstkorrektur kantonaler Einrichtungen. Paradebeispiel in diesem Zusammenhang ist die Volksschule. Diese wurde durch eine die Realität ignorierende linke Bildungspolitik kaputt reformiert. Wer wäre hier besser geeignet, auf bestehende Missstände im Schulbetrieb aufmerksam zu machen, als Lehrkräfte? Doch diese bringen ihren Mund nicht auf, weil er durch erwähntes Personalgesetz geknebelt ist. Jüngstes Beispiel sind die vom LCH verheimlichten negativen Ergebnisse zur Umfrage betreffend Abschaffung der Leistungszüge und der Noten. Doch Whistleblower, die auf die Unterschlagung aufmerksam machen, wollen anonym bleiben, «weil sie mit Repressionen ihrer Schulleitungen rechnen...» (http://starke-schule-beider-basel.ch/archiv/Archiv_Artikel/WashatderLCHzuvertuschen.aspx), wenn diese eine weitere schulische Grossreform befürworten.

Felix Hoffmann, Sekundarlehrer
 
 

Zum Artikel «Fataler Fehler im Baselbieter Personalgesetz»

Der Artikel nennt ein gravierendes Problem beim Namen. Danke, dass das mal jemand aufs Tapet bringt! Und seien wir ehrlich: Wenn leichtfertig mit Verwarnungen gedroht wird oder solche gar ausgesprochen werden, trifft es meistens die Falschen. Entscheidend bei Verwarnungen ist häufig nicht der mangelnde Einsatz oder die ungenügende Arbeitsleistung, sondern bloss, welche Beziehung jemand zum Schulleiter hat. Wenn ein Lehrer es sich sehr einfach macht und den Unterricht kaum vorbereitet, aber einen guten Draht zum Rektor hat, passiert ihm garantiert nichts. Das System ist in seiner Willkür total unfair. Wer engagiert ist, aber eine Verwarnung erhält, nur weil der Schulleiter ihn oder sie persönlich nicht mag, wird völlig verunsichert. Eine Verwarnung ist eine krasse Massnahme, mit der man nicht gedankenlos um sich schlagen sollte. Man muss immer bedenken, welche Folgen das haben kann.

(Name der Redaktion bekannt)

 


News

  • Montag, Februar 17, 2025

    Bald alters- und niveaudurchmischter Unterricht in BS?

    Der Regierungsrat von Basel-Stadt beantragt eine Gesetzesänderung, um alters- und niveaudurchmischtes Lernen an allen Volksschulen in Basel-Stadt zu ermöglichen. Grundlage dafür ist eine mehrjährige Pilotphase an drei Schulen. (ai)

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  • Samstag, Februar 08, 2025

    Uniprüfungen müssen wiederholt werden

    In Ferrara, einer italienischen Universität, müssen 362 Student*innen ihre Psychologieklausur nachholen, weil an der Prüfung mit KI getrickst wurde. (lb)

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  • Donnerstag, Januar 23, 2025

    Keine ausserschulischen Aktivitäten für Schulkinder der Gemeinde Riehen

    Aufgrund eines mangelnden Budgetplans werden die Schulkinder der Gemeinde Riehen in diesem Jahr keine Schulausflüge machen dürfen (as).

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  • Freitag, Januar 17, 2025

    Industrienacht bietet Einblick in Arbeitswelt

    Am Freitag, 9. Mai 2025 findet die dritte Industrienacht in der Region Basel statt. Rund 40 Unternehmen geben von 17–24 Uhr exklusive Einblicke in ihren Arbeitsalltag, ihre Kultur, ihre Geschichte. Für Schüler*innen, Lernende und Studierende ist der Eintritt gratis. (lh)

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  • Donnerstag, Januar 16, 2025

    Das Jugendbücherschiff legt wieder an

    Das Basler Jugendbücherschiff ladet mit rund 1'000 neu erschienen Kinder- und Jugendbüchern zum lesen und stöbern ein. Vom 21. Januar bis 11. Februar liegt es an der Schifflände und bietet Veranstaltungen für Schulklassen, Tagesstrukturen und Familien an. (lh)

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  • Mittwoch, Januar 15, 2025

    Jahres- statt Semesterzeugnisse im Kanton BS

    Ab dem Schuljahr 2025/26 erhalten die Schüler*innen der 6. Primarklasse im Kanton Basel-Stadt ein Jahreszeugnis Mitte April. Dieses ersetzt die üblichen Semesterzeugnisse, die vorher jeweils im Januar und Juni ausgestellt wurden. So entschied der Regierungsrat am 7. Januar 2025. (lh)

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23.12.2024

Klassenlehrkräfte sind die Felsen in der Brandung

Wie sehr begabte Lehrkräfte eine Klasse positiv beeinflussen, durfte ich bei meinen jüngsten Schulbesuchen miterleben. Einer meiner Enkel besucht zurzeit eine vierte Klasse und geht gern zur Schule. In der besuchten Mathestunde ging es um Teilbarkeitsregeln. Die Frage lautete, wie man erkennt, dass eine Zahl durch zwei, fünf oder zehn teilbar ist. Sicher keine Hexerei, aber elementar für das mathematische Verstehen. Der Lehrer teilte auf Blättern jedem Schüler eine bunte Mischung von Zahlen aus dem Zahlenraum von eins bis hundert aus. Der Auftrag war, Zahlen mit den genannten Eigenschaften zu markieren. Aufgrund der Schülermeldungen notierte der Lehrer danach die Zahlen in drei verschiedenen Kolonnen an der digitalen Wandtafel.

Jetzt waren die Schüler bereit, gemeinsam die Teilbarkeitsregeln zu entdecken. Nicht jede Antwort traf ins Schwarze, aber zusammen kam man dem Ziel näher. Der Lehrer strahlte dabei eine unerschütterliche Ruhe aus und bündelte die Antworten geschickt.  Am Ende dieses Aufbauprozesses war es offensichtlich, dass die ganze Klasse die mathematischen Gesetzmässigkeiten verstanden hatte. Es war wenig überraschend, dass die Übungsaufgaben danach von allen problemlos gelöst wurden.

Ermutigender gemeinsamer Klassenunterricht

Was mich beeindruckte, waren die sorgfältige Instruktion des Lehrers und seine pädagogische Präsenz, die in jeder Phase ausdrückte: «Das schafft ihr.» In Verbindung mit kurzen Phasen von Partnerarbeit fand ein Klassenunterricht statt, der von lebendigen Dialogen geprägt war. In solch schönen Momenten habe ich kein Verständnis für Pauschalurteile, bei denen der gemeinsame Klassenunterricht als altmodischer Frontalunterricht bezeichnet wird. Diese leider weit verbreitete Abwertung einer erwiesenermassen bewährten Unterrichtsform ist völlig unhaltbar.

Bei einem anderen Schulbesuch in einer gut geführten dritten Klasse erhielt ich Einblicke in interessante Spiel- und Übungsformen. In Zusammenarbeit mit einer Heilpädagogin gab der Lehrer den Kindern den Auftrag, das fliessende Lesen an einem einfachen Kurztext zu üben. Während eine Schülerin vorlas, stoppte ihre Partnerin die Zeit und strich auf dem eigenen Textblatt festgestellte Fehler an. Wünschenswertes Ziel war es, die Zeitlimite von einer Minute einzuhalten (mit Zuschlag von fünf Sekunden pro Fehler). Danach wurden die Rollen getauscht. Die von mir beobachten Schülerinnen steigerten sich während des Lesetrainings deutlich und erreichten schliesslich ihr Ziel. Offensichtlich waren sich die Schülerinnen an dieses beliebte Training gewöhnt.

Tägliches Üben ist erfolgreicher als didaktisches Experimentieren

Aufgrund der beobachteten Lernkultur war ich nicht überrascht, dass meine Enkelin zuhause jede Woche einige Sätze einüben und auswendig korrekt aufschreiben muss. Dieses Wochendiktat verursacht ihr zwar eine Viertelstunde an täglichen Hausaufgaben und geht bei ihr selten ohne leichte Proteste über die Bühne. Aber wenn sie dann mit nur einem Fehler nach dem Diktat nach Hause kommt, ist die Welt wieder in Ordnung.

Ich verstehe die Kritik an solchen Aufträgen nicht, wenn man sieht, wie viel die Kinder dabei an sprachlicher Sicherheit gewinnen. Die Ausrede, nicht alle Schüler hätten zuhause gute Voraussetzungen zum Lernen, lasse ich in all den Fällen nicht gelten, wo Schulen über ein Angebot an schulinterner Aufgabenhilfe verfügen.

Die Schulbesuche im vergangenen Jahr haben mir bestätigt, wie engagiert Lehrerinnen und Lehrer ihren Beruf ausüben. Ihre zielgerichtete pädagogische Kraft und ihr Einfühlungsvermögen sind durch kein Computerprogramm zu ersetzen. Es ist darum frustrierend für Lehrkräfte, wenn ein hochstehender Klassenunterricht durch dumme Schlagworte kritisiert wird und fragwürdige didaktische Experimente mit doktrinärer Arroganz als besser hingestellt werden.

Hinter der Fassade mancher Schulen rumort es gewaltig

Unsere gesammelten Beiträge aus den grossen Tageszeitungen decken auf, dass manche Schulteams mit den aktuellen Rahmenbedingungen ihrer täglichen Arbeit unzufrieden sind. Der Lehrermangel belastet enorm, Ansprüche der Eltern an die Individualisierung des Unterrichts übersteigen die vorhandenen Ressourcen und bei den bestens bekannten ewigen Baustellen will es nicht vorwärtsgehen. So wundert es nicht, wenn einigen Kollegen irgendwann einmal der Kragen platzt.

Die Gegner einer massvollen Separation halten nach wie vor stur an der Integration aller in die Regelklassen fest. Sie ignorieren achselzuckend, dass die dadurch entstandene Heterogenität in den Klassen von den Lehrpersonen kaum noch zu bewältigen ist. Genauso wenig sind die verantwortlichen Reformer bereit, die unnötige zweite Frühfremdsprache aus dem völlig überladenen Bildungsprogramm zu kippen.

Klassenlehrkräfte sorgen für Stabilität in der Volksschule

Zu wünschen wäre, dass die Lehrerverbände nun den Hebel am richtigen Ort ansetzen.  Im Interview in den TA-Medien hebt die neue Präsidentin des ZLV zu Recht hervor, dass der aktuelle Lehrermangel manche Schulen an den Anschlag bringt. Doch sie geht kaum auf die Frage ein, was denn die Gründe für den Lehrermangel sind. Bei ihrem Loblied auf die neue Schulkultur der Teilzeitlehrkräfte blendet sie alle Misstöne aus. Nichts gegen gut harmonierende Doppelstellen mit erfahrenen Lehrerinnen, aber eine Verteidigung der Mini-Pensen ist wirklich unangebracht. Wie wäre es, wenn sie als Frau ohne Scheuklappen einmal den eklatanten Mangel an jungen Primarlehrern ansprechen würde? Am Schluss des Interviews jedoch schlägt die Präsidentin einen Pflock für eine gute Schulentwicklung ein: Sie fordert eine Stärkung der Klassenlehrkräfte und sieht diese als Felsen in der Brandung. Diesen Weg gilt es entschlossen weiterzugehen.

Als erstes gilt es, die Ursachen chronischer Überforderung der Klassenlehrkräfte zu beseitigen. Dazu gehört die Verabschiedung vom unhaltbaren Dogma, die Schule habe jedes Kind in eine Regelklasse aufzunehmen. Einen eindrücklichen Kontrapunkt zu diesem Anspruch setzt der erfahrene Kinderarzt Hannes Geiges. Als Fachmann für Schüler mit ADHS-Auffälligkeiten weist er darauf hin, dass ein gut strukturierter Unterricht mit einem entschlackten Bildungsprogramm eine Grundvoraussetzung für den Umgang mit diesen Kindern ist. Für ihn ist klar, dass gewisse Schüler in einer Kleinklasse besser aufgehoben sind und dort auch leistungsmässig mehr profitieren.

Gute Bildung ist weit mehr als das Abarbeiten von Kompetenzzielen

Worum es in der Volksschule geht, bringt Carl Bossard in seinem Beitrag über wahre Bildung zum Ausdruck. Sein tiefsinniger Text ist anspruchsvoll, aber vielleicht erleichtern Ihnen meine konkreten Schulerfahrungen den Einstieg in die Lektüre.

Albert Einstein hat einmal gesagt, den Zugang zur Physik finde man am besten durch das Staunen über die eindrücklichen Phänomene in der Natur. Die Mathematik komme erst als zweites. Ich hatte einen hervorragenden Physiklehrer, bei dessen Unterricht man dieses Staunen bei jedem seiner klar aufgebauten Versuche direkt spürte. Nach der Durchführung eines oft verblüffenden Experiments und glasklaren Fragestellungen gelang der mathematische Teil der Lektion meist recht gut. Werden hingegen in kürzester Zeit viele Formeln in die Köpfe hineingestopft und kommt das Spannende des Entdeckens am konkreten Beispiel zu kurz, bleibt das Verstehen Stückwerk.
Was in der Physik das Staunen ist, schaffen starke innere Bilder in einem lebendigen Geschichtsunterricht. Die Musse des narrativen Eintauchens in andere Lebenswirklichkeiten führt viel eher zum Erkennen von Zusammenhängen als hektisches Abhaken abstrakter Kompetenzziele. Staunen und narratives Erleben, aber auch Veranschaulichen und genaues Beobachten gehören zum Kern eines nachhaltigen Unterrichts, der Menschen ganzheitlich bildet. Carl Bossards Plädoyer für eine Schule mit mehr Musse für die wesentlichen Dinge trifft den Nagel auf den Kopf.

Hanspeter Amstutz

Hanspeter Amstutz verfasst regelmässig hochinteressante Artikel für die Starke Schule beider Basel. Er ist ehemaliger Primar- und Sekundarschullehrer und Bildungsrat als Vertreter der Volksschule. Zudem war er 16 Jahre lang im Zürcher Kantonsrat mit dem Schwerpunkt Bildungspolitik und hat bei verschiedenen Volksinitiativen betreffend Volksschule mitgewirkt. Heute ist Hanspeter Amstutz Kursleiter für geschichtliche Weiterbildung in Schulen und an Pädagogischen Hochschulen sowie glücklicher Grossvater vierer Enkelkinder.