11.04.2025
Gesetzeslücke in Baselland
Im Kanton Basel-Landschaft können Schulleiter/-innen Mitarbeitende mit vagen Verwarnungen unter Druck setzen, ohne dass Betroffene rechtlich dagegen vorgehen können. Ein fragwürdiges Gesetz schafft ein Machtungleichgewicht, das Grundrechte infrage stellt. Brisant: Von vielen überprüften Kantonen ist Baselland der einzige Kanton mit einem entsprechenden Paragraphen, welcher die Anfechtbarkeit von Verwarnungen explizit verbietet.
Baselland hat ein willkürliches System
Das Personalgesetz Basel-Landschaft erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende im Rahmen sogenannter nicht-disziplinarischer Führungsmassnamhen zu sanktionieren. Weil Verwarnungen keinen Verfügungscharakter haben, können sie rechtlich auch nicht angefochten werden (vgl. Personalverordnung 150.11, §15, Abs. 3). Angestellte, also auch Lehrpersonen im Dienste des Kantons, sind dem Verwarnungs-Regime ihrer Vorgesetzen völlig ausgeliefert.
Wenn nun ein Schulleiter oder eine Schulleiterin in der Verwarnung gegen eine Lehrperson unter den Zielvorgaben festhält, dass jene während der Probezeit «weniger Problemsituationen schaffen» oder in bestimmten Situationen «adäquater reagieren» soll, dann liegt es am Ende der Probezeit ausschliesslich im Ermessen des oder der Vorgesetzten darüber zu entscheiden, ob der oder die Verwarnte die Vorgaben erfüllt hat.
Vorgesetzte als Richter/-in in eigener Sache
Schulleitende werden im Rahmen eines solchen Systems zu Anklagenden, indem sie Mitarbeitende mit Vorwürfen belasten und gravierende Konsequenzen wie die Kündigung bei Nichterfüllung der von ihnen definierten Vorgaben androhen, und gleichzeitig sind sie die alleinigen Richter/-innen, die darüber entscheiden, ob der oder die Mitarbeitende die Probezeit am Ende «bestanden» hat.
Existenz auf dem Spiel
Dieses Willkür-Regime ist für einen Rechtsstaat besonders unwürdig, weil es für Betroffene existenzbedrohend sein kann. Es handelt sich um ein System, das Macht ohne Grenzen zulässt. Wenn verwarnten Angestellten schliesslich die Stelle gekündigt wird, was eben im alleinigen Ermessen ihrer Vorgesetzten liegt, dann verlieren sie ihre materielle Existenzgrundlage. Jurist/-innen sehen hier Verstösse gegen das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Bundesverfassung, Art. 5) Verstösse gegen den Schutz vor Willkür (Bundesverfassung, Art. 9) und gegen das Recht auf rechtliches Gehör und faires Verfahren (Bundesverfassung, Art. 29)
Signalwirkung
Nicht zu unterschätzen ist auch die Signalwirkung, welche die Nichtanfechtbarkeit von Verwarnungen unter Umständen bei gewissen Schulleiterinnen und Schulleitern entfaltet: Wenn Vorgesetzte wissen, dass gegen die von ihnen verhängten Disziplinarmassnahmen a priori keine Rechtsmittel eingelegt werden können, brauchen sie sich auch nicht sonderlich darum zu bemühen, faire, dem Verhältnismässigkeitsprinzip genügende und im Zweifelsfall rechtssichere Massnahmen zu ergreifen.
Fazit
Der Kanton Basel-Landschaft sieht sich selbst gerne als fortschrittlicher Kanton und als vorbildlicher Arbeitgeber. Umso stossender ist es, dass im Baselbiet Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ihre Mitarbeitenden nach Belieben verwarnen und mit Kündigung bedrohen können, ohne dass jene sich rechtlich dagegen zur Wehr setzen können. Es bedarf dringend einer Anpassung im Personalgesetz, damit die Grundrechte der Angestellten gewahrt bleiben und willkürliche Verwarnungen aufgehoben werden können.
Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel