Im Wahlkreis Allschwil Thomas Heitz (glp) in den Landrat wählen
Die Starke Schule beider Basel (SSbB) arbeitet in Bildungsfragen intensiv mit Politiker/-innen und Parlamentarier/-innen aus fast allen Fraktionen von links bis rechts zusammen. Dadurch können wir wichtige Kernanliegen ganz direkt auf die politische Bühne bringen, beispielsweise mittels Vorstössen. Deshalb haben wir ein hohes Interesse, Landratskandidatinnen und -kandidaten zu unterstützen, welche die SSbB in den vergangenen Jahren immer wieder unterstützt haben und deren Positionen in Bildungsfragen mit unserer oft übereinstimmen.
Am 12. Februar wählen die Stimmberechtigten das Baselbieter Parlament neu. Auf der Liste der Grünliberalen (glp) kandidiert im Wahlkreis Allschwil Thomas Heitz, dessen Tochter Lena seit zweieinhalb Jahren auf dem SSbB arbeitet und vor kurzem auch in den Vorstand gewählt wurde. In den vergangenen Jahren hat Thomas Heitz die Anliegen der SSbB immer wieder tatkräftig unterstützt, so dass wir ihn gerne zur Wahl empfehlen. Mit ihm führte die SSbB das folgende Interview.
In mehreren Kantonen sind politische Vorstösse betreffend der seit Jahren gesamtschweizerisch praktizierten Integration von Schulkinder in Regelklassen eingereicht worden. Das Thema scheidet die Geister. Wann ist die integrative Beschulung sinnvoll?
Ich glaube, dass in diesem Bereich wirklich eine Entscheidung von Fall zu Fall notwendig ist und diese primär auf der Motivation des betroffenen Kindes aufbauen sollte. Eine Integration kann ja durchaus auch eine Bereicherung für eine Klasse sein und deren Horizont ausserhalb des Lehrplanes erweitern. Vielleicht wird die Klasse manchmal ein wenig „gebremst“ aber dafür entwickelt sie sich in den Bereichen Gesellschaft und Empathie weiter als andere Gleichaltrige.
Thomas Heitz, Landratskandidat glp
Viele Lehrpersonen stellen insbesondere auf der Sekundarstufe 1 fest, dass die Lernziele in Integrationsklassen mit «schwierigen» Schüler/innen, die den Unterricht sehr oft stören und dadurch ein unruhiges Lernklima entsteht, signifikant weniger gut erreicht werden können. Wann hat die integrative Beschulung seine Grenzen erreicht?
Für mich ist die Grenze der Integration erreicht, wenn der Unterricht derart beeinträchtigt wird, dass der Rest der Klasse und die Lehrpersonen darunter leiden, sowie wenn eine Bereitschaft zur Integration nicht vorhanden, bzw. nicht wahrnehmbar ist. Integration sollte zugunsten eines Kindes aber nicht zulasten der anderen Kinder gehen.
Kommuniziert ein Klassenteam via Schulleitung dem Kanton, dass die Zustände in einer Klasse derart schwierig sind und ein regulärer Unterricht trotz zahlreicher Massnahmen nicht möglich ist, dauert es in der Regel mehrere Monate bis das störende Schulkind separativ beschult wird - weshalb?
Es stellt sich tatsächlich die Frage, warum die verantwortlichen Stellen bei Problemfällen so lange zuwarten und ob es hier nicht auch häufig darum geht auf Zeit zu spielen und Kosten für Sondersettings einzusparen.
Im Landrat, aber auch in anderen Kantonen sind Vorstösse hängig, welche Frühfranzösisch ab der dritten Primarklasse ablehnen. Viele fordern eine Verschiebung des Fremdsprachenbeginns in die 5.te Klasse oder in die Sekundarstufe. Müssen die Schulkinder zu früh Französisch lernen?
Prinzipiell finde ich die Idee eines zunächst spielerischen Einstieges in eine Fremdsprache eine sehr gute Sache, wenn dadurch die Neugier auf die Sprache gefördert wird. Ich bin ein grosser Verfechter davon, dass Schüler/-innen prinzipiell Freude am Unterricht haben sollten, weil dadurch eine echte Lernbereitschaft wächst. Genauso wichtig ist dann allerdings in der Folge auch ein systematischer Aufbau, bei dem echte Lernerfolge erreicht werden können. Daher bin ich froh, dass sich die SSbB hier so vehement und erfolgreich für einen Wechsel des Lehrmittels im Französischunterricht eingesetzt hat.
Viele Primarschüler/-innen sagen, der Französischunterricht auf der Primarstufe sei demotivierend gewesen. Sie hätten Französischtexte gelesen und nichts verstanden. Einfache Sätze sprechen können die wenigsten am Ende der Primarschule. Sollte auf der Primarstufe auf Französisch verzichtet werden?
Während der Primarschulzeit meiner Töchter ist mir aufgefallen, wie viel Stoff und Anforderungen mittlerweile in den Lehrplan reingestopft werden, ich glaube hier wäre weniger häufiger mehr. In diesem Sinne fände ich es sinnvoll, sich in der Primarschule auf eine Fremdsprache zu konzentrieren.
Soll das Englisch oder Französisch sein?
Hier habe ich eine sehr ambivalente Haltung. Zum einen ist Englisch unbestritten die wichtigste Fremdsprache, die es zu erlernen gibt - sie ist omnipräsent auf weiterführenden Bildungswegen, in Forschung, Lehre und der Arbeitswelt. Zum anderen finde ich es wichtig eine zweite Landessprache zu lernen und ist das Französische auch ein Türöffner in die Welt der lateinischen Sprachen.
Es mehren sich die Hinweise der Schulleitungen, dass die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen in mehreren Fächern, insbesondere in Mathematik, Deutsch, Physik, Chemie ungenügend ist und die an der Pädagogischen Hochschule ausgebildeten Lehrpersonen ein zu kleines Fachwissen mitbringen. Wie kann diese unbefriedigende Situation behoben werden?
Wie ich von verschiedenen Seiten und Quellen höre, scheint bei der Ausbildung von neuen Lehrpersonen einiges im Argen zu liegen. Zum einen fehlt es teilweise schlicht an der nötigen Fachkompetenz, um ein Fach mit dem entsprechenden Wissen erfolgreich vermitteln zu können, zum anderen bemängeln Berufseinsteiger/-innen, dass an der Pädagogischen Hochschule (PH) viel zu viel Wert auf formale Routinearbeiten gelegt wird und sie zu wenig auf die konkreten Probleme im Unterricht vorbereitet werden, wie zum Beispiel Mobbingvorfälle, widerspenstige Kinder oder auch Gespräche mit „übermotivierten“ Eltern. Es entsteht bei mir der Eindruck, dass hier ein bürokratischer Behördenapparat einen sehr theoretisch akademischen Ansatz vertritt, bei dem mehr Wert auf das gehorsame Erledigen des Pflichtenhefts gelegt wird, anstatt motivierte, selbstständig denkende Lehrpersonen auszubilden.
Mit solch starren Strukturen und teils grotesken Pflichtübungen wird das Engagement und die Eigeninitiative der Lehrpersonen völlig zermürbt - anstatt die Studierenden zu unterstützen werden sie eher schikaniert. Es ist mehr als nur fragwürdig, ob das der richtige Ansatzpunkt ist, um die nächste Generation an Lehrpersonen auszubilden, damit diese erfolgreich die vielfältigen Herausforderungen des Lehrberufes meistern können.
Wie könnte dieses Problem gelöst werden?
Meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine Auswirkung von zwei grundsätzlichen Problemen: Zum einen sollten wir uns dringend die Frage stellen, warum der Lehrberuf zu wenig attraktiv ist, um genügend Studienabgänger aus den jeweiligen Fachbereichen anzulocken. Zum anderen spiegelt die Philosophie der PH letzten Endes den Lehrplan 21 mit seiner detaillierten Regulierungsflut, wobei die beiden Probleme sich ziemlich sicher noch gegenseitig negativ verstärken. Es geht mir nicht darum, nun die nächste Lawine von Reformen und Umstrukturierungen loszutreten, aber letzten Endes müssen wir uns die Frage stellen, welche Art von Schule wollen und brauchen wir in Zukunft? Wie viel flankierende Rahmenbedingungen braucht es, um gewisse Standards und Chancengleichheit zu gewährleisten ohne dabei Flexibilität und Spielraum abzuwürgen.
Im 2022 wurde die Starke Schule beider Basel 10 Jahre alt. Was hat sie in diesen 10 Jahren gut gemacht? Was war nicht gut?
Ich bin sehr froh, dass es mit der Starken Schule beider Basel eine ebenso kritische wie kompetente Stimme gibt, die auf Probleme und Missstände im Bildungswesen aufmerksam macht, dabei aber stets auch versucht mit konstruktiven Vorschlägen geeignete Lösungsansätze aufzuzeigen.
Es mag etwas naiv tönen, aber prinzipiell bin ich der Meinung, dass unser oberstes Ziel immer sein sollte, dass die Schüler/-innen gerne in die Schule gehen - Natürlich nicht jeden Tag im gleichen Ausmass, das ist bei uns Erwachsenen im Berufsleben ja auch nicht anders. Aber grundsätzlich sollte es ein Ort sein, an dem sich die Kinder wohl fühlen, weil sie Dinge lernen, die sie interessieren und ihnen diese ebenso spannende wie auch komplizierte Welt verständlicher machen. Dafür braucht es auf der anderen Seite genauso motivierte Lehrpersonen, die ebenfalls gerne in die Schule gehen, um dort ihr Wissen zu teilen und die Freude daran haben die nächste Generation ein Stück auf Ihrem Weg ins Erwachsenenleben begleiten zu dürfen.
Welchen Tipp kannst du der Starken Schule beider Basel für die nächsten 10 Jahre geben?
Bildung ist der wichtigste Rohstoff der Schweiz und unsere Kinder verbringen doch eine ganze Menge Zeit in der Schule - ich hoffe, dass die SSbB sich auch die nächsten zehn Jahre leidenschaftlich engagieren wird, damit diese Schulzeit als ebenso wertvoll wie vergnüglich in Erinnerung bleibt.