Starke Schule beider Basel (SSbB)

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Leserkommentar

Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen

Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenzieren die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.  

Felix Schmutz, Allschwil

 

News

  • Freitag, April 25, 2025

    Logopädie auf der Sekundarstufe 2

    Grossrätin Anina Ineichen (Grüne) hat kürzlich einen Vorstoss bezüglich logopädischer Versorgung auf der Sekundarstufe 2 eingereicht. Während die Versorgung in der obligatorischen Schulzeit in der Sonderpädagogikverordnung geregelt ist, besteht für die nachobligatorische Schulzeit keinerlei logopädisches Angebot. Diese logopädische Versorgungslücke ist ungünstig, weil die Betroffenen eine Therapie selbst finanzieren müssen und damit die Bildungs- und Chancengleichheit nicht gewährleistet ist. (lbu)

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  • Donnerstag, April 24, 2025

    konsumGLOBAL in den Unterricht integrieren

    Landrat Jan Kirchmayr (SP) hat kürzlich einen Vorstoss eingereicht, in dem das Projekt konsumGLOBAL und dessen Integration in den Unterricht auf der Sekundarstufe 1 & 2 thematisiert. Das Projekt des Ökozentrums basiert auf der Stadtführung «Weltbewusst» in Deutschland. In Basel und Zürich werden bereits interaktive Rundgänge zu verschiedenen Themen rund um die Ökologie angeboten. Nun gilt es zu evaluieren, ob dieses Projekt gewinnbringend für den Unterricht auf den genannten Stufen wäre und inwiefern es noch bekannter gemacht werden könnte. (lbu)

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  • Dienstag, April 22, 2025

    Postulat Übertrittsverfahren abgelehnt

    Nach langer Diskussion lehnt die Politik allgemeine Übertrittsprüfungen für Primarschüler/-innen ab. Noten sollen beim Übertritt von der Primarstufe auf die Sekundarstufe 1 im Baselbiet nicht allein massgebend sein. Auch die Gesamtbeurteilung soll weiterhin eine Rolle spielen. (ch)

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  • Montag, April 21, 2025

    Neue Schulanlage

    Die Baselbieter Regierung beantragt dem Landrat 36 Millionen Franken, um eine neue zusammengelegte Schulanlage im Muttenzer Gebiet zu bauen. Mit dem Rückbau der Anlage Gründen soll ab Sommer 2031 voraussichtlich die erweiterte Anlage Hinterzweien betriebsbereit sein.(ch)

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  • Montag, April 21, 2025

    Vegane Mensa an der Universität Basel

    Der Studierendenrat in Basel fordert eine Umstellung auf eine vegane Mensa innerhalb der nächsten fünf Jahre. Doch die Initiative für eine «Plant-based-university» stösst nicht nur auf Begeisterung. (lbe)

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  • Sonntag, April 20, 2025

    Projekt Stadtgarten in Basel

    Das umstrittene Projekt der Erweiterung der Universitätsbibliothek und der Sanierung des Bernoullianums an der Hebelschanze soll nach den Plänen des Basler Architekturbüros Diener & Diener verwirklicht werden.(ch)

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24.04.2025

Frauen überholen Männer bei Tertiärabschlüssen in der Schweiz

Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat kürzlich Szenarien für das Bildungsniveau der Bevölkerung veröffentlich. Darin wird unter anderem ersichtlich, dass in rund 10 Jahren mehr 25- bis 64-jährige Schweizerinnen einen Tertiärabschluss besitzen als Schweizer.

Ein Tertiärabschluss ist ein Abschluss an einer Hochschule oder in der höheren Berufsbildung. Diese umfassen insbesondere den Eidgenössischen Fachausweis, das Eidgenössische Diplom, ein Diplom einer Höheren Fachschule sowie Abschlüsse von Universitäten und Fachhochschulen.

Die folgende Tabelle zeigt den Anstieg der Tertiärabschlüsse.

 

Bereits heute verzeichnen die Sekundarschulen im Niveau P mehr Mädchen als Knaben. Auch an den Gymnasien wächst die Abschlussquote von Frauen zunehmend.

Lange Zeit waren die Geschlechterrollen auch in Bildungsangelegenheiten klar; der Mann durfte eine hochrangige Ausbildung geniessen, während die Bildung für Frauen nicht verfügbar oder keine Priorität war. Dieser Bildungsrückstand wirkt sich bis heute auf diese Zahlen aus. Deswegen ist trotz der teilweise höheren Tertiärabschlussquote von Frauen die Gesamtzahl von allen 25- bis 64-jährigen Schweizerinnen heute noch tiefer als die der Schweizer. Laut BFS hält dies noch 10 Jahre an, bis die Frauen im Jahr 2036 erstmals mit den Männern gleichziehen, was die Tertiärbildung anbelangt. Ab 2038 überholen die Frauen die Männer erstmalig.

Diese Entwicklung ist erfreulich und ein wichtiger Beitrag, dass Frauen künftig gleichberechtigt auch wichtige und verantwortungsvolle Führungsaufgaben in der Berufswelt übernehmen können. Trotzdem gilt aufzupassen, dass sich nicht erneut ein Ungleichgewicht zuungunsten der Männer entsteht. Deswegen stellt sich die Frage, ob das heutige Bildungssystem und die Unterrichtsphilosophie für Schülerinnen besser geeignet und zielführender ist als für die Jungs im selben Alter. Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) äussert sich auf Anfrage der Starken Schule beider Basel (SSbB) dazu wie folgt.

Auf Anfrage der Starken Schule beider Basel, teilt uns Fabienne Romanens, Mediensprecherin der Bildungsdirektorin mit, dass der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) keine Daten zu den Ursachen vorliegen, weshalb Frauen die Männer bei den Tertiärabschlüssen überholen.

Lena Bubendorf
Vorstand Starke Schule beider Basel

23.04.25

Unverzichtbare Förderklassen ergänzen das Schulsystem

Ein Thema sorgte in der letzten Woche für einige Aufregung. Es ging um die Recherchen der NZZ über den enormen Anstieg von Schülern mit Sonderschulstatus und verdeckte Schülerzuweisungen in grosser Zahl in private Sonderschulen.

Explosionsartige Zunahme von Schülern mit Sonderschulstatus

Der Autor des NZZ-Beitrags stellte fest, dass sich die Anzahl der Sonderschüler in der Volksschule in den letzten zwanzig Jahren verdreifacht hat. Ein Teil dieser 9000 Kinder und Jugendlichen mit Sonderschulstatus wird im Rahmen des aktuellen Integrationsmodells weiterhin in den Regelklassen unterrichtet. Der Status «Sonderschüler» ermöglicht es auf einfachere Weise, Teildispensationen in einzelnen Fächern auszusprechen. Überforderte Schüler können so beispielsweise vom Französisch oder von Diktaten dispensiert werden. Aufhorchen lässt auch der zweite Teil des Berichts, in welchem es um nicht veröffentlichte Einweisungen von Schülern in private Sonderschulen geht. Jahrelang hat die Zürcher Bildungsdirektion unterschlagen, dass die Gesamtzahl der in teuren Sonderschulheimen unterrichteten Schüler um einen Fünftel grösser ist als allgemein bekannt war.

Die Kosten für die Sonderschulungen laufen aus dem Ruder

Bei den Budgets vieler Gemeinden fällt vermehrt auf, dass die Kosten für die Sonderschulungen enorm zu Buche schlagen. Tatsächlich ist es so, dass eine Heimeinweisung eines Schülers eine Gemeinde mit rund 55 000 Franken (ohne Kantonsbeitrag) pro Jahr belastet. Im Schulbudget sind diese Kosten nicht enthalten, da sie unter den Sozialkosten der Gemeinde verbucht werden. An der grossen kommunalen Gesamtbelastung für die Sonderschulung ändert sich aber nichts. Weil die Sonderschulheime heute chronisch überlastet sind, drängt sich eine Suche nach Alternativlösungen geradezu auf. Einige Gemeinden haben deshalb einen Teil ihrer Sonderschüler in kostengünstigeren privaten Institutionen platziert. Der Bericht in der NZZ zeigt, dass dieses Vorgehen mehrere sehr heikle Fragen aufwirft.

Überzogene Individualisierung und masslose Ansprüche fördern die Krise

Ein bis sechs Schüler pro Klasse würden sich während einer Unterrichtslektion öfters auffällig oder störend verhalten, war kürzlich im ZO zu lesen. Sie müssten eigentlich zeitweise 1:1 betreut werden, damit sie wieder in richtige Bahnen gelenkt werden können. Diese Aussage machte die Präsidentin des Zürcher Lehrerverbands im Rahmen eines Interviews über die Einführung von Förderklassen. Die grosse Zahl von Schülern mit intensivem Betreuungsaufwand macht stutzig. Was ist nur mit unserer Volksschule los, dass konzentriertes Lernen in manchen Klassen so schwierig geworden ist? Sicher stark ins Gewicht fällt, dass die unrealistischen Erwartungen ans individualisierte Lernen gewaltig gestiegen sind. Vorherrschende Theorien an den Pädagogischen Hochschulen legen Lehrpersonen nahe, massgeschneiderte Bildungswege für jedes einzelne Kind zu finden und individuelle Bildungsziele festzulegen. Dieses Lernkonzept hört sich zwar vielversprechend an, vermindert aber die Anpassungsleistungen der einzelnen Schüler an stabilisierende gemeinsame Normen im Klassenunterricht. Manche Kinder werden fordernder und ungeduldiger. Nicht geeignet für die Führung quirliger Klassen ist dabei auch ein als fortschrittlich geltendes Rollenbild, das Lehrkräfte als zurückhaltende Lernbegleiter und erst in zweiter Linie als Führungspersonen sieht.

Förderklassen im eigenen Schulhaus reduzieren Sonderschulungen

Die dringend notwendigen Förderklassen sind nicht dazu vorgesehen, den Grossteil der teils hausgemachten Schwierigkeiten unserer Volksschule aufzufangen. Diese sind ohne falsche Rücksichtnahme klar zu benennen und nicht länger zu verdrängen. Der überladene Lehrplan, das belastende Frühsprachenkonzept und ein unsinnig hoher Anspruch auf massgeschneiderte Lernwege erschweren eine Konzentration auf ein übersichtliches Bildungs-Kernprogramm. All das sorgt für viel Hektik und Unruhe in den Klassen. Es gilt deshalb, parallel zur Einrichtung von Förderklassen bei den genannten Baustellen gründlich aufzuräumen.

Die meisten verhaltensauffälligen Schüler benötigen keine separative Förderung. Time-out-Lösungen mit Schulinseln können einiges abdecken. Doch es gibt leider die wirklich happigen Fälle mit einem erheblichen Störpotenzial. Solche Schüler können ganze Klassen durcheinanderbringen.Diese «Systemsprenger» benötigen eine intensive Betreuung in einer Kleinklasse durch eine Lehrperson mit anerkannten heilpädagogischen Fähigkeiten. Förderklassen im eigenen Schulhaus sind eine nötige Ergänzung in einem integrierenden Schulsystem. Sie verhindern, dass Regelklassen völlig aus dem Ruder laufen und nur noch durch teure externe Sonderschulungen stabilisiert werden können. Mit dem Ja des Kantonsrats zugunsten von Förderklassen sind die Weichen richtiggestellt worden.

Unbelehrbare Dozenten der Hochschule für Heilpädagogik wehren sich gegen Förderklassen

Die Anhänger der unbedingten Integration aller Schüler in die Regelklassen wehren sich vehement gegen die Einführung von Förderklassen. Es sind vor allem Dozenten aus der Hochschule für Heilpädagogik, die jede Separation von Kindern rigoros ablehnen. Sie wollen nicht eingestehen, dass die Belastungen für Lehrpersonen in manchen Klassen nicht mehr tolerierbar sind und nur durch eine «Renaissance der pädagogischen Vernunft» deutlich reduziert werden können. Förderklassen gehören zu diesem Paket der Erneuerung.

Hanspeter Amstutz
Ehemaliger Bildungsrat und Sekundarlehrer
 
 

22.04.2025

Vorstoss für sichere Schulwege in Basel-Stadt

Im Basler Grossrat hat Tonja Zürcher (BastA) eine Motion eingereicht, mit der Forderung die Sicherheit der Schulwege fortlaufend zu verbessern. Unter anderem soll das «Konfliktgrün» (Fussgänger und abbiegende Autos haben gleichzeitig grün) wegfallen.

Nach dem tragischen Unfall Ende Juni 2024, bei dem ein 11-jähriger Junge aufgrund eines Konfliktgrüns ums Leben kam, werden nun die Sicherheitsvorgaben verschärft. Die Grossrätin fordert in ihrer Motion «rasche und konkrete Massnahmen». Der Vorstoss wurde mit 51 zu 39 Stimmen deutlich angenommen. Gefordert werden umfassende Sicherheitsmassnahmen auf allen Schulwegen bis spätestens 2029.

Weiter werden in der Motion Tempo 30 Zonen, Begegnungszonen und autofreie Strassen verlangt. Auch die Anzahl der risikoreichen Kreuzungen mit dem sogenannten Konfliktgrün sollen reduziert oder sogar ganz abgeschafft werden. Für das Abschaffen des Konfliktgrüns spricht die Regierung jedoch eine explizite Warnung aus, da längere Wartezeiten zu einem potenziell höheren Risiko durch Rotlichtüberquerungen führen könnten. Als Alternative werden längere Grünphasen für Fussgänger*innen und weitere Anpassungen genannt wie Mittelinseln und Poller.

Um die Umsetzung zeitlich realisieren zu können, wurde die ursprüngliche Umsetzungsfrist von zwei auf vier Jahre erhöht.

Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel

20.04.2025

Die Schulen stecken in der Digitalisierungsfalle

Der Lehrplan 21 schrieb es vor: ICT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sollten ab 2015/2016 obligatorisch an den Primarschulen eingeführt werden. Die Kantonsparlamente verabschiedeten daraufhin Millionenbudgets für die Digitalisierung der Schule – wohl ahnend, dass dies der Institution Schule schadet.

Inzwischen haben die Bildungsverwaltungen ihre ICT-Dampfer auf Kurs gebracht und während der Corona-Pandemie richtig Fahrt aufgenommen. Wenn der Kurs solcher Bildungsfrachter einmal festgelegt ist, lassen sie sich kaum mehr wenden. Vor ein paar Wochen kündigte die Berner Bildungsdirektion an, weitere 22 Millionen Franken in die Schulinformatik zu investieren: Ab der 3. Klasse soll jedes Kind ein eigenes Gerät erhalten, damit es nicht mehr mit einem Mitschüler teilen muss. Noch mehr Isolation, noch mehr Einzelbeschäftigung mit einem seelenlosen Gerät.

Es geht längst nicht mehr darum, Lehrern den Alltag zu erleichtern, indem man das alte Lehrerbuch durch einen Computer ersetzt oder die klassische Rundtelefonliste durch einen Schul-Messenger. Nein, auch die Schüler müssen auf Kurs gebracht werden: Sie sollen Rechnungsaufgaben auf Tablets lösen, ihre Turnübungen filmen und die Dateien dem Lehrer übermitteln – anstatt sie in der Turnstunde vorzuführen. Ob das sinnvoll ist oder nicht, wird in den behördlichen Strategiepapieren zur Digitalisierung der Volksschule nicht erörtert. Man will ja zur «Schule der Zukunft» gehören.

Tragweite nicht erkannt

Die Lehrer-Schüler-Beziehung bleibt die unverzichtbare Grundlage für gute Zukunftsperspektiven der Schülerinnen und Schüler. Doch genau diese Bildungssäule wird durch die Digitalisierung untergraben. In Ländern wie Schweden oder Dänemark, die diesen papierlosen Kurs eingeschlagen haben, ist deshalb eine Kurskorrektur eingeleitet worden.

In der Schweiz ist aber die Tragweite der Digitalisierungs-Euphorie – die Entfremdung zwischen Lehrern und Schülern, der Abbau familiärer Beziehungen mit schwerwiegenden Folgen für die Sprachkompetenz – vielen noch gar nicht bewusst. Stattdessen fordert man lediglich ein Verbot von TikTok oder eine Reduzierung der Handynutzung, während die Kinder im Unterricht vor noch grössere Bildschirme gesetzt werden.

Dabei ist unter Pädagogen unbestritten: Ein Primarschüler lernt nachhaltiger, wenn er mit dem Revierförster über den Feldhasen spricht und seinen Vortrag handschriftlich vorbereitet, als wenn er eine Internetrecherche per Copy-Paste zusammenstellt und mit PowerPoint präsentiert.

Unwohlsein vieler Lehrer

Wohl ist es vielen Primarlehrerinnen und Primarlehrern nicht. Sie versichern in den Medien, für einen «vernünftigen Umgang» mit ICT zu sorgen, während sie von Lehrmittelverlagen und Verwaltungen dazu gedrängt werden, die Kinder mit digitalen Aufgaben zu versorgen – aus teuren Lehrmitteln, an denen die Verlage sich satt verdienen.

 

An eine Kurskorrektur ist derzeit kaum zu denken. Statt einer ausgewogenen Digitalisierung treibt man die Schulen weiter in die Abhängigkeit von digitalen Systemen und ihrer Lehrmittelverlage. Wäre es nicht sinnvoller, den Fokus der Primarschule auf grundlegende Fähigkeiten wie Handschrift, Sprache und persönliche Interaktion zu legen? Statt Kinder frühzeitig an Bildschirme zu binden, sollten wir ihnen im jungen Alter die Möglichkeit geben, im zwischenmenschlichen Austausch zu lernen.

Berufsvorbereitung

Natürlich müssen Schüler auf die digitale Berufswelt vorbereitet werden – doch das muss nicht in der Primarschule geschehen. Die Sekundarstufe wäre der richtige Ort, um gezielt digitale Kompetenzen zu vermitteln, wenn Schüler alt genug sind, Technik reflektiert einzusetzen. Anstatt Erstklässler ans Tippen zu gewöhnen, sollten wir ihnen Zeit geben, grundlegende Kulturtechniken zu festigen. Andere Länder haben längst erkannt, dass eine unkritische Digitalisierung die Bildungsqualität gefährden kann. In Schweden beispielsweise wird wieder stärker auf gedruckte Lehrmittel gesetzt, um die Lesekompetenz zu verbessern. Wir sollten eine ernsthafte Debatte führen, bevor wir weiter in eine technisierte Schulwelt steuern, die mehr Kosten als Nutzen bringt.

Das Lehrernetzwerk Schweiz unterstützt darum Digitalisierungs-Stopp-Initiativen, wie sie im Kanton Luzern für kommenden Herbst angedacht sind. In unserem Positionspapier sprechen wir uns für einen behutsamen und massvollen Umgang mit der Digitalisierung mit Fokus auf die Berufswelt aus.

Daniel Wahl
Journalist, Lehrnetzwerk Schweiz

15.04.202

Petition: Verdoppelung der Studiengebühren stoppen

Die geplanten Sparmassnahmen des Bundes treffen die Studierenden hart. Sie führen zu massiven Budgetkürzungen im Bildungsbereich und einer drastischen Erhöhung der Studiengebühren.

Wenn diese umgesetzt werden, werden die Studiengebühren an Universitäten und Hochschulen in der Schweiz verdoppelt – für Studierende aus dem Ausland sogar vervierfacht. Diese Massnahmen gefährden den Zugang zu den Hochschulen und sind ein direkter Angriff auf Chancengleichheit und die Zukunft der Schweiz.

Deshalb fordert der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) mit einer Petition: Stoppt die Verdoppelung der Schweizer Studiengebühren und wahrt die Chancengleichheit!  

Als nationale Dachorganisation der Studierendenschaften setzt sich der VSS für ein faires, öffentlich finanziertes Hochschulsystem ein. Er vertritt die Interessen von rund 140’000 Studierenden und kämpft für einen gerechten Zugang zur Bildung.

Warum müssen wir jetzt handeln?

  • Bedrohung der Chancengleichheit: Höhere Studiengebühren schliessen Studierende mit geringem Einkommen aus, unabhängig von ihren akademischen Fähigkeiten.
  • Risiken für Innovation und Wirtschaft: Die Budgetkürzungen gefährden die Position der Schweiz als Bildungs- und Forschungsexperte, was die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt.
  • Verschlechterung der Qualität von Lehre und Forschung: Ohne ausreichende Finanzierung leidet die Qualität der Lehre und Forschung, was die Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
  • Längere und teurere Studien: Studierende müssen mehr arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren, was ihren akademischen Weg verlängert und ihre berufliche Eingliederung verzögert.

Unterzeichnen Sie die Petition. Den Unterschriftenbogen können Sie hier unterzeichnen.

Teile sie mit deinem Umfeld und lass uns gemeinsam gegen diese ungerechten Erhöhungen kämpfen und ein gerechtes und qualitativ hochwertiges Bildungssystem bewahren.

Orlane Brechbühl
Hochschulpraktikantin

Die Starke Schule beider Basel empfiehlt die Petition zu unterschreiben.

11.04.2025

Unikum in der Schweiz: Gesetzeslücke in Baselland

Im Kanton Basel-Landschaft können Schulleiter/-innen Mitarbeitende mit vagen Verwarnungen unter Druck setzen, ohne dass Betroffene rechtlich dagegen vorgehen können. Ein fragwürdiges Gesetz schafft ein Machtungleichgewicht, das Grundrechte infrage stellt. Brisant: Von zwölf überprüften Kantonen ist das Baselbiet der einzige Kanton, in welchem Verwarnungen gegen Mitarbeitende nicht anfechtbar sind (siehe folgende Tabelle)

 

Übersicht Anfechtbarkeit mit Probezeit und Kündigungsandrohung

 

Baselland hat ein willkürliches System

Das Personalgesetz Basel-Landschaft erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende im Rahmen sogenannter nicht-disziplinarischer Führungsmassnamhen zu sanktionieren. Weil Verwarnungen keinen Verfügungscharakter haben, können sie rechtlich auch nicht angefochten werden (vgl. Personalverordnung 150.11, §15, Abs. 3). Angestellte, also auch Lehrpersonen im Dienste des Kantons, sind dem Verwarnungs-Regime ihrer Vorgesetzen völlig ausgeliefert.

Wenn nun ein Schulleiter oder eine Schulleiterin in der Verwarnung gegen eine Lehrperson unter den Zielvorgaben festhält, dass jene während der Probezeit «weniger Problemsituationen schaffen» oder in bestimmten Situationen «adäquater reagieren» soll, dann liegt es am Ende der Probezeit ausschliesslich im Ermessen des oder der Vorgesetzten darüber zu entscheiden, ob der oder die Verwarnte die Vorgaben erfüllt hat.

 

Vorgesetzte als Richter/-in in eigener Sache

Schulleitende werden im Rahmen eines solchen Systems zu Anklagenden, indem sie Mitarbeitende mit Vorwürfen belasten und gravierende Konsequenzen wie die Kündigung bei Nichterfüllung der von ihnen definierten Vorgaben androhen, und gleichzeitig sind sie die alleinigen Richter/-innen, die darüber entscheiden, ob der oder die Mitarbeitende die Probezeit am Ende «bestanden» hat.

 

Existenz auf dem Spiel

Dieses Willkür-Regime ist für einen Rechtsstaat besonders unwürdig, weil es für Betroffene existenzbedrohend sein kann. Es handelt sich um ein System, das Macht ohne Grenzen zulässt. Wenn verwarnten Angestellten schliesslich die Stelle gekündigt wird, was eben im alleinigen Ermessen ihrer Vorgesetzten liegt, dann verlieren sie ihre materielle Existenzgrundlage. Jurist/-innen sehen hier Verstösse gegen das allgemeine Rechtsstaatsprinzip (Bundesverfassung, Art. 5) Verstösse gegen den Schutz vor Willkür (Bundesverfassung, Art. 9)  und gegen das Recht auf rechtliches Gehör und faires Verfahren (Bundesverfassung, Art. 29)

 

Signalwirkung

Nicht zu unterschätzen ist auch die Signalwirkung, welche die Nichtanfechtbarkeit von Verwarnungen unter Umständen bei gewissen Schulleiterinnen und Schulleitern entfaltet: Wenn Vorgesetzte wissen, dass gegen die von ihnen verhängten Disziplinarmassnahmen a priori keine Rechtsmittel eingelegt werden können, brauchen sie sich auch nicht sonderlich darum zu bemühen, faire, dem Verhältnismässigkeitsprinzip genügende und im Zweifelsfall rechtssichere Massnahmen zu ergreifen.

 

Fazit

Der Kanton Basel-Landschaft sieht sich selbst gerne als fortschrittlicher Kanton und als vorbildlicher Arbeitgeber. Umso stossender ist es, dass im Baselbiet – im Gegensatz zu allen anderen überprüften Kantonen – Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ihre Mitarbeitenden nach Belieben verwarnen und mit Kündigung bedrohen können, ohne dass jene sich rechtlich dagegen zur Wehr setzen können. Es bedarf dringend einer Anpassung im Personalgesetz, damit die Grundrechte der Angestellten gewahrt bleiben und willkürliche Verwarnungen aufgehoben werden können, so wie dies auch in allen anderen Kantonen möglich ist.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

 

30.03.2025

Konstruktiver Austausch BKSD – SSbB

In regelmässigen Abständen findet zwischen der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD), dem Amt für Volksschulen (AVS) und der Starken Schule beider Basel (SSbB) ein informativer und konstruktiver Austausch statt. Am Treffen vom 17. März nahmen teil Regierungsrätin Monica Gschwind (BKSD), Generalsekretär Severin Faller (BKSD), Beat Lüthy (Leiter Amt für Volksschulen), Anahi Sidler (SSbB) und Jürg Wiedemann (SSbB).

Am Treffen wurden folgende Themen diskutiert:

  • Sparmassnahmen an den Sekundarschulen
  • Bisherige Erfahrungen mit dem Systemwechsel: Anstellungsbehörde ist neu die Schulleitung und nicht mehr die Schulräte
  • Aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung an den Volksschulen.

Sparmassnahmen an den Sekundarschulen

In Bezug auf die Sparmassnahmen kam zur Sprache, dass die BKSD ein Budget von jährlich einer Milliarde Franken zur Verfügung hat und gemäss der Finanzstrategie 2024-2027 des Regierungsrats kumuliert über vier Jahre 136 Millionen – d.h. rund 34 Millionen jährlich – einsparen muss. An den Sekundarschulen sollen mittels Stundenabbau (2 Lektionen in den 2. und 3. Klassen) und durch Streichung des Halbklassenunterrichts im Fach «Medien und Informatik» 14 Millionen eingespart werden. Durch diese Reduktion der Stunden sollen die Jugendlichen gemäss Regierungsrätin Monica Gschwind «mehr Zeit und Raum für ausserschulische Aktivitäten» erhalten.

Beat Lüthy (Leiter Amt für Volksschulen) betont, dass zurzeit daran gearbeitet wird, «das Leistungsniveau A attraktiver zu gestalten». Man müsse in diesem Zusammenhang davon wegkommen, dass alle drei Leistungsniveaus die gleichen Stundentafeln haben sollen. In naher Zukunft würden «ausgearbeitete Vorschläge zur Stundenreduktion dem Bildungsrat vorgeschlagen».

Bisherige Erfahrungen mit dem Systemwechsel

Beim Thema Systemwechsel hat die SSbB die Sorge geäussert, das neue System führe dazu, dass sich Lehrpersonen in ihrem Unterricht eingeschränkt fühlen. Sie müssten mit der Angst leben, willkürliche und nicht anfechtbare Verwarnung erhalten zu können, wenn sie in der Schule zu kritisch sind, Entscheide der Schulleitung hinterfragen oder methodisch-didaktisch nicht so unterrichten, wie es die Schulleitung bevorzugt. Da dieses neue System erst seit Juni in Kraft ist, hat die BKSD gemäss Regierungsrätin Monica Gschwind «noch nicht viele Rückmeldungen erhalten», weshalb es schwierig sei, die Lage zum jetzigen Zeitpunkt definitiv zu beurteilen. Die Bildungsdirektorin betont die Wichtigkeit der «methodischen und didaktischen Freiheit der Lehrpersonen», unabhängig davon, wer die Anstellungsbehörde ist. Auch unterstreicht die BKSD, dass die Aufgabe des Schulrats sei, bei Differenzen «eine Vermittlerrolle zwischen Lehrpersonen und Schulleitung einzunehmen» Die Schulleitungen seien auf die neue Aufgabe vorbereitet und entsprechend geschult worden.

Aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung an den Volksschulen

Der letzte Punkt des Austauschs bezog sich auf die Digitalisierung und um die Frage wie diese in Zukunft in den Klassenräumen geregelt werden soll. Entscheidend ist, dass «digital und analog immer zusammen einhergehen sollen», wie Monica Gschwind betonte. Es sei nicht das Ziel «auf eine komplette Digitalisierung umzustellen», das «analoge Handwerk» solle im Schulalltag weiterhin einen gewichten Raum einnehmen. Innerhalb der BKSD gäbe es stetig Diskussionen, wie die Digitalisierung in den Schulen künftig gehandhabt wird.

Das nächste Treffen ist direkt nach den Sommerferien auf den 19. August angesetzt.

Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel

 

29.03.2025

Umfrage: Grosse Mehrheit für ein Verbot von Social Media

In Australien ist ein Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren beschlossene Sache, in der Schweiz sind die Diskussionen darüber allgegenwärtig. Ständerätin Maya Graf fordert in einem politischen Vorstoss ein Verbot für unter 16-jährige. Bundesrat und Parlament zeigen sich offen: Der Ständerat überwies kürzlich den Vorstoss zur Prüfung des Anliegens gar einstimmig an den Bundesrat.

Auch die Resultate einer von der Starken Schule beider Basel (SSbB) durchgeführten Umfrage in den letzten zwei Wochen, an der 951 Personen teilnahmen, könnten nicht deutlicher sein. Rund 83% der Umfrageteilnehmenden sind im Lehrberuf tätig.

Grosse Mehrheit für ein Verbot von Social Media

83.5% sprechen sich für ein Verbot von Instagram, Tiktok, Snapchat usw. für Jugendliche aus, lediglich 14.9% sind dagegen (siehe Grafik).

 

Auch die Resultate, für welches Alter ein Verbot gelten solle, sind eindeutig: 59.9% befürworten ein Verbot für unter 16-jährige, 31.0% ein solches für Jugendliche unter 14 Jahren. Die anderen Altersgruppen, zum Beispiel ein Verbot bis 12 Jahren, wurden kaum gewählt (siehe Grafik).

 

Konzentrationsabnahme durch Nutzung sozialer Medien

Seit längerer Zeit werden von Lehrpersonen und Eltern Stimmen laut, welche auf die negativen Folgen einer extensiven Nutzung von Social Media hinweisen: Konzentrationsverminderung und Abnahme der schulischen Leistungen sind zwei regelmässig genannte Folgen. Um dies zu widerlegen oder zu bestätigen, enthielt die Umfrage zwei entsprechende Fragen. Auch hier könnten die Resultate kaum eindeutiger sein:

90.8% der Umfrageteilnehmenden gaben an, dass das übermässige Nutzen von Social Media zu einer Abnahme der Konzentration führt. Lediglich 2.6% ist der Ansicht, Social Media hätte keinen Einfluss auf die Konzentration (Grafik 3).

 

Auch die Resultate betreffend der Frage, ob die übermässige Nutzung von Social Media einen positiven oder negativen Einfluss auf die schulische Leistung habe, sind deutlich: Für 82.0% der Umfrageteilnehmenden nimmt die schulische Leistung aufgrund einer übermässigen Nutzung von Social Media ab (siehe Grafik).

 

Fundierte Aufklärung statt umfassendes Verbot findet wenig Unterstützung

Rund 29.3% der Umfrageteilnehmenden würden eine fundierte Aufklärung über Risiken und Gefahren von Social Media bevorzugen, während 67.0% sich für ein klares Verbot aussprechen.  

Vor- und Nachteile eines Verbots

Anhand eines Prosatextes hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Vor- und Nachteile eines Social Media-Verbots zu notieren. 585 Personen machten davon gebrauch.

Bei den Vorteilen eines Verbots wurden folgende Punkte sehr häufig genannt: Die Jugendlichen wären weniger dem sozialem Druck ausgesetzt, Mobbing und Anfeindungen könnten vermindert werden. Ein Verbot würde dazu führen, dass soziale Interaktionen zwischen den Jugendlichen wieder mehr im Vordergrund gestellt würden. Die Konzentrationsfähigkeit würde zunehmen und im Gegenzug die psychische Belastung vermindert werden.

Bei den Nachteilen des Verbots wurde ein Aspekt mehrfach genannt: Würde Social Media verboten, so würden die Jugendlichen den Umgang damit nicht lernen. In der heutigen Zeit sei das frühe Aneignen der Medienkompetenzen wichtig.

Vorstand der Starken Schule beider Basel befürwortet Verbot

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen eine klare Tendenz: Eine überwältigende Mehrheit begrüsst ein Verbot von Social Media für Jugendliche unter 16 Jahren. Dieses Verbot befürwortet auch der Vorstand der Starken Schule beider Basel.

Die Bedenken hinsichtlich Konzentrationsverminderung und negativer schulischer Auswirkungen sind weit verbreitet. Während einige argumentieren, dass Medienkompetenz früh erlernt werden sollte, steht für die Mehrheit der Schutz der Jugendlichen im Vordergrund. Die Diskussion über ein mögliches Verbot bleibt damit hochaktuell und wird in Politik und Gesellschaft weitergeführt.

Anahi Sidler
Sekretariat Starke Schule beider Basel

25.03.2025

Unterrichtsfeedback – Werkzeug oder Waffe

Schüler/-innen-Feedback kann Lehrpersonen helfen, ihren Unterricht zu verbessern – doch wenn es zur Bewertung von Pädagoginnen und Pädagogen mit disziplinarischen Konsequenzen genutzt wird, wird es zum Risiko. Die Ambivalenz liegt in der Nutzung: Formativ ein Gewinn, summativ ein Problem.

Ein Spiegel für den Unterricht

Schüler/-innen-Feedback ist hilfreich, um Unterricht dynamisch zu gestalten. Direkte Rückmeldungen zu Methoden, Tempo oder Verständlichkeit ermöglichen es Lehrpersonen, Stärken zu erkennen und Schwächen anzupassen. Beispielsweise kann eine Lehrkraft nach einem Feedbackgespräch interaktivere Lerneinheiten einführen, wenn Schüler/-innen sich mehr Beteiligung wünschen. Hier dient das Feedback als kommunikative Brücke – es schafft Dialog, fördert Vertrauen und unterstützt eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung.

Schüler/innen als Laien – Grenzen der Aussagekraft

Problematisch wird es, wenn Feedback nicht der Entwicklung dient, sondern zur Leistungsbewertung der Lehrperson herangezogen wird – etwa für dienstrechtliche Entscheidungen. Schüler/-innen sind keine professionellen Gutachter/-innen in pädagogischen und didaktischen Fragen. Ihre Einschätzungen basieren auf subjektiven Erfahrungen, Sympathie oder kurzfristigen Eindrücken. Eine Studie der Universität von Groningen (NL) zeigt, dass junge Lernende in der Regel jene Lehrer/-innen deutlich höher bewerten, die wenig Leistung verlangen und gleichzeitig durchwegs gute Noten verteilen, und letzteres eben speziell auch dann, wenn der Lernerfolg sehr bescheiden bleibt (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01973533.2020.1756817#abstract). Solche Kriterien taugen nicht für Personalentscheidungen.

Kinder und Jugendliche können zwar beschreiben, wie sie Unterricht erleben, aber sie haben kein umfassendes Verständnis von Didaktik oder langfristigen Lernzielen. Ein negatives Feedback könnte etwa entstehen, weil eine Lehrperson konsequent Leistung einfordert – was langfristig sinnvoll, kurzfristig jedoch unpopulär ist. Zudem sind Schüler/-innen anfällig für Gruppendynamiken oder gezielte Manipulation, etwa wenn eine Klasse eine Lehrperson provozieren möchte.

Instrumentalisierung durch Schulleitungen: Ein Machtspiel

Besonders heikel ist, wenn Schulleitungen Feedback systematisch nutzen, um unliebsame Lehrpersonen zu disziplinieren. Indem sie Schüler/-innen gezielt nach Kritik fragen oder Auswertungen einseitig interpretieren und so scheinbare „Beweise“ konstruieren. Dies missbraucht die Stimme der Lernenden als Mittel zum Zweck – ein klarer Verstoss gegen Fairness und pädagogische Ethik. Solche Praktiken vergiften das Schulklima und untergraben die Autorität der Lehrperson.

Fazit: Verantwortung liegt bei den Institutionen

Schüler/-innen-Feedback ist ein zweischneidiges Schwert: Es kann inspirieren oder verletzen, fördern oder schaden. Entscheidend ist der Umgang damit. Als Impulsgeber für den Unterricht, wenn durch die Lehrpersonen selbst initiiert, kann es wertvoll sein, als Richter über Pädagoginnen und Pädagogen ist es denkbar ungeeignet. Eine Kultur des Dialogs statt der Abrechnung, ein Fokus auf Entwicklung statt auf Defizite – das sollte das Ziel sein.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

22.03.2025 - Gastbeitrag

Das Handy und die sozialen Medien – ein Fluch?

Handys in Schulen verbieten! Dieser Ruf ertönt immer lauter und etliche Schulen setzen ein rigoroses Handyverbot während der schulischen Präsenzzeit ihrer Schülerinnen und Schüler bereits um. Parlamente diskutieren, kantonale Verordnungen sind geplant oder bereits in Kraft – ja selbst der Bundesrat berät. Auch international tut sich einiges. Länder wie z. B. Dänemark oder Australien haben bereits rigoros reagiert. Wie soll es aber bei uns weitergehen?

Hirnkiller Handy?

Die Meldungen besorgter Lehrpersonen zur verminderten Konzentrationsfähigkeit der von ihnen unterrichteten Schülerinnen und Schüler sind ernst zu nehmen. Neben der z.T. stark reduzierten Aufmerksamkeitsspanne kommt eine Haltung der Betroffenen dazu, die ständig nach Belohnung verlangt bei minimaler Eigenaktivität. Konsumverhalten im exponentiellen Grad.

Doch die Aufmerksamkeit Jugendlicher ist auch ohne direkte Interaktion mit dem Handy beim Handy. Ständige Erreichbarkeit und der Druck, es allen recht machen zu machen, die «etwas» von einem wollen, ist ein hypermaximaler Stressor. Und nicht nur das: Auch die permanente Angst im Nacken, irgendwie von irgendjemandem lächerlich gemacht zu werden – Mobbing hat seit dem Aufkommen der sozialen Medien eine neue Dimension erreicht.

Wer kann sich so noch auf das Lernen im Unterricht konzentrieren? Entspannt?

Mein pädagogisches Credo während meiner ganzen Zeit als Lehrer war, Einsicht zu schaffen. Das hat allermeistens und letzten Endes sehr gut funktioniert. Doch mit der geballten Ladung an Einfluss durch elektronischen Müll wie Tiktok u. ä. ist diese hehre Haltung überholt – das Suchtpotential all der Einflüsse von aussen ist gigantisch.

Kinder und Jugendliche sind in ihrer Entwicklung noch nicht so weit, dass sie eine Eigenkorrektur punkto Handykonsum ohne weiteres vornehmen können. Zu viel Peergroup hängt mit drin. Die sozialen Medien, die so gesehen eben überhaupt nicht sozial sind, verhindern einerseits korrigierendes Verhalten und tragen andererseits zu einer permanenten Infantilisierung bei, auch bei (labileren) Erwachsenen übrigens. Das zeitigt gesellschaftliche Folgen.

Man darf sich gerne einmal fragen, wer und was eigentlich dahintersteckt – welche Agenda im Hintergrund abläuft?

An den Schulen besteht Handlungsbedarf

Der Handlungsbedarf scheint inzwischen unbestritten. Eltern sind bisweilen beinahe machtlos und können ja auch nicht permanent kontrollieren, was ihre Sprösslinge tun. Dass das Handy, wie an vielen Schulen bereits Usus, während der gesamten Unterrichtszeit ruht (heisst abgeschaltet in der Schultasche versorgt oder gar zentral abgegeben ist), ist kein Unterrichtsnachteil. Für Recherchen oder das Fotografieren stehen inzwischen fast flächendeckend Tablets zur Verfügung, die allerdings den Zugriff auf entsprechende soziale Medien nicht erlauben sollten. Letzteres ist leider nicht überall der Fall. Somit entsteht die paradoxe Situation, dass an den Schulen Handys verboten sind, die Tablets aber zumindest teilweise das erlauben, was man mit einem Handyverbot eliminieren wollte. Die digitale Schlange frisst sich selbst auf…

Was tun? Muss es der Staat richten?

Ich denke, dass die Handy-Epidemie inzwischen ein derartiges Ausmass angenommen hat, dass staatliche Vorgaben unumgänglich werden. Ich war als Lehrer zwar froh, dass in Lagern die Schüler über einen Gruppenchat erreichbar waren. Dasselbe bei Gruppenarbeiten im Freien. Doch nun scheint das nicht mehr möglich, die elektronische Korrumption hat überhandgenommen.

Zu Recht wird über ein generelles Handyverbot für Kinder und Jugendliche bis 14 oder gar 16 nachgedacht, was zwar eine sehr einschneidende Massnahme wäre. Den Zugang dieser Altersgruppen für gewisse Applikationen zu beschränken oder gar zu verunmöglichen, wäre aber zumindest ein erster wichtiger Schritt.

Daniel Vuilliomenet
Pensionierter Sekundarlehrer

16.03.2025

Social Media – gesellschaftlicher Zerfall droht

Am Beispiel der Social Media-Plattform TikTok zeigt der ehemalige Microsoft Mitarbeiter und britisch-indische Autor Gurwinder Bhogal die Gefahren von Social Media für die westliche Welt auf. Demnach würde TikTok einerseits als geopolitisches Werkzeug und andererseits auch als eine Art Waffe genutzt. Folgend zusammengefasst seine Publikation:

Weitreichende Schäden

Bhogal argumentiert, dass TikTok die Aufmerksamkeitsspanne der Nutzenden reduziert. Das Suchtpotenzial sei durch die immer wiederkehrenden Dopaminrausche enorm hoch. Auf der sogenannten «For you page» würden nur Inhalte gezeigt, die vom Algorithmus für die Nutzenden ausgewählt wurden, um deren Aufmerksamkeit zu fesseln. Da diese App hauptsächlich von der Generation Z und Alpha genutzt würde, seien junge Leute stark betroffen. Folglich bestünde einerseits die Gefahr, dass eine Generation von passiven, auf sofortige Belohnung fixierten und kognitiv geschwächten Individuen geschaffen würde. Andererseits sei die Fähigkeit junger Menschen, Inhalte kritisch zu hinterfragen und Perspektivenwechsel zu betreiben, noch in der Entwicklung. Deshalb gäbe es durch solche Algorithmen, die junge Menschen nur noch in der eigenen Meinung bestärken und Gleichgesinnte vereinigen, eine Gefahr und eine Tendenz der Radikalisierung. So stark wie Social Media daher als Ablenkung und Ausweg aus dem Alltagsstress diene, würde sich ebenso eine polarisierende Wirkung beobachten lassen.

Langfristig drohe jedoch ein intellektueller Zerfall, welcher die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität des Westens gefährde. Der Kapitalismus sei eben darauf ausgelegt, den Konsumierenden immer mehr davon zu liefern, was sie glücklich machen würden; in diesem Fall Social Media in Form von kürzesten Clips, die möglichst wenig Denkleistung erfordern und möglichst viel Dopamin erzeugen. Deshalb sei TikTok beispielsweise als Selbstzerstörungswaffe des Westens bezeichnend.

Kontrolle in China - Douyin

TikTok ist eine chinesische Plattform, deren Inhalte international exportiert werden. Unterstreichen müsse, so Bhogal, dass Themen zensuriert würden, die Peking oder der Partei missfallen. In China selbst würde hingegen stark gegen das sogenannte «Tittytainment» vorgegangen. «Dekadente» Inhalte müssen von den Betreibern beseitigt werden.

Den eigenen Nachwuchs «schützt» China vor TikTok mit einem Verbot. Stattdessen wird die Plattform Douyin genutzt, welche unter anderem wissenschaftliche Experimente und Lernvideos zeige. Die Nutzungszeit für Kinder sei auf 40 Minuten pro Tag begrenzt und die App sei von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens nicht zugänglich.

Die Lösung

Eine einfache Lösung für dieses grossflächige und vor allem mittlerweile tief verankerte Problem zu finden scheine unmöglich. Dennoch soll die Demokratie ein Vorteil sein, in dem die Eltern selbst die Verantwortung für ihre eigenen Kinder tragen würden. Es gäbe zahlreiche Kindersicherungen, welche App-Zugänge regeln und somit die Durchsetzung elterlicher Vorgaben und Erziehungsstrategien unterstützen würden.

Langfristig gesehen helfe nur, das Wissen über die möglichen individuellen und gesellschaftlichen Schäden zu fördern. Folglich solle ein Effekt wie beim Rückgang des Zigarettenkonsums erzielt werden, nämlich die Erkenntnis der schädlichen Folgen und dadurch der eigenständige Verzicht.

Zusammengefasst könne TikTok eine "Selbstmordwaffe" für den Westen sein, da es eine Generation heranziehe, die durch ständige Ablenkung und die Jagd nach sofortiger Belohnung in ihrer geistigen und kulturellen Entwicklung zurückbliebe. Es sei deshalb unabdingbar, die Kinder zu schützen, um einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken. In welcher Form dies geschehen soll, sei politisch jedoch umstritten.

Lena Bubendorf
Vorstand Starke Schule beider Basel

[Quelle: https://unherd.com/2025/01/tiktok-weapon-of-mass-distraction/ ]

14.03.2025

Leserzuschriften zu den Themen Social Media und Handyverbot

Vor kurzem haben wir auf der Webseite der Starken Schule beider Basel (SSbB) einen Artikel zum Verbot von Social Media für unter 16-jährige veröffentlicht. Zeitgleich startete die SSbB eine Umfrage zu den beiden Themen Social Media und Handyverbot. In den vergangenen Tagen erhielten wir zu diesen beiden Themen mehrere Leserbriefe, die wir gerne abdrucken.
 

Verantwortungsbewusste Politik verdient unsere Unterstützung

Es überrascht schon ziemlich, dass nicht gleich appelliert wird, die Schule habe wie im Fall von Social Media eine aus dem Ruder gelaufene gesellschaftliche Entwicklung mit Aufklärungsarbeit zu korrigieren. Meistens hat die Schule als Reparaturwerkstätte unserer Gesellschaft dann einzugreifen, wenn der Jugendschutz nicht mehr gewährleistet ist. Suchtprävention, Gewaltverhinderung, Gesundheitsvorsorge und vieles mehr sind in den letzten Jahren als Präventionsprogramme sofort an die Schule delegiert worden.

Als eigentliche Seismografen auf dem Gebiet der jugendlichen Entwicklung können Lehrpersonen ein Lied davon singen, dass die Konzentrationsfähigkeit der Schüler mit dem Aufkommen der Sozialen Medien und der Computerspiele laufend abgenommen hat. Eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne, weniger Ausdauer und eine oft chronische Übermüdung vieler Teenager sind heute nicht mehr zu übersehen.

Doch erst die Aufrufe besorgter Kinderärzte über eine auffallende Zunahme psychischer Erkrankungen und schwerer Verhaltensstörungen bei Jugendlichen haben die Politik aufgeschreckt. Grund zur berechtigten Sorge ist für viele die Vorstellung, dass es mit den Leistungen unserer Schüler weiter bergab gehen könnte. Offensichtlich wurde auch erkannt, dass die Schule dem gewaltigen Einfluss der Sozialen Medien allein wenig entgegensetzen kann. Ohne gesamtgesellschaftliche Unterstützung stände sie auf verlorenem Posten.

Eine verantwortungsvolle Politik für eine untere Altersgrenze bei den Sozialen Medien gilt es zu unterstützen und verlockende Umgehungsmassnahmen sind klar abzulehnen. Gut gemeinte Aufklärung über die Gefahren von Social Media ist kein Ersatz für eine Alterslimite von 16 Jahren. Jugendliche Gehirne entwickeln erst im späteren Teenageralter die volle Fähigkeit, mit Informationen kritisch umzugehen und dem Gruppendruck zu widerstehen. Ein Verbot wird zwar nie hundertprozentig durchgesetzt werden können. Aber es wird bei den meisten Jugendlichen zu einer gesünderen psychischen Entwicklung beitragen und den Schulalltag spürbar entlasten.

Hanspeter Amstutz
Ehemaliger Primar- und Sekundarschullehrer
 

Soziale Medien sind für Jugendliche Fluch und Segen

Einerseits vereinfachen sie Kontakte, Absprachen, ständigen Austausch und schaffen damit eine soziale Dauerpräsenz der Beteiligten. Allerdings ist dies nur eine medial vermittelte Präsenz, letztlich eine Vortäuschung des Gruppenerlebnisses mit Avataren. Diese vermittelte Sozialität ist menschlich unvollständig, oft eine Art Rollenspiel, sie ist nur Ersatz für tatsächliche Präsenz und birgt wie alle Ersatzbefriedigungen Suchtgefahr. Anderseits leisten die sozialen Treffpunkte auch eine gesteigerte Möglichkeit zu unsozialem Verhalten: Ausgrenzung, Diskriminierung, Erniedrigung, Mobbing. Die Öffentlichkeit, welche die Medien schaffen, potenziert die negative Wirkung solcher Praktiken, da sie nicht mehr auf einzelne Mitglieder einer Gruppe beschränkt sind, sondern das Opfer in aller medialen Breite zur Schau stellen. Angegriffene können auch nicht im direkten Austausch reagieren, sie müssen das Ungemach zunächst ohnmächtig über sich ergehen lassen. Ein Verbot während der frühen Teenagerzeit wäre deshalb eine bedenkenswerte Schutzmassnahme. Ob sie allerdings durchsetzbar und nicht leicht technisch zu umgehen ist, bleibt für mich fraglich.  

Felix Schmutz
e.Sekundarlehrer

Social Media – die Droge der Jugend

Alkohol und Tabak sind wie selbstverständlich für unter 16-jährige verboten. Warum ist das mit Social Media nicht der Fall? Bereits vor einem Jahr hat der Hirnforscher Manfred Spitzer ein Interview mit dem Namen «Stoppt die Digitalisierung von Schulen» gegeben. Darin hält er fest, wie schädlich sich generell die Nutzung digitaler Medien auf die Gehirnentwicklung und Konzentrationsfähigkeit auswirkt und welches Suchtpotenzial sie haben, aber auch wie die Social Media zu sozialen Problemen führen und radikalisieren. Bei Jugendlichen muss man bedenken, dass Fähigkeiten wie Perspektivenwechsel und Gefahrenabschätzung erst noch in der Entwicklung sind. Umso wichtiger ist die Regulierung des Konsums von Social Media, damit unsere Kinder vor deren Nutzung ein Verständnis für ihr Gefahrenpotenzial und Empathie entwickeln.

Problematisch würde bleiben, dass viele Filme und Videospiele, die Gewalt verherrlichen und Challenges wie auf TikTok enthalten, immer noch frei zugänglich sind, weshalb die sozialen Probleme weiterhin bestehen würden.

Kathrin Zimmermann
Vorstand Starke Schule beider Basel
 

Social Media – Fluch oder Segen?

Grundsätzlich bin ich immer skeptisch, wenn es um neue gesetzliche Regelungen geht. Die Regelungen, die unser tägliches Leben bestimmen, werden immer dichter. Ist es so, dass unsere moderne Gesellschaft nur funktioniert, wenn die Dichte der verschiedensten Regelungen zunimmt? Könnten auch Regelungen abgeschafft werden? Könnte der gesunde Menschenverstand mithelfen, mit weniger Regelungen auszukommen?

Es macht mich traurig, wenn ich beispielsweise in den Restaurants zusehen muss, wie sich offenbar gegenseitig bekannte Personen nicht mehr unterhalten, sondern nur ins iPhone starren. Es erschreckt mich, wenn beispielsweise Radfahrer*innen  im dichten Strassenverkehr telefonieren; wenn vor Sitzungen oder öffentlichen Versammlungen das iPhone nicht automatisch abgeschaltet wird.

Schweren Herzens aber der Vernunft gehorchend unterstütze ich den Vorstoss von Ständerätin Maya Graf. Es fühlt sich an, als vor vielen Jahren die Anschnallpflicht im Auto eingeführt wurde. Damals eine zusätzliche Regelung, heute fast ein Automatismus. Wie lange wird es dauern, bis ein iPhone automatisch sinnvoll benutz wird?

Paul Hofer
e.Landrat FDP BL

 

09.03.2025

Was Widerstand von unten bewirken kann

Wieder segelte eine Reform unter der Devise «kompetenzorientiert statt wissensbasiert». Bei der Berufsbildung sollte darum die schriftliche Abschlussprüfung wegfallen. Gegen die Pläne aus Bundesbern regte sich erfolgreich Widerstand. Auch aus den Reihen der Parteien.

In der Schweizer Bildungspolitik gibt es so etwas wie einen geradezu euphorischen Rausch, der immerzu nach dem Neuen giert – und sich dadurch blind macht für das Bewährte, für das «alte Wahre». Davon hat Goethe noch gewusst. Eben: Kann in diesem «alten Wahren» nicht sogar mehr Erfahrung und Weisheit stecken, als diejenigen träumen, die sich stets vom Neuen begeistern und verführen lassen? Nicht umsonst hat Erich Kästner vor den «ewig Morgigen» gewarnt. Doch vor den «ewig Gestrigen» fürchtete er sich ebenso. Auch in der Schule braucht es die konzentrierte und stetige Suche nach dem wissenschaftlich als relevant erwiesenen Wichtigen. Doch dieses Ringen wird erschwert, wenn die Bildungspolitik – wie sie es in den vergangenen Jahren getan hat – nach immer Neuem und Aktuellem ruft, dabei fast jedem zeitgeistigen Modetrend folgt und den Unterricht so in Dauertrab und Atemnot bringt.

Gegen den Wegfall der Schlussprüfung

Bewährtes und Grundlegendes optimieren oder einfach umstrukturieren und Bestehendes aufheben? Das war auch bei der Reform der Berufslehre die Frage: Der Bund mit dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) wollte die schriftliche Lehrabschlussprüfung im allgemeinbildenden Unterricht (ABU) abschaffen. Nicht berufsspezifische Fragen stehen hier im Zentrum, sondern Themen und Grundlagen aus dem Bereich Deutsch, Gesellschaft und Politik, Wirtschaft und Recht. Sie sind wichtig und bilden das Wissensfundament für die intendierten Kompetenzen. Neben dieser Prüfung in den ABU-Fächern gibt es eine vertiefende Arbeit. Sie sollte künftig Newsletter «Starke Volksschule Zürich» vom 9. 3. 2025 Seite 12 stärker gewichtet und mündlich geprüft werden. Dafür hätte das schriftliche Schlussexamen verschwinden müssen. So das Reformvorhaben aus den Berner Beamtenbüros. Gegen die Elimination dieser Prüfung wehrten sich die Praktiker, allen voran der Zürcher Verband der Lehrkräfte in der Berufsbildung mit ihrem Präsidenten Konrad Kuoni. Der Wegfall der Lehrabschlussprüfung vor Ort schwäche den Stellenwert des allgemeinbildenden Unterrichts – und damit der gesamten Berufslehre, argumentierten die Berufsschullehrer. Zudem bestünde die Gefahr, dass die selbständige Hausarbeit leicht über KI oder mithilfe von ähnlichen Tools verfasst würde.

Prüfung beibehalten: breiter Sukkurs der Politik

Opposition kam auch aus der Politik. Ihre Meinung war klar und unmissverständlich. Alle Parteiensprachen sich für den Weiterbestand der Abschlussprüfung aus – mit Ausnahme der Grünen. Für sie bedeute das neue Konzept mit dem Wegfall des schriftlichen Schlussexamens eine Aufwertung, betonte die grüne Zürcher Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Mit der geplanten Reform scharf ins Gericht ging die FDP Schweiz. Für die Liberalen bedeutete die Reform das jüngste Kapitel in einer Reihe gescheiterter Bildungsexperimente; sie sprachen gar von einem Angriff auf die Berufslehre. «Die FDP stellt sich [darum] entschieden gegen die geplante Abschaffung der schriftlichen Abschlussprüfung im Allgemeinbildungsunterricht.» Gleich votierten die WBK-Kommissionen (Wissenschaft, Bildung und Kultur) des Nationalrats und des Ständerats; beide wollten die Schlussprüfung beibehalten. Die FDP plante für die Märzsession eine Motion.

Die andere Sicht des Staatssekretariats SBFI

Die Abschaffung der Schlussprüfung kam als Projekt aus dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Den Berufsschulen sollte es von oben und gegen den Willen ihrer Lehrerinnen und Lehrer aufoktroyiert werden. Es war aber nicht nur die Basis, die sich gegen die Reform stellte: Auch eine Mehrheit der Kantone, der Verbände, der Ämter und der Bildungsinstitutionen wehrte sich. Doch das SBFI hielt bis zuletzt eisern am geplanten Vorhaben fest. Der Exponent des Widerstandes, Konrad Kuoni, meinte: «Das ist, als würde man am Ende des Gymnasiums auf die Maturitätsprüfungen verzichten und lediglich auf Zeugnisnoten und Maturaarbeit setzen.» Wegleitend bei der Neukonzeption der Lehrabschlussprüfungen war die Idee der Kompetenzorientierung. Die Reform sollte sie «erhöhen», sagte Corinne Hadorn, Studiengangsleiterin ABU an der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB. Sie hat die Reform mitgeprägt. Entscheidend sei, dass man nicht mehr Wissen abfrage, sondern Kompetenzen prüfe, betonte sie.

Ohne Wissen kein Können

Mit dieser Aussage formulierte Hadorn eine unsägliche Dichotomie: «kompetenzorientiert» versus «wissensbasiert». Wie wenn das eine ohne das andere möglich wäre! Ohne grundlegendes Wissen kein Können. Kompetenzorientierung baut auf profunder Wissensbasis, sonst ist sie orientierungslos. Erst ein fundiertes Grundlagenwissen ermöglicht Kompetenzen. Wie kann ich denn etwas kritisch hinterfragen, wenn ich die Probleme und Phänomene nicht kenne und verstehe und sie nicht einordnen kann, beispielsweise nach den klassischen Kriterien von politisch, ökonomisch, sozial, kulturell?

Carl Bossard
Ehemaliger Direktor der Kantonsschule Luzern
Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug

1 Nina Fargahi: Lehrabschluss ohne Prüfung: Eine Reform sorgt für Streit. In: Tages-Anzeiger, 21.02.2025, S.19
2 Vgl. https://www.fdp.ch/aktuell/medienmitteilungen/medienmitteilung-detail/news/die-volksschule-ist-demontiert-nun-greifen-linke-buerokraten-die-berufslehre-an [abgerufen: 02.03.2025]
3 Sebastian Briellmann: Eine Lehre ohne Abschlussprüfung. In: NZZ, 18.02.2025, S. 9
4 Ders.: Komfort zählt mehr als Leistung. In: NZZ, 03.01.2025, S. 7
5 Vgl. https://www.srf.ch/news/schweiz/lehrabschlusspruefungen-keine-schriftliche-schlusspruefung-mehr-im-fach-allgemeinbildung [abgerufen: 02.03.2025]

[Quelle: Journal 21, abgedruckt mit Erlaubnis des Autors]
 
04.03.2025

Bundesrat ist offen für ein Social Media Verbot für unter 16-jährige

Ständerätin Maya Graf von der Grünen Fraktion fordert in einem politischen Vorstoss ein Verbot von Sozialen Medien für unter 16-jährige. In Australien ist ein entsprechender Entscheid bereits definitiv gefallen. Das Ziel ist es, die Jugendlichen vor den Gefahren und den negativen Folgen zu schützen. Gemäss wissenschaftlichen Untersuchungen, so Graf, gibt es deutliche Anzeichen, dass Social Media die psychische Gesundheit der Jugendlichen gefährdet. Insbesondere die Zunahme von Depressionen, Ängsten und auch Selbstmordgedanken der Jugendlichen, sowie eine Verringerung der Lern- und Konzentrationsfähigkeit wird auf die Sozialen Medien zurückgeführt.

Der Bundesrat zeigt sich dem Postulat sehr positiv gegenüber. Er empfiehlt dem Ständerat den Vorstoss zur Annahme, damit dieser geprüft werden kann und die Gefahren von Social Media analysieren werden.

Auch bei diversen Parteien stösst der Vorstoss auf breite Zustimmung: SP und SVP unterstützen das Verbot mit jeweils 85%, die Grünen mit 83% und die GLP mit 75%.

Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel

25.02.2025

US-Starpsychologe warnt

Jonathan Haidt begeisterte am World Economic Forum (WEF) mit seinem Vortrag über Social Media, welcher auf grosses Interesse stiess. Der international bekannte Psychologe und Bestsellerautor des Buches «Generation Angst» bringt es auf den Punkt: Social Media raubt den Jungen ihre Kindheit.

Immer wieder taucht in seinem Appell die Zahl 2012 auf. Denn laut ihm haben die vermehrten Angstzustände, wie auch Einsamkeit und Depressionen, nichts mit der Corona-Pandemie zu tun. Für den rapiden Anstieg dieser Zahlen sei «das neue Zeitalter» verantwortlich, welches im Jahr 2012 begann. Das Zeitalter des Smartphones und Social Media. Shortclips und Reels, welche mittlerweile auf allen Tech-Plattformen zu finden sind, betitelt er als «Gift fürs Hirn». Es sei «absurd und verrückt, dass wir Kinder dieses Zeug ansehen lassen». Verschlimmert und verstärkt wird die Abhängigkeit vom Handy durch den sogenannten Eyeball-Effekt, welcher darauf abzielt, Jugendliche und Kinder so lange wie möglich am Bildschirm zu halten.

Den Preis der unsere Gesellschaft für Social Media zahle, sei hoch: Kindern werde weltweit ihre Kindheit gestohlen und deren Leistungsfähigkeit sinke deutlich.

Klare Forderungen

Die Forderungen des Psychologen sind einschneidend und einfach: Handverbot für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, konsequent Smartphone freie Schulen und ein Social Media Verbot für unter 16-Jährige. Die Umsetzung dieser Massnahmen ist schwierig, ob dies gelingt fraglich. Haidt betont, dass die individuelle Durchsetzung des Verbots für die Eltern kaum realistisch sei, weshalb allgemein geltende und vom Staat durchgesetzte Regeln von Vorteil wären.

Auch der spanische Premierminister Pedro Sànchez fordert am WEF strengere Regeln: Die damals so vielversprechenden neuen Technologien seien zum Werkzeug unserer eigenen Unterdrückung geworden. Er verwendet damit eine ähnliche Metapher wie Haidt: Die Algorithmen würden unsere Gesellschaft vergiften.

Problem erkannt

Summa summarum wurde am WEF klar: Ausser den Techkonzernen, die Milliarden mit diesen neuen Technologien verdienen, erkennen alle das Problem und der Profit der Gesellschaft ist nicht sonderlich gross. Die Lösung und richtige Herangehensweise stehen jedoch nach wie vor in den Sternen.

Am Ende der Veranstaltung berichtet der Psychologe von einer Schule, welche das Handyverbot bereits vor einiger Zeit eingeführt hat: Man höre in den Schulgängen endlich wieder Kinder lachen, die selber sagen, es mache Spass «mit den anderen zu reden». Auch ein Rückgang der körperlichen und verbalen Aggressionen konnte beobachtet werden. Das Handyverbot könne als vollen Erfolg bezeichnet werden.

Lavinia Beck
Sekretariat Starke Schule beider Basel

21.02.2025

Haarsträubende Verwarnungen an Baselbieter Schulen

An diversen Schulen zeichnet sich eine höchst bedenkliche Entwicklung in der Personalführung ab: Lehrerinnen- und Lehrerverband Baselland (LVB) und Starke Schule beider Basel (SSbB) stellen insgesamt einen deutlichen Anstieg der Anzahl haarsträubender Verwarnungsandrohungen fest. Auch Fälle von tatsächlich ausgesprochenen Verwarnungen sowie Freistellungen sind bekannt geworden. Betroffen sind insbesondere langjährig erfahrene und verdiente Lehrpersonen, die von ihren Schulleitungen unter Druck gesetzt werden.

Zahlreiche der SSbB bekannte Verwarnungsandrohungen sind offensichtlich willkürlich und entbehren jeder Rechtsgrundlage. Sie haben ein Ausmass erreicht, das aus personalrechtlicher Sicht besorgniserregend ist, ganz abgesehen von der ethischen Verwerflichkeit solcher machtmissbräuchlicher Druckmassnahmen. An der kommenden Landratssitzung reicht Landrätin Anita Biedert eine Interpellation ein, welche Aufschlüsse über das Ausmass fordert.

Allmacht der Schulleitungen mit Potenzial für Machtmissbrauch

Per 1. August 2024 wurde eine bisherige Schlüsselfunktion der bisherigen Schulräte – die Personalführung – ausschliesslich auf die Schulleitungen übertragen. Die politisch breit abgestützten Schulräte hatten zuvor als übergeordnete Kontroll- und Aufsichtsgremien gewirkt und in vielen Fällen als wichtiges Korrektiv gegen einseitige oder problematische Entscheidungen der Schulleiter/-innen fungiert. Seither liegt es im alleinigen Ermessen der Schulleiter/-innen, nach Belieben personalrechtliche Entscheide zu fällen, wie beispielsweise Kündigungen auszusprechen oder dienstrechtliche Massnahmen zu verhängen, wozu Abmahnungen oder Verwarnungen von Lehrpersonen gehören.

Deutlicher Anstieg besorgter Anfragen

Der LVB und die SSbB verzeichnen seit diesem Schuljahr einen insgesamt deutlichen Anstieg von Anfragen seitens der Lehrpersonen im Kanton. Zahlreiche Pädagoginnen und Pädagogen wenden sich an den LVB oder die SSbB, weil sie unter dem enormen Druck angedrohter oder bereits ausgesprochener Verwarnungen leiden und verzweifelt sind, geht es für sie doch um nicht weniger als ihre berufliche Existenz und ihr Auskommen. In nahezu allen Fällen steht dieses ultimative und schärfste Disziplinierungsinstrument, das nicht selten mit der angedrohten Kündigung einhergeht, im Zusammenhang mit persönlichen Konflikten und wird von gewissen Schulleitungen gezielt als Druckmittel eingesetzt. Verwarnungen als Repressalien oder Druckmittel zu nutzen ist zwar widerrechtlich, weil es gegen Treu und Glauben verstösst, aber die betroffenen Lehrpersonen können rechtlich nichts dagegen ausrichten.

Die Konsequenzen solcher missbräuchlich ausgesprochener Verwarnungen sind für die Lehrpersonen verheerend: Viele ziehen sich resigniert zurück und melden sich für Monate krank, da sie dem psychischen Druck nicht standhalten können. Die Kosten für den Kanton sind erheblich. Im früheren Artikel «Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz» hat die SSbB die juristisch nicht anfechtbaren Verwarnungen bereits als einen katastrophalen Systemfehler angeprangert, der das Arbeitsklima und das Vertrauen in die Schulleitungen nachhaltig beschädigt.

Klima der Verunsicherung und der Angst

Einige Schulleitungen setzen die Lehrkräfte bereits durch die blosse Androhung von Verwarnungen, sei es offen oder unterschwellig, enorm unter Druck, was ein Klima der Angst erzeugt. Der blosse Umstand, dass Lehrpersonen eine willkürliche und unangemessene Verwarnung bekommen und sie sich nicht dagegen wehren können, wirkt extrem einschüchternd. Infolgedessen können viele Lehrpersonen ihre volle Leistung nicht mehr abrufen. Überdies mischen sich gewisse Schulleitungen auch in die fachspezifische Methodik und Didaktik ein, oft ohne das nötige Fachwissen, was langjährige und erfahrene Pädagoginnen und Pädagogen demotiviert und in ihrer beruflichen Entfaltung hemmt. Diese unterschwelligen Drohgebärden wirken sich nachhaltig negativ auf die Unterrichtsqualität aus, da Lehrpersonen sich aus Selbstschutz zurückziehen und spuren, um bloss nicht Anlass für eine Verwarnung zu geben.

Unzureichende Qualifikation und charakterliche Mängel

Leider verfügen nicht alle Schulleitungen über die notwendigen charakterlichen Eigenschaften und die personalrechtlichen Kenntnisse, um mit der neuen Machtfülle umsichtig und sorgsam umzugehen. Einige vermögen den hohen ethischen Anforderungen an ihre verantwortungsvolle Führungsfunktion nicht zu genügen. Neben fähigen und souveränen Leitungen gibt es auch solche, die durch offenkundige Charakterdefizite und Machtbesessenheit auffallen. Philipp Loretz, Präsident des LVB, bringt es auf Anfrage der SSbB auf den Punkt: «Es zeigt sich, dass Schulleitungen hinsichtlich Personalrecht sehr unterschiedlich qualifiziert sind. Wo es an fundierten Kenntnissen fehlt, steigt das Risiko ungerechtfertigter Verwarnungen».

Dezidierte Forderungen der SSbB

Die SSbB erachtet nicht anfechtbare Verwarnungen als einen fatalen Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz, der korrigiert werden muss. Der Kanton Basel-Landschaft nimmt für sich in Anspruch, ein fairer Arbeitgeber zu sein, der seine soziale Verantwortung wahrnimmt. Dazu gehören deshalb auch ein Personalgesetz und eine Personalrechtspraxis, welche diesen Anforderungen gerecht werden.

Verwarnungen müssen juristisch anfechtbar sein, damit möglicher Missbrauch verhindert werden kann. Zugleich sind verpflichtende Weiterbildungen für Schulleiter/-innen in personalrechtlichen Fragen unerlässlich, um deren Handlungsfähigkeit und ethisches Verantwortungsbewusstsein zu stärken. Nur durch konsequente Anpassungen und gezielte Qualifizierungsmassnahmen kann langfristig ein faires, transparentes und vertrauenswürdiges Schulklima geschaffen werden.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

17.02.2025 – Gastbeitrag

Was hat der LCH zu vertuschen?

Der folgende Text druckt die Starke Schule beider Basel (SSbB) mit der Genehmigung des Condorcet-Blogs ab. Es ist ein Beitrag eines Sekundarlehrers, der anonym bleiben möchte. Die Redaktion des Condorcet-Blogs hat die Plausibilität des geschilderten Inhaltes sowie die Existenz des Autors überprüft.

Seit Jahren verfolge ich euren Blog [Anmerkung der Redaktion: hier gemeint ist der Condorcet-Blog]. Ich bin Sekundarlehrer im schönen Oberaargau und Mitglied von Bildung Bern und damit auch vom LCH.

Warum schreibe ich euch: Ich habe im letzten Jahr an der LCH-Berufszufriedenheitsstudie teilgenommen. Mit Interesse las ich danach die Auswertung. Und da stellte ich fest, dass ein wesentlicher Teil der Befragungsthemen fehlt, nämlich der zur «Schulischen Selektion». Da ist auf der Homepage des LCH überhaupt nichts zu finden. Kein Wort! Und natürlich gab es auch in den Zeitungsartikeln darüber nichts zu lesen.

Von einem Insider, also einem Kollegen, der bei Bildung Bern sehr viele Kontakte hat, habe ich erfahren, dass die Ergebnisse vom LCH unter Verschluss gehalten werden, weil deren Ergebnisse nicht gefallen haben.

Warum melde ich mich gerade jetzt? In den Zeitungen ist gerade zu lesen, dass in den Kantonen Bern und Zürich Volksinitiativen angekündigt worden sind, welche die Sekundarstufe 1 ohne Niveaus gestalten wollen. Das stünde meiner Meinung nach aber völlig quer zu der heutigen Realität, die geprägt ist von riesigen Unterschieden in den Klassengemeinschaften, die kaum mehr zu bewältigen sind. Und das sehen offensichtlich auch viele meiner Kolleginnen und Kollegen so.

Frau Rösler hat sich hingegen mehrfach sehr kritisch zur Selektion geäussert. Ist es daher ein Zufall, dass gerade diese Umfrageergebnisse nicht kommuniziert worden sind? Eine Präsidentin, welche unangenehme Resultate zu einer solch wichtigen Frage vertuschen will, ist eigentlich nicht tragbar. Es ist höchste Zeit, die Meinung der Basis zu erkunden und diese auch korrekt wiederzugeben, sonst droht uns wieder eine Reform, welche die Situation nicht verbessert, sondern verschlimmert. Es ist auch unsäglich, dass ich diesen Beitrag anonym veröffentlichen lassen muss, da meine Schulleitung zum «Röslerlager» gehört.

Anonymer Autor
Sekundarlehrer

[Quelle: Condorcet-Blog vom 16.02.2025]

 

16.02.2025 - Gastbeitrag

Die Staatsschulen drohen abzustürzen

Offenbar braucht es einen ehemaligen Berufspiloten und derzeitigen Bildungsdirektor aus Nidwalden, der eine derart lapidar-treffende Feststellung in Sachen Volksschule machen kann und sie auch noch getraut, öffentlich auszusprechen: «Unsere Volksschule wurde ruiniert!»

Piloten sind sich gewohnt, was um sie herum passiert, kritisch zu betrachten und ggf. schnell und unmissverständlich zu reagieren. Sich selbst zu belügen, endet in der Fliegerei früher oder später immer tödlich.

Himmeltrauriges Dasein

Bildungsdirektor Res Schmid hat meines Erachtens vollkommen recht. Die Volksschule fristet inzwischen an etlichen Orten ein himmeltrauriges Dasein. Man weiss gar nicht, wo man beginnen soll mit der Aufzählung all dessen, was komplett falsch gelaufen ist in den letzten Jahrzehnten.

  • Sei es der Wahn, Kompetenzen vermitteln zu wollen ohne dazugehöriges Wissen. Google oder neu ChatGPT reichen ja aus. Auf die Fliegerei übertragen würde das in etwa heissen, kompetent zu sein bedeutet, den Steuerknüppel so sanft führen zu können, dass nicht unmittelbar etwas passiert, ohne aber irgendeine Ahnung zu haben, wo sich das Flugzeug gerade befindet, wie aufzukreuzen wäre gegen den Wind, welche Lufträume zu beachten seien und wie mit der ATC gesprochen werden muss – googeln ginge ja auch …
  • Sei es die irrige Vorstellung, alle Schülerinnen und Schüler integrativ in einer Klasse beschulen zu können, ungeachtet deren kognitiven Fähigkeiten und sozialer Reife – dies ist letztlich auch eine Forderung nach Abschaffung der Separation und wird aktuell gerade wieder lautstark an die Volksschule herangetragen, verbunden mit dem Ansinnen, Noten gänzlich abzuschaffen und die armen Kinder doch von jeglicher Beurteilung fernzuhalten, da dies ihrem ach so zarten Seelenheil allzu abträglich wäre.
  • Sei es das berühmte Sprachbad der Frühfremdsprachen-Ideologie, das bei wöchentlich zwei bis drei Sprachlektionen eher einer Pfütze gleicht, mit der man sich kaum die Füsse waschen kann.
  • Ganz zu schweigen von der ideologischen Dauerbeeinflussung und -beschallung unserer Kinder mit Genderschwachsinn oder Klimapanik.

Die Aufzählung ist mitnichten vollständig – der Irrungen und Wirrungen ideologiegetränkter Bildungsexperten und willfähriger, weil karriereversessener Politikerinnen und Politiker, sind viele.

Was tun? Den Staat zur Vernunft bringen?

Das gleicht einem Kampf gegen Windmühlen. Wahrscheinlich muss der Karren noch derart an die Wand gefahren werden, dass immer mehr mutige Eltern das Heft definitiv selbst in die Hand nehmen und die private Beschulung vorantreiben, sei es an Privatschulen oder mit (auch ausgelagertem) Homeschooling, ungeachtet der Drohungen des Staates, exorbitante Bussen zu verhängen oder gar die KESB herbeizurufen. Beides sind reale Szenarien…

Damit verbunden wäre die energisch vorgetragene Forderung nach dem sog. Bildungsgutschein, mit dem Erziehungsberechtigte die Art der Beschulung ihrer Kinder selbst wählen können und diese auch finanziert würde. Das staatliche Primat über die Bildung hat meines Erachtens endgültig ausgedient – der Staat hat in jeder Hinsicht versagt.

An den Schulen herrscht vermehrt ein Klima der Angst

Kommt dazu, dass sich an etlichen Schulen bei den Lehrerinnen und Lehrern ein Klima der Angst eingenistet hat, da Schulleitungen inzwischen per Dekret über derart viel Macht verfügen, dass «missliebige» Lehrpersonen bedenkenlos abgemahnt bzw. verwarnt werden können. Ein Eintrag in die Personalakte ist gesetzlich vorgegeben, allerdings ohne rechtlichen Anspruch auf Prüfung, aber oft kombiniert mit einer Kündigungsandrohung für den Fall der Nichteinhaltung der meist schwammig formulierten Vorgaben. Eine Instanz mit echter Revisionskompetenz, die solchem Treiben Einhalt gebieten könnte, existiert nicht mehr. Die Macht der Schulräte ist gebrochen und eine zahnlose Ombudsstelle wird es auch nicht richten. Die Führung einer Schule – ein Paradies-Job für machtaffine, narzisstisch veranlagte Personen.

Seit vergangenem August ist die Anzahl der Lehrpersonen, welche sich bei der Starken Schule beider Basel aufgrund von Schwierigkeiten mit ihren Schulleitungen gemeldet haben, sprunghaft angestiegen. Ein Schelm, der Böses ahnt.

Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht!

Daniel Vuilliomenet
Pensionierter Sekundarlehrer, Mitinhaber der Lernoase Dittingen

 

08.02.2025

Fataler Systemfehler im Baselbieter Personalgesetz

Im Kanton Basel-Landschaft haben Vorgesetzte im öffentlichen Sektor ein Instrument zur Hand, welches einerseits Macht und Kontrolle sichern soll, andererseits aber zu einem gravierenden Missbrauchsrisiko führen kann: die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung. Dieses Instrument, das in der kantonalen Personalgesetzgebung verankert ist, erlaubt es Vorgesetzten, Mitarbeitende unter Kündigungsandrohung schriftlich zu rügen, ohne dass diese die Möglichkeit eines Einspruchs dagegen haben. Was als Disziplinarmassnahme zur Sicherung von Qualität und Effizienz gedacht ist, entpuppt sich in der Praxis häufig als Problem, welches Mitarbeitende in eine Situation der absoluten Ohnmacht versetzt und die Tür für willkürliches Verhalten durch Vorgesetzte weit aufstösst.

Ein Machtinstrument ohne Gegengewicht

Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Paradebeispiel für ein drastisches Machtinstrument ohne jegliche Kontrolle. Mitarbeitende, die eine solche Verwarnung erhalten, haben keinerlei Möglichkeit, diese juristisch anzufechten oder neutral überprüfen zu lassen. Damit steht Aussage gegen Aussage: Auf der einen Seite die Interpretation der Vorgesetzten, auf der anderen Seite die Verteidigung der betroffenen Mitarbeitenden. Ohne eine Instanz, die den Vorwürfen neutral auf den Grund geht und auch die Sichtweise der Mitarbeitenden berücksichtigt, wird die von den Vorgesetzten ausgesprochene Verwarnung zur absoluten Wahrheit – egal, wie gerechtfertigt oder ungerechtfertigt sie ist – und hat für die Verwarnten einschneidende Konsequenzen.

Unmessbare Zielvorgaben: Ein Weg ins Absurde

Besonders problematisch sind Verwarnungen dann, wenn sie mit Zielvorgaben verknüpft werden, die vage und nicht messbar sind und deren Erfüllung ausserhalb des Einflussbereichs der betroffenen Mitarbeitenden liegt. Beispiele für solche unfairen Bedingungen wären etwa: «Sorgen Sie dafür, dass sich das Image der Schule in der Öffentlichkeit nicht verschlechtert!», oder: «Verhalten Sie sich so, dass es zu weniger Beschwerden kommt!» Probleme am Arbeitsplatz entstehen aus verschiedenen Faktoren und durch das Verhalten einer Vielzahl von Akteuren, darunter auch durch Entscheidungen der Vorgesetzten selbst. Dennoch liegt die gesamte Verantwortung für die Zielerreichung bei solchen Vorgaben auf Seiten der Verwarnungsempfänger/-innen.

Die psychologischen Folgen: Zermürbung und Resignation

Eine Verwarnung, insbesondere wenn sie mit nicht messbaren Zielvorgaben einhergeht, hat tiefgreifende psychologische Auswirkungen auf die Betroffenen. Die Aussicht, bei Nichterfüllung der Ziele mit weiteren Sanktionen bis hin zur Kündigung rechnen zu müssen, führt oft zu einem enormen Druck. Die Betroffenen sehen sich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich infrage gestellt. Die Folge: ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Burnout oder Depression.

Ein Appell für Reformen

Die rechtlich nicht anfechtbare Verwarnung ist ein Relikt, das in einer modernen, auf Transparenz und Fairness ausgerichteten Arbeitskultur keinen Platz haben sollte. Es braucht dringend Reformen, die dieses drastische Disziplinierungsinstrument, welches von Vorgesetzten leider auch missbraucht werden kann, einer unabhängigen Prüfung zugänglich machen. Aufgabe einer solchen Prüfung müsste sein zu untersuchen, ob eine Verwarnung hinsichtlich der erhobenen Vorwürfe verhältnismässig und bezüglich der damit verfolgten Ziele zweckmässig ist, und ob sie mit klaren, objektiven Kriterien in Bezug auf die Zielvorgaben für eine Probezeit operiert, die für den Mitarbeitenden beeinflussbar und in einem realistischen Rahmen erreichbar sind.

Fazit

Die Verwarnung, wie sie im Kanton Basel-Landschaft eingesetzt wird, ist kein Mittel zur Verbesserung von Arbeitsqualität, sondern ein Systemfehler, der Konflikte verschärft, Mitarbeitende zermürbt und Missbrauch durch Vorgesetzte ermöglicht. Solange dieses Instrument in seiner aktuellen Form bestehen bleibt, wird es weiterhin zu Ungerechtigkeiten und schwerwiegenden persönlichen Konsequenzen für die Betroffenen kommen. Es ist an der Zeit, diese Fehlentwicklung zu korrigieren – im Interesse aller, die an einem fairen und konstruktiven Arbeitsumfeld interessiert sind.

Jürg Wiedemann
Vorstand Starke Schule beider Basel

Haben Sie als Lehrperson selber schon belastende Erfahrungen mit
Ihrer Schulleitung gemacht?

Wir freuen uns, wenn Sie uns diese schildern, selbstverständlich unter Wahrung ihrer Anonymität.
Sie helfen damit, auf das Thema aufmerksam zu machen: starke.schule.beider.basel@gmx.ch .

Gerne dürfen Sie uns auch einen Leserbriefe einsenden (maximal 1´200 Anschläge).

08.02.2025

Unsere Volksschule wurde ruiniert

Solch klare, brutale Worte hat man schon lange nicht mehr von einem Bildungsdirektor gehört. Er heisst Res Schmid und kommt aus Nidwalden: «Der Gender-Unfug hat an Schulen nichts zu suchen.» Oder: «Der Trend, jeden Druck zu vermeiden und alle gleichzustellen, ist eine linke ideologische Fehlentwicklung.» Schliesslich: «Das integrative Schulmodell ist in der aktuellen Form gescheitert.»

Balsam auf die Seele eines Vaters von fünf Kindern, alle Absolventen der Volksschule (bis vor kurzem), die jeden Reform-Irrsinn und jede pädagogische Mode erlitten haben, was meine Frau und mich, beide recht ordentlich ausgebildet, oft ans Ende unseres Lateins gebracht hat - eine tote Sprache, die man ja auch nicht mehr lernen soll, wie uns Leute versichern, die kein Latein können. Als ich Schmid in diesem bemerkenswerten Interview in der NZZ folgte, ging mir ein Zweites durch den Kopf: Warum haben wir uns von angeblichen Fachleuten so lange einreden lassen, dass das, was sich seit etwa 200 Jahren in der Pädagogik bewährt hat, was Generationen von Lehrern und Schülern unternommen haben, um auszubilden und zu lernen, nichts mehr taugt? Dazu gehören Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundfertigkeiten, die man nicht oft genug anwenden kann. Ebenso braucht es Noten, die den Fortschritt messen.

Schliesslich kommt man ums Büffeln nicht herum.

Üben. Üben. Üben. Was doch selbstverständlich ist - fragen Sie einen Tennisspieler, erkundigen Sie sich bei einem Pianisten -, hat in den letzten Jahren einen muffigen Ruf erhalten, seit promovierte Spasspädagogen uns darüber aufgeklärt haben, dass Lernen Spass machen müsse, falls man die Kinder erreichen möchte, zumal jede Forderung, jedes böse Wort die Seele eines Heranwachsenden zerstöre und im Analphabetismus ende. Das immerhin hat man trotzdem erreicht. Gemäss letzter Pisa-Studie sahen sich noch nie so viele junge Schweizer ausserstande, auch nur einen trivialen Text zu verstehen, geschweige denn die schlecht geschriebenen Dissertationen der Spasspädagogen.

Warum haben wir uns das bieten lassen?

Immerhin geht es um die Zukunft unserer Kinder. Schmid gibt einen Hinweis: Kaum hatte er als SVP-Politiker sein Amt angetreten, stellte er zwar fest, dass ihm manche Lehrer - und die kennen sich ja aus - hinter vorgehaltener Hand beipflichteten, wenn er etwa die integrative Schule infrage stellte, doch sie gaben ihm zugleich zu verstehen: «Dass ich das falsche Etikett auf der Stirn habe», sprich der unaussprechbaren, da krypto-faschistischen Partei angehörte. Omertà unter Pädagogen. Lieber sah man zu, wie die Schule zugrunde ging, als den Falschen recht zu geben.

Ein weiterer Grund, warum alle schimpften, aber niemand sich widersetzte, hängt damit zusammen. Die vielen Reformen stammten vorwiegend von Akademikern, deren Bildungsabschlüsse zwar rasselten wie Orden an der Brust eines Generals, die selbst jedoch kaum je vor einer Klasse gestanden hatten. Wenn sie Reformen vorschlugen, dann überwog die Theorie, sie erlagen ideologischen Moden, es wurden Utopien verwirklicht, die klüger wirkten, als sie waren, und an der Praxis zerschellten. Unsere Generation, Kinder der Bildungsexpansion der 1960er-Jahre, die sich oft viel darauf einbildeten, wenn sie Akademiker geworden waren, nahm - von uns selbst beeindruckt - unkritisch hin, was die gleichen Akademiker an den Schulen anrichteten. Am Ende wurde unsere Volksschule, eine der Erfolgsgeschichten des schweizerischen Liberalismus seit 1830, Opfer eines antiliberalen Zeitgeistes, indem sich eine Minderheit anmasste, eine «progressive» Reform nach der anderen auszuhecken und durchzuziehen, wobei die meisten davon kaum demokratisch abgestützt waren, und wenn, dann blieb den Bürgern oft verborgen, was sie da akzeptierten, im Glauben, die «Experten» wüssten es schon besser.

Das widersprach der DNA der Volksschule, die stets eine demokratische Volksschule gewesen war und deshalb auch bis in die 1980er-Jahre realistisch und leistungsorientiert geblieben war. Common Sense herrschte an dieser Schule, weil die Mehrheit des Volkes im Zweifelsfall immer auf den Common Sense setzt. Dann übernahmen die «Experten». Common Sense stand nun a priori unter Verdacht, man entschied sich oft bewusst für das Gegenteil dessen, was 200 Jahre lang gegolten hatte - um des Reformierens willen.

Ist das nicht infantil? Nein, es ist gefährlich. Und das Ergebnis, eine Volksschule, die in mancher Hinsicht weder eine Schule ist, noch einem Volk mehr dient, spricht leider für sich selbst.

Markus Somm
Ehemaliger BAZ Chefredaktor

01.02.2024

Medien und Informatik: Halbklassenunterricht notwendig

Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) möchte ab dem Schuljahr 2026/2027 verschiedene Sparmassnahmen einführen. Dies betrifft nebst dem Stundenabbau im zweiten und dritten Sekundarschuljahr auch das Fach «Medien und Informatik» (M&I), welches im 1. Schuljahr der Sekundarstufe 1 nicht mehr in Halbklassen, sondern neu im Klassenverband unterrichtet werden soll. Baselland möchte insgesamt rund 10 Millionen Franken und 27 Stellen einsparen.

Die Starke Schule beider Basel (SSbB) führte zu den erwähnten Sparmassnahmen eine Umfrage durch, an welcher 781 Personen teilnahmen. Dabei waren 85.3% der Teilnehmenden Lehrpersonen aus beiden Basler Halbkantonen. In einem kürzlich erschienen Artikel der SSbB wurde bereits der erste Teil der Umfrage ausgewertet, welcher sich mit dem Stundenabbau befasst (siehe hier). Folgend die Auswertung des zweiten Teils der Umfrage zum M&I.

Klare Haltung gegenüber den Sparmassnahmen

Mehr als die Hälfte der Befragten hat kein Verständnis für den Wechsel von Halbklassen- zu Ganzklassenunterricht für das Fach M&I. 44.0% sagt deutlich «Nein», während rund 16,0% die Frage mit «Eher Nein» beantwortete. Nur knapp mehr als ein Drittel äussert sich mit «Ja» (17.5%) oder «Eher Ja» (18.6%) und hat für die Sparmassnahme Verständnis. Knapp 4% der Teilnehmenden äusserte sich nicht zur Frage.

Grafik-Umfrage-M&I

Nachteile überwiegen die Vorteile deutlich

In einem Textfeld konnten die Teilnehmenden Ihre Argumente pro und contra mitteilen. Die genannten Vorteile für das Unterrichten im Klassenverband lassen sich aus dem offenen Antwortfeld folgendermassen zusammentragen:

  • Hilfestellung innerhalb der Gruppe: Die Schüler*innen könnten sich gegenseitig unterstützen. Dies fördere den Klassenzusammenhalt und Teamwork sowie die Problemlösung.
  • Austausch in grösseren Gruppen: Gerade im Fach M&I sei es wichtig, unterschiedliche Ansichten und Meinungen zu hören und zu besprechen. Je grösser die Gruppe sei, desto diverser die Einwürfe und Antworten.

Bei den Nachteilen kristallisierten sich aus den Antworten folgende drei Argumente heraus:

  • Mehr Ablenkung: Wenn plötzlich doppelt so viele Kinder in einem Raum sind, welche alle einen Bildschirm vor sich haben, könne die Lehrperson unmöglich alle Schüler*innen zeitnah helfen. So entsteht Platz für Ablenkung und Unruhe, was das Unterrichten weiter erschwere.
  • Weniger individuelle Hilfe: Bei einem Fach wie M&I seien die Probleme der Schüler*innen ganz unterschiedlich. Dazu gehört, dass Schüler*innen ohne Unterstützung der Lehrperson nicht weiterarbeiten könnten. Fällt der Halbklassenunterricht weg, so könne die Lehrperson unmöglich allen Schüler*innen rasch und zielführend helfen.
  • Leistungsabfall: Bereits heute gäbe es im Fach M&I grosse Unterschiede zwischen den Schüler*innen. Diese starke Heterogenität erschwere es der Lehrperson, ein geeignetes Unterrichtsprogramm zu finden, welches allen Levels gerecht werde. Sitzen mehr Schüler*innen im Klassenzimmer, würde sich die Schere zwischen den leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Schüler*innen weiter öffnen. Dies führe zu einem weiteren Leistungsabbau.

Nicht konkret Gegenstand dieser Umfrage war die exzessiv eingeführte Digitalisierung an unseren Schulen. Trotzdem wurden dazu in einem freien Textfeld zahlreiche Bedenken einer zu hohen Bildschirmzeit und Handysucht geäussert. Es scheint, dass sich zunehmend mehr Lehrpersonen eine Beschränkung der Nutzung von digitalen Geräten wünschen.

Lena Heitz
Vorstand Starke Schule beider Basel

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