Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Gastbeitrag

Abschaffen der Hausaufgaben und die nicht bedachte Nebenwirkungen

Die Bildung kennt das „Gesetz der nicht beabsichtigen Nebenwirkungen“. Formuliert hat es der Philosoph und Pädagoge Eduard Spranger. Kaum jemand beachtet es. Viele Schulen wollen die offiziellen Hausaufgaben weglassen – aus pädagogischen Gründen, wie es heisst. Man will Chancengleichheit. Doch wer die Hausaufgaben abschafft, schafft sie trotzdem nicht ab. Bildungsbewusste Eltern werden mit ihren Kindern weiterhin wiederholen und automatisieren. Sie wissen um den Wert des Übens und Festigens. Kinder aus anderen Familien haben diese Chance vielleicht nicht. Die nicht beabsichtigte Folge: Die Schere im Bildungsmilieu öffnet sich weiter.

Carl Bossard, Gründungsrektor PH Zug, Stans
 

News

  • Samstag, Oktober 12, 2024

    Repetition – der immer seltener genutzte Schlüssel zum Lernerfolg

    Das A und O für einen erfolgreichen Lernprozess des Menschen ist die Repetition. Das Hirn muss trainiert werden und braucht Zeit sich Dinge einzuprägen. Vor allem Schulstoff, der emotional nicht als etwas Besonderes konnotiert ist und deshalb länger braucht, um erlernt zu werden, muss immer wieder gefestigt werden. Dies fehlt im heutigen Bildungssystem. Häufig wird die Priorität fast ausschliesslich auf zwischenmenschliche Fertigkeiten und das selbstständige Arbeiten und Lernen der Schülerinnen und Schüler gesetzt. Ob die Senkung des Leistungsniveaus an Schweizer Schulen damit zusammenhängt, gilt es zu untersuchen. (lbu)

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  • Dienstag, Oktober 01, 2024

    Machen Hausaufgaben Sinn?

    Im Rahmen des Programms Politkids hatten Basler Primarschüler*innen die Möglichkeit, ihre Fragen im Grossen Rat einzubringen. Dabei war das Thema Hausaufgaben von Bedeutung, zu welchem die Kinder schlussendlich einen Vorstoss einreichten. (lh)

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  • Montag, September 30, 2024

    Förderklassen-Initiave im Grossen Rat

    Am 18.09.2024 fasste der Grosse Rat mit 92 zu 4 Stimmen den Beschluss, den Gegenvorschlag der "Förderklassen-Initiative" anzunehmen. Laut Medienberichten wird die Initiative nun durch das Komitee zurückgezogen. Die Initiative gilt rückwirkend bereits für das laufende Schuljahr. (lh)

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  • Donnerstag, September 12, 2024

    Ausstellung "Mensch, du hast Recht(e)!"

    In der Wanderausstellung "Mensch, du hast Recht(e)!" haben Schüler*innen vom 5. bis 21. November die Möglichkeit, sich mit den Inhalten Demokratie, Diskriminierung und Menschenrechte zu befassen. Nebst der Ausstellung finden auch Fragerunden statt, welche die Themen Rassismus, Geschlecht und Antisemitismus beinhalten. (lh)

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  • Samstag, September 07, 2024

    Neuer Unterrichsbereich an den Gymnasien

    Zum Rahmenlehrplan der Gymnasien gehören schweizweit Fächer wie Mathematik, Chemie, Biologie, diverse Sprachen wie auch Bildnerisches Gestalten. Nun soll zu diesen Kernfächern ein neuer Unterrichtbereich eingeführt werde, welcher vor allem bei Eltern für viel Kritik sorgt. Der neue Bereich: «Bildung für nachhaltige Entwicklung» (BNG) soll innerhalb der nächsten fünf Jahre von den Kantonen umgesetzt werden. (lbe)

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  • Sonntag, August 18, 2024

    Wahlmöglichkeiten bei der zweiten Landessprache

    Wahlmöglichkeiten bei der zweiten Landessprache Ab dem Sommer 2027 müssen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten beim Eintritt ins Gymnasium die Wahl zwischen zwei Landessprachen haben. Dies laut nationaler Vorgabe. (lbe)

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24.08.2024

Welches Geschichtsbild wird unserer Jugend vermittelt?

Es kommt selten vor, dass der Geschichtsunterricht der Volksschule die nationale Politik beschäftigt. Doch die jüngste Kritik bürgerlicher Parteien und des Lehrerverbands LCH lassen aufhorchen. FDP-Präsident Thierry Burkhart findet es stossend, dass im Geschichtsunterricht Lehrmittel mit Schlagseite zu Wokeness-Themen eingesetzt werden. SVP-Präsident Marcel Dettling wirft den Bildungsverantwortlichen vor, die Volksschule zu einem Labor für Schulexperimente umgestaltet und die Schweizer Geschichte vernachlässigt zu haben. Und die LCH-Präsidentin Dagmar Rösler bemängelt die fehlende Rückendeckung für Lehrpersonen, die politische Themen im Unterricht behandeln möchten.

Relevante Themen statt einer Fokussierung auf trendige Fragen

Die Kritik am Geschichtsunterricht ist berechtigt. Doch es geht nicht in erster Linie um die Frage, wieviel Wokeness in den Lehrmitteln enthalten ist. Was zählt, ist vielmehr, dass wieder relevante Bildungsinhalte den Geschichtsunterricht prägen. Solange Meilensteine der Welt- und Schweizergeschichte reihenweise ausgelassen werden, ist der Vorwurf der manipulativen Einseitigkeit bei der Themenauswahl berechtigt, aber anders zu definieren: Unserer Jugend wird geschichtliches Grundwissen vorenthalten.

Dass der Vorwurf der inhaltlichen Einseitigkeit nicht aus der Luft gegriffen ist, gibt es Belege. Ein unschönes Beispiel ist die Verunglimpfung von Industriepionieren in einem Lehrmittel, das in den Stadtzürcher Schulen eingesetzt wird. Das Buch befasst sich mit den Verwicklungen von Zürcher Kaufleuten in den Sklavenhandel. Gegen die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels ist nichts einzuwenden. Wenn nun aber Alfred Escher fälschlicherweise als indirekter Profiteur seines im Sklavenhandel tätigen Onkels bezeichnet wird und Eschers Pionierleistungen hingegen mit keinem Wort erwähnt werden, ergibt dies ein völlig verzerrtes Bild. Viele Jugendliche erfahren so nie, dass Escher der Hauptinitiator der Gotthardbahn war, die Crédit Suisse gründete und dafür sorgte, dass Zürich mit der ETH eine hervorragende Hochschule bekam. Man kann Escher grosse Rücksichtslosigkeit im Umgang mit seinen Konkurrenten vorwerfen, aber den Akzent auf den Sklavenhandel zu legen, ist absurd.

Diffuser Auftrag als Grund der Verunsicherung der Lehrkräfte

Die tiefe Verunsicherung über den Auftrag des Geschichtsunterrichts ist entstanden, weil das Fach kein klares Profil mit einer gesellschaftlich anerkannten Botschaft aufweist. Der Anspruch, Geschichte könne mit verbindlichen Inhalten ein Stück weit schweizerische Identität schaffen, ist längst fallen gelassen worden. Die Europafrage ist für viele zu einem Minenfeld geworden, weil der Mut fehlt, mit föderal geprägtem Selbstbewusstsein die Vor- und Nachteile einer Annäherung an Europa präzis aufzuarbeiten. Aus dem Lehrplan ist schwer herauszulesen, was denn zum Kern eines modernen Geschichtsunterrichts zählen könnte. Entsprechend ist es verbreitete Praxis, verschiedenste Themen aus dem randvollen Angebot herauszupicken und exemplarisch einige geschichtliche Grundfragen aufzugreifen.

Fachlich kompetente und im kritischen Denken geübte Lehrkräfte sollten eigentlich imstande sein, über jedes Thema sachlich zu informieren. Dazu gehören spannende Schilderungen gegensätzlicher politischer Interessen und umsichtig geleitete Diskussionen im Klassenverband. Doch der Schulalltag sieht oft anders aus. Aus Zeitnot, aufgrund einer Orientierung an Kompetenzzielen mit austauschbaren Inhalten oder aus Gründen von Lücken in der Ausbildung werden manche zentralen Ereignisse im Schnellverfahren erledigt. So wird die bedeutende Periode des Kalten Kriegs oft nur in ein paar Lektionen abgehandelt. Zwar bieten einige moderne Lehrmittel den Stoff der neusten Geschichte auf attraktive Weise an. Doch es braucht zusätzlich die sprachliche Gestaltungskraft und kompetentes Wissen der Lehrpersonen, um Geschichtsstunden zu einem Erlebnis werden zu lassen. Schüler haben ein Recht darauf, mit den grossen Ereignissen der neusten Geschichte konfrontiert zu werden. So sind das Wirtschaftswunder der Fünfzigerjahre und die gesellschaftlichen Veränderungen im Sog der 68er-Bewegung Themen, die Jugendlichen keinesfalls vorenthalten werden dürfen.

Bessere Rahmenbedingungen und ein klares Auftragsprofil

Geschichtlich-politische Grundbildung braucht einen soliden Aufbau mit erkennbaren Entwicklungslinien. Diese kann man beispielsweise in der wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der Schweiz vom bescheidenen Agrarstaat zur exportstarken Industrienation anschaulich darstellen. Doch erst unter fairen Rahmenbedingungen erhält der Geschichtsunterricht die Chance, seinen Kulturauftrag erfüllen und die Jugend für politische Fragen sensibilisieren zu können. Dafür benötigt das Fach eine umfassende Aufwertung. Die Rückgewinnung der vollen Eigenständigkeit des Geschichtsstudiums in der Lehrerbildung sowie die Aufstockung der Lektionenzahl sind dazu unabdingbar.

Lehrerinnen und Lehrer benötigen keine detaillierten Anweisungen, wie sie den Geschichtsunterricht politisch korrekt zu gestalten haben. Was ihnen aber weiterhilft, ist ein gesellschaftlicher Konsens über die inhaltlichen Schwerpunkte eines gehaltvollen Geschichtsunterrichts. Die aufgeschobene Diskussion um die Inhalte ist überfällig, um dem Fach Geschichte ein klares Profil zurückzugeben. Die drei pointierten Aufrufe haben hoffentlich den Stein nun ins Rollen gebracht.

Hanspeter Amstutz, Fehraltdorf