Leserkommentar
Kommentar zu: Verstehendes Lernen wird vernachlässigt von Carl Bossard
Carl Bossard deckt überzeugend auf, dass die Bildungspolitik ihr Hauptziel aus den Augen verloren hat. Eine bombastische Ausweitung des Bildungsprogramms hat dazu geführt, dass ganz wesentliche Bildungsziele verfehlt wurden. Dazu bestimmten eine dogmatisch vorangetriebene Gleichmacherei mit entsprechenden Strukturreformen und Steuerungsphantasien der Bildungsplaner weitgehend die Agenda der Bildungspolitik. Die Resultate dieser Reformen sind in jeder Hinsicht ernüchternd. Für Klassenlehrkräfte wurde durch das belastende Integrationskonzept mit strikter Ablehnung von Förderklassen die Unterrichtsarbeit erschwert. Statt zu schauen, was das Lernen wirklich fördert, wurde die Lehrerrolle schleichend abgewertet. Doch Jugendliche wollen keine Lernbegleiter als graue Mäuse im Klassenzimmer. Sie wünschen sich eine kompetente und vertrauenswürdige Lehrerpersönlichkeit, die mit Freude die Klasse führt und wesentliche Inhalte vermittelt. Die Bildungspolitik hat es verpasst, die Prioritäten richtig zu setzen. Man hat jahrelang umgebaut, ohne über den Kernbereich der Pädagogik zu reden.
Unsere Schule braucht verbindliche Bildungsinhalte, eine Stärkung der Lehrerrolle und ein gründliches Ausmisten bei den schulischen Wunschzielen. Dies unter Berücksichtigung des wichtigen kulturellen Auftrags der Schule bei der Allgemeinbildung zu realisieren, ist die grosse Herausforderung der kommenden Jahre.
Hanspeter Amstutz
Ehem. Bildungsrat und Sekundarlehrer, Fehraltdorf ZH
Hier kommen Sie zum Artikel von Carl Bossard
News
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Freitag, Januar 17, 2025
Am Freitag, 9. Mai 2025 findet die dritte Industrienacht in der Region Basel statt. Rund 40 Unternehmen geben von 17–24 Uhr exklusive Einblicke in ihren Arbeitsalltag, ihre Kultur, ihre Geschichte. Für Schüler*innen, Lernende und Studierende ist der Eintritt gratis. (lh)
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Donnerstag, Januar 16, 2025
Das Basler Jugendbücherschiff ladet mit rund 1'000 neu erschienen Kinder- und Jugendbüchern zum lesen und stöbern ein. Vom 21. Januar bis 11. Februar liegt es an der Schifflände und bietet Veranstaltungen für Schulklassen, Tagesstrukturen und Familien an. (lh)
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Mittwoch, Januar 15, 2025
Ab dem Schuljahr 2025/26 erhalten die Schüler*innen der 6. Primarklasse im Kanton Basel-Stadt ein Jahreszeugnis Mitte April. Dieses ersetzt die üblichen Semesterzeugnisse, die vorher jeweils im Januar und Juni ausgestellt wurden. So entschied der Regierungsrat am 7. Januar 2025. (lh)
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Sonntag, Dezember 29, 2024
Auch in Grossbritannien werden aktuell ähnliche Themen diskutiert, wie kurz zuvor in Australien. Die Social-Media-Firmen sollen Minderjährige vor dem Konsum schädlicher Inhalten schützen. Dies betrifft unter anderem die Verbreitung von Mobbing, Gewalt, wie auch von gefährlichen Stunts, so Technologieminister Peter Kyle gegenüber Sky News. Zudem sollen Apps, welche nur der Nutzung von Erwachsenen dienen, eine entsprechende Alterüberprüfung integriert haben. (lbe)
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Samstag, Dezember 28, 2024
Gegen den Projektierungskredit in der Höhe von 4.1 Millionen Franken für den Schulhausneubau in Therwil, welcher am 11. Dezember an der Gemeindeversammlung mit einem deutlichen ja befürwortet wurde, wird das Referendum ergriffen. Die geplanten Ausgaben für den gesamten Neubau betragen rund 33 Millionen. (lbe)
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Samstag, Dezember 21, 2024
Mit 13'325 Studierenden und Doktorierenden bricht die Universität Basel ihren eigenen Rekord. Noch nie haben sich so viele eingeschrieben wie im aktuellen Herbstsemester. (lbe)
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06.03.2021
Lehrpläne: Ein Lehrstück in politischer Strategie
In seinem BAZ-Leserbrief zur Initiative der Starken Schule beider Basel (SSbB) betr. Reduktion der 3'536 Kompetenzformulierungen erläutert Felix Schmutz, ehemaliger Sekundarlehrer und Didaktiker, auf anschauliche Weise den Unterschied zwischen Kompetenzen und Stoffinhalten: «Kompetenzen sind Problemlösefähigkeiten, die durch die Arbeit an bestimmten Stoffinhalten erworben werden: Der Beipackzettel eines Medikaments gegen Kopfweh ist der Stoffinhalt, das Verstehen des Textes zu Wirkung, Dosierung, Nebenwirkungen etc. und die richtige Anwendung des Heilmittels die Kompetenz. Das eine ist nicht ohne das andere zu haben.»
Aus nichts entsteht nichts
Dem nationalen ausschliesslich kompetenzorientierten Herdentrieb folgend, wollte die Baselbieter Bildungsdirektion ursprünglich ebenfalls rein kompetenzorientierte Lehrpläne ohne Stoffinhalte. Übertragen auf Schmutz’ Vergleich hätte dies bedeutet, dass die Lernenden im Fach Deutsch die Textverständniskompetenz ohne Texte hätten erwerben müssen. Die Kompetenz des Flötenspiels im Musikunterricht hätte ohne Flöten vermittelt werden sollen, der Schwimmunterricht hätte ausserhalb des Wassers stattgefunden, der Matheunterricht ohne Zahlen und das Turnen am Reck ohne Reck. Die Bildungsdirektion hat offenbar Mühe zu verstehen, dass Kompetenzen stets anhand eines Mediums wie einem Stoffinhalt, einem Instrument, einem Werkzeug o.Ä. erarbeitet werden. Sie vermitteln sich nicht aus sich selbst, quasi im luftleeren Raum, Creatio ex nihilo. Hier liegt im Wesentlichen der Irrtum der Passepartout-Ideologie. Jene ging davon aus, eine Fremdsprache konstruiere sich von selbst ohne Arbeitsaufwand, ohne Grammatik und ohne Wortschatz, also ohne Sprache. Kein Zufall, ist Passepartout doch ein Produkt der ausschliesslichen Kompetenzorientierung.
Die Initiative der SSbB vom Juni 2018 machte dann den Weg frei für Stoffinhalte. Diese sollten in einem Lehrplanteil A aufgenommen werden, während zur Unterbringung der 3'536 Kompetenzformulierungen der Hunderte Seiten umfassende Lehrplanteil B diente.
Aushebelung des Lehrplans 21
Dann allerdings geschah etwas sehr Merkwürdiges. In der Stellungnahme zur «Vorlage an den Landrat» von Anita Biedert vom 2. März 2021 lässt sich der Regierungsrat folgendermassen verlautbaren: «Die Lehrpersonen der Sekundarschulen des Kantons Basel-Landschaft können als einzige in der Schweiz auf zwei Lehrplanteile zurückgreifen. Sie entscheiden selbstständig, mit welchem Lehrplanteil sie arbeiten.» Im «Bericht der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission an den Landrat» vom 14. Oktober 2014 doppelt Monica Gschwind nach: «Tatsache ist, dass alle Baselbieter Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarschule mit beiden Lehrplanteilen arbeiten und entscheiden können, welchen sie verwenden wollen.»
Wurde hier soeben offiziell der Lehrplan 21 ausgehebelt? Egal. Aber wie war das nochmal mit Stoffinhalten und Kompetenzen? Richtig, sie bedingen sich gegenseitig. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Lehrkräfte können sich nicht ausschliesslich an Kompetenzen orientieren. Sie müssen diese an Stoffinhalten erarbeiten können. Kann man im Kanton Baselland tatsächlich Regierungsrat werden, ohne diesen an sich leicht nachvollziehbaren Zusammenhang zu verstehen? Nein. Regierungsräte sind nicht blöd, im Gegenteil. Hinter der Betonung der angeblich völlig beliebigen Austauschbarkeit der beiden Lehrplanteile versteckt sich in der Tat eine Taktik.
Der Bauerntrick
Die Bildungsdirektion gewann wenn auch spät eine wichtige Erkenntnis: Haben Lehrkräfte die Wahl zwischen einer übersichtlichen bzw. begrenzten Auflistung von Stoffinhalten einerseits und völlig unübersichtlichen, oft redundanten und zuhauf unklar formulierten 3'536 Kompetenzbeschreibungen andererseits, entscheiden sie sich immer für Stoffinhalte. Dabei können sie die zu vermittelnden Kompetenzen gar nicht aus den Augen verlieren, ansonsten sich ihr Stoff überhaupt nicht vermitteln liesse. Völlig unabhängig von Tausenden von Kompetenzbeschreibungen sind Lehrkräfte in der Vermittlung von Kompetenzen erprobte Unterrichtsprofis. Dies im Gegensatz zu den Schreiberlingen des Lehrplans 21: Dessen Autoren «…verfügten zum grössten Teil über keinerlei Unterrichtserfahrung...», wie Ernst Schürch, Präsident der AKK, treffend feststellte.
Aus Sorge, die 3'536 Kompetenzbeschreibungen im Lehrplanteil B würden gänzlich unter den Tisch fallen, musste die Bildungsdirektion nun alles daransetzen, möglichst viele davon, wenn nicht alle, in den Lehrplanteil A zu schmuggeln, wo sie dann die Stoffinhalte fast gänzlich verdrängten. Um ihre Strategie rhetorisch zu tarnen, argumentierte die Bildungsdirektion und der Regierungsrat im Stile Harry Haslers: Alles paletti, wir haben nun zwei Lehrplanteile, ihr könnt wählen! Dies stimmt zwar, allerdings geht es ja nicht um die Anzahl der Lehrplanteile, sondern um die notwendige Verankerung übersichtlich dargelegter Stoffinhalte und somit um die Praktikabilität von Lehrplänen, welche bis zu jenem Zeitpunkt nicht gegeben war.
Um die Bildungsdirektion doch noch zur Raison zu bringen, lancierte die SSbB ihre Durchsetzungsinitiative. Ebenfalls bemüht um einen guten und praktikablen Baselbieter Lehrplan ist der Bildungsrat. Diesem gehören mittlerweile mehrere Mitglieder an mit Unterrichtserfahrung. Sie wissen, dass Lehrpläne, wenn überhaupt, nur zur Anwendung kommen, wenn sie nicht ideologie-, sondern praxisorientiert sind. Andernfalls werden sie seitens der Lehrkräfte zwangsläufig ignoriert. Drückt man einem Maler neue Pinsel ohne Borsten in die Hand, wird er mit seinen alten weiterarbeiten oder sich bis auf Weiteres an seinem Pausenbrot zu schaffen machen.
Das letzte Wort haben die Lehrkräfte
Aufgrund des Drucks beider Akteure, der SSbB und dem Bildungsrat, entstehen gegenwärtig für immer mehr Fächer nun doch noch Lehrpläne mit aufgelisteten Stoffinhalten. Es macht den Anschein, dass sich die SSbB unabhängig vom Ausgang der Abstimmung vom 7. März einmal mehr zum Wohle der Lernenden durchgesetzt hat. Letzten Endes entscheidet ohnehin weder die Bildungsdirektion bzw. -administration noch die Bildungspolitik über die Tauglichkeit von Lehrplänen. Dieser Entscheid obliegt den Lehrkräften im Rahmen ihrer täglichen Unterrichtsarbeit. Zumindest dies sollte man aus dem Passepartout-Skandal gelernt haben.
Felix Hoffmann, Sekundarlehrer