Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Leserkommentar

Fremdsprachen in der Primarschule sind nicht nötig

Immer mehr wird mir bewusst, wie wichtig (ich meine wirklich wichtig) es ist, eine Sprache “im Schlaf” zu beherrschen. Es mögen viele studierte Köpfe die verschiedensten pädagogischen Lern-Programme erarbeitet und publiziert haben. Was mir jedoch immer fehlt, ist der Fokus auf den drei grundsätzlichen Fähigkeiten, damit eine Schülerin oder ein Schüler erfolgreich sein kann: “Lesen, schreiben und rechnen”. Geben wir unseren Kindern doch die Zeit, dass sie sich in der Primarschule auf die deutsche Sprache konzentrieren können. Es braucht auf der Primarstufe keine Fremdsprache.

Paul Hofer 
  

News

  • Samstag, Juni 21, 2025

    Nachwuchssicherung Ärzteberuf in der Nordwestschweiz

    Im Kanton Basel-Landschaft herrscht ein akuter Fachkräftemangel im medizinischen Bereich. Landrat Sven Inäbnit (FDP) reichte deswegen vergangenen Donnerstag eine Interpellation ein und fordert Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des medizinischen Bereichs in der Region Nordwestschweiz. (lbu)

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  • Donnerstag, Juni 19, 2025

    Motion Abschaffung Frühfranzösisch eingereicht

    Die Motion der Landrätin Anita Biedert-Vogt betreffend Abschaffung vom Frühfranzösisch auf der Primarstufe wurde vergangenen Donnerstag im Landrat eingereicht. (lbu)

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  • Dienstag, Juni 10, 2025

    Unistandort in Baselland wird noch nicht umgesetzt

    Der Kanton Baselland ist neben dem Kanton Basel-Stadt der wichtigste Zahler für die Basler Universität. Genau wegen dem Grundsatz dieser Parität, dass die beiden Halbkantonen zu gleichen Teilen an der Universität beteiligt sein sollen, herrschen seit längerem Diskussionen darüber einen neuen Unistandort in Baselland zu lokalisieren. Diese Projekt wird nun aber verschoben. (as)

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  • Dienstag, Juni 03, 2025

    Schweizer Universitäten im internationalen Vergleich

    Eine veröffentlichte Rangliste des Center for World University Rankings (CWUR) zeigt, dass die Schweizer Universitäten im Vergleich zu den vorherigen Jahren schlechter abschneiden (as).

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  • Freitag, Mai 23, 2025

    Workshop gegen Gewalt

    In einer Sonderausstellung im Museum Tinguely behandelt die Künstlerin Suzanne Lacy in ihrem Werk "By your own hand" das Thema sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt. Das Museum bietet Workshops für Schulklassen an, in welchen nebst dem Werk auch mit einer Fachperson der Opferhilfe beider Basel Gefahren und Möglichkeiten der Prävention besprochen werden können. (lh)

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  • Donnerstag, Mai 22, 2025

    "Bildungspolitisches Leuchtturmprojekt" startet

    Muttenz erhält einen neuen Schulcampus, in welchem das neue Berufsbildungszentrum Baselland, das Gymnasium Muttenz und das Zentrum für Brückenangebote vereint werden. Der Landrat bewilligte die Ausgabe von 188 Millionen Franken. Gestartet wird nun mit dem Bau des neuen Berufsbildungszentrums, welches 2028 bezugsbereit sein soll. (lh)

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10.06.2025 

Von bildungspolitischen Schlafwandlern

Seit Jahren kennt die Schweizer Volksschule von den Lernerfolgen her nur eine Tendenz: abwärts. Doch die Schweizer Bildungsdirektoren wollen weiterfahren wie bisher. Auch bei den frühen Fremdsprachen. Den deprimierenden Testresultaten zum Trotz. Ein Zwischenruf

«En Suisse on s’entend bien parce qu’on ne se comprend pas», sagen die Waadtländer: «In der Schweiz kommen wir gut miteinander aus, weil wir uns nicht verstehen.» Das welsche Scherzwort wird bittere Realität. Das zeigt die jüngste Sprachstudie der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK). Die sogenannte Überprüfung der Grundkompetenzen (ÜGK 2023) untersuchte die Sprachkompetenz von 18‘500 Jugendlichen am Ende der obligatorischen Schulzeit – in der Deutschschweiz Französisch als Fremdsprache und Deutsch als Schulsprache. (1)

Nach 500 Lektionen Französisch kaum ein Satz 

Die Resultate dieses nationalen Sprachtests ernüchtern. Lediglich 51 Prozent der Schüler erreichen im Fach Französisch die Lese-Grundkompetenzen, also die niedrigste Könnensstufe beim Leseverstehen. Konkret: Sie begreifen einfachste Sätze wie «Où est la gare?». Die andere Hälfte ist damit bereits überfordert. In lernschwachen Klassen erreichen oft nicht einmal 10 Prozent dieses Grundniveau. Drastisch formuliert bedeutet das: Nach 500 Lektionen Französisch verstehen sie kaum einen Satz! Eine solche Bilanz ist verheerend – dies in einem Land, das den Mythos der Viersprachigkeit pflegt. Getröstet haben sich die Verantwortlichen, dass die Testergebnisse beim französischen Hörverstehen minim besser ausgefallen sind.

Eigentlich wissen wir es längst: Es steht nicht gut um die Sprachenkenntnisse der Schülerinnen und Schüler in der Schweiz. Das Können sinkt, auch beim Leseverständnis deutscher Texte. Die jüngsten Ergebnisse bestätigen, was uns die PISA-Resultate seit 2012 zeigen: einen deutlichen Negativtrend. In den Grundlagenfächern gilt jeder vierte Schüler als «lernleistungsschwach», wie es in der Bildungssprache heisst. Konkret: Er kann nur ungenügend lesen, schreiben, rechnen. Seit Längerem warnt der Bildungsforscher Stefan C. Wolter, Universität Bern, vor dieser Abwärtsspirale. (2)

Wir wissen es seit Langem! Doch handeln?

Die Langzeitstudie der Zürcher Linguistin Simone Pfenninger «Beyond Age Effects» stellte den propagierten Wert der frühen Fremdsprachen früh infrage. (3) Auch Im Raum Zentralschweiz ist seit fast zehn Jahren klar, dass Französisch auf Primarschulstufe ungenügende Resultate erbringt. Die Fremdsprachenevaluation der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz BKZ brachte es 2016 an den Tag. Dann wurden Förderprogramme entwickelt, und nun müssen die Verantwortlichen – oh Wunder! – feststellen, dass diese Massnahmen nichts gebracht haben.

Die Befunde wären klar, die Resultate eindeutig. Doch die bildungspolitische Karawane zieht weiter! Ungerührt und ungestört. Im bekannten EDK-Speech wird beschönigt: Alles halb so schlimm. Wir müssen nur da und dort etwas nachbessern – und eine weitere Studie in Auftrag geben. Auf gut Deutsch: Wir machen weiter wie bisher! Dies der Tenor von Christoph Darbelley (Die Mitte, VS), Präsident der EDK, und seinem Vize Armin Hartmann (SVP, LU) an der Pressekonferenz vom 22. Mai 2025. Sie glauben, sie stört kein Zweifel. Eine Umkehr kommt für die EDK-Verantwortlichen darum nicht infrage, eine Abkehr von den zwei frühen Fremdsprachen auf der Primarschulstufe scheint ausgeschlossen. Die Bildungspolitik verschliesst die Augen.

«Notfall» Klassenzimmer

Längst aufgegangen sind die Augen den Lehrerinnen und Lehrern im pädagogischen Parterre. Sie erfahren täglich, dass der Lehrplan 21 mit den zwei frühen Fremdsprachen auf der Primarstufe und der Fülle von Kompetenzen überladen ist. Und sie wissen: Wer die Fachinhalte ausdehnt, minimiert die Übungszeit. Beides lässt sich nicht gleichzeitig maximieren. Das Gesetz der Gegenbuchung! Darunter leiden vor allem der Kernbereich Rechnen und das Grundlagenfach Deutsch mit den Kulturtechniken Lesen und Schreiben. Das macht guten Lehrerinnen und engagierten Pädagogen zu schaffen. Sie hetzten von Thema zu Thema, beklagen manche – ohne die nötige Zeit zum Vertiefen und Üben, ohne genügend Freiraum fürs Erlebnis und das Musische. Das hat seinen Grund: Die Primarschule hat sich inhaltlich entgrenzt.

Dazu kommt, dass die angedachte Integration in dieser Form nicht recht funktioniert. Verhaltensauffällige Schüler belasten den pädagogischen Alltag. Der Wegfall der Kleinklassen als Folge der Integration ganz unterschiedlicher Kinder in die gleiche Lerngemeinschaft verstärkt die Unruhe im Klassenraum und erschwert den Unterricht. Ein geregeltes «Schule-Halten» ist manchmal kaum (mehr) möglich. Nicht umsonst spricht die NZZ vom «Notfall» Klassenzimmer.

Die Praxiserfahrung wird negiert

Der Mikrokosmos des pädagogischen Alltags und die Sphäre der Bildungsstäbe und der Verwaltung: zwei verschiedene Welten! Hier die Welt der Pädagoginnen – dort die Welt der Pädokraten. Gute pädagogische Praxis und eine praxisfremde Bürokratie generieren wechselseitig Störfaktoren. 

Manche Praktiker haben sich immer gegen zwei frühe Fremdsprachen gewehrt. Ein Diskurs war schon damals fast unmöglich; heute ist er noch schwieriger geworden. Berufserfahrene Lehrer spüren: Ein kleiner universitär-akademischer Zirkel aus den Pädagogischen Hochschulen hat – im Verbund mit einer starken Bildungsbürokratie und den Verbänden – die Definitionsmacht über die Schulen übernommen. Diese Kreise bestimmen, was gelehrt und wie unterrichtet werden muss – oft auch gegen die Praktiker des pädagogischen Alltags. Das bedeutetet eine Marginalisierung der Praxisempirie.

Aufwachen, bitte!

Vielleicht gilt das waadtländische Bonmot auch für diese beiden Welten: «On s’entend bien parce qu’on ne se comprend pas.». Man kommt zwar irgendwie miteinander aus, aber man versteht sich nicht mehr. Das ist fatal. Nicht nur für die Lehrerinnen und Lehrer. Fatal ist es vor allem für schwächere und fremdsprachige Kinder. Sie werden mit der ersten Fremdsprache konfrontiert, bevor sie in der Schulsprache richtig lesen und schreiben können – geschweige denn Texte verstehen. Dass damit vor allem die Freude an der französischen Sprache verloren geht, verschlimmert die Sache noch.

Die Testresultate sind ernüchternd und machen hellhörig. Es wäre darum Zeit aufzuwachen. Schlafwandeln hat Folgen.

Carl Bossard
Ehemaliger Direktor der Kantonsschule Luzern
Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug

(1) https://www.edk.ch/de/die-edk/news/mm22052025 [abgerufen: 24.05.2025]
(2) Sebastian Briellmann, «Wir sind im Blindflug». Interview mit Stefan Wolter, in: NZZ, 04.03.2025, S. 9
(3) Simone E. Pfenninger, David Singleton (2017), Beyond Age Effects in Instructional L2 Learning. Revisiting the Age Factor. Bristol: Multilingual Matters