Starke Schule beider Basel (SSbB)

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News

  • Donnerstag, Juli 10, 2025

    Einführungsseminar Unterrichtsmaterialien "Wie geht's dir?"

    Am 03. September 2025 findet am PZ BS ein Einführungsseminar zu den Unterrichtsmaterialien «Wie geht’s dir?» statt. Das Ziel des Seminars ist die Sicherheit, psychische Gesundheit im Unterricht zu thematisieren zu erlangen und zu wissen, wie die sozialen und personalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gestärkt werden können. (lbu)

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  • Mittwoch, Juli 09, 2025

    Hitzesteuerung in Baselbieter Schulen

    Landrat Jan Kirchmayr hat am 26. Juni ein Postulat zum Hitzemonitoring an den kantonalen Schulen eingereicht. Der Regierungsrat soll in repräsentativ ausgewählten Schulzimmern im ganzen Kanton von Juni bis September die Temperaturen messen, um besonders belastete Standorte zu erkennen und den Handlungsbedarf zu steuern. (lbu)

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  • Dienstag, Juli 08, 2025

    Umfrage zur Förderung von MINT

    Die Uni-Basel führt momentan eine Umfrage zur Förderung von MINT durch. Gesucht sind Personen und Schulklassen, die Fragen zum Interesse an MINT-Themen und Studiengängen sowie zur Entscheidungsfindung für oder gegen diesen Bereich beantworten. (lbu)

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  • Montag, Juli 07, 2025

    Zerstrittene Eltern zum Gespräch gezwungen

    Der Pilotversuch, zerstrittene Eltern zu Beratungen zu verpflichten, ging erfolgreich aus. Nun will der Bundesrat dieses Modell schweizweit einführen. Etwa 30'000 Kinder sind jährlich von einer Scheidung der Eltern betroffen. Oftmals muss das Gericht oder die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde eingreifen, da die Eltern derart zerstritten sind. Häufig lösen die von Gericht erteilten Kinderbetreuungszeiten die Konflikte nicht, sondern machen sie nur noch schlimmer. Dabei sind die Kinder oft diejenigen, die den grössten Schaden haben. (ch)

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  • Sonntag, Juli 06, 2025

    Doppelte Studiengebühren für «trödelnde» Studierende

    Derzeit beträgt die Studiengebühr an der Universität Basel pro Semester 850 Franken. Neu soll dieser Betrag auf 1´700 Franken verdoppelt werden. Diese Regel soll für alle Studierenden gelten, die für den Bachelorabschluss mehr als fünf Jahre benötigen. (ch)

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  • Donnerstag, Juli 03, 2025

    Alle Fraktionen befürworten in St. Gallen Abschaffung von Frühfranzösisch

    Im März 2025 ging im Kanton St. Gallen eine Motion im Kantonsrat ein, die den Fokus auf Grundkompetenzen und somit Französischunterricht erst ab der Oberstufe fordert. Die Motion wurde von allen Fraktionen unterstützt. (lbu)

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27.01.2024

Finnlands Pisa-Absturz: Ein Weckruf für die Schweizer Bildungspolitik

Finnlands Schulen waren Vorbild. Scharenweise wallfahrten Bildungsexperten in den hohen Norden. Doch das Prestige dieser Vorzeigenation ist eingebrochen. Die Schweiz könnte davon lernen.

«Kann man finnische Schulen kaufen?» So soll ein Bildungsexperte aus dem Nahen Osten gefragt haben. Auch er pilgerte nach der ersten Pisa-Studie ins verheissene Land der weltbesten Schulen – mit einer Copy-and-paste-Absicht. Möglich machten solche Bildungsfahrten die Pisa-Rankings. Das Programme for International Student Assessment (Pisa) vergleicht das Können 15-jähriger Schüler in den Fächern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Anhand einer Punkteskala werden die Ergebnisse erfasst und in Kompetenzstufen aufgegliedert.

Die erste weltweite Bildungsstudie im Jahr 2000 sah Finnland auf einem globalen Spitzenplatz. Wie seine Langläufer erreichten auch die Schüler Weltruhm. Die finnischen Pisa-Erfolge weckten schnell das internationale Interesse. Der Bildungstourismus boomte. Auch mich zog Finnlands Mythos wie ein Magnet an. Ich reiste ins Mekka des Bildungserfolges. Doch im hohen Norden erlebte ich nicht, was ich in der Schweiz gehört hatte, und ich sah nicht, was Bildungsfachleute predigten und postulierten: Lehrer, die sich als Lerncoachs verstehen und nicht anleiten, Lehrerinnen, die Gruppenarbeiten moderieren und nicht unterrichten, Lehrkräfte, die selbstorientiertes Lernen (SOL) organisieren und nicht kollektiv ins Thema einführen. Keine Spur von Lernen ohne Lehrer (LOL), kein Anzeichen von individualisiertem Unterricht, kein selbstreguliertes Lernen mit Wochenplänen.

In allen besuchten Schulen erlebte ich das pure Gegenteil, nämlich einen geleiteten und gemeinsamen Unterricht im Klassenverband – strukturiert und in kleine Teile portioniert, mit Rückfragen und Diskursteilen aufgelockert, aber stringent geführt. Daran schlossen sich gemeinsame Übungsteile an – mit präzisen Aufgaben und lernförderlichen Feedbacks. Assistentinnen unterstützten die Kinder und trainierten mit ihnen. Entspannt im Ton, intensiv im Tun: Abwechslung ohne Zerstreuung. Niemand war sich selbst überlassen.

Ob darin Finnlands Geheimnis liegt und dies seinen Spitzenrang erklärt? Das fragte ich mich auf dem Rückweg von der Pilgerstätte. Als aufmerksamer Beobachter entdeckte ich vieles von dem, was der neuseeländische Bildungsforscher John Hattie in seiner Studie «Visible Learning – Lernen sichtbar machen» von 2009 als lernwirksam definiert: einen geführten und strukturierten Unterricht – schülerzentriert, sachorientiert, aber lehrergesteuert. Hattie spricht von «direct instruction». Viele Bildungsexperten disqualifizieren diese Form als altmodischen Frontalunterricht und verwerfen sie. Doch sie ist lernwirksam. Das zeigen empirische Studien. Franz E. Weinert, Kronzeuge für den Lehrplan 21 und Direktor des Max-Planck-Instituts für psychologische Forschung, hält lapidar fest: «Zum Entsetzen vieler Reformpädagogen erwies sich in den meisten seriösen Studien eine Lehrform als überdurchschnittlich effektiv, die (. . .) als ‹Direkte Instruktion› bezeichnet wird. Sie verbessert die Leistungen fast aller Schüler.»

Doch das finnische Bildungswunder ist nicht von langer Dauer. Zwischen 2003 und 2012 verliert das Land insgesamt 25 Pisa-Punkte; das entspricht dem Lernerfolg eines ganzen Schuljahres. In den internationalen Studien sinken die finnischen Lernleistungen weiter. Die Ergebnisse von 2022 taxiert Finnlands Bildungsminister gar als «sehr besorgniserregend». Dabei liegt das ehemalige Bildungsparadies in den Naturwissenschaften und im Lesen noch vor der Schweiz.

Warum dieser Erfolg? Warum dieser Absturz? Manche Lernforscher erklären Finnlands Bildungswunder mit dem alten Schulsystem: starke Lehrerpersönlichkeiten, die Einfluss nehmen und führen, ein geleiteter und klar strukturierter Unterricht, eine eher traditionelle Methodik. Mitte der 1990er Jahre ändert das Land sein Credo. Stabsleute lösen die praxiserfahrenen Schulinspektoren ab. Das Bildungssystem setzt nun auf Pädagogen, welche die Rolle des Lerncoachs übernehmen und als «Lehrkoordinatoren» den Fokus auf das einzelne Kind und sein selbstgesteuertes Lernen legen statt auf die Klasse. Gleichzeitig werden die Lehrpläne umgestellt: Sie sind nicht mehr inhalts- und zielbezogen, sondern einseitig kompetenzorientiert formuliert. Ab 2012 greifen die Reformen. Dazu brauche es zehn bis fünfzehn Jahre, sagt die Bildungsforschung. Entsprechend schwächer schneidet Finnland in den Tests ab. Die Pisa-Noten werden genau dort schlechter, wo die Reformen zu wirken beginnen.

Finnlands Fehler führen zum Trend nach unten. Daraus lässt sich lernen. Auch die Schweiz ist bei den Reformen den gleichen Weg gegangen. Eine verantwortungs-volle Bildungspolitik müsste Gegensteuer geben. Bildungsverlierer sind immer die lernschwächeren Kinder.

Carl Bossard
Ehem. Direktor Kantonsschule Luzern und Gründungsrektor Pädagogische Hochschule Zug

[Quelle: NZZ vom 07.01.2024]