Starke Schule beider Basel (SSbB)

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News

  • Montag, Juni 30, 2025

    Neue Schulanlage Fröschmatt

    Die Schulanlage Fröschmatt in Pratteln soll für rund 119 Millionen Franken erneuert werden. Das neue Schulhaus soll im dritten Quartal des Jahres 2029 fertig sein und Platz für 36 Klassen bieten. (lbu)

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  • Samstag, Juni 28, 2025

    Revision im Bereich Guthaben für zusätzliche Lektionen

    Der Kanton Basel-Stadt strebt eine Revision betreffend die Pflichtlektionenzahl und Lektionenzuteilung der Lehrpersonen an den vom Kanton geführten Schulen an, denn das heutige System bietet kaum Möglichkeiten Guthaben von zusätzlichen Lektionen abzubauen. Die Ziele davon sind der Abbau der bestehenden Guthaben innerhalb einer Übergangsfrist von fünf Jahren. Die Verhinderung von neuen zu hohen Guthaben. Und die Angleichung der Regelungen für die Lehrpersonen an die für andere Kantonsmitarbeitende geltenden Bestimmungen. (lbu)

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  • Donnerstag, Juni 26, 2025

    Neue Eintrittsregelung fürs Gymnasium

    Ab dem Schuljahr 2025/26 soll es eine Altersbeschränkung für den Eintritt ans Gymnasium geben. Der reguläre Eintritt in eine erste Klasse des Gymnasiums ist demnach nur noch bis zum vollendeten 19. Lebensjahr möglich. (lbu)

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  • Dienstag, Juni 24, 2025

    Sicherheit und Krisenfestigkeit an Baselbieter Schulen

    An der Landratssitzung vom 12 Juni 2025 hat Dominique Erhart ein politischer Vorstoss zum Thema Sicherheit und Krisenfestigkeit an Baselbieter Schulen eingereicht. Erhart fordert von der Regierung, die Sicherheitsmassnahmen der Baselbieter Schulen zu testen und gegebenenfalls zu verbessern. (ch)

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  • Samstag, Juni 21, 2025

    Nachwuchssicherung Ärzteberuf in der Nordwestschweiz

    Im Kanton Basel-Landschaft herrscht ein akuter Fachkräftemangel im medizinischen Bereich. Landrat Sven Inäbnit (FDP) reichte deswegen vergangenen Donnerstag eine Interpellation ein und fordert Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des medizinischen Bereichs in der Region Nordwestschweiz. (lbu)

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  • Donnerstag, Juni 19, 2025

    Motion Abschaffung Frühfranzösisch eingereicht

    Die Motion der Landrätin Anita Biedert-Vogt betreffend Abschaffung vom Frühfranzösisch auf der Primarstufe wurde vergangenen Donnerstag im Landrat eingereicht. (lbu)

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26.06.2022 - Gastbeitrag

Immer mehr Lehrpersonen im aufgeblähten Bildungswesen

Was der Webentwickler und Primarlehrer Stefan Mattenberger derzeit auf der Jobbörse «bildungsstellen.ch» beobachtet, erstaunt auch ihn: «Zwölf Stellenangebote sind an einem einzigen Tag eingegangen.» Die Stellenvermittlungen sollten längst abgeschlossen sein. Mitten im Juni, kurz vor den Sommerferien, sei das aussergewöhnlich viel. Die Stellenbörse, die vorab im Raum Zürich und Ostschweiz beliebt ist, brummt wie kaum zuvor.

«Dauer ist diskutabel», «Wir sind in der Nähe vom Bahnhof» locken die Inserenten. Die Primarschule in Uster (ZH) hat Jöö-Videos ins Internet hochgeladen. Da betteln Kinder, ein Lehrer möge sie unterrichten kommen. Eine Schule in Obersiggenthal (AG) ruft Eltern zur Unterstützung auf: «Melden Sie sich, auch wenn das ausgeschriebene Pensum nicht exakt mit Ihren zeitlichen Möglichkeiten stimmen sollte.» Es ist Ausdruck verzweifelter Gemeinden und Schulleitungen, die noch Pädagogen für ihre Klassen suchen: Die Qualität des Personals ist sekundär, der Schulbeginn in knapp zwei Monaten, im August.

Planung ist alles

Es gebe zu viele Teilzeitstellen und die Babyboomer-Generation gehe jetzt in Pension. So lauten die Erklärungen, die derzeit in den Medien als Ursachen für den Lehrermangel herumgereicht werden. Sie erklären den Notstand nur bedingt. Denn die Planung von Klassen und Lehrerstellen ist keine Hexerei und kann lange im Voraus an die Hand genommen werden. Dank der Einwohnerkontrolle sind die Geburtenzahlen den Gemeinden bekannt. Man weiss, dass diese Kinder fünf Jahre später in den Kindergarten gehen werden. Die Behörden kennen die Zahl der Baugesuche und können dank langjähriger Erfahrung abschätzen, wie viele Zuzüger und Familien in die Gemeinde strömen werden. Und schliesslich kennen die Personalabteilungen der Schulen den Zeitpunkt der Pensionierung ihrer Mitarbeiter. Auch der Umfang der Teilzeit-Möglichkeiten könnte gesteuert werden. Das Zürcher Volksschulamt etwa sieht ungern, dass Schulen Teilzeitstellen unter 35 Prozent anbieten. Doch rechtlich sind dem Amt die Hände gebunden.

Alles ist also Planung. Die Pädagogische Hochschule (PH) der Fachhochschule Nordwestschweiz bestätigt: «Da diese Entwicklungen anhaltend und absehbar sind, kann man nicht von einer Überraschung sprechen.»

Wie kommt es also, dass die Schweiz trotzdem in ein Lehrermangel-Schlamassel hineingeraten ist? Und das vor dem Hintergrund, dass noch nie so viele Lehrer ausgebildet werden wie heute? Gemäss dem Bildungsbericht Schweiz der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung ist die Anzahl Studierender an PHs zwischen 2006 und 2016 von 11’000 auf über 20’000 angewachsen.

Wachsendes Heer von Lehrern

Ein Blick in die Statistik des Bundes lässt Erstaunliches erkennen. Die Volksschulen haben sich aufgebläht wie nie zuvor. Unterrichteten im Jahr 2000 schweizweit noch 66’577 Lehrkräfte an den obligatorischen Schulen, waren es 2019 bereits 94’288 Lehrer, also 41,5 Prozent mehr. Fairerweise muss angefügt werden, dass zahlreiche Kantone das Kindergartenpersonal erst seit 2011 dazuzählen. Allerdings sind in diesen Zahlen des Bundes folgende Gruppen nicht enthalten: das schnell wachsende Heer von Heilpädagogen, von Lehrern für die Sonderschule und die Einführungsklassen und von Lehrern für Fremdsprachenklassen.

Es werden also immer mehr Spezialisten eingesetzt - auch auf Primarschulstufe. So schreibt der Kanton Baselland, der wie der Kanton Aargau eine Arbeitsgruppe zur Bewältigung des Lehrermangels eingesetzt hat: «Es muss nach Stufe, Fach und Funktion differenziert werden. Generell sind wie in den anderen Kantonen Heil- und Sonderpädagoginnen und -pädagogen schwierig zu finden. Dazu lassen sich an den Primarschulen Stellen für Klassenlehrpersonen mit Vollpensum und an den Sekundarschulen Stellen im MINT-Bereich (insbesondere Mathematik und Physik) nur schwer besetzen.»

Die Spezialisten stammen fast ausschliesslich aus dem Arbeitsmarkt der Pädagogen – jenen Lehrern, die sich weiterbilden liessen. In der Folge trocknet dieser Arbeitsmarkt aus; verschärfend wirkt der steigende Anspruch auf Teilzeitstellen. Das hat mitunter damit zu tun, dass an der Volksschule die Frauen deutlich in der Überzahl sind.

Lehrer betreuen immer weniger Kinder

Im Zeitraum kontinuierlich steigender Lehrerzahlen hat die Zahl der Kinder zwischenzeitlich sogar abgenommen, von 900’363 im Schuljahr 2000/01 auf 871’695 im Jahr 2009/2010. Ab 2011 ist ein Wachstum der Schülerzahlen zu verzeichnen. Die Zuwanderung hat dieses Wachstum beschleunigt. Sprunghafte Zunahmen von Schülerzahlen sind ab dem Jahr 2018 festzustellen. Heute zählt das obligatorische Schulsystem 976’105 Kinder.

Aber ausgerechnet jetzt, wo sich der Lehrermangel zuspitzt, ist das Betreuungsverhältnis der Lehrer zu ihren Schützlingen zurückgegangen. Im Jahr 2015 betreute ein Lehrer 14,7 Kinder, 2021 noch 14,3 Kinder. Mit anderen Worten: Selbst bei zunehmender Lehrerknappheit lassen es die Behörden zu, dass Lehrer durchschnittlich immer weniger Kinder beschulen.

Würden alle Teilzeit-Lehrer ihr Pensum um zehn Prozent erhöhen, wäre das Problem gelöst, heisst es im Bildungsbericht Schweiz. Doch bei solchen Ansätzen melden sich umgehend Experten, wie der Gründungsdirektor der Pädagogischen Hochschule Zug, Carl Bossard, die einen Zwang zu höheren Pensen «für nicht zielführend halten».

Offenbar zur Bekämpfung des Lehrermangels gebildet haben, setzen auch nicht bei den Teilzeitstellen an. Die Lösungsansätze erstrecken sich von Kommunikationsmassnahmen (Employer Branding) über die verbesserte Unterstützung von Quereinsteigenden und Studienabgängern der PH beim Einstieg in den Lehrberuf (Stipendien, Mentorate) bis hin zu Anpassungen bei den Anstellungsbedingungen (höhere Ersteinstufung bei Löhnen, Boni und Anerkennungsregelungen, Flexibilisierung des Berufsauftrags) und dem gezielten Einsatz von pensionierten Lehrpersonen.

Mythos: Unattraktiver Beruf

Wenn man die PHs und Bildungsdirektionen nach den Gründen für den Lehrermangel fragt, räumen sie mit einem Mythos auf, die derzeit durch die Medien geistert: Es gebe gar nicht so viele Lehrer, die der Schule den Rücken kehrten. Der Bildungsbericht Schweiz weist aus, dass während den ersten fünf erfassten Jahren in der Primarstufe über 80 Prozent der Lehrer im Beruf bleiben. Viele jener Lehrkräfte, die die Primarschule verlassen, bleiben dem Bildungssystem erhalten, weil sie auf einer anderen Schulstufe tätig werden. Man spricht von Stufenwechseln im einstelligen Prozentbereich. Der Nettoabgang aus dem staatlichen Bildungswesen auf Sekundarstufe beträgt lediglich zehn Prozent.

Im Kanton Zürich hat sich der Lehrkörper denn auch deutlich verjüngt. Das widerspreche der Vorstellung, dass viele Junge nach dem Abschluss der PH keine Stelle antreten würden, teilt das Zürcher Volksschulamt mit. Die mit Statistiken hinterlegen Aussagen lassen einen Schluss zu: So unattraktiv ist der Lehrerberuf gar nicht, wie er in Klageliedern der Pädagogen wegkommt.

Im Gegenteil seien die Arbeitsbedingungen geradezu attraktiv, weil sich der Beruf mit modernen Familienmodellen vereinbaren lasse.

Letztlich relativieren die Zahlen des Kantons Zürich das Ausmass des Lehrermangels: Von 18’000 Stellen im Kanton sind 97 Prozent besetzt. In der Privatwirtschaft würde man bei solchen Zahlen nicht von einer Riesenwelle sprechen. Virulent ist das Thema Lehrermangel laut dem Zürcher Volksschulamt, weil man keine offene Stelle unbesetzt und keine Klasse ohne Unterricht lassen kann.

Staubsauger-Effekt

Ein Aspekt steht dabei nicht im Fokus der Zürcher Bildungsdirektion: Der Kanton zahlt monatlich 1000 Franken mehr Lohn als die umliegenden Kantone. Umso lauter sind dort die Klagen. «Zürich saugt uns die Lehrkräfte ab», sagt Thomas Stamm, Mitglied im Erziehungsrat des Kantons Schaffhausen. Er plädiert dafür, für Studenten eine Ausbildungsvereinbarung einzuführen: Wer vom Kanton Schaffhausen finanziert wird, soll sich verpflichten, eine gewisse Zeit dort zu unterrichten.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist mit der Idee, Teilzeit-Möglichkeiten einzuschränken, auf die Nase gefallen. Er verlangte eine Stunde mehr Einsatz pro Woche, um dem Lehrermangel zu begegnen. Umgehend hatte Kretschmann die Bildungsgewerkschaft am Hals.

Daniel Wahl, Redaktor Nebelspalter