Starke Schule beider Basel (SSbB)

4127 Birsfelden, E-Mail: Starke.Schule.beider.Basel@gmx.ch, PC 60-128081-8

 

Gastbeitrag

Abschaffen der Hausaufgaben und die nicht bedachte Nebenwirkungen

Die Bildung kennt das „Gesetz der nicht beabsichtigen Nebenwirkungen“. Formuliert hat es der Philosoph und Pädagoge Eduard Spranger. Kaum jemand beachtet es. Viele Schulen wollen die offiziellen Hausaufgaben weglassen – aus pädagogischen Gründen, wie es heisst. Man will Chancengleichheit. Doch wer die Hausaufgaben abschafft, schafft sie trotzdem nicht ab. Bildungsbewusste Eltern werden mit ihren Kindern weiterhin wiederholen und automatisieren. Sie wissen um den Wert des Übens und Festigens. Kinder aus anderen Familien haben diese Chance vielleicht nicht. Die nicht beabsichtigte Folge: Die Schere im Bildungsmilieu öffnet sich weiter.

Carl Bossard, Gründungsrektor PH Zug, Stans
 

News

  • Samstag, Oktober 12, 2024

    Repetition – der immer seltener genutzte Schlüssel zum Lernerfolg

    Das A und O für einen erfolgreichen Lernprozess des Menschen ist die Repetition. Das Hirn muss trainiert werden und braucht Zeit sich Dinge einzuprägen. Vor allem Schulstoff, der emotional nicht als etwas Besonderes konnotiert ist und deshalb länger braucht, um erlernt zu werden, muss immer wieder gefestigt werden. Dies fehlt im heutigen Bildungssystem. Häufig wird die Priorität fast ausschliesslich auf zwischenmenschliche Fertigkeiten und das selbstständige Arbeiten und Lernen der Schülerinnen und Schüler gesetzt. Ob die Senkung des Leistungsniveaus an Schweizer Schulen damit zusammenhängt, gilt es zu untersuchen. (lbu)

    Mehr

  • Dienstag, Oktober 01, 2024

    Machen Hausaufgaben Sinn?

    Im Rahmen des Programms Politkids hatten Basler Primarschüler*innen die Möglichkeit, ihre Fragen im Grossen Rat einzubringen. Dabei war das Thema Hausaufgaben von Bedeutung, zu welchem die Kinder schlussendlich einen Vorstoss einreichten. (lh)

    Mehr

  • Montag, September 30, 2024

    Förderklassen-Initiave im Grossen Rat

    Am 18.09.2024 fasste der Grosse Rat mit 92 zu 4 Stimmen den Beschluss, den Gegenvorschlag der "Förderklassen-Initiative" anzunehmen. Laut Medienberichten wird die Initiative nun durch das Komitee zurückgezogen. Die Initiative gilt rückwirkend bereits für das laufende Schuljahr. (lh)

    Mehr

  • Donnerstag, September 12, 2024

    Ausstellung "Mensch, du hast Recht(e)!"

    In der Wanderausstellung "Mensch, du hast Recht(e)!" haben Schüler*innen vom 5. bis 21. November die Möglichkeit, sich mit den Inhalten Demokratie, Diskriminierung und Menschenrechte zu befassen. Nebst der Ausstellung finden auch Fragerunden statt, welche die Themen Rassismus, Geschlecht und Antisemitismus beinhalten. (lh)

    Mehr

  • Samstag, September 07, 2024

    Neuer Unterrichsbereich an den Gymnasien

    Zum Rahmenlehrplan der Gymnasien gehören schweizweit Fächer wie Mathematik, Chemie, Biologie, diverse Sprachen wie auch Bildnerisches Gestalten. Nun soll zu diesen Kernfächern ein neuer Unterrichtbereich eingeführt werde, welcher vor allem bei Eltern für viel Kritik sorgt. Der neue Bereich: «Bildung für nachhaltige Entwicklung» (BNG) soll innerhalb der nächsten fünf Jahre von den Kantonen umgesetzt werden. (lbe)

    Mehr

  • Sonntag, August 18, 2024

    Wahlmöglichkeiten bei der zweiten Landessprache

    Wahlmöglichkeiten bei der zweiten Landessprache Ab dem Sommer 2027 müssen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten beim Eintritt ins Gymnasium die Wahl zwischen zwei Landessprachen haben. Dies laut nationaler Vorgabe. (lbe)

    Mehr

Spenden

Wir freuen uns über Ihre Spende.

Starke Schule beider Basel
4127 Birsfelden

PC 60-128081-8
IBAN CH98 0900 0000 6012 8081 8

09.10.2024

Abschaffung der Hausaufgaben bedeutet Rückschritt                         

Die Kritik: Hausaufgaben stellen eine ungebührliche Belastung sowohl für die Schülerinnen und Schüler, als auch für die Eltern dar.

Die Kritik an den schulischen Hausaufgaben flammt immer wieder auf. Im Wesentlichen werden folgende Punkte genannt:

  • Den Eltern wird aufgebürdet, bei den Hausaufgaben zu helfen. Da nicht alle dazu in der Lage sind, besteht eine krasse Chancenungerechtigkeit.
  • Hausaufgaben stehlen den Schülerinnen und Schülern Freizeit, die sie zur Erholung und für schulunabhängige Aktivitäten (Sport, Musik, Tanz, etc.) benötigen.
  • Die Schule ist der Ort des Lernens. Alle notwendigen Arbeiten sollten deshalb in der Schule unter Aufsicht und Betreuung durch die Lehrpersonen ausgeführt werden.

Sind diese Vorhaltungen gerechtfertigt?

Zunächst fällt an diesem kritischen Rundumschlag auf, dass Hausaufgaben pauschal und undifferenziert abgelehnt werden. Weder wird nach der Art von Aufgaben unterschieden, noch werden die unterschiedlichen Altersstufen der Kinder und Jugendlichen bezüglich Hausarbeiten separat betrachtet. Alles wird in denselben Topf geworfen. Eine solche Pauschalität ist unqualifiziert, populistisch und einer ernsthaften Diskussion nicht würdig. Bei einer medizinischen Therapie würden sofort alle einsehen, dass es manchmal genügt, ein Mittel einzunehmen oder sich einer Massagesitzung zu unterziehen. Oft reicht dies jedoch nicht aus und Patientinnen und Patienten müssen auch ausserhalb der Praxis noch zusätzliche und zeitaufwändige Anstrengungen unternehmen, um gesund zu werden. 

Das Lernen wird automatisch einer beruflichen Tätigkeit gleichgestellt, die im Büro, in der Fabrik, auf der Baustelle oder in einer ÖV-Fahrerkabine erledigt werden kann. Wenn die Arbeit erledigt ist, kann man abschalten und erholt sich zu Hause. Ein gewaltiger psychologischer Irrtum, tägliche Berufsarbeit auf schulisches Lernen zu übertragen! Lernen unterscheidet sich von einer Arbeitsleistung dadurch, dass sich Schülerinnen und Schüler grundsätzlich neue Dinge zu eigen machen müssen. Sie erfahren Neues, müssen dieses ausprobieren, im Gedächtnis verankern, mit früher Gelerntem verknüpfen, anwenden, wiederholen und üben, schliesslich sich damit in einer Prüfung bewähren. Lernen lässt sich nicht einfach wie Berufsarbeit «erledigen» und vom privaten Leben abzirkeln. Das Gesagte spricht nicht gegen Freizeitaktivitäten und Erholungsphasen, bei denen Schülerinnen und Schüler auch einmal abschalten dürfen.

Ein Teil der Kritik ist durchaus gerechtfertigt

Hausaufgaben können unergiebige Formen annehmen, wenn sie z.B. als Strafe konzipiert werden, wenn sie eine reine Beschäftigungstherapie darstellen, wenn sie Unterricht ersatzweise vermitteln sollen, weil die Zeit in der Schule dafür gefehlt hat, wenn sie Fähigkeiten voraussetzen, die noch nicht vorhanden sein können, wenn von Anfang an klar ist, dass sie nur mit elterlicher Hilfe zu bewältigen sind etc. Dies sind professionelle Fehler, die Hausaufgaben leicht in Verruf bringen und zu Recht angeprangert werden.

Hausaufgaben müssen gewisse Standards einhalten

  1. Aufgaben müssen für die jeweilige Alters- und Niveaugruppe aus dem Unterricht erwachsen und deshalb ohne elterliche Hilfe lösbar sein.
  2. Aufgaben müssen eine sinnvolle Lernleistung im Zusammenhang mit dem Unterricht darstellen: z.B. Übungssequenzen, Wörter einprägen, behandelte Überlegungen auf Neues übertragen, Stoff für Prüfungen wiederholen, etc.
  3. Aufgaben müssen einen angemessenen zeitlichen Rahmen einhalten, der dem Alter und der Reife angepasst ist.
  4. Aufgaben haben erst einen Sinn, wenn Kinder in der Lage sind, diese in ihrem Zweck zu verstehen und sie als notwendigen Teil des Lernvorganges zu akzeptieren.
  5. Die Hilfe der Eltern sollte sich darauf beschränken, für einen ruhigen Arbeitsplatz zu sorgen und ihren Kindern eine Tagesstruktur dafür zu ermöglichen.
  6. Aufgaben können sich sowohl auf den vorangehenden Unterricht beziehen, wenn es darum geht, Stoff zu verarbeiten, als auch auf künftige Lektionen, wenn es darum geht, gedankliche Vorleistungen zu erbringen, die im kommenden Unterricht genutzt werden können.

Funktion der Hausaufgaben

Im Sinne dieser sechs Punkte stellen Hausaufgaben in bestimmten Phasen einen wichtigen Teil des Lernprozesses dar, besonders in höheren Schulstufen der Primarschule und der Sekundarstufe. Lernen findet nämlich idealerweise in einem Wechselspiel statt: Einerseits braucht es den sozialen Rahmen der kundigen Anleitung und des Austausches mit der Lerngruppe im Unterricht. Anderseits ist Lernen eine persönliche Hirnleistung, die nicht ausgelagert werden kann und rein individuell ablaufen muss. Hier können Hausaufgaben eine wichtige Stütze bilden.

Daneben sind Hausaufgaben ein wichtiger Beitrag zum selbstständigen Umgang mit der eigenen kognitiven Entwicklung. Sie fördern die Fähigkeit und das Selbstvertrauen, die nötig sind, um zu erkennen, dass man Lernen nicht auf andere abschieben oder zeitlich abzirkeln kann, sondern dass mit dem Lernen eine ganzheitliche Veränderung der eigenen Person einhergeht, die das Leben bereichert. Es ist stossend, dass ausgerechnet die Kreise, die individuelles und selbstständiges Lernen propagieren, Hausaufgaben abschaffen wollen, obwohl diese tatsächlich einen wichtigen Schritt hin zu eigenverantwortlicher Tätigkeit darstellen und damit ein Baustein in der Entwicklung zur Selbstständigkeit sind.   

Felix Schmutz