19.05.2022
Basler Grossrat lehnt späteren Schulbeginn ab
Der morgendliche Schulbeginn um 07:30 Uhr ist für viele Jugendliche an den Sekundarschulen mühsam. Die Diskussionen, ob der Schulstart deshalb um eine halbe oder sogar ganze Stunde nach hinten verschoben werden soll, waren in den vergangenen Jahren omnipräsent. Nun hat der Basler Grossrat eine entsprechende Motion behandelt und einen späteren Schulstart abgelehnt. Die Meinungen von Politikern, Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein.
Für viele beginnt die Schule morgens zu früh, was sich auf die Lernfähigkeit der Schüler/-innen auswirkt. Gerade im jugendlichen Alter schlafen Kinder und Jugendliche nicht mehr so schnell ein und sie leiden vermehrt unter Schlafstörungen. Der fehlende Schlaf behindert die Verarbeitung des Lernstoffs und beeinträchtigt das abstrakte Denken, so die Meinung der Motionärin. Ausserdem würden Depressionen und Suizidgedanken bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zunehmen. Als Lösung sehen viele einen späteren Schulbeginn am Morgen.
Kürzere Mittagspausen und zusätzliche Nachmittagslektionen wären die Folge
Auch bei den betroffenen Schüler/-innen gehen die Meinungen auseinander: Für einen späteren Schulstart würden befragte Kinder und Jugendliche verkürzte Pausen (insbesondere über Mittag) in Kauf nehmen. Aufgrund der gemachten Erfahrungen mit COVID-19 und dem Fernunterricht, sehen einige auch die Möglichkeit, einen Teil des Unterrichts ins Homeoffice zu verschieben.
Weitere während der Parlamentsdebatte geäusserte Ideen waren eine gleitende Schul-Präsenszeit, analog der gleitenden Arbeitszeit in der Arbeitswelt. Argumente hierfür äusserten Eltern während des Lockdowns. Jugendliche hätten sich am späteren Vormittag und am frühen Nachmittag besser konzentrieren und effizienter lernen können als am frühen Morgen. Allerdings scheint die Umsetzung einer gleitenden Schul-Präsenzzeit schwierig, wenn nicht gar unmöglich zu sein.
Nachmittagslektionen sind weniger effizient
Diese Position steht im krassen Widerspruch zur Meinung einer grossen Mehrheit der Lehrpersonen, die tagtäglich im Unterricht den Unterschied betreffend Lerneffizienz und Leistungsvermögen während Vormittags- und Nachmittagslektionen ganz konkret erkennen. Insbesondere Nachmittagslektionen ab 15 Uhr sind markant weniger effizient als Lektionen am Morgen.
Für die ablehnende Haltung des Basler Grossrats war ein wesentlicher Grund die Tatsache, dass die durch einen späteren Schulbeginn fehlenden Morgenlektionen am Nachmittag nachgeholt werden müssten und die Leistungsfähigkeit von Jugendlichen ab Mitte Nachmittag gemäss zahlreichen Studien rasant sinkt.
Nicht unterschätzt werden darf auch die folgende Problematik: In der heutigen Gesellschaft arbeiten zunehmend beide Elternteile. Müssen Mutter und Vater vor den Kindern das Haus verlassen, so sind diese auf sich alleine gestellt, was sich insbesondere bei den jüngsten Schulkindern nachteilig auswirkt. Beim heutigen frühen Schulbeginn können die Jugendlichen oft zusammen mit den Eltern frühstücken und den Start in den Tag gemeinsam beginnen, wodurch sich viele Schwierigkeiten vermeiden lassen.
Dass die Mehrheit des Grossrats vom Inhalt der Motion nicht überzeugt war, zeigt das klare Ergebnis von 33 Ja- zu 53 Nein-Stimmen bei 6 Enthaltungen.
Saskia Olsson
Vorstand Starke Schule beider Basel