


Leserkommentar
Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen
Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenzieren die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.
Felix Schmutz, Allschwil
News
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Freitag, April 25, 2025
Grossrätin Anina Ineichen (Grüne) hat kürzlich einen Vorstoss bezüglich logopädischer Versorgung auf der Sekundarstufe 2 eingereicht. Während die Versorgung in der obligatorischen Schulzeit in der Sonderpädagogikverordnung geregelt ist, besteht für die nachobligatorische Schulzeit keinerlei logopädisches Angebot. Diese logopädische Versorgungslücke ist ungünstig, weil die Betroffenen eine Therapie selbst finanzieren müssen und damit die Bildungs- und Chancengleichheit nicht gewährleistet ist. (lbu)
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Donnerstag, April 24, 2025
Landrat Jan Kirchmayr (SP) hat kürzlich einen Vorstoss eingereicht, in dem das Projekt konsumGLOBAL und dessen Integration in den Unterricht auf der Sekundarstufe 1 & 2 thematisiert. Das Projekt des Ökozentrums basiert auf der Stadtführung «Weltbewusst» in Deutschland. In Basel und Zürich werden bereits interaktive Rundgänge zu verschiedenen Themen rund um die Ökologie angeboten. Nun gilt es zu evaluieren, ob dieses Projekt gewinnbringend für den Unterricht auf den genannten Stufen wäre und inwiefern es noch bekannter gemacht werden könnte. (lbu)
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Dienstag, April 22, 2025
Nach langer Diskussion lehnt die Politik allgemeine Übertrittsprüfungen für Primarschüler/-innen ab. Noten sollen beim Übertritt von der Primarstufe auf die Sekundarstufe 1 im Baselbiet nicht allein massgebend sein. Auch die Gesamtbeurteilung soll weiterhin eine Rolle spielen. (ch)
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Montag, April 21, 2025
Die Baselbieter Regierung beantragt dem Landrat 36 Millionen Franken, um eine neue zusammengelegte Schulanlage im Muttenzer Gebiet zu bauen. Mit dem Rückbau der Anlage Gründen soll ab Sommer 2031 voraussichtlich die erweiterte Anlage Hinterzweien betriebsbereit sein.(ch)
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Montag, April 21, 2025
Der Studierendenrat in Basel fordert eine Umstellung auf eine vegane Mensa innerhalb der nächsten fünf Jahre. Doch die Initiative für eine «Plant-based-university» stösst nicht nur auf Begeisterung. (lbe)
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Sonntag, April 20, 2025
Das umstrittene Projekt der Erweiterung der Universitätsbibliothek und der Sanierung des Bernoullianums an der Hebelschanze soll nach den Plänen des Basler Architekturbüros Diener & Diener verwirklicht werden.(ch)
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11.04.2020
Neue Reform – gleiches Muster
Nie verkaufen sich Schulreformen so einfach wie in zumindest scheinbar schwierigen Zeiten. Orientierungslose Bildungswissenschaftler glauben dann noch mehr an revolutionäre Heilsbotschaften. So geschehen beim inszenierten PISA-Schock. Jenes herbeigeredete Bildungsdesaster warf hohe Wellen, suggerierte Bedürfnisse nach Neuem und warf Bewährtes mir nichts, dir nichts über Bord. So wurde 2004 in sechs Kantonen unter dem Deckmantel von Harmos beschlossen, den Fremdsprachenunterricht an der Volksschule „von Grund auf zu erneuern“. (Quelle: https://www.fremdsprachenunterricht.ch/hintergrund/das-projekt-passepartout)
Szenenwechsel. März 2020: Mit Corona ist eine weltweite Krise über uns gekommen. Sie gibt einer anderen revolutionären Heilsbotschaft Aufschwung. Vor lauter Panik, man könnte im digitalen Sektor abgehängt werden, überbieten sich Kantone und Länder in Aktionismus, als ob es kein Morgen gäbe.
Doch die Digitalisierung des Unterrichts wurde von langer Hand am Schreibtisch vorbereitet, ohne Einbezug der Bedürfnisse von Lernenden und Lehrpersonen. Wie nach dem PISA-Schock wird erneut top-down definiert, wie die Schule von morgen auszusehen habe. Die digitale Maschinerie birgt neben unbestrittenen Vorteilen auch viele Risiken und Nachteile, die natürlich nicht zur Debatte stehen sollen. Schliesslich ist man euphorisiert im digitalen Flow der vermeintlichen technischen Möglichkeiten. Doch wie soll die Zukunft der Schule aussehen? Darauf weiss einzig und allein die IT-Branche die Antwort, zwar nicht die beste für die Schule, aber die beste für die Branche.
Man erinnere sich an Passepartout: Kritiker wurden von Beginn an belächelt und als rückständig hingestellt. Studien, die dem Konzept ein schlechtes Zeugnis ausstellten, wurden systematisch ignoriert. Millionen versandeten in überteuerten Weiterbildungen, nach dem Motto: Was viel kostet, muss erstens gut sein und darf zweitens nicht scheitern. Schliesslich will niemand für verpulverte Steuergelder geradestehen. Dass die meisten Lehrpersonen Passepartout skeptisch bis ablehnend gegenüberstanden, wurde mit dem Argument beiseite gewischt, dass die Staatsdiener Geduld bräuchten, sie würden sich schon noch mit dem Konzept anfreunden. Wer das nicht konnte, dem wurde stinkfrech die Lehrbefähigung abgesprochen.
Passepartout, die Sternstunde des modernen Fremdsprachenunterrichts, war eine «heilige Kuh», und entzog sich folglich jeglicher Kritik. Es dauerte rund acht Jahre, bis der ideologische Irrsinn gestoppt werden konnte. Die Umfragewerte unter den Lehrpersonen waren unterirdisch, die Leistungen der Lernenden ebenso. Zuletzt sprach sich das Baselbieter Stimmvolk im November 2019 mittels einer geleiteten Lehrmittelfreiheit überdeutlich für den Übungsabbruch aus. Wie lange wird es dauern, bis die ernüchternde Erkenntnis einkehrt, dass sich mit der Heilsbotschaft «Digitalisierung» dieselben Fehler wie bei Passepartout wiederholen? Hurraschreiend werden Millionen für Hard- und Software ausgegeben, um den zwischenmenschlichen Austausch im Schulzimmer mit dem Bildschirm zu ersetzen. Dem neoliberalen Diktat folgend könnten mit einer Institutionalisierung der virtuellen Welt Personalkosten eingespart werden.
Die Digitalisierung durch Computerfreaks ist der Schule nicht förderlich, da sie den intensiven persönlichen, unmittelbaren Austausch im Schulzimmer deutlich einschränkt. Gerade zurzeit zeigt sich dies aufgrund der Corona-Krise und Homeoffice erzwungenermassen in ausgeprägter Form: Die Jugendlichen sitzen stundenlang alleine vor ihren Bildschirmen und wünschen sich den direkten Kontakt zu ihren Mitschüler/-innen und Lehrpersonen zurück.
Wird der Unterricht auch nach der Corona-Krise verstärkt digitalisiert durchgeführt, hätten nicht nur leistungsschwächere Schüler/-innen einen Nachteil. Eltern müssten einspringen, was weder pädagogisch sinnvoll noch ihre Aufgabe wäre. Lernen würde zunehmend zu einer Selbstisolation vor dem Bildschirm enden. Die Umschreibung des Menschen als Homo oeconomicus wird dessen Natur genauso wenig gerecht wie die des Homo digitalis. Der Mensch ist in erster Linie ein soziales Wesen und Unterrichten ist ganz wesentlich auch Beziehungsarbeit.
Jürg Wiedemann, Vorstand Starke Schule beider Basel